Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2005, Az. 5 StR 301/04

5. Strafsenat | REWIS RS 2005, 5554

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5 StR 301/04
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom 12. Januar 2005 in der Strafsache gegen

1.

2.

wegen Steuerhinterziehung

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 12. Janu-ar 2005, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende [X.]in [X.],

[X.], [X.], [X.]in [X.], [X.]

als beisitzende [X.],

Oberstaatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin der [X.],

Rechtsanwalt [X.]

als Verteidiger für den Angeklagten [X.],

Rechtsanwalt B

als Verteidiger für den Angeklagten [X.],

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
- 3 - für Recht erkannt:

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 27. Oktober 2003 werden verwor-fen.

Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel und die [X.] entstandenen notwendigen Auslagen der [X.].

[X.] Von Rechts wegen [X.]

G r ü n d e

Das [X.] hat die Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in jeweils 22 Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von je zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die zuungunsten der Ange-klagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom [X.] nicht vertreten werden, wenden sich im wesentlichen gegen die Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer, bemängeln die [X.] aus § 370 Abs. 3 [X.] und [X.] die Höhe der Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Sie haben im Er-gebnis keinen Erfolg.
[X.] 1. Nach den Feststellungen des [X.] betrieben die [X.] ab 1993 einen Gastronomiebetrieb in der Rechtsform einer GmbH, deren Geschäftsführer die Angeklagten waren. Ab 1995 manipulierten die [X.] - klagten die EDV-gestützte Buchführung des Betriebes im wesentlichen [X.], daß sie einzelne Verkäufe nachträglich aus der Buchhaltung stornier-ten. Zur weiteren Verschleierung kauften sie von ihren Warenlieferanten teil-weise unter anderem Namen, teilweise im Ausland und teilweise unter [X.] der Rechnung in einen buchmäßig erfaßten Teil und einen anony-men Barzahlungsteil.
Den für das jeweilige Steuerjahr gemeinsam abgegebenen Umsatz-steuer-, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen der GmbH [X.] die Angeklagten stets die niedrigeren, aus der manipulierten Buchhaltung herrührenden Umsätze zugrunde. Auf diese Weise bewirkten sie, daß die von der GmbH zu zahlenden Steuern in den Jahren 1995 bis 1999 zu niedrig festgesetzt wurden (Fälle 1 bis 5). Ferner gaben sie zu den jeweiligen Fällig-keitsterminen für die Monate Januar bis Dezember 2000 namens der GmbH Umsatzsteuervoranmeldungen ab, welche ebenfalls auf dem manipulierten Zahlenwerk beruhten (Fälle 6 bis 17). In ihren persönlichen Einkommensteu-ererklärungen für die Jahre 1995 bis 1999 verschwiegen die Angeklagten jeweils die aus der GmbH entnommenen und ihnen persönlich zugeflosse-nen zusätzlichen Gewinne, die hälftig geteilt wurden (Fälle 18 bis 22 bzw. 23 bis 27).
Insgesamt bewirkten die Angeklagten nach den Feststellungen des [X.] für die GmbH, daß Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftsteu-ern in einer Gesamtgrößenordnung von rund 2,2 Mio. DM verkürzt wurden. Hinsichtlich ihrer persönlichen Einkommensteuer hinterzogen die [X.] rund 285.000 DM bzw. rund 370.000 DM.

2. Das [X.] hat bei der Berechnung der hinterzogenen Ein-kommensteuer den Einkünften der Angeklagten gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.[X.] jeweils die Hälfte der verdeckten Gewinnausschüttung (nachfol-gend: vGA) sowie die darauf entfallende Körperschaftsteuer hinzugerechnet (entsprechend § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG a.[X.] jeweils 3/7 von 1/2 der vGA) und - 5 - auf die sich daraus ergebende Einkommensteuer wiederum die Körper-schaftsteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG a.[X.] angerechnet. Bei der [X.] hat der Tatrichter in allen Fällen den Regelstrafrahmen des § 370 Abs. 1 [X.] zugrunde gelegt.
I[X.]

