Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.08.2020, Az. 30 W (pat) 13/19

30. Senat | REWIS RS 2020, 236

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "selen (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine übliche Bezeichnung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Wort-/Bildmarke 30 2017 019 623

(hier: Löschungsverfahren [X.]/18)

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 20. August 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin [X.] und des [X.] Merzbach

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 31. Januar 2019 aufgehoben.

Der Antrag auf Löschung der Marke 30 2017 019 623 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 31. Juli 2017 angemeldete Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

wurde am 06. November 2017 in das Markenregister eingetragen. Das geltende Waren- und Dienstleistungsverzeichnis hat folgende Fassung:

3

"Klasse 01: Chemische, biochemische sowie biotechnologische Erzeugnisse für gewerbliche und wissenschaftliche Zwecke; Düngemittel;

4

Klasse 05: Pharmazeutische Erzeugnisse; medizinische oder veterinärmedizinische Präparate; diätische Substanzen für medizinische Zwecke; diätetische Nahrungsmittel für tiermedizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für tiermedizinische Zwecke; [X.] für medizinische Zwecke; Babynahrungsmittel; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen oder Tiere; Reagenzien für Analysen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Reagenzien für Analysezwecke für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Reagenzien für In-vitro-Laboruntersuchungen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Reagenzien zur Verwendung in Analysen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Reagenzien zur Verwendung mit Analysegeräten für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Diagnostika für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; chemische Reagenzien und chemische Testpräparate für den Verbraucher für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; chemische Reagenzien und chemische Testpräparate für den Gebrauch beim Arzt für medizinische Zwecke oder beim Tierarzt für veterinärmedizinische Zwecke; Präparate für die Gesundheitspflege; vorstehen bezeichnete Waren, ausgenommen pharmazeutische Zubereitungen zur Behandlung von Alkoholmissbrauch, Alkoholabhängigkeit oder Erkrankung und Störungen des Zentralnervensystems;

5

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen, insbesondere im Bereich von Forschung, Entwicklung, Analyse und Diagnostik sowie diesbezügliche Designerdienstleistungen; industriell-wissenschaftliche Dienstleistungen, insbesondere im Bereich von Entwicklung, Analyse und Diagnostik; vorgenannte Dienstleistungen insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung, Durchführung und Optimierung von Analyse- oder Diagnoseverfahren sowie von Instrumenten- oder Apparatetechnik; Analytische Labordienstleistungen; Durchführung von Analysen von Serum für die medizinische Forschung; Durchführung von Analysen von Serum für die veterinärmedizinische Forschung; Durchführung von Analysen von Gewebe für die medizinische Forschung; Durchführung von Analysen von Gewebe für die veterinärmedizinische Forschung; Forschung, Entwicklung und Optimierung von Analyse- oder Diagnoseverfahren sowie von Instrumenten- oder Apparatetechnik, jeweils für Medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke;

6

Klasse 44: Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Tiere".

7

Mit einem am 23. Februar 2018 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin die vollständige Löschung dieser Marke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 [X.] beantragt.

8

Diesem der Markeninhaberin mit Schreiben vom 13. März 2018 mitgeteilten Löschungsantrag hat diese mit einem am 16. April 2018 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz widersprochen.

9

Mit Beschluss vom 31. Januar 2019 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.]s die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Zur Begründung der Löschungsanordnung hat die Markenabteilung ausgeführt, dass der Eintragung der angegriffenen Marke im Anmeldezeitpunkt das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegengestanden habe und dieses Schutzhindernis auch weiterhin bestehe.

Die verfahrensgegenständliche Marke weise in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen darauf hin, dass die betroffenen Waren wie Präparate, Reagenzien und Diagnostika das für Menschen und Tiere lebenswichtige Selen oder Bestandteile davon enthielten bzw. die Dienstleistungen der Analyse, Diagnostik oder Forschung Selen zum Gegenstand hätten bzw. Selen bei der Erbringung der Dienstleistungen im Bereich der Gesundheits- und Schönheitspflege zum Einsatz komme.

