Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.11.2011, Az. 5 StR 397/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 1555

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Gegenstand

Strafverfahren: Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten [X.] wird das Urteil des [X.] vom 12. April 2011, soweit es diesen Angeklagten betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] - hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in zwei Fällen sowie wegen je zweier Fälle des vollendeten und versuchten Diebstahls - jeweils in Tateinheit mit Amtsanmaßung – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Seine Revision hat mit einer Beweisantragsrüge Erfolg.

2

1. Gegenstand der Verurteilung waren je zwei erfolgreiche und zwei erfolglose [X.] am 11. und 12. April 2010, mit denen sich die Täter nach amtsanmaßend durchgeführten Verkehrskontrollen in den Besitz hochwertiger Kraftfahrzeuge brachten bzw. bringen wollten. Zentrales Beweismittel zu Lasten des Angeklagten [X.] war die Zeugenaussage seines schwerkriminellen [X.], dem [X.] von diesen Taten berichtet hatte. Gleiches gilt hinsichtlich der Verurteilungen wegen mittäterschaftlich begangener Raubüberfälle vom 12. April 2010 auf Mitarbeiter einer [X.] und vom 29. April 2010 auf einen Juwelier. Der auf dem Überwachungsfilm des [X.] identifizierte und wegen Raubes bereits rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilte [X.]. hatte neben dem später geständigen S. den Angeklagten [X.] als weiteren Mittäter benannt. Hinsichtlich des [X.] hatte [X.]. bekundet, [X.] habe sich ihm gegenüber der Begehung dieser letztlich erfolglosen Tat berühmt.

3

[X.]. hatte im Laufe der Hauptverhandlung seine ursprüngliche Zeugenaussage hinsichtlich der Mitwirkung des [X.] bei dem Überfall auf den Juwelier widerrufen.

4

Eine Stütze der belastenden Aussage des [X.]. hat das [X.] darin gefunden, dass [X.] am 14. April 2010 den am 9./10. Februar 2010 gestohlenen Pkw [X.] fuhr, in dem einen Tag später Indizgegenstände gefunden worden waren, die zur Begehung des [X.] und der [X.] naheliegend verwendet worden waren und weitere Gegenstände, die aus der [X.] stammten. Ferner hatte eine Postmitarbeiterin den Angeklagten [X.] als mittäglichen auffälligen Kunden der [X.] fast sicher wiedererkannt ([X.] 29).

5

Zu dem Täterfahrzeug hatte [X.]. bekundet, [X.] und [X.] hätten ihm erzählt ([X.] 32), dass [X.] die Schlüssel entwendet und an [X.] weitergegeben hätte. Ferner hätte [X.] ihm gesagt, dass er den [X.] für den [X.]überfall und die [X.] benutzt hätte ([X.] 33).

6

2. Angesichts dieser, fast ausschließlich auf die - zum Teil sogar widerrufenen - Aussagen des [X.]. gestützten Beweisführung hätte das [X.] einen gegen die Glaubhaftigkeit der Bekundungen des [X.]. gerichteten Antrag nicht - wie geschehen - ohne inhaltliche Begründung als bedeutungslos zurückweisen dürfen (vgl. [X.], Beschluss vom 27. März 1990 - 1 StR 13/90, [X.]R StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 11).

7

a) Dass es sich bei dem auf die Wiedergabe selbst erlebten Geschehens durch den Zeugen [X.] gerichteten Antrag um einen Beweisantrag handelt, versteht sich von selbst. Dieser Zeuge sollte bekunden, am 5. Mai 2010 Beifahrer in einem von [X.]. gesteuerten und aus dessen Sorge vor einer Polizeikontrolle wegen zu schneller Fahrt verunfallten Pkw gewesen zu sein. Hierdurch werde die nach der Festnahme des [X.]. getätigte polizeiliche Aussage, er sei Beifahrer und [X.] der Fahrer gewesen, als (weitere) Falschbelastung des [X.] durch [X.]. belegt.

8

b) Mit der vom [X.] gewählten einzigen Ablehnungsbegründung, es handele sich um eine Indiztatsache und die Strafkammer werde den nur möglichen Schluss nicht ziehen, [X.]. habe bezüglich der Belastung des [X.] (im Übrigen) gelogen, wird eine tatsächliche Bedeutungslosigkeit im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO nicht dargelegt. Es ermangelt der gebotenen Einfügung und Würdigung der [X.] in das bisher gewonnene Beweisergebnis ([X.], Beschluss vom 5. Dezember 2007 - 5 [X.], [X.], 121, 122). Das [X.] hat - auch im Blick auf die weiteren von der Revision beanstandeten und mit identischer Begründung abgelehnten Anträge, die indes zum Teil wegen fehlender Anschriften der Zeugen und nicht dargelegter Konnexität keine Beweisanträge sind - letztlich gar nicht auf die Bedeutungslosigkeit der behaupteten [X.] abgestellt, sondern hat jenseits davon eine tatsächliche Beeinflussung des Beweisergebnisses durch die beantragte Beweiserhebung ausschließen wollen. Darin liegt eine unzulässige Beweisantizipation (vgl. [X.] aaO).

9

3. Die Sache bedarf demnach neuer Aufklärung und Bewertung. Da sich das Verfahren nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten [X.] richtet, ist eine allgemeine Strafkammer für zuständig zu erklären (vgl. [X.], Beschluss vom 15. März 2011 - 5 StR 44/11 mwN).

VRi[X.] Basdorf ist erkrankt
und an der Unterschriftsleistung
verhindert

Raum

Raum     

Brause

     Schaal     

Schneider     

Meta

5 StR 397/11

10.11.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 12. April 2011, Az: (513) 68 Js 173/10 KLs (76/10)

§ 244 Abs 3 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.11.2011, Az. 5 StR 397/11 (REWIS RS 2011, 1555)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1555

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1 StR 501/02 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 379/13

5 StR 426/12

5 StR 426/12

5 StR 372/12

5 StR 397/11

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