Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.02.2016, Az. I ZR 194/14

1. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16623

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Gegenstand

Wettbewerbswidrige Irreführung durch Unterlassen: Voraussetzungen der Auskunftspflicht aufgrund eines Handelns eines Unternehmers für einen anderen Unternehmer; Vorenthaltung wesentlicher Informationen über die teilnehmenden Märkte in der Prospektwerbung für Sonderangebote - Fressnapf


Leitsatz

Fressnapf

1. Ein Handeln eines Unternehmers für einen anderen Unternehmer im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG, bei dem die Identität und Anschrift des anderen Unternehmers mitzuteilen ist, für dessen Waren oder Dienstleistungen sich der Verbraucher auf der Grundlage des ihm gemachten Angebots entscheiden kann, setzt weder voraus, dass das Angebot bereits eine vertragliche Bindung vorsieht, noch auch, dass ein Fall der offenen Stellvertretung oder eine vergleichbare Fallgestaltung vorliegt.

2. Wesentliche Informationen werden auch dann im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG in der Fassung vom 3. März 2010 vorenthalten, wenn sie zwar bereitgestellt werden, dies aber auf unklare, unverständliche oder zweideutige Weise geschieht.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 5. August 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Franchisegeberin der unter der Bezeichnung "[X.]" firmierenden Märkte, die Tiernahrung und Tierbedarf anbieten. Die Märkte werden von selbständigen Unternehmern eigenverantwortlich geführt. Die Werbung für die Märkte wird von der Beklagten zentral organisiert. Die Beklagte warb in einem 24 Seiten umfassenden Farbprospekt, dessen Seiten 1 bis 3 und 24 nachstehend wiedergegeben sind, für Angebote, die in der [X.] vom 3. bis zum 11. Januar 2011 galten.

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2

Die dem Franchisesystem der Beklagten angeschlossenen Unternehmer entschieden jeweils für sich, ob und welche der angebotenen Produkte sie führten und zu welchem Preis sie diese anboten. Im Prospekt befand sich daher auf der ersten Seite und auf jeder der nachfolgenden Doppelseiten 2/3 bis 22/23 unten der Hinweis "Alle Angebote sind ausschließlich unverbindliche Preisempfehlungen und nur in teilnehmenden Märkten erhältlich.", wobei dieser Hinweis auf den Doppelseiten 4/5 bis 22/23 jeweils ebenso gestaltet war wie auf der vorstehend abgebildeten Doppelseite 2/3. Auf der letzten Seite des Prospekts wurden bei dem Hinweis "[X.]-Märkte in deiner Nähe!" acht Märkte mit Anschrift und Telefonnummer genannt.

3

Der Kläger, ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 [X.] eingetragener [X.], hält diese Werbung für irreführend und intransparent, weil der Verbraucher nicht erkennen könne, welche Märkte an der Aktion teilnähmen. Er hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 192,60 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern in Werbeprospekten mit Sonderangeboten und Rabattaktionen mit dem Hinweis zu werben "Alle Angebote sind ausschließlich unverbindliche Preisempfehlungen und nur in teilnehmenden Märkten erhältlich.", wenn dies geschieht wie in Anlage [X.] zum Schriftsatz der Beklagten vom 16. Mai 2012 (die Anlage besteht aus einem Exemplar des Farbprospekts) wiedergegeben. Ferner hat das Berufungsgericht dem [X.] stattgegeben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

5

I. Das Berufungsgericht hat die Klage als aus §§ 8, 3, 5a Abs. 2 und 3 Nr. 2, § 4 Nr. 4 und § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:

