Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.03.2021, Az. 30 W (pat) 28/20

30. Senat | REWIS RS 2021, 7738

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - „Queen`s Nails“ – Teillöschung- keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Wortmarke 30 2018 026 803

(hier: [X.])

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 18. März 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie des [X.] [X.] und der Richterin Akintche

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die angegriffene Wortmarke 30 2018 026 803

2

[X.]

3

ist am 9. November 2018 angemeldet und am 20. Dezember 2018 für die Dienstleistungen

4

Klasse 35: Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Schönheitsgeräte für Menschen; Online-Bestelldienste; [X.] bezügliche Kosmetika und Schönheitspro-dukte;

5

Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen;

6

Klasse 44: Schönheitspflege in Nagelstudios; Schönheitspflege von Wimpern; Schönheitspflege für Menschen

7

in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister eingetragen worden.

8

Mit am 19. Juli 2019 beim [X.] eingegangenem Formular hat der Antragsteller die teilweise Löschung der angegriffenen Marke und Kostenauferlegung auf die Markeninhaberin beantragt. Er macht geltend, dass die angegriffene Marke im Hinblick auf die Dienstleistungen der Klassen 35 und 44 entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, [X.] und Nr. 14 [X.] eingetragen worden sei.

9

Die Markeninhaberin und Antragsgegnerin hat dem [X.], der ihr mittels am 25. Juli 2019 versandten [X.] zugestellt worden war, mit am 31. Juli 2019 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz widersprochen.

Mit Beschluss vom 12. Mai 2020 hat die Markenabteilung 3.4 die Marke 30 2018 026 803 teilweise für nichtig erklärt und gelöscht, den Kostenantrag des Antragstellers zurückgewiesen sowie den Gegenstandswert auf 50.000 Euro festgesetzt.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass der zulässige [X.] in der Sache teilweise begründet sei, da der Eintragung der angegriffenen Marke sowohl im Anmeldezeitpunkt als auch im Entscheidungszeitpunkt das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft in Bezug auf die angegriffenen Dienstleistungen der Klassen 35 und 44 - mit Ausnahme der Dienstleistung "Schönheitspflege von Wimpern" - entgegenstehe.

Die hier durch die Dienstleistungen der Klassen 35 und 44 angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise sähen wegen des im Vordergrund stehenden anpreisenden und beschreibenden Sinngehalts in der Wortfolge keinen [X.]. Die angegriffene Marke "[X.]" bestehe aus den Begriffen "[X.]" und "[X.]". Das aus dem Grundwortschatz des [X.] stammende Wort "[X.]" bedeute Königin, bezeichne aber auch eine weibliche Person, die in einer Gruppe bzw. in ihrer Umgebung aufgrund bestimmter Vorzüge im Mittelpunkt stehe. Das ebenso dem [X.] Grundwortschatz entstammende Wort "Nail" bedeute "Nagel". "[X.]" sei der Genitiv von "[X.]" und "[X.]" der Plural von "Nail". Die sprachregelgerecht gebildete Kombination der beiden Wörter werde von den inländischen Durchschnittsverbrauchern ohne weiteres als "Nägel der Königin", "königliche Nägel" verstanden. [X.] sei in vielen Bereichen und insbesondere im Bereich der Kosmetik zur Werbesprache geworden. Auch mit geringen Kenntnissen des [X.] und gegebenenfalls auch ohne Kenntnisse zur Verwendung eines [X.] Genitivs bzw. [X.] würden die allgemeinen Verbraucher die Bedeutung von "königliche Nägel, Nägel einer Königin" erfassen. Zudem werde, wie eine Kurzrecherche über die Suchmaschine [X.] zeige, der Begriff "[X.]" im Bereich Kosmetik häufig verwendet, auch in Verbindung mit dem Wort Nail. So gebe es nicht nur in [X.], sondern weltweit bereits zahlreiche Nagelstudios, die diese Wortkombination verwendeten. "[X.]" finde sich im Zusammenhang mit Kosmetikdienstleistungen in verschiedenen Kombinationen wieder, wie beispielsweise die Begriffe Beauty [X.], [X.] of Beauty, [X.] Beauty, [X.] [X.], [X.], [X.] of tanning, [X.] zeigten. Es würden auch Personen, so z. [X.], als "Cosmetics [X.]" bezeichnet.

