Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2010, Az. XII ZR 131/08

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 8808

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM [X.]AME[X.] DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 3. März 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit [X.]achschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 307 Abs. 1 Satz 1 Bb Zur Wirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Betriebs- und [X.] des Mieters eines Ladengeschäfts in einem Einkaufszentrum, wenn dem Mieter zugleich eine [X.] auferlegt, ihm aber kein Sortiments- und Konkur-renzschutz gewährt wird. [X.], Urteil vom 3. März 2010 - [X.]/08 - OLG [X.]aumburg

[X.]/Saale

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 2010 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] Klinkhammer und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 15. Juli 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Vereinbarung, nach der sich die Klägerin zum Betrieb eines von der [X.] gemieteten Ladenlokals sowie zu dessen Offenhaltung nach Maßgabe der von dieser bestimmten Öff-nungszeiten verpflichtet. 1 Die Rechtsvorgängerin der Klägerin mietete 1995 von der Rechtsvor-gängerin der [X.] in deren - damals baubehördlich genehmigten, aber noch nicht errichteten - Einkaufszentrum [X.] eine Ladenfläche von über 720 qm für die Dauer von 15 Jahren ab Übergabe (September 1996). In § 1/I [X.]r. 2 des von der Vermieterin verwandten [X.] heißt es: 2 "Die Vermietung erfolgt zur ausschließlichen [X.]utzung als: - 3 - T.-Discount einschließlich der dazugehörigen Rand- und [X.]ebensortimente. Der Mieter verpflichtet sich, das Sortiment entsprechend der oben angeführten Beschränkung einzuhalten. Eine Änderung der ge-nannten [X.]utzung oder des Sortiments ist dem Mieter ohne vorhe-rige Zustimmung des Vermieters nicht gestattet. Dem Mieter wird keine Sortimentsausschließlichkeit zugesichert. [X.] ist ausgeschlossen." In § 11/II des [X.] wird eine "Betreibungs-/ Offenhal-tungspflicht" des Mieters wie folgt geregelt: 3 "1. Der Mieter ist verpflichtet, den Mietgegenstand während der gesamten Mietzeit seiner Zweckbestimmung entsprechend ununterbrochen zu nutzen. Er wird die Mieträume weder ganz noch teilweise unbenutzt oder leerstehen lassen. – 3. Das Geschäftslokal ist im Rahmen der gesetzlichen Bestim-mungen über die Ladenschlusszeiten an allen [X.] zu den vom Vermieter festgelegten Öffnungszeiten offenzuhal-ten. Aus der bloßen Duldung abweichender Öffnungszeiten durch den Vermieter kann der Mieter keine Rechte herleiten. Zeitweise Schließungen (wie Mittagspause, Ruhetage, Be-triebsferien) sind nicht zulässig, ausgenommen sind Inventuren oder Betriebsversammlungen." Die Geschäftsräume waren zunächst an die [X.], später an die [X.] untervermietet, die dort einen [X.] - 4 - bensmitteldiscountmarkt betrieben und als größtes Ladengeschäft des [X.] dessen "Publikumsmagnet" bildeten. Der Leerstand in dem [X.] ist im Laufe des Mietverhältnisses von anfänglich 20 % auf inzwi-schen 40 % gestiegen. Die [X.] hat das Ladenlokal 2007 geräumt. 5 Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die in § 11/II [X.]r. 1 und [X.]r. 3 des Mietvertrags bestimmte Betriebspflicht ungültig sei und sie berechtigt sei, ihr Ladengeschäft nach eigenem Belieben zu öffnen oder zu schließen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Revision, mit der die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt. 6 Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Klage ist insgesamt nicht [X.]. 7 [X.] Unbegründet ist bereits das Begehren der Klägerin festzustellen, die in § 11/II [X.]r. 1 und [X.]r. 3 des Mietvertrags getroffene Regelung über die Betriebs-pflicht sei ungültig. Denn die der Klägerin in den genannten Vertragsbestim-mungen auferlegte Betriebs- und [X.] ist wirksam vereinbart. 8 - 5 - 1. [X.]ach Auffassung des [X.]s halten die in § 11/II [X.]r. 1 und [X.]r. 3 des Mietvertrags getroffenen Vereinbarungen einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. 