Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.01.2010, Az. 30 W (pat) 52/07

30. Senat | REWIS RS 2010, 9854

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "MyEngines" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Löschungsverfahren der Marke 305 01 870

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. [X.] von Falckenstein, der Richterin [X.] und des [X.] Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.]Engines ist - nach vorangegangener Beanstandung wegen bestehender absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] - am 18. Juli 2006 unter der Nr. 305 01 870 für die Waren und Dienstleistungen „Computer-Software (gespeichert), [X.], Design von Computer-Software“ in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden.

2

[X.]Engines schon vor der Anmeldung durch die Markeninhaberin verwendet habe; durch diese Eintragung sei er gehindert, diese Bezeichnung weiterhin einzusetzen.

3

Die Antragsgegnerin hat dem ihr am 10. Oktober 2006 zugestellten Löschungsantrag am 18. Oktober 2006 widersprochen. Der Antragsteller hat mit [X.] vom 23. Oktober 2006 die Löschung „wegen absoluter Schutzhindernisse und Bösgläubigkeit“ beantragt.

4

[X.]Engines sei im Eintragungszeitpunkt ein beschreibender Hinweis hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen gewesen. Die Schutzhindernisse seien auch im [X.]punkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch gegeben. Die Frage, ob die Markeninhaberin bei der Anmeldung bösgläubig gewesen sei, könne unter diesen Umständen dahinstehen.

5

Die Antragsgegnerin hat Beschwerde eingelegt. Sie hält die angegriffene Marke mit näheren Ausführungen nicht für eine beschreibende Angabe und verweist auf Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil „[X.]“.

6

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

7

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

8

Der Antragsteller beantragt,

9

die Beschwerde zurückzuweisen.

[X.]Engines mit näheren Ausführungen weiterhin für löschungsreif und verweist darauf, dass das Patentamt Anmeldungen mit dem Bestandteil „[X.]“ zurückgewiesen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

[X.] ist zulässig; insbesondere ist sie - entgegen der Auffassung des Antragstellers - innerhalb der Frist des § 66 Abs. 2 [X.] eingelegt worden: der Beschluss der Markenabteilung vom 23. Mai 2007 wurde den Vertretern der Antragsgegnerin am 5. Juni 2007 zugestellt; die Beschwerde ging am 29. Juni 2007 beim Patentamt ein.

[X.]Engines jedenfalls entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] eingetragen worden (§ 50 Abs. 1 [X.]). Da das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft insoweit noch fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 [X.]), hat die Markenabteilung auf den nach §§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1 [X.] zulässigen Löschungsantrag die Marke zu Recht wegen Nichtigkeit gelöscht.

Dieser Löschungsgrund ist vom Antragsteller - wenn nicht schon konkludent mit dem Löschungsantrag - jedenfalls mit [X.] vom 23. Oktober 2006 geltend gemacht worden. Eine Erweiterung des mit dem Löschungsantrag eingeführten Löschungsgrundes der Bösgläubigkeit ist gemäß § 82 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 263 ZPO als sachdienlich anzusehen ([X.]/Hacker, [X.], 9. Aufl. § 54 Rdn. 4).

[X.]Engines für die hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen - bezogen sowohl auf die [X.] ihrer Eintragung als auch auf den aktuellen Entscheidungszeitpunkt - auszugehen. Ihr fehlte und fehlt jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr. 1 [X.], da erhebliche Teile des Verkehrs wegen des beschreibenden Inhalts der Bezeichnung darin eine Sachangabe sehen werden, nicht aber einen Hinweis auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Erzeugnisse und Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb.

Das in der Marke enthaltene [X.] Wort „engine“ (Plural: „engines“) bedeutet im [X.] ganz allgemein „Maschine“ (vgl. [X.], [X.], [X.], 2001 S. 386; [X.]s Fachwörterbuch Technik und angewandte Wissenschaften, 1. Aufl. 2002 S. 664). Maschinen wurden als technische Hilfsmittel ursprünglich mechanisch betrieben; insbesondere mit Einzug der Automatisierung bahnte die Computertechnologie spätestens seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts eine technologische Entwicklung, die den Maschinen zu sogenannter „künstlicher Intelligenz“ verhalfen, die durch Computerprogramme (Software) gesteuert wird (vgl. [X.], Stichwort „Maschine“). Bereits in dieser allgemeinen Bedeutung ist das in der Marke enthaltene Wort „Engines“ zum [X.]punkt der Eintragung im Sinne einer Bestimmungsangabe als beschreibend für die im [X.] oberbegrifflich enthaltenen Produkte und Dienstleistungen dem Markenschutz nicht zugänglich gewesen.

[X.] bezeichnet „engine“ ferner einen Teil eines Programms, der für die Verwaltung und Manipulierung der Daten maßgebend ist (vgl. [X.], [X.] Ausgabe 2001 S. 255, Ausgabe 2005 S. 245). Auch in dieser Bedeutung ist „Engines“ bereits zum [X.]punkt der Eintragung im Sinne einer Beschaffenheits- bzw. Bestimmungsangabe als beschreibend von der Eintragung als Marke ausgeschlossen gewesen.