Die Wortfolge "[X.]" vermittele damit in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 44 "Schönheitspflege in Nagelstudios; Schönheitspflege für Menschen" die anpreisende, der Absatzförderung dienliche Angabe, dass die Dienstleistungen auf die Pflege von Nägeln ausgerichtet und für eine Königin, eine besondere im Mittelpunkt stehende Person bestimmt seien. Eine durchschnittliche Kundin der Dienstleistungen werde davon ausgehen, dass sie sich bei Inanspruchnahme der Nagelpflegedienstleistung wie eine Königin fühlen könne. Entsprechendes gelte für die "[X.] in Bezug auf [X.] für Menschen; Online-Bestelldienste; [X.] bezüglich Kosmetika und Schönheitsprodukte" in Klasse 35. Der angesprochene Durchschnitts-verbraucher werde annehmen, dass es sich um Nagelpflegeprodukte handele, die für eine Königin, eine besondere Person bestimmt seien. Der Einwand der Antragsgegnerin, die Bezeichnung "[X.]" sei lexikalisch nicht nachweisbar, könne eine Unterscheidungskraft nicht begründen, da die Bezeichnung ohne weiteres im oben genannten Sinn verstanden werde. Vor diesem Hintergrund sei ein lexikalischer oder sonstiger Nachweis der Gesamtbezeichnung nicht erforderlich. In Bezug auf die Dienstleistung "Schönheitspflege von Wimpern" in Klasse 44 sei die Wortfolge "[X.]" dagegen nicht beschreibend und es bestehe auch kein enger Sachbezug, da sich die Dienstleistung auf die Pflege von Wimpern und nicht auf die Pflege von Nägeln beziehe. Insoweit stünden der angegriffenen Marke die Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] nicht entgegen.

Nicht festgestellt werden könne, dass die angegriffene Marke gemäß § 50 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 14 [X.] bösgläubig angemeldet worden sei. Aus Sicht des Antragstellers habe die Markeninhaberin die Marke primär mit dem Ziel der Störung seines Besitzstandes angemeldet. Der Antragssteller betreibe sein Geschäftslokal in [X.] und habe damit allenfalls einen räumlich begrenzten Besitzstand. Ein böswilliger Eingriff in einen Besitzstand, dem nur ein räumlich begrenzter Schutz zukomme, rechtfertige nach der Rechtsprechung des [X.] jedoch grundsätzlich nicht die Löschung der Eintragung einer Marke, die für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik [X.] Schutz beanspruche. Das Verhalten der Antragsgegnerin sei zudem nicht in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Antragstellers, sondern auf Förderung ihrer eigenen Wettbewerbssituation gerichtet. Sie habe die Bezeichnung "[X.]" vor der Begründung des kurzen Arbeitsverhältnisses mit dem Antragsteller für ihren Geschäftsbetrieb benutzt und dies auch während des Pachtverhältnisses mit dem Antragsteller getan. Dass sie nach Beendigung dieses Verhältnisses die Bezeichnung weiterführe, diene in erster Linie der Förderung ihrer eigenen Geschäftssituation und nicht dazu, den Antragsteller zu behindern. Die Gesamtschau der vorgelegten Unterlagen und vorgebrachten Umstände zeige, dass die Antragsgegnerin in erster Linie ihren eigenen Absatz fördern wolle. Eine Kostenauferlegung komme daher nicht in Betracht.

Gegen diese Teilnichtigerklärung und -löschungsanordnung durch die Markenabteilung 3.4 wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde.