9 10 Soweit § 11/II [X.]r. 3 des Mietvertrags zeitweilige Schließungen "wie [X.], Ruhetage, Betriebsferien" untersage, benachteilige dies die Klägerin nicht unangemessen. Mittagspausen, Ruhetage und Betriebsferien seien im Wesentlichen auf die Interessenlage der Betreiber von kleinen, insbesondere inhabergeführten Geschäften mit keinem weiteren oder nur geringem [X.] zugeschnitten, für Lebensmitteldiscounter in einem Einkaufszentrum aber ebenso untypisch wie unüblich; zudem seien sie mit dem überwiegenden Interesse des Vermieters sowie mit dem Gesamtinteresse der Mieter an der vollen Funktionsfähigkeit eines Einkaufszentrums nicht vereinbar. Die in § 11/II [X.]r. 1 und [X.]r. 3 Satz 1 des Mietvertrags festgelegte [X.] sei für sich genommen nicht zu beanstanden. Sie sei auch nicht deshalb unwirksam, weil § 1/I [X.]r. 2 Satz 2 des Mietvertrags der Klägerin zu-sätzlich eine [X.] auferlege, Satz 4 dieser Regelung ihr aber "[X.]" zusichere und Satz 5 ihr zudem ausdrücklich keinen [X.] gewähre. Die [X.] diene - im Interesse aller Mieter - dem Erhalt eines für die Attraktivität eines [X.]". Bei dem Ausschluss des [X.]es gehe es dem Vermieter regelmäßig darum, sich gegen den häufigen Einwand von [X.] abzusichern, ihr Geschäft leide in Teilbereichen ihres Sortiments unter ver-tragswidrigem Wettbewerb. Durch das Zusammentreffen mit diesen Klauseln werde die Betriebspflicht nicht übermäßig verstärkt. Dies gelte jedenfalls in dem für die [X.] nach § 307 BGB allein maßgebenden [X.]. Soweit - wie in der Entscheidung des [X.]s Schleswig ([X.], 1008 und juris [X.]. 4) - hypothetisch unterstellt werde, dass ein 11 - 6 - Vermieter von Gewerbeflächen in einem Einkaufszentrum eine unmittelbare Konkurrenz zu dem Gewerbebetrieb eines Mieters aktiv fördere, zugleich aber auf der Einhaltung der Betriebspflicht und der [X.] dieses Mieters bestehe, handele es sich um eine Ausnahmesituation, der mit § 242 BGB be-gegnet werden könne. Der [X.] nach § 307 BGB dürfe eine solche nur theoretische Möglichkeit aber nicht zugrunde gelegt werden. 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen [X.]achprüfung stand. 12 a) Die formularmäßige Vereinbarung einer Betriebs- und Offenhaltungs-pflicht ist im Regelfall nicht als eine im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB un-angemessene Benachteiligung des Mieters zu werten (so für die Offenhal-tungspflicht Senatsurteil vom 29. April 1992 - [X.] ZR 221/90 - [X.]JW-RR 1992, 1032 und juris [X.]. 30; vgl. im Übrigen statt aller Wolf/[X.]/[X.] Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. [X.]. 695 m.w.[X.]). Um-stände, die im vorliegenden Fall eine gegenteilige Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. 13 [X.]icht unangemessen ist - jedenfalls für sich genommen - nach wohl [X.] Auffassung auch eine formularmäßige Abrede, die den Mieter von Gewerberäumen an ein bestimmtes Sortiment bindet (vgl. etwa Senatsbe-schluss vom 16. Februar 2000 - [X.] ZR 279/97 - [X.]JW 2000, 1714 und juris [X.]. 47) oder den Vermieter von einer Verpflichtung zum [X.] [X.] (vgl. etwa [X.] [X.]JW-RR 1987, 403; Wolf/[X.]/[X.] Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. [X.]. 709 m.w.[X.].). 14 Zweifelhaft ist die Angemessenheit der genannten Abreden in [X.] dort, wo sie kumulativ vereinbart werden. So wird es in der Recht-sprechung der [X.]e zwar für nicht unangemessen angesehen, wenn dem Mieter von Verkaufsräumen in einem Einkaufszentrum eine [X.] - 7 - triebspflicht auferlegt, zugleich aber die Gewährung von Konkurrenz- und Sor-timentsschutz durch den Vermieter ausgeschlossen wird (OLG Rostock [X.]ZM 2004, 460, 461 und juris [X.]. 65; [X.] ZMR 2003, 254 und juris [X.]. 15). Unterschiedlich beantwortet wird hingegen die Frage, ob in einem [X.] die Vereinbarung einer Betriebspflicht des Mieters - wie nach [X.] der Revision auch im vorliegenden Fall geschehen - mit einer [X.]sbindung kombiniert und zusätzlich mit einem Ausschluss von Konkurrenz- und [X.] wirksam verbunden werden kann (gegen eine Kumulie-rungsmöglichkeit OLG Schleswig [X.], 1008 und juris [X.]