6

Die Werbung der [X.] verstoße gegen § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 2 UWG. Der Verbraucher entnehme dem angegriffenen Werbeprospekt, die beworbenen Angebote zu den angegebenen Preisen in allen, zumindest aber in den auf der letzten Seite des Prospekts aufgeführten [X.] erhalten zu können. Der kleingedruckte Hinweis "Alle Angebote sind ausschließlich unverbindliche Preisempfehlungen und nur in teilnehmenden Märkten erhältlich." ändere an diesem Eindruck nichts. Der Verbraucher habe schon keinen Anlass, diesen [X.] überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Selbst [X.]n der Verbraucher den Hinweis lesen und erkennen würde, dass die Preise unverbindliche Empfehlungen seien, läge eine hinreichende Information über den Preis vor, die dem Verbraucher eine Kaufentscheidung ermöglichte und damit Informationspflichten der [X.] begründete. Desgleichen stünde der Hinweis, die Angebote seien nur in den teilnehmenden Märkten erhältlich, dem Vorliegen einer Aufforderung zum Kauf nicht entgegen. Die danach erforderliche Angabe der Namen und Anschriften der örtlich in der Nähe liegenden Märkte, die das beworbene Angebot auch tatsächlich anböten, enthalte die Beklagte den Verbrauchern vor. Ihr Prospekt ziele darauf ab, den Verbraucher zum Aufsuchen der aufgelisteten Verkaufsstellen zu veranlassen, um dort die Angebote in Anspruch zu nehmen, obwohl diese Möglichkeit nicht gewährleistet sei. Die Werbung der [X.] sei auch geeignet, Verbraucher damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.

7

Die Werbung für Sonderangebote und Aktionswaren im Prospekt der [X.] stelle auch eine Verkaufsförderungsmaßnahme im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG dar. Wenn das Angebot - wie im Streitfall - nicht in allen Märkten gelte, stelle die Information, wo es gelte, eine grundlegende Information über die Bedingungen seiner Inanspruchnahme dar. Diese Information enthalte die Beklagte den Verbrauchern vor. Auch dieser Wettbewerbsverstoß sei nicht durch den [X.] mit dem Hinweis auf die unverbindliche Preisempfehlung und die teilnehmenden Märkte ausgeschlossen und wettbewerbsrechtlich relevant.

8

II. Die Revision der [X.] hat keinen Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der beanstandete Werbeprospekt sei lauterkeitsrechtlich unzulässig, weil die Beklagte den Verbrauchern die Information über die an der beworbenen Aktion teilnehmenden Märkte vorenthalten habe, hält sowohl nach dem zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung (Ende des Jahres 2010/Anfang des Jahres 2011) geltenden Recht (§ 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 2 UWG aF; dazu [X.]) als auch nach dem zur [X.] (4. Februar 2016) maßgeblichen neuen Recht (§ 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 2 UWG; dazu [X.]) der rechtlichen Nachprüfung stand. Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist daher nach § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3 UWG begründet. Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Es kann danach offenbleiben, ob die beanstandete Werbung auch wegen eines Verstoßes gegen § 4 Nr. 4 UWG aF unlauter war.

9

1. Da der Kläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr stützt, ist die Klage nur begründet, [X.]n das beanstandete Verhalten der [X.] sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 158/14, [X.], 1240 Rn. 31 = [X.], 1464 - [X.], mwN). Nach der Verbreitung des beanstandeten Werbeprospekts Ende des Jahres 2010/Anfang des Jahres 2011 und vor der Entscheidung in der Revisionsinstanz am 4. Februar 2016 ist das im Streitfall maßgebliche Recht mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 durch das [X.] zur Änderung des [X.] ([X.] I 2015, S. 2158) novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt hieraus jedoch nicht. Deshalb besteht auch kein Anlass, wegen der Gesetzesänderung die vor deren Inkrafttreten geschlossene Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO wiederzueröffnen.

2. Die Beklagte hat dadurch, dass sie in dem Werbeprospekt nicht angegeben hat, welche der von ihr auf der letzten Seite des Prospekts genannten Märkte an der beworbenen Verkaufsaktion teilnehmen, gegen § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 2 UWG aF verstoßen.

a) [X.] geschäftliche Handlungen sind nach § 3 Abs. 1 UWG aF unzulässig, [X.]n sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Nach § 5a Abs. 2 UWG aF handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG aF dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf ihre Merkmale und ihren Preis in einer dem ver[X.]deten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, gelten nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG aF die Identität und die Anschrift des Unternehmers, gegebenenfalls die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den er handelt, als wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG aF, sofern sich diese Informationen nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben.

b) In dem Werbeprospekt werden die beworbenen Produkte von der [X.] unter Hinweis auf ihre Merkmale und ihren Preis in einer dem ver[X.]deten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG aF angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann. Die Beklagte darf Verbrauchern daher im Sinne von § 5a Abs. 2 und 3 UWG aF wesentliche Informationen nicht vorenthalten.

