Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.05.2012, Az. IX B 138/11

9. Senat | REWIS RS 2012, 5970

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Gegenstand

(Zur Verlustberücksichtigung bei § 17 EStG, grundsätzliche Bedeutung, Verfahrensmangel (Sachaufklärung, Entscheidungserheblichkeit))


Leitsatz

1. NV: Die Grundsätze, nach denen ein Verlust aus der Veräußerung oder Auflösung einer Kapitalgesellschaft gemäß § 17 EStG zu berücksichtigen ist, sind geklärt. Für die Frage, ob tatsächlich ein Verlust vorliegt, wenn es um die Abtretung einer uneinbringlichen Forderung unter "aus einem Topf wirtschaftenden" Ehegatten geht, kommt es auf die regelmäßig nicht klärungsbedürftigen Umstände des Einzelfalls an .    

2. NV: Haben die fachkundig vertretenen Kläger trotz Aufklärungsbedarfs hinsichtlich einer Bürgschaftsvereinbarung und -inanspruchnahme rügelos zur Sache verhandelt, geht ihr Rügerecht durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren .

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre --im Stil einer Revision gehaltene-- Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O); im Übrigen sind die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben.

2

1.a) Die Kläger haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 [X.]r. 1 [X.]O) nicht hinreichend i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dargelegt. Zum einen fehlt es schon an Ausführungen, inwieweit die von ihnen aufgeworfenen Fragen in Rechtsprechung und/oder Schrifttum umstritten sind und deshalb eine höchstrichterliche Klärung über die materiell-rechtliche Beurteilung des [X.] hinaus für die Allgemeinheit von Bedeutung ist. Zum anderen sind die Grundsätze, nach denen ein Verlust aus der Veräußerung oder Auflösung einer Kapitalgesellschaft gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen ist, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Zum [X.] kommt es für die Frage, ob tatsächlich ein Verlust vorliegt, wenn es um die Abtretung einer uneinbringlichen Forderung unter "aus einem Topf wirtschaftenden" Ehegatten, ggf. als Drittaufwand, geht, auf die regelmäßig [X.] auch im [X.] nicht klärungsbedürftigen Umstände des Einzelfalls an (vgl. Beschlüsse des [X.] --[X.]-- vom 23. Dezember 2009 I[X.] 72/09, [X.], 932; vom 22. März 2011 [X.] 151/10, [X.], 1165).

3

b) Das gilt gleichermaßen für die Frage nach einer unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Zuwendung bei fragwürdiger Forderungsrealisierung wie auch für die Frage, ob durch kurzzeitige Rückführung eines Darlehens eine Krise zu erkennen ist. Zudem ist auch die Frage, ob die Gesellschaft in eine Krise geraten ist, aufgrund einer --nicht grundsätzlich bedeutsamen-- Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls (vgl. [X.]-Urteile vom 25. Mai 2011 IX R 54/10, [X.], 2029; vom 9. Oktober 2008 IX R 60/05, [X.], 896, m.w.[X.]) als Tatfrage zu entscheiden.

4

c) Entsprechend bedarf es keiner Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 [X.]r. 2  1. Alt. [X.]O). Für die Darlegung der Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 [X.]r. 2  2. Alt. [X.]O) mangelt es bereits an einer eine Abweichung erkennbar machenden Gegenüberstellung tragender Erwägungen des angefochtenen Urteils des Finanzgerichts ([X.]) und (vermeintlicher) Divergenzentscheidungen (vgl. etwa [X.]-Beschlüsse vom 11. Dezember 2002 I[X.] 124/02, [X.]/[X.]V 2003, 495; vom 28. März 2011 III B 144/09, [X.], 1144).

5

Mit ihrem Vorbringen rügen die Kläger im [X.] lediglich eine (vermeintlich) unzutreffende Tatsachenwürdigung und fehlerhafte Rechtsanwendung durch das [X.], also materiell-rechtliche Fehler; damit kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 1. April 2008 I[X.]  156/07, [X.]/[X.]V 2008, 1323; vom 23. September 2009 I[X.] 84/09, [X.]/[X.]V 2010, 395).