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind im Ergebnis unbegründet. Das Urteil weist keinen durchgreifenden, die Angeklagten begünstigenden oder beschwerenden (§ 301 St[X.]O) Rechtsfehler auf.

1. Im Ansatz zutreffend wendet sich die Beschwerdeführerin aber ge-gen die Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer. Zu Recht bean-standet die Staatsanwaltschaft insoweit, daß das [X.] bei der Ermitt-lung des tatbestandlichen Steuerschadens die Voraussetzungen für eine An-rechnung der Körperschaftsteuer nach dem zur Tatzeit geltenden Anrech-nungsverfahren bejaht hat.
a) Tatsächlich hätte der Tatrichter bei der Bestimmung des tatbestand-lichen Steuerschadens die Anrechnung der Körperschaftsteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) und b) EStG a.[X.] nicht vornehmen dürfen, weil weder die nach § 44 [X.] a.[X.] notwendige Bescheinigung vorgelegt wurde noch die bei den als beherrschende Anteilseigner anzusehenden Angeklagten an-gerechnete Körperschaftsteuer durch die ihr entsprechende gezahlte Körper-schaftsteuer gedeckt war (§ 36a Abs. 1 EStG a.[X.]). Bei zutreffender steuer-rechtlicher Bewertung hätte das [X.] daher die Nettodividende (= vGA) ohne Berücksichtigung der auf die Gewinnausschüttung entfallenden Körperschaftsteuer als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.[X.] bei der Berechnung der Einkommensteuer ansetzen [X.]. Daneben hätte der Tatrichter [X.] spiegelbildlich [X.] keine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer vornehmen dürfen (vgl. [X.] in [X.], EStG 23. Aufl. § 20 Rdn. 127). Dieser steuerrechtliche Be-- 6 - [X.] führt zu einer zu geringen Bemessung des tatbestandlichen Hinterziehungsschadens.
b) Dieser Rechtsfehler führt indes im Ergebnis nicht zu einem Erfolg der Revisionen.
Verurteilt der Tatrichter einen Angeklagten wegen einer als geschäfts-führender Gesellschafter einer GmbH begangenen Körperschaftsteuerhinter-ziehung, so muß der Angeklagte bei der [X.] [X.] wegen der hier gebotenen Gesamtbe-trachtung der begangenen Steuerhinterziehungen [X.] strafzumessungsrecht-lich so behandelt werden, als ob für die Gesellschaft steuerehrlich gehandelt wurde. Mithin ist bei der Bemessung des dem Angeklagten bei seiner Ein-kommensteuer strafrechtlich vorzuwerfenden Hinterziehungsbetrages einer-seits zwar die [X.] (unter Einschluß der bei der [X.]) in Ansatz zu bringen, andererseits aber [X.] fiktiv [X.] der bei steuerehrlichem Verhalten der [X.] anzurechnen. Anderenfalls würde es zu [X.] steuerstrafrechtlich nicht hinnehmbaren Doppelbelastung des [X.] kommen (vgl. bereits [X.], 193, 194).

Das [X.] hat diesen Gesichtspunkt bei der Findung der Einzel-strafen für die ausgeurteilten Einkommensteuerhinterziehungen im Ergebnis zu Recht berücksichtigt.

2. Das [X.] hat bei der Bestimmung des steuerstrafrechtlich relevanten Hinterziehungsschadens bei der [X.] zum Nachteil der Angeklagten (§ 301 St[X.]O) nicht berücksichtigt, daß der GmbH aus den Schwarzeinkäufen [X.] jedenfalls soweit ihnen keine umsatzsteuerfrei-en innergemeinschaftlichen Lieferungen im Sinne des § 6a UStG zugrunde lagen [X.] Vorsteuererstattungsansprüche zustanden, welche die [X.] [X.] zur Verheimlichung der Schwarzeinkäufe [X.] in den [X.] 7 - anmeldungen und -erklärungen nicht geltend gemacht hatten. Zwar berühren diese Vorsteuererstattungsansprüche wegen des in § 370 Abs. 4 Satz 3 [X.] normierten Kompensationsverbotes nicht den tatbestandlichen Hinterzie-hungsschaden (vgl. [X.], 107); bei der Gewichtung der Tat im Rahmen der Strafzumessung sind sie aber in der Regel [X.] im Wege der Schätzung [X.] zu beachten (vgl. [X.]R [X.] § 370 Abs. 1 Strafzumessung 6).