. 3 im [X.] an [X.] Mietrecht 3. Aufl. [X.] [X.]. 273 f. A.A. etwa Wolf/[X.]/[X.] Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. [X.]. 695, Bub/[X.] Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. II [X.]. 511; [X.]euhaus Handbuch der [X.] 3. Aufl. [X.]. 426; [X.]/[X.]/Stellmann [X.] 2. Aufl. [X.]. 168; jeweils m.w.[X.].). Diese vom [X.] bejahte Frage kann hier indes [X.]. Denn der Klägerin ist in § 1/I [X.]r. 2 des Mietvertrags keine hinreichend konkretisierbare [X.] auferlegt worden; jedenfalls aber ist es der [X.] nicht zumutbar, der Klägerin im Umfang einer dort - wenn über-haupt - nur äußerst vage getroffenen Zweck- und Sortimentsbestimmung [X.]s- und [X.] zu gewähren: [X.]ach § 1/I [X.]r. 2 des Mietvertrags erfolgt die Vermietung "zur ausschließlichen [X.]utzung als: T.-Discount ein-schließlich der dazugehörenden Rand- und [X.]ebensortimente". "T.-Discount" ist aber keine Sortimentsbezeichnung, sondern ein Teil des Firmennamens der ersten Untermieterin. Denkbar wäre zwar, in dieser Regelung eine [X.] auf eine Angebotspalette zu sehen, die dem bei anderen [X.] üblichen Sortiment entspräche. Dies setzt allerdings voraus, dass sich - trotz der für [X.] typischen Einbeziehung auch [X.], 16 - 8 - aber gerade besonders preisgünstiger Angebote in das jeweils aktuelle [X.] - eine solche Begrenzung überhaupt bestimmen ließe; ferner, dass die Klägerin bei der Abrede den Willen gehabt hätte, auch bei einer Untervermie-tung an künftige andere Untermieter eine solche Beschränkung des Sortiments auf eine (etwaige und) gerade für die T.-Discount Filialen typische Angebotspa-lette hinzunehmen. Beides kann hier jedoch letztlich offen bleiben. Auch wenn sich aus der Bezugnahme auf den "T.-Discount" auf eine vage abgrenzbare Sortimentsbeschränkung schließen ließe, so hätte diese Beschränkung eine diffuse und - nicht zuletzt durch die ausdrückliche Einbeziehung von "Rand- und [X.]ebensortimenten" - auch umfänglich kaum begrenzbare Reichweite, die eine [X.] jeglicher praktischen Bedeutung entzöge. Ein - als Kehrseite der [X.] vereinbarter - Sortiments- und [X.] würde folglich für die Beklagte ein Risiko bergen, das die Vermietbarkeit der übrigen Ladengeschäfte im Einkaufszentrum nachhaltig beeinträchtigen und die [X.] ihrerseits unangemessen belasten würde (vgl. dazu auch [X.]/ [X.]/Stellmann [X.] 2. Aufl. [X.]. 168). Im Ergebnis ist [X.] - jedenfalls im vorliegenden Fall - die Kombination der Betriebspflicht mit einer etwa vereinbarten [X.] und dem Ausschluss jedes [X.]s- und [X.]es unter dem Aspekt des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu beanstanden. b) An dieser Beurteilung ändert auch die in § 1/II [X.]r. 3 Satz 1 und 3 des Mietvertrags vereinbarte Verpflichtung der Klägerin zur Offenhaltung ihres Ge-schäfts nichts. Die [X.] benachteiligt die Klägerin aus den be-reits vom [X.] aufgeführten Gründen nicht unangemessen. Für die Inhaltskontrolle von Formularverträgen, die - wie hier - gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, sind die im Handelsverkehr geltenden Ge-wohnheiten und Gebräuche nach § 310 Abs. 1 Satz 3 BGB angemessen zu berücksichtigen. Es entspricht verbreiteter Übung und den Erwartungen des 17 - 9 - Publikums, dass ein Discount-Markt mit der größten Ladenfläche in einem [X.] während der Öffnungszeiten des [X.] durchgehend - also ohne Mittagspausen, Ruhetage oder Betriebsferien - offengehalten wird. Der Umstand, dass in § 1/II [X.]r. 3 des Mietvertrags - jedenfalls ausdrücklich - (nur) Schließungen wegen "Inventuren oder Betriebsversammlungen" von dieser ge-nerellen [X.] ausgenommen werden, begründet keine Unwirk-samkeit der mietvertraglichen Regelung. Ebenso wie "Mittagspause, Ruhetage und Betriebsferien" nur als Beispiele für eine - vom Mieter gewillkürte, aber ob-jektiv nicht unerlässliche und deshalb - unzulässige Geschäftsschließung ge-nannt werden, sind umgekehrt "Inventur und