aa) Die Vorschrift des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG aF setzt Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken in [X.] Recht um, wonach entsprechende Informationspflichten im Falle der Aufforderung zum Kauf bestehen. Eine Aufforderung zum Kauf im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] - und damit auch ein Angebot im Sinne des richtlinienkonform auszulegenden § 5a Abs. 3 UWG aF - liegt vor, [X.]n der Verkehr über das beworbene Produkt und dessen Preis hinreichend informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht ([X.], Urteil vom 11. Mai 2011 - [X.]/10, Slg. 2011, [X.] = [X.], 930 Rn. 33 = [X.], 189 - [X.]; [X.], [X.], 1240 Rn. 37 - [X.], mwN).

bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der beanstandete Werbeprospekt stelle ein Angebot in diesem Sinne dar. Der Verbraucher entnehme dem Prospekt, dass er die beworbenen Produkte zu den angegebenen Preisen in allen, zumindest aber in den auf der letzten Seite des Prospekts aufgeführten [X.] erwerben könne. An diesem Eindruck ändere der Hinweis "Alle Angebote sind ausschließlich unverbindliche Preisempfehlungen und nur in den teilnehmenden Märkten erhältlich." nichts. Der Verbraucher habe keine Veranlassung, diesen klein gedruckten [X.] zur Kenntnis zu nehmen. Insbesondere werde er auf diesen [X.] nicht durch einen Verweis im Zusammenhang mit den Preisangaben aufmerksam gemacht.

Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Werbeprospekt enthalte kein Angebot, weil der Verbraucher keine auf den Erwerb der beworbenen Produkte gerichtete Willenserklärung abgeben könne. Für ein Angebot genügt es, dass der Verbraucher aufgrund der erteilten Information eine geschäftliche Entscheidung treffen kann. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Der Verbraucher kann aufgrund der dem Werbeprospekt zu entnehmenden Information, dass er die beworbenen Produkte zu den angegebenen Preisen in den [X.] erwerben kann, entscheiden, ob er diese Produkte in einem der Märkte erwerben möchte.

Es kann danach offenbleiben, ob - wie das Berufungsgericht in einer Hilfserwägung angenommen hat - ein Angebot auch vorläge, [X.]n der Verbraucher den Hinweis zur Kenntnis nähme, dass es sich bei den angegebenen Preisen ausschließlich um unverbindliche Preisempfehlungen handelt und die angebotenen Produkte nur in teilnehmenden Märkten erhältlich sind (vgl. zur Werbung mit "ab"-Preisen [X.], [X.], 930 Rn. 35 bis 41 - [X.]; vgl. auch [X.], [X.], 1105, 1109). Darauf kommt es nicht an, weil der Verbraucher diesen Hinweis nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zur Kenntnis nimmt. Die Revision macht vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Kenntnisnahme eines [X.]s überspannt und verkannt, dass der Verbraucher an die Ver[X.]dung von [X.]n mit Einschränkungen unterschiedlicher Art gewöhnt sei. Sie versucht damit, die tatrichterliche Beurteilung durch ihre eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts darzutun.

c) Die Betreiber der auf der letzten Seite des Werbeprospekts genannten [X.], die an der beworbenen Verkaufsaktion teilnehmen, sind Unternehmer, für die die Beklagte im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG aF handelt. Die Beklagte darf Verbrauchern daher deren Identität und Anschrift nicht vorenthalten.

aa) Mit dem Handeln eines Unternehmers für einen anderen Unternehmer im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG aF ist nicht allein ein rechtsgeschäftliches Handeln im Sinne einer offenen Stellvertretung beim Vertragsschluss gemeint. Nach dem Sinn und Zweck und dem systematischen Zusammenhang des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG aF geht es um die Mitteilung der Anschrift und Identität desjenigen Unternehmers, für dessen Waren oder Dienstleistungen sich der Verbraucher auf der Grundlage des ihm im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG aF gemachten Angebots entscheiden kann ([X.], Urteil vom 9. Oktober 2013 - [X.], [X.], 580 Rn. 18 = [X.], 545 - Alpenpanorama im Heißluftballon; vgl. auch [X.], Urteil vom 18. April 2013, [X.], 1169 Rn. 13 = [X.], 1459 - Brandneu von der [X.]). Es ist nicht erforderlich, dass das Angebot selbst bereits eine vertragliche Bindung an einen [X.] vorsieht und ein Fall der offenen Stellvertretung oder eine vergleichbare Fallgestaltung vorliegt (aA [X.], [X.], 1105, 1110).

bb) Danach hat die Beklagte mit der beanstandeten Werbung jedenfalls für die Betreiber der auf der letzten Seite des Werbeprospekts genannten [X.] gehandelt, die an der beworbenen Verkaufsaktion teilgenommen haben.