6

2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel sind zum Teil nicht hinreichend dargetan, im Übrigen liegen sie nicht vor.

7

a) Soweit die Kläger in der [X.]ichtberücksichtigung der Bürgschaftsinanspruchnahme auch des [X.] eine unzureichende Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 [X.]O) als (verzichtbaren) Verfahrensmangel in Gestalt der unterlassenen Amtsermittlung rügen (zu den Anforderungen: z.B. [X.]-Beschlüsse vom 18. März 2004 VII B 53/03, [X.]/[X.]V 2004, 978; vom 28. Juli 2004 I[X.] 136/03, [X.]/[X.]V 2005, 43), ist dieser Verstoß nicht gegeben. Dazu ist dem [X.]-Urteil (S. 4) eine entsprechende Bürgschaftsvereinbarung und -inanspruchnahme nicht zu entnehmen. Ausweislich des [X.] (zu dessen Beweiskraft: § 94 [X.]O i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--) wurde der wesentliche Inhalt der Akten vorgetragen, ohne dass die Kläger auf den Vortrag korrigierend reagiert oder auf eine entsprechende Aufklärungsmaßnahme hingewirkt oder einen diesbezüglichen Beweisantrag gestellt hätten. Gleichwohl haben die fachkundig vertretenen Kläger [X.] zur Sache verhandelt und damit ihr [X.] durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 ZPO; vgl. [X.]-Beschluss vom 27. August 2008 I[X.] 207/07, [X.]/[X.]V 2008, 2022, m.w.[X.].).

8

b) Hinsichtlich der (erst seit Akteneinsicht bekannten) Probeberechnungen des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt) fehlt es für eine Verfahrensrüge bereits an Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit.

9

c) Soweit die Kläger rügen, dass das [X.]-Urteil --trotz Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im [X.]ovember 2000-- keine konkreten Ausführungen zur Berücksichtigung des Auflösungsverlustes des [X.] im Streitjahr 2000 enthält, greift diese Verfahrensrüge nicht durch. Solche Ausführungen waren entbehrlich; denn nach der maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des [X.] (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 25. September 2007 I[X.]  199/06, [X.]/[X.]V 2008, 26; vom 14. Oktober 2009 I[X.] 105/09, [X.]/[X.]V 2010, 443) hatte zum einen zwar die Klägerin, nicht aber der Kläger hinsichtlich der in Frage stehenden Finanzierungsmaßnahmen (Bürgschaften, Darlehen) eigene Aufwendungen getätigt und zum anderen den eigenkapitalersetzenden Charakter seiner Darlehensgewährung nicht nachgewiesen.

d) Auch die Rüge eines [X.] hinsichtlich der zusätzlich geltend gemachten, aber vom [X.] nicht berücksichtigten Aufwendungen der Klägerin (in den --[X.]icht-Streit-- Jahren 1997 bis 1999) geht fehl. Denn für die Berücksichtigung solcher die GmbH betreffenden Aufwendungen kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung der Kapitalanteile an (vgl. [X.]-Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, [X.]E 230, 380, [X.], 969, m.w.[X.].); die Klägerin hat aber ihre GmbH-Anteile im [X.]ovember 1999 veräußert, also nicht in den Streitjahren 2000 bis 2002. Entsprechend verweist das [X.] zutreffend auf das das [X.] betreffende, rechtskräftig abgeschlossene [X.]-Verfahren ([X.]. 15 K 4839/02) und eine mögliche Änderung des Veräußerungsgewinns für nach dem maßgebenden Veräußerungszeitpunkt noch angefallene Aufwendungen (vgl. grds. Beschluss des [X.] des [X.] vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, [X.]E 172, 66, [X.] 1993, 897).

Meta

IX B 138/11

30.05.2012

Bundesfinanzhof 9. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 14. Juli 2011, Az: 15 K 1716/08, Urteil

§ 17 EStG 1997, § 76 Abs 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 165 ZPO, § 295 ZPO, § 17 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.05.2012, Az. IX B 138/11 (REWIS RS 2012, 5970)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5970

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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