Sie verweist auf einen – mittlerweile von beiden Parteien angenommenen - Vergleichsvorschlag des [X.]s [X.] I vom 23. März 2020. Darin habe das [X.] eine Aussetzung des zwischen den hiesigen Beteiligten anhängigen Markenverletzungsverfahrens abgelehnt mit der Begründung, dass keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Löschung der Marke "[X.]" gegeben sei. Zwar möge der [X.] "[X.]" der Streitmarke beschreibend sein, der (prägende) Bestandteil "[X.]s" dürfte jedoch geeignet sein, sich als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Nagelstudios bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, so dass der Marke jedenfalls schwache Kennzeichnungskraft zuzusprechen sei. Dieser Einschätzung des [X.]s schließe sich die Beschwerdeführerin an. Dies gelte gerade deswegen, weil die Wortfolge "[X.]" entgegen der Auffassung des [X.] nicht auf Dienstleistungen für eine Königin gerichtet sei, sondern auf Dienstleistungen von der "Königin der Nägel". Die Kunden sollten sich bei Inanspruchnahme der Dienstleistungen nicht wie eine Königin fühlen, vielmehr würden diese von der Markeninhaberin als "Königin der Nagelkunst" erbracht; als solche habe sie sich nämlich über Jahre hinweg als Spezialistin für Nagelpflege und Nagelkunst im erweiterten [X.] [X.] etabliert und einen Namen gemacht. Im Amtsverfahren hat sie zudem vorgetragen, dass die Streitmarke weder im [X.] noch im [X.] Sprachgebrauch nachweisbar sei. Es handele sich nicht um einen in sonstiger Weise gebräuchlichen Begriff, der zum Beispiel [X.] bezeichne. Die Marke sei auch nicht zur Beschreibung konkreter Merkmale der Dienstleistungen geeignet und es handele sich nicht um ein gebräuchliches Wort der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache. Die Markeninhaberin hat unter anderem auf die Entscheidungen des [X.] (pat) 113/87 – [X.] und 26 W (pat) 78/94 [X.] CLUB/[X.] [X.] hingewiesen, in denen jeweils die Unterscheidungskraft von "[X.]" bzw. "[X.] CLUB" und "[X.] [X.]" nicht bezweifelt worden sei.

Zum Vorwurf der Bösgläubigkeit hat sie ausgeführt, dass sie in der Vergangenheit ein Nagelstudio mit der Firma "[X.]" als Mitgesellschafterin betrieben habe. Danach sei sie vorübergehend in ein Angestelltenverhältnis in das Nagelstudio "[X.]" gewechselt. Als der Antragsteller das Nagelstudio "[X.] " [X.] erworben habe, habe die Antragsgegnerin dem Antragssteller vorgeschlagen, die Bezeichnung "[X.]" auf der Schaufensterscheibe des Ladenlokals anzubringen, um weitere Kunden zu gewinnen bzw. ihre alten Kunden auf das Ladenlokal aufmerksam zu machen. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, die Bezeichnung "[X.]" zu ersetzen.

Seit Februar 2018 habe der Antragsteller das Ladenlokal an die Antragsgegnerin verpachtet. Wegen Differenzen über den Pachtzins habe die Geschäftsbeziehung im Juli 2018 geendet. Hierauf habe die Antragsgegnerin selbst ein Nagelstudio unter der Geschäftsbezeichnung "[X.]" eröffnet und die streitgegenständliche Marke angemeldet.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 12. Mai 2020 aufzuheben, soweit darin die teilweise Nichtigkeit der Marke 30 2018 026 803 festgestellt und deren teilweise Löschung angeordnet worden ist und den Antrag auf Teilnichtigerklärung und -löschung insgesamt zurückzuweisen.