Ob darüber hinaus dem Wort „engines“ bereits im Eintragungszeitpunkt die Bedeutung als Abkürzung von „search engines“ (Suchmaschinen) zukam, wie die Markenstelle bereits im Beanstandungsbescheid ausgeführt hatte, bedarf hier keiner Entscheidung, denn auf die von der Markeninhaberin speziell angebotene Suchmaschinen-Software ist das oberbegrifflich gefasste [X.] nicht beschränkt.

An den genannten beschreibenden Begriffsgehalten des Wortes „engines“ hat sich nichts geändert. Hinzu kommt, dass „engine“ heute lexikalisch ganz allgemein als Bezeichnung für einen eigenständigen Teil eines [X.] verzeichnet ist (vgl. [X.], Computer Lexikon 2007, [X.]).

Die Bedeutung des Begriffs „Engines“ als Sachaussage über Bestimmung und Einsatzbereich der Waren und Dienstleistungen wird durch das vorangestellte [X.] Personalpronomen „my“ („mein, meine“) nicht ausgeräumt, sondern im Gegenteil besonders hervorgehoben. Als Indiz für die Gebräuchlichkeit des Wortes „[X.]“ als beschreibende Angabe schon vor dem maßgeblichen Eintragungszeitpunkt kann die Entscheidungspraxis des [X.] herangezogen werden. Zumindest seit 1996 sind die Senate davon ausgegangen, dass „[X.]“ den Verbraucher als Individuum in den Mittelpunkt stellt und die Ware als speziell für ihn bzw. seine Bedürfnisse bestimmt anpreist, es sich um eine den modernen [X.]geist widerspiegelnde sprachliche Ausdrucksweise handele, die sich eingebürgert habe und in der Werbung sehr beliebt sei, um auf ein auf die Bedürfnisse des Nutzers zugeschnittenes Waren- oder Dienstleistungsangebot hinzuweisen (so bereits [X.] (pat) 134/95 - [X.] Magic Diary, Beschluss vom 3.12.1996, Zusammenfassung veröffentlicht bei [X.] PROMA; [X.] (pat) 313/96 - [X.] favourite music, Beschluss vom 1.10.1997, Zusammenfassung veröffentlicht bei [X.] PROMA; [X.] (pat) 138/01 - myMusicScore, Beschluss vom 29.7.2002, veröffentlicht auf der Homepage des [X.]; [X.] (pat) 107/01 - my diary, Beschluss vom 17.3.2003, veröffentlicht auf der Homepage des [X.]).

An dieser Bewertung hat sich nichts geändert (vgl. [X.] (pat) 117/06 - [X.]Panel ; [X.] (pat) 134/05 - [X.] World, jeweils veröffentlicht auf der Homepage des [X.]; vgl. auch [X.], 442 ff. - [X.] World; vgl. auch http:www.definero.de/Lexikon/[X.]).

[X.]Engines insgesamt weist die angesprochenen Verkehrskreise in verkehrsüblicher Sprachform lediglich auf die Art und Bestimmung der betreffenden Waren und Dienstleistungen und ihren Zuschnitt auf die Bedürfnisse des Nutzers hin. [X.]Engines fehlte und fehlt damit jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], da erhebliche Teile des Verkehrs wegen des beschreibenden Inhalts der Bezeichnung darin eine Sachangabe sehen werden, nicht aber einen Hinweis auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Erzeugnisse aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb.

[X.]Engines ändert auch die Zusammenschreibung der beiden Wörter nichts; durch die Binnengroßschreibung des „E“ bleiben die Einzelelemente so erkennbar wie bei Getrenntschreibung, so dass diese Gestaltung nicht von einer beschreibenden Angabe wegführt. Soweit die Markeninhaberin darauf verwiesen hat, dass zahlreiche Marken mit dem Bestandteil „[X.]“ in das Register eingetragen worden seien, begründet dies keinen Markenschutz. In ständiger Rechtsprechung wird seit langem von der Unverbindlichkeit von Voreintragungen ausgegangen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 25 ff. m. [X.]; zuletzt [X.] 2009, 197, 198f - Schwabenpost).

Ob die Marke darüber hinaus auch wegen des Schutzhindernisses einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen war, oder ob sie bösgläubig angemeldet worden ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 [X.]). Soweit die Beschwerdeführerin beantragt hat, dem „Beschwerdeführer“ Kosten aufzuerlegen, wertet der Senat dies als Versehen. Aber auch eine Kostenauferlegung an den Beschwerdegegner kommt nicht in Betracht. Billigkeitsgesichtspunkte, die hierfür sprechen könnten, sind nicht ersichtlich, zumal der Löschungsantrag im Ergebnis erfolgreich ist. Aus diesem Grund verbleibt es auch bei der Kostenentscheidung der Markenabteilung, die keine Kosten auferlegt hat.

Meta

30 W (pat) 52/07

29.01.2010

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.01.2010, Az. 30 W (pat) 52/07 (REWIS RS 2010, 9854)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9854

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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