Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.07.2013, Az. 24 W (pat) 521/12

24. Senat | REWIS RS 2013, 4588

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Advanced Information Research" – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 063 082.8

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 2. Juli 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 12. März 2012 hat die Markenstelle für [X.] die Markenanmeldung 30 2011 063 082.8

2

[X.]

3

nach Beanstandung teilweise, nämlich für die Dienstleistungen

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„Klasse 38: Telekommunikation, Betrieb von [X.], [X.] und Foren

5

[X.]: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten“

6

durch einen Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, insoweit stelle das Zeichen eine beschreibende Angabe nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 [X.] dar, der zudem jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Absatz 2 Nr. 1 [X.] fehle. Die Marke bedeute als Wortfolge „angewandte Forschung über Informationen“. Damit bezeichne sie Zweck und Bestimmung des „Betriebs von [X.] und Foren“. Weiter sei die Marke eine glatte Beschreibung „wissenschaftlicher Forschungsarbeiten“. Der Anmelder bestätige dies, wenn er ausführe, die Marke beschreibe eine Forschungsdienstleistung, denn dadurch beschreibe sie die Bestimmung und Art der angebotenen Dienste. Zur Beschreibung geeignete Angaben seien jedem zur freien Verwendung zu erhalten. Für die Fachkreise der Forschung, der modernen Telekommunikation, der Computertechnologie und der Unterhaltungselektronik sei die Angabe leicht als reine sachliche Bezeichnung erkennbar. Gerade im Handel seien Worte der [X.] gebräuchlich und verständlich.

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Gegen diese Entscheidung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Er wendet ein, der Begriff „[X.]“ bedeute „vorgerückte Informationsforschung“ bzw. „Vorausinformationsforschung“. Dabei gehe es nicht um eine allgemeine Forschungsdienstleistung, sondern um ein gezieltes Forschungsprojekt, bei dem es sich um die Erforschung von möglichen Zukunftsereignissen handelte. Er moniert, das [X.] habe den angemeldeten Begriff nicht in seiner Gesamtheit, sondern nur als Summe seiner Einzelbegriffe betrachtet und verweist auf seiner Ansicht nach einschlägige Voreintragungen.

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Der Anmelder beantragt sinngemäß,

9

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 12. März 2012 aufzuheben.

Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen. Auf einen ihm am 1. März 2013 zugestellten Hinweis des Senats auf Zweifel an den Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels hat der Anmelder binnen gesetzter Frist keine Stellungnahme zur Akte gereicht.

II.

Die gem. §§ 66 Abs. 1, 2, 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Für die von der Zurückweisung durch die Markenstelle umfassten Dienstleistungen der Klasse 38 und 42 ist der Begriff „[X.]“ freihaltebedürftig, § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], so dass die Markenstelle die Anmeldung zutreffend gemäß § 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen hat.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können.

Bei der Auslegung der absoluten Eintragungshindernisse ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zu Art. 3 Abs. 1 der [X.] (Richtlinie des [X.] und des Rates der [X.] 2008/95/[X.]) das Allgemeininteresse, welches der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen ([X.] GRUR 2008, 608, Rn. 66 - [X.] m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der [X.] zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten ([X.] GRUR 2008, 503, Rn. 22, 23 - [X.]). Es gibt nämlich - insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten [X.] - Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, Rn. 25 - [X.]; [X.] [X.], 146, Rn. 31 - [X.]; [X.], 674, Rn. 54, 56 - Postkantoor; [X.], 680, Rn. 35, 36 - [X.]; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rn. 265 m. w. N.).

Bei der Prüfung von Eintragungshindernissen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs abzustellen. Dieser umfasst alle Kreise, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. [X.] [X.], 428, Rn. 65 - [X.]), hier also sowohl die [X.] für die Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 und wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen der [X.], als auch die allgemeinen, durchschnittlich aufmerksamen Endverbraucher.

[X.] „[X.]“ ist [X.] gebildet und kann von Fachleuten der Telekommunikationsbranche und von Angehörigen des Wissenschaftsbetriebs ohne weiteres übersetzt werden. Deren [X.] kann für die Frage der Schutzfähigkeit einer Bezeichnung allein von ausschlaggebender Bedeutung sein (vgl. [X.] GRUR 2006, 411 - Matratzen [X.]/[X.]). Das Wort „advanced“ bedeutet „fortschrittlich“ bzw. „auf der Höhe der Entwicklung, des [X.] bzw. des Fortschritts“ ([X.], [X.], so auch [X.] R0470/00-3 - [X.] TECHNOLOGY; [X.] (pat) 277/02, Entsch. v. 4. Februar 2003 - [X.]). Es ist mit den Begriffen „information“ i. S. v. „Informations“- und „research“ i. S. v. „Forschung“ verbunden [X.] Großwörterbuch, [X.] - [X.] [X.] - [X.], 2008, [X.], 818). Die angemeldete Marke hat daher u. a. die Bedeutung „hochentwickelte/moderne Informationsforschung“.

Mit dieser Bedeutung kann die angemeldete Wortkombination in ihrer Gesamtheit eine Bestimmungsangabe der in Klasse 38 beanspruchten Telekommunikationsdienstleistungen „Telekommunikation, Betrieb von [X.], [X.] und Foren“ darstellen. Die in [X.] beanspruchten Forschungsdienstleistungen „Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten“ vermag „[X.]“ glatt zu beschreiben.

Die drei Bestandteile dieser Wortkombination werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über ihre bloße Kombination hinausgehenden Begriff (vgl. [X.] [X.], 680, Rn. 37 - [X.]; [X.], [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl. 2011, Rn. 142 zu § 8 m. w. N.).

kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 58, 59 ([X.]. 21) - [X.]; [X.] 2003, 450, 453 ([X.]. 32) - [X.], [X.] 2004, 99, 109 ([X.]. 97) - Postkantoor; [X.] 2004, 111, 115 ([X.]. 38) - [X.]). Es kommt für die Frage der Eintragungsfähigkeit eines Zeichens somit nicht darauf an, ob der Anmelder der beanspruchten Wortkombination einen weiteren Sinn zumisst oder ob sich die konkrete Wortkombination bereits lexikalisch oder als Ergebnis einer Recherche in Suchmaschinen im [X.] nachweisen lässt.

Der beschreibende Begriff ist daher im Interesse von Mitbewerbern der Anmelderin freihaltebedürftig und gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen.

Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann die Anmelderin keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. [X.] [X.] 2008, 163, 167 [Rz. 39] - [X.]; [X.], 674, [X.]. 43, 44 - Postkantoor; [X.], 428, Nr. 63 - [X.]; BPatG [X.] 2007, 351, 352 f. - Topline; [X.], 333, 335 ff. - [X.]; [X.], 423 amazing discoveries; [X.], 425 - Volksflat).

Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.

Meta

24 W (pat) 521/12

02.07.2013

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.07.2013, Az. 24 W (pat) 521/12 (REWIS RS 2013, 4588)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4588

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Wird zitiert von

28 W (pat) 556/22

28 W (pat) 569/19

28 W (pat) 544/18

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