Die angegriffene Marke erschöpfe sich daher in einer für den Verkehr ohne weiteres erkennbaren sprach- und werbeüblichen Angabe zu einem Bestandteil und Inhaltsstoff der beanspruchten Waren sowie zur Thematik der Dienstleistungen.

Auch die grafische Gestaltung könne der Marke keine Unterscheidungskraft verleihen. Die am Ende des [X.] "[X.]" angefügte Grafik könne schon aufgrund ihrer Größe nicht verhindern, dass der beschreibende Wortbestandteil weiterhin im Vordergrund des [X.] stehe. Auch der Art nach handele es sich bei der Grafik lediglich um eine einfache geometrische Kreisform, die nicht geeignet sei, von der Bedeutung der beschreibenden Aussage des Wort-bestandteils wegzuführen und eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke herbeizuführen.

Größe und Form der Grafik ließen diese auch nicht als weiteren (verfremdeten) Buchstaben "o" des voranstehenden [X.] erscheinen mit der Folge, dass der Verkehr den Wortbestandteil wie das Phantasiewort "[X.]o" lesen würde. Vielmehr werde die Grafik vom Verkehr als eigenständiges Element wahrgenommen. Im Zusammenhang mit den hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen werde der Verkehr der einfachen grafischen Gestaltung allenfalls das Bild einer Tablette, also einer Darreichungsform von Selen, entnehmen, die jedoch nur die sachbezogene Aussage des [X.] "[X.]" illustriere. Gleiches gelte für den Fall, dass Fachkreise die Bedeutung von Selen ([X.] [X.] [selḗnē], "[X.]") erkennen und dementsprechend Kreis und Sichel als sichelförmige [X.]darstellung wahrnehmen.

Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, dass eine Gesamtschau der Marke den Phantasiebegriff "[X.]" ergebe, welchem keine Bedeutung in Zusammenhang mit den geschützten Waren und Dienstleistungen zukomme.

Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Wortbestandteil "[X.]" und das kreisförmige Bildelement als voneinander unabhängige [X.]e derselben Marke wahrgenommen würden, führe zumindest der Bildbestandteil der Marke zu ihrer Unterscheidungskraft. Das Kreiselement enthalte eine farblich abgesetzte Sichel, welche dem Zeichen ein eigentümliches Aussehen verleihe. Darüber hinaus sei das Bildelement ein wenig größer als die einzelnen Buchstaben des [X.] "[X.]", so dass es aufgrund seiner Größe und Position klar als ein dem Wortbestandteil zugeordnetes Bildelement erkennbar sei.

Jedenfalls sei es abwegig, das Bildelement der Marke als Darstellung einer Tablette zu interpretieren. Eine Tablette enthalte eine mittig angeordnete Linienprägung, welche das Auseinanderbrechen in zwei gleich große und damit gleich dosierte Tablettenteile ermöglichen solle. Eine sichelförmige Bruchstelle, die eine Tablette in zwei unterschiedliche Teile trennen würde, wäre daher schon aus praktischen Erwägungen völlig abwegig. Eine entsprechend geformte Tablette existiere so auch nicht auf dem Markt.

Auch soweit die Markenabteilung davon ausgehe, dass die angesprochenen Fachkreise das Bildelement als [X.] wahrnehmen würden, so wäre mindestens ein analysierender gedanklicher Zwischenschritt erforderlich, um eine Verbindung zu Selen und darüber hinaus zu den geschützten Waren und Dienstleistungen herzustellen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]s vom 31. Januar 2019 aufzuheben und den Antrag auf Löschung der Marke 30 2017 019 623 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

Vor der Markenabteilung hat sie ihren Löschungsantrag im Wesentlichen damit begründet, dass die angegriffene Marke sich in einer Kombination der in Bezug auf die maßgeblichen Waren und Dienstleistungen beschreibenden Beschaffenheits- und Inhaltsangabe "Selen" als Name eines chemischen Elements mit einer die Darreichungsform von ([X.]haltigen) pharmazeutischen Erzeugnissen und Produkten illustrierenden Abbildung einer Tablette erschöpfe und daher auch in ihrer Gesamtheit schutzunfähig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und auch in der Sache [X.]. Die Marke Abbildung

A. Da der Löschungsantrag am 23. Februar 2018 gestellt worden ist, ist auf das vorliegende Verfahren gemäß § 158 Abs. 8 [X.] die Vorschrift des § 50 Abs. 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden. Gleiches gilt für die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 54 [X.], die vorliegend in der bis zum 30. April 2020 geltenden Fassung anzuwenden ist (vgl. Art. 5 Abs. 3 MarkenrechtsmodernisierungsG).