Der Antragsteller hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

Im Amtsverfahren hat er sinngemäß vorgetragen, der Bestandteil "[X.]" bezeichne neben einer "Königin" auch eine "weibliche Person, die (in einer Gruppe/ihrer Umgebung) aufgrund bestimmter Vorzüge im Mittelpunkt stehe", was die Zielgruppe der Dienstleistungen sei. Der Begriff "[X.]" mit der Bedeutung "Nägel" verweise im Kontext von Schönheitspflege, [X.]n und -produkten auf die Pflege von Finger- und Zehennägeln. Die Bezeichnung "[X.]" beschreibe damit, dass die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Nägeln besonders wertig seien und die Person, die die Dienstleistungen in Anspruch nehme, in den Mittelpunkt gestellt werde. Es werde lediglich auf durch Pflege, Geräte und Produkte gut zurechtgemachte Nägel einer Person verwiesen. Die Bezeichnung "[X.]" sei allgemein gebräuchlich im Zusammenhang mit Nagelstudios. Eine Internetrecherche mit dem Suchbegriff "queen's nails bayern" in [X.] Maps ergebe schon 13 Treffer mit voneinander unabhängigen Nagelstudios, die die Bezeichnung oder simple Abwandlungen hiervon trügen. Das [X.] habe dementsprechend in seiner Entscheidung 24 W (pat) 93/10 die Eintragungsfähigkeit der Wortmarke "[X.]" für Mittel der Schönheitspflege und Körperpflege verneint. Die Bezeichnung "[X.]" werde bereits seit Mai 2017 im Schaufenster des [X.] des Antragsstellers in [X.] verwendet und sei später um den Begriff "Salon" erweitert worden. Dies sei der Markeninhaberin seit Juni 2017 auch bekannt gewesen, da sie von Juni 2017 bis Januar 2018 beim Antragssteller angestellt gewesen sei. Auf dem Lohnkonto sei "[X.]" vermerkt, da der Antragssteller das Nagelstudio unter dieser Bezeichnung erworben und in einer Übergangsphase beide Bezeichnungen "[X.]" und "[X.]" geführt habe. Es sei unerheblich, dass die Antragsgegnerin die Bezeichnung in der Vergangenheit vor 2017 benutzt habe, da dieses Unternehmen bei Nutzung der Bezeichnung durch den Antragsteller nicht mehr existent gewesen sei. Die Antragsgegnerin habe in unmittelbarer Nähe zum Geschäftslokal des Antragstellers ihr Geschäftslokal errichtet und behaupte wahrheitswidrig, das Nagelstudio des Antragstellers sei dorthin umgezogen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

[X.].

Die nach § 66 [X.] zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Eintragung der streitgegenständlichen Marke [X.] steht und stand im Zeitpunkt der Anmeldung im beschwerdegegenständlichen Umfang das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. [X.] 3.4 des [X.] hat daher zu Recht die Löschung der Markeneintragung für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 35 und 44 wegen Nichtigkeit angeordnet (§§ 50 Abs. 1 und Abs. 2 [X.]).

A) Da nur die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt hat, sind die weiteren vom Antragsteller angegriffenen Dienstleistungen "Schönheitspflege von Wimpern" der Klasse 44 nicht verfahrensgegenständlich. Diesbezüglich hat die Markenabteilung es zwar versäumt, den Löschungsantrag im Tenor ihres Beschlusses zurückzuweisen. Allerdings ist den Beschlussgründen deutlich zu entnehmen, dass für die vorgenannten Dienstleistungen Schutzhindernisse nicht bejaht wurden.

B) Der Antrag auf Löschung gemäß § 50 Abs. 1 [X.] ist nach dem 14. Januar 2019 gestellt worden – nämlich am 19. Juli 2019 -, so dass § 50 [X.] in seiner neuen Fassung anzuwenden ist, vgl. § 158 Abs. 8 [X.].

Dem in ihrer Begründung konkret auf die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, [X.] und Nr. 14 [X.] gestützten und auch ansonsten zulässigen Löschungsantrag des Beschwerdegegners hat die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist des hier im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung noch anzuwendenden § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] a.F. widersprochen, so dass die Voraussetzungen zur Durchführung des Löschungsverfahren gemäß § 54 Abs. 2 S. 3 [X.] a. F. vorliegen.

C) Gemäß § 50 [X.] wird die Eintragung einer Marke auf Antrag für nichtig erklärt und gelöscht, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 [X.] eingetragen worden ist. Ist die Marke entgegen §§ 3, 7 und 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 13 [X.] eingetragen worden, so kann die Eintragung nach § 50 Abs. 2 [X.] nur für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn das Schutzhindernis im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit noch besteht. Bei der im vorliegenden [X.] vorzunehmenden Prüfung eines der Eintragung entgegenstehenden Schutzhindernisses ist danach - ebenso wie im Eintragungsverfahren (§ 37 Abs. 1, § 41 Satz 1 [X.]) - auf den Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens und nicht auf denjenigen der Entscheidung über den Eintragungsantrag abzustellen. Im [X.] ist außerdem zu prüfen, ob die angegriffene Marke im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde schutzunfähig ist.

Für die Nichtigkeitsgründe nach § 50 Abs. 1 [X.] gilt, dass eine Nichtigerklärung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von [X.] zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Ist eine solche Feststellung auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen nicht möglich, muss es - gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen - bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (vgl. [X.], 565 Rn. 18 – [X.]; [X.], 155 - Salatfix).