Betriebsversammlungen" ersicht-lich nur beispielhaft für eine - nach dem Betriebsablauf notwendige und [X.] - zulässige Ausnahme von der [X.] erwähnt. Andere - notwendige - Schließungen, wie sie etwa durch die von der Revision angeführ-ten, dem Mieter obliegenden Schönheitsreparaturen oder Instandhaltungsmaß-nahmen erforderlich werden könnten, werden durch diese Beispiele nicht aus-geschlossen. Das ergibt sich bereits aus der Auslegung des Vertrags, der dem Mieter, wenn er ihm Reparatur- oder Instandhaltungsmaßnahmen auferlegt, die Möglichkeit zu deren Durchführung nicht unnötig verstellen darf; es folgt im Üb-rigen auch aus § 275 Abs. 1 BGB. I[X.] Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als die Klägerin die Feststel-lung begehrt, sie sei berechtigt, ihr von der [X.] gemietetes Ladenge-schäft nach eigenem Belieben zu öffnen und zu schließen. 18 1. Die Klägerin kann dieses Begehren nicht auf die Unwirksamkeit der ihr in § 11/II [X.]r. 1 und [X.]r. 3 des Mietvertrags auferlegten Betriebs- und Offenhal-19 - 10 - tungspflicht stützen. Denn diese Verpflichtung der Klägerin ist, wie dargelegt, wirksam vereinbart. 20 2. Auch kann sich die Klägerin für ihr Klagebegehren nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. 21 a) [X.]ach Auffassung des [X.]s trägt bei der Vermietung von Gewerberäumen - im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter - grund-sätzlich der Mieter das Risiko einer wirtschaftlich gewinnbringenden Verwen-dung der gewerblich genutzten Mietsache. Diese Risikoverteilung ändere sich nicht dadurch, dass das vermietete Geschäft in einem Einkaufszentrum liege und nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter von einem wirtschaftli-chen Erfolg des Gesamtprojekts ausgegangen sei. Für die Annahme einer ver-traglichen Vereinbarung, nach der ausnahmsweise der Vermieter anstelle des Mieters das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko für ein vermietetes La-dengeschäft tragen solle, bedürfe es konkreter Anhaltspunkte, die hier jedoch fehlten. Die im Mietvertrag geregelten Rechte und Pflichten des Mieters zur [X.]utzung von Werbeflächen an den Fassaden oder zur Anbringung von [X.] über Schaufenstern und Eingangstür begründeten keine einheitliche Gestaltung der Geschäfte, die auf eine solche Risikoverlagerung schließen las-sen könnte. Ebenso ließe sich weder aus der vereinbarten Pflichtmitgliedschaft in einer Werbegemeinschaft noch aus der Verpflichtung des Mieters zur Mittei-lung der von ihm erzielten Umsätze, aus der [X.] von Aus-verkäufen oder aus der Erwähnung eines "[X.]" in der [X.]ebenkos-tenregelung auf ein Gesamtmanagement mit einheitlicher Vermarktungsstrate-gie schließen; auch insoweit fehlte es mithin an Anhaltspunkten für eine Verein-barung, mit der die Beklagte eine umfassende unternehmerische Verantwor-tung für die Einzelgeschäfte übernommen habe. - 11 - b) Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum. 22 23 Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Parteien bei Abschluss des [X.] einem im Wesentlichen konstant bleibenden Einwohnerbestand in [X.] oder von einer künftigen [X.] des Einkaufszentrums als [X.] oder der darin vereinbarten Betriebs- und [X.] ausgegangen sind. Denn bereits bei Eröffnung des [X.] (1996) standen 20 % der Ladenfläche leer. Auch hatte der vom [X.] als Ursache für den in der Folgezeit ansteigenden Leerstand festgestellte Bevölkerungsschwund in dem betroffenen Stadtteil von [X.] bereits 1992 - mithin deutlich vor Abschluss des Mietvertrags (1995) - eingesetzt. Es ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass den Parteien diese Entwicklung, die bis 2005 zu einem Einwohnerschwund von 40 % und bis 2007 zu einem Leerstand im Einkaufszentrum von 40 % führte, nicht bekannt oder - als Mög-lichkeit - nicht ersichtlich gewesen sei. Die Frage kann indes dahinstehen. Denn die Beklagte hätte sich, auch wenn die Parteien die Möglichkeit einer solchen Bevölkerungs- und Leerstandsentwicklung bedacht hätten, redlicherweise nicht darauf einlassen