Dem konkret auf die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] gestützten und auch ansonsten nach §§ 54, 50 [X.] zulässigen Löschungsantrag der Beschwerdegegnerin hat die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist des § 54 Abs. 2 S. 2 [X.] widersprochen, so dass die Voraussetzungen zur Durchführung des [X.] gemäß § 54 Abs. 2 S. 3 [X.] vorliegen.

Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 [X.] gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von [X.] zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Wird geltend gemacht, die Eintragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 Abs. 2 [X.] verstoßen, kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das [X.] sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke ([X.], 565 (Nr. 10) – smartbook; [X.] 2014, 483 (Nr. 22) – test; [X.] 2013, 1143 (Nr. 15) – [X.] werden Fakten) bestanden hat als auch – soweit es um die Tatbestände nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-9 [X.] geht – im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. § 158 Abs. 8 [X.]). Ist eine solche Feststellung, auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen, nicht möglich, muss es – gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen – bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (BPatG [X.] 2006, 155 – Salatfix).

B. In Beachtung dieser Grundsätze kann zunächst nicht festgestellt werden, dass die angegriffene Marke jeder Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entbehrt.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. [X.] [X.] 2015, 1198 ([X.]) – [X.]; [X.] 2012, 610 ([X.]) – [X.]; [X.] 2008, 608 ([X.]) – [X.]; BGH [X.] 2016, 1167 (Nr. 13) – [X.]; [X.] 2015, 581 (Nr. 16) – [X.]; [X.] 2015, 173 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) – [X.]; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) – [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.] 2015, 1198 ([X.]) – [X.]; [X.] 2014, 373 (Nr. 20) – [X.]; 2010, 1008, 1009 ([X.]) – [X.]; [X.] 2008, 608, 611 ([X.]) – [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 – Standbeutel; BGH [X.] 2016, 1167 (Nr. 13) – [X.]; [X.] 2016, 934 ([X.]) – [X.]; [X.] 2015, 581 (Nr. 16) – [X.]; BGH [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein [X.] begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH [X.] 2017, 186 (Nr. 29) – [X.]; [X.] 2016, 1167 (Nr. 13) – [X.]; [X.] 2015, 581 ([X.]) – [X.]; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) – [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 8) – Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) – Matratzen Concord/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH [X.] 2013, 1143, Nr. 15 – [X.] werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2013, 519 (Nr. 46) – [X.]; [X.] 2004, 674 ([X.]) – Postkantoor; BGH [X.] 2017, 186 (Nr. 30, 32) – [X.]; 2014, 1204 (Nr. 12) – [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 11) – Link economy; [X.] 2009, 952 (Nr. 10) – [X.]). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH [X.] 2017, 186 (Nr. 32) – [X.]; [X.] 2014, 1204 (Nr. 12) – [X.]; [X.] 2012, 1143 ([X.]) – [X.]; [X.] 2010, 1100 (Nr. 23) – [X.]!; [X.] 2006, 850 (Nr. 28 f.) – FUSSBALL WM 2006).

2. Das eingetragene [X.] besteht aus dem in druckschriftlichen Buchstaben wiedergegebenen [X.] "[X.]" mit einer unmittelbar an den letzten Buchstaben von "[X.]" angefügten Grafik in Form eines in der Größe die Buchstaben etwas überragenden [X.], dessen innerer Rand an der linken Seite eine sichelförmige Ausgestaltung aufweist.

a. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist davon auszugehen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] Int. 2004, 635, Rn. 44 – Drei dimensionale Tablettenform II; [X.] Int. 2005, 135, Rn. 20 – [X.]; [X.], 483, Rn. 11 – test)