Dieser Rechtsfehler führt indes nicht zu einer auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft zugunsten der Angeklagten vorzunehmenden Teilaufhe-bung. Der Senat schließt angesichts des nur geringen Gewichts der Umsatz-steuer innerhalb der jeweils für die [X.] (tateinheitlich jeweils Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteu-er) und der steuerrechtlichen Interdependenzen zwischen Umsatz- und [X.] aus, daß dieser Rechtsfehler Einfluß auf die Bestimmung der Einzelstrafen in den Fällen 1 bis 5 gehabt hat. Die steuerrechtlichen Beson-derheiten des Körperschaftsteuerrechts bewirken nämlich, daß eine Ermäßi-gung der Umsatzsteuer zugleich zu einer Erhöhung des [X.] führt. Angesichts der sehr maßvollen Einzelstrafen von jeweils vier Monaten gilt dies auch für die Fälle 6 bis 17, welche allein Umsatzsteuerhin-terziehungen durch falsche Voranmeldungen für die Voranmeldungszeiträu-me Januar bis Dezember 2000 betreffen.

3. Der Rechtsfolgenausspruch begegnet [X.] wie der Generalbundesan-walt zutreffend hervorgehoben hat [X.] auch im übrigen keinen durchgreifenden Bedenken.

a) Die Nichtanwendung des Strafrahmens aus § 370 Abs. 3 [X.] ist rechtsfehlerfrei begründet worden.

Soweit die Staatsanwaltschaft geltend macht, —aus einer Addition der Verkürzungsbeträgefi würde sich unschwer ergeben, daß die Steuerhinter-ziehungen ein großes Ausmaß im Sinne des § 370 Abs. 3 Nr. 1 [X.] erreich-- 8 - ten, wird nicht hinreichend bedacht, daß der Blick nur auf den [X.] einer Serie von Steuerstraftaten nicht genügt. Vielmehr müßte dann für jeden Einzelfall das —große Ausmaßfi zu bejahen sein ([X.], 185); diese Voraussetzungen liegen indes nicht vor.

Ein Fall des § 370 Abs. 3 Nr. 4 [X.] liegt ebenfalls nicht vor. Die Erstel-lung falscher Belege durch Manipulationen des Kassensystems erfüllt die Voraussetzungen des besonders schweren Falls nicht. Dieser wäre erst dann erfüllt, wenn die gefälschten Belege gegenüber der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren vorgelegt worden wären (vgl. [X.]R [X.] § 370 Abs. 3 Nr. 4 Belege 1 m.w.[X.]); dies war hier nicht der Fall.

b) Die gegen die konkrete Strafzumessung vorgebrachten Einzelbe-anstandungen führen nicht zum Erfolg.
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der [X.]ersönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des [X.] in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, ge-rechter Schuldausgleich zu sein ([X.]St 34, 345, 349; 29, 319, 320; jeweils m.w.[X.]). Nur in diesem Rahmen kann eine —Verletzung des Gesetzesfi (§ 337 Abs. 1 St[X.]O) vorliegen. Dagegen ist eine ins einzelne gehende Richtigkeits-kontrolle ausgeschlossen ([X.] aaO). Gemessen hieran, ist die Strafzumes-sung des [X.] [X.] trotz der sehr milden Einzel- und Gesamtstrafen [X.] noch nicht zu beanstanden.
- 9 - Soweit die Revisionen zur Begründung der aus ihrer Sicht fehlerhaften Strafzumessung auf urteilsfremde Erkenntnisse zurückgreifen, sind zulässige Verfahrensrügen nicht erhoben worden.

[X.] Häger Basdorf Gerhardt Schaal

Meta

5 StR 301/04

12.01.2005

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2005, Az. 5 StR 301/04 (REWIS RS 2005, 5554)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5554

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