D) In Beachtung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für die Löschung der Marke [X.] für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen nach §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1[X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft vor.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR 2015, 1198 ([X.]) – [X.]; [X.] 2020, 411 (Nr. 10) – #darferdas? [X.]; [X.], 301 (Nr. 11) – [X.]; [X.], 934 (Nr. 9) – [X.]; jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2014, 373 ([X.]0) – [X.]; [X.], 228 (Nr. 33) – Vorsprung durch Technik; [X.] – #darferdas? [X.]; a. a. [X.] – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung nicht nur umfassend, sondern auch streng sein muss, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (vgl. zuletzt [X.] GRUR 2019, 11 94 (Rn. 28) – #darferdas?); entsprechendes gilt im Löschungsverfahren. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 (Nr. 53) – [X.]; [X.] (Nr. 15) – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] GRUR 2006, 411, 412 ([X.]4) – Matratzen [X.]/ [X.]; [X.], 376 (Nr. 11) – grill [X.] besitzen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] GRUR 2004, 674, [X.] – Postkantoor; [X.] 2012, 1143 Rn. 9 – [X.]; [X.], 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] 2016, 934 Rn. 12 – [X.]; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 9 – [X.]; [X.], 270 Rn. 11 – Link economy; [X.], 640 Rn. 13 – hey! GRUR 2009, 952 Rn. 10 – [X.]Card). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird ([X.], 1204 [X.] –  [X.] ; a. a. [X.] Rn. 16 – [X.]; a. a. [X.] Rn. 23 –  [X.] !).2. Als geläufige, weit verbreitete Platzgeschäftsbezeichnung für ein Nagelstudio ist der angegriffenen Marke "[X.]" danach in Bezug auf hier in Rede stehenden Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft nach §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abzusprechen. Der angesprochene Verkehr wird der Streitmarke nur eine Sachaussage entnehmen.a) Bei der Beurteilung des Verständnisses der beschwerdegegenständlichen Marke ist hinsichtlich der Dienstleistungen der Klassen 35 und 44 auf breite Verkehrskreise abzustellen, denn in erster Linie werden diese vom Endverbraucher nachgefragt. Die Großhandelsdienstleistungen richten sich dagegen an den Fachhandel.b) Die Streitmarke "[X.]" besteht aus den [X.] Begriffen "[X.]" und "[X.]".Wie bereits die Markenabteilung zutreffend ausgeführt hat, bedeutet das zum Grundwortschatz der [X.] Sprache gehörende Substantiv "[X.]" als Plural von "nail" "Nägel". Der Bestandteil gibt zweifellos einen unmittelbar beschreibenden Hinweis darauf, dass es sich bei den hier in Rede stehenden Dienstleistungen bzw. gehandelten Produkten um solche handelt, die die Nagelpflege betreffen. Dies stellt die Beschwerdeführerin auch nicht in Abrede.

Der Bestandteil "[X.]" ist die Genitivbildung des [X.] Wortes "[X.]", welches die auch für inländische Verkehrskreise ohne weiteres verständliche Bedeutung "Königin" hat. Von Hause aus ist "[X.]" zwar - da die Dienstleistungen weder von der/einer [X.] noch für die/eine [X.] erbracht werden - keine waren-/dienstleistungsbeschreibende Angabe, allenfalls enthält sie (mittelbar) den Anklang einer Qualitätsbezeichnung. Mittlerweile bezeichnet "[X.]" aber im [X.] u. a. neben der [X.] Königin eine weibliche Person, die in einer Gruppe bzw. in ihrer Umgebung aufgrund bestimmter Vorzüge im Mittelpunkt steht (vgl. [X.] unter www.duden.de). Dem entsprechend werden schon seit längerem verschiedene Begriffsbildungen mit "[X.]" im [X.] als Personenbezeichnungen eingesetzt, wie z. B. Disco [X.], Drama [X.], [X.], Beauty [X.], Glamour [X.]. [X.] kann daher durchaus als Bestimmungsangabe bzw. [X.] dienen. Auch ist in der hier betroffenen Branche die Verwendung der Bezeichnung und vergleichbarer Angaben [X.]/[X.], Königin/queen, [X.], königlich/royal etc.) üblich. Darüber hinaus kann "[X.]" je nach Kontext und Wortbildung – z. B. [X.] of [X.], [X.] [X.] - einen anpreisenden Hinweis auf die Dienstleistungsanbieterin geben.

c) Die angegriffene Marke in ihrer für die Beurteilung ihrer Schutzfähigkeit maßgeblichen Gesamtheit bedeutet in der gewählten Genitivform besitzanzeigend "die Nägel der Königin/ königliche Nägel".