(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe in dem Prospekt aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise für konkrete Angebote geworben. Da die Beklagte diese Waren nicht selbst angeboten habe, habe sie für die [X.] geworben, die die Waren tatsächlich angeboten hätten. Sie müsse allerdings nicht den Namen und die Anschrift sämtlicher Franchisenehmer angeben, die das jeweilige Angebot führten, sondern könne sich auf die örtlich in der Nähe liegenden Märkte beschränken. Das müssten allerdings diejenigen sein, die das beworbene Angebot tatsächlich anböten.

(2) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Frage, für [X.] die Beklagte mit ihrer Werbung im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF handelt, aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise zu beurteilen ist. Es hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Beklagte mit dem beanstandeten Prospekt aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise jedenfalls für den Kauf der beworbenen Waren bei den - auf der letzten Seite des Prospekts aufgeführten - örtlich in der Nähe liegenden [X.] geworben hat, die an der Verkaufsaktion teilgenommen haben, und daher zur Angabe von deren Namen und Anschrift verpflichtet war. Es kommt im Streitfall nicht darauf an, ob die Beklagte - wie das Berufungsgericht möglicherweise angenommen hat - mit ihrer Werbung darüber hinaus für die im Prospekt nicht im Einzelnen genannten [X.] (auf der letzten Seite des Prospekts ist von über 1.100 [X.] in [X.] die Rede) gehandelt hat, gleichwohl aber lediglich zur Angabe von Namen und Anschrift der in der Nähe liegenden [X.] verpflichtet war (vgl. auch [X.], Urteil vom 15. Mai 2014 - 6 U 3500/13, juris Rn. 39; [X.], [X.], 1419, 1423 f.). Die Beklagte hat die hier in Rede stehende Informationspflicht jedenfalls hinsichtlich der in der Nähe liegenden [X.] verletzt, so dass die auf die konkrete Werbung der [X.] bezogene Klage schon deshalb begründet ist.

d) Die Beklagte hat den Verbrauchern die Identität und Anschrift der Betreiber der auf der letzten Seite des Werbeprospekts genannten acht [X.] in der örtlichen Nähe, die an der beworbenen Verkaufsaktion teilgenommen haben, im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG aF vorenthalten.

aa) Art. 5a Abs. 2 UWG aF dient der Umsetzung von Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken in [X.] Recht und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/[X.] gilt eine Geschäftspraxis - unter näher bezeichneten Voraussetzungen - als irreführend, [X.]n sie wesentliche Informationen vorenthält. Als irreführende Unterlassung gilt es nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/[X.] auch, [X.]n ein Gewerbetreibender - unter näher bezeichneten Voraussetzungen - wesentliche Informationen auf unklare, unverständliche oder zweideutige Weise bereitstellt. Danach ist § 5a Abs. 2 UWG aF dahin auszulegen, dass wesentliche Informationen auch dann im Sinne dieser Bestimmung vorenthalten werden, [X.]n sie zwar bereitgestellt werden, dies aber auf unklare, unverständliche oder zweideutige Weise geschieht (vgl. [X.] in Harte/[X.], UWG, 3. Aufl., § 5a Rn. 68 mwN; [X.].UWG/[X.], 2. Aufl. § 5a Rn. 192; [X.] in [X.]/[X.], UWG, 6. Aufl., § 5a Rn. 9; [X.].UWG/[X.], 2. Aufl., § 5a Rn. 34; Fezer/Peifer, UWG, 2. Aufl., § 5a Rn. 30; Seichter in [X.], [X.], 3. Aufl., § 5a Rn. 42).