Danach wird der Verkehr entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Markenabteilung die angegriffene Marke nicht als Kombination des als Bezeichnung eines chemischen Elements in Bezug auf die eingetragenen Waren und Dienstleistungen aus den im angefochtenen Beschluss genannten Gründen beschreibenden und damit für sich gesehen schutzunfähigen [X.] "[X.]" und einem hinzugefügten eigenständigen Bildelement AbbildungAbbildung

aa. Der Verkehr ist seit langem an eine der Hervorrufung von Aufmerksamkeit dienende optische Verfremdung von einzelnen oder mehreren Buchstaben in Gesamtwörtern oder auch in Wortfolgen gewöhnt. Der Vokal "O" bietet sich dabei für eine solche Ausgestaltung besonders an, da er bei druckschriftlicher Wiedergabe sowohl als Klein- wie auch Großbuchstaben eine identische, sich nur durch die Größe unterscheidende einfache geometrische Kreisform aufweist, welche selbst bei einer grafischen Ausschmückung aufgrund der kreisrunden Ausgestaltung dennoch innerhalb eines Begriffs und/oder einer Wortfolge als Buchstabe regelmäßig erkennbar bleibt.

So stimmt auch das unmittelbar im [X.] an den Endkonsonanten "n" von "[X.]" angefügte Bildelement AbbildungAbbildung

bb. Der allgemeine wie auch der [X.] wird entgegen der Auffassung der Markenabteilung in dem Bildelement auch nicht ohne weiteres lediglich die Illustration einer zumindest bei einem Teil der eingetragenen Waren möglichen Darreichungsform von "Selen" in Form einer Tablette erkennen. Eine Wahrnehmung des Bildelements als zweidimensionale Darstellung einer (dreidimensionalen) Tablette mit der schwarzen sichelartigen Ausprägung als Seite sowie der weißen Fläche als Oberseite einer runden Tablette erfordert angesichts der Abstraktheit der Darstellung ein erhebliches Maß an räumlicher Vorstellungskraft und Interpretation, zumal die das Bildelement ausmachende Zeichnung außer der kreisrunden Form keine weiteren typischen Elemente einer Tablette wie zB eine Einkerbung in der Mitte aufweist. Eine solche Interpretation des Bildelements wäre daher – wenn überhaupt – allenfalls nach eingehender analytischer Bewertung und Betrachtung dieses Elements zu erwarten und kann daher einem Verständnis dieses Elements als [X.] eines [X.] "[X.]O/[X.]o" nicht entscheidend entgegenwirken.

cc. Auch soweit jedenfalls dem [X.] bekannt ist, dass der als Bezeichnung eines chemischen Elements bekannte und geläufige Begriff "[X.]" begrifflich auf das [X.] Wort "[X.] [selḗnē]" für [X.] zurückzuführen ist, bedarf es einiger gedanklicher Zwischenschritte, um die geometrische Kreisform als [X.] und die Ausprägung an der Innenseite der geometrischen Kreisform als [X.]sichel zu interpretieren. Eine solche Interpretation wird dabei noch durch den Umstand erschwert, dass es sich bei dieser Darstellung um keine verbreitete, geläufige Darstellung eines [X.]es bzw. einer [X.]sichel handelt. Selbst soweit der [X.] aber einen solchen Zusammenhang herstellt, ist nicht ersichtlich, warum er in dieser abstrakten, unmittelbar an "[X.]" angefügten und sich der druckschriftlichen Wiedergabe des Vokals "O" doch stark annähernden Darstellung nicht zugleich auch einen mit dem [X.] "[X.]" zu dem einheitlichen Begriff "[X.]o/[X.]O" verschmelzenden Vokal "O" erkennen sollte.

b. Mit dieser Bedeutung ist das angegriffene Zeichen Abbildung

C. Für ein mit dem Antrag ebenfalls geltend gemachtes Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.] bieten sich keine Anhaltspunkte. Dazu hat die Antragstellerin auch nichts weiter vorgetragen.

D. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 13/19

20.08.2020

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 3 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 MarkenG vom 12.03.2004, § 54 MarkenG vom 13.12.2001

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.08.2020, Az. 30 W (pat) 13/19 (REWIS RS 2020, 236)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 236

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