Dass mit "[X.]" auf eine bestimmte Stilrichtung von Nägeln hingewiesen oder eine bestimmte Nagelpflegebehandlung bezeichnet wird, konnte zwar nicht ermittelt werden. Schon die Recherche der Markenabteilung hat aber ergeben, dass mit der anpreisenden Aussage "königliche Nägel" bzw. vergleichbaren Angaben als Hinweis auf besonders hochwertige Waren und Dienstleistungen häufig geworben wird. Der Umstand, dass es im [X.] grammatikalisch richtig "queenly/royal/[X.]" heißen müsste, dürfte vom inländischen Publikum kaum erkannt werden und steht dem vorgenannten Verständnis als werblicher Hinweis im Sinne von "königliche Nägel" nicht entgegen.

d) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdegegner im Amtsverfahren - von der Markeninhaberin unbestritten – vorgetragen hat, dass es im [X.] und insbesondere in [X.] viele Nagelstudios Dritter mit der Bezeichnung "[X.]" oder simplen Abwandlungen hiervon gibt. Allein in M… sind fünf derartiger Geschäftsbezeichnungen festzustellen. Es handelt sich daher um eine geläufige, weit verbreitete Etablissementbezeichnung für Nagelstudios. Nagelstudios sind – ebenso wie etwa Apotheken, Hotels und Friseure – sog. Platzgeschäfte, bei denen der Verkehr aufgrund allgemeiner Übung annimmt, dass es in dem betreffenden Geschäftszweig innerhalb eines umgrenzten örtlichen Bereichs regelmäßig nur ein Unternehmen mit dieser Bezeichnung gibt (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 5 Rn. 69). Eine übliche und zudem häufig verwendete Platzgeschäftsbezeichnung ist in einem einschlägigen Produkt- bzw. Leistungszusammenhang aber in markenrechtlicher Hinsicht, d.h. auf das gesamte [X.] bezogen, nicht unterscheidungskräftig (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 28.04.2014, 25 W (pat) 50/12 – [X.] APOTHEKE SEEHEIM/[X.] APOTHEKE; Beschluss vom 09.02.2006, 25 W (pat) 38/04 – [X.]; Beschluss vom 02.06.2008, 30 W (pat) 170/06 – Johannes-Apotheke).

Vor dem Hintergrund der gebräuchlichen Verwendung für ein Nagelstudio werden die angesprochenen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen die Bezeichnung "[X.]" daher lediglich als werbeüblichen Sachhinweis auf das übliche Produktangebot eines Nagelstudios und die dort angebotenen Dienstleistungen sehen, nicht hingegen als bundesweit individualisierenden Herkunftshinweis.

e) Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf Entscheidungen des [X.]s betreffend Marken bzw. Markenanmeldungen mit dem Bestandteil "[X.]/[X.]" ist unerheblich, zumal diese mit dem vorliegenden Fall schon nicht vergleichbar sind. Die Frage der Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu treffen ist (vgl. [X.] GRUR 2009, 667 Nr. 18 - Bild.t.-Online.de m. w. N.; [X.] 2011, 230 -SUPERgirl).

3. [X.] 3.4 hat daher im Ergebnis zu Recht die Löschung der Marke im beschwerdegegenständlichen Umfang wegen fehlender Unter-scheidungskraft angeordnet.

4. Von einer bösgläubigen Markenanmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 14 [X.] ist nicht auszugehen. Die Markeninhaberin hat die Erwägungen der Markenabteilung zum Schutzhindernis der bösgläubigen Markenanmeldung als für sie günstig nicht angegriffen und auch der Beschwerdegegner ist diesen nicht entgegengetreten.

E) Zur Auferlegung von Kosten auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht kein Anlass.

Meta

30 W (pat) 28/20

18.03.2021

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.03.2021, Az. 30 W (pat) 28/20 (REWIS RS 2021, 7738)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7738

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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24 W (pat) 93/10

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