bb) Danach hat die Beklagte ihre Verpflichtung zur Angabe von Identität und Anschrift der Unternehmer, für die sie gehandelt hat, entgegen der Ansicht der Revision nicht dadurch erfüllt, dass sie auf der letzten Seite des Werbeprospekts die örtlich nahegelegenen [X.] mit Namen und Anschrift aufgeführt hat. Es genügt nicht, dass sich unter diesen Märkten auch die örtlich nahegelegenen Märkte befunden haben, die an der von der [X.] beworbenen Verkaufsaktion teilgenommen haben. Entgegen der Ansicht der Revision genügt es ferner nicht, dass der Verbraucher sich durch einen Telefonanruf bei dem jeweiligen Markt informieren kann, ob dieser an der beworbenen Aktion teilnimmt. Die Beklagte war vielmehr verpflichtet, bereits im Werbeprospekt klar, verständlich und eindeutig anzugeben, welche der von ihr auf der letzten Seite dieses Prospektes im Einzelnen mit Namen und Anschrift aufgeführten [X.] an der Verkaufsaktion teilnehmen und die beworbenen Produkte zu den angegebenen Preisen anbieten. Diese Verpflichtung hat die Beklagte nicht erfüllt.

e) Das Vorenthalten der Information darüber, welche der auf der letzten Seite des Prospekts genannten Märkte an der beworbenen Verkaufsaktion teilnehmen, ist geeignet, die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG aF zu beeinflussen. Das Vorenthalten von Informationen, die das Unionsrecht als wesentlich ansieht, ist grundsätzlich im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG aF geeignet, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 19. Februar 2014 - [X.], [X.], 584 Rn. 23 = [X.], 686 - Typenbezeichnung; [X.], [X.], 1240 Rn. 46 - [X.], jeweils mwN). Dass im Streitfall etwas anderes gilt, ist nicht ersichtlich.

3. Das von der Klägerin beanstandete Verhalten der [X.] ist auch nach neuem Recht lauterkeitsrechtlich unzulässig.

a) Die Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und des § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] und 2 UWG sind neu gefasst worden. Nach § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] und 2 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die ([X.]) der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und (Nr. 2) deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

b) Durch die Neufassung dieser Bestimmungen, die nunmehr mit den Regelungen in Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/[X.] nahezu wörtlich übereinstimmen, ist keine für den Streitfall erhebliche Änderung der Rechtslage eingetreten.

aa) Die Beklagte hat dem Verbraucher dadurch im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG eine wesentliche Information vorenthalten, dass sie in dem Werbeprospekt nicht angegeben hat, welche der von ihr auf der letzten Seite des Prospekts genannten Märkte an der beworbenen Verkaufsaktion teilnehmen. Die Identität und die Anschrift des Unternehmers für den der Unternehmer handelt, gelten unter den Voraussetzungen der unverändert gebliebenen Regelung des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG als wesentlich. Die neu gefasste Bestimmung des § 5a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UWG regelt nunmehr ausdrücklich, dass auch die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise als Vorenthalten gilt.

bb) Der Verbraucher benötigt nach den Umständen die Information über die an der Verkaufsaktion teilnehmenden Märkte, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (§ 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] UWG). "Geschäftliche Entscheidung" bedeutet nach der in das Gesetz eingefügten Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden. Der Verbraucher benötigt die hier in Rede stehende Information über die an der Verkaufsaktion teilnehmenden Märkte, um zu entscheiden, in welchem Markt er die beworbenen Produkte erwerben möchte.

cc) Das Vorenthalten dieser Information ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UWG). Es liegt, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat, auf der Hand, dass die unzureichende Information über die an der Verkaufsaktion teilnehmenden Märkte Verbraucher dazu veranlassen kann, einen der genannten Märkte aufzusuchen, und dass die Verbraucher diese geschäftliche Entscheidung nicht getroffen hätten, [X.]n sie gewusst hätten, dass der aufgesuchte Markt nicht an der Verkaufsaktion teilnimmt.

4. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] gemäß Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.]/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - [X.]). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 2001/29/[X.], die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten ist.

III. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der [X.] (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Koch                          Schaffert                           Löffler

             Schwonke                         [X.]

Meta

I ZR 194/14

04.02.2016

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 5. August 2014, Az: I-20 U 140/11

§ 5a Abs 2 UWG vom 03.03.2010, § 5a Abs 3 Nr 2 UWG vom 02.12.2015

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.02.2016, Az. I ZR 194/14 (REWIS RS 2016, 16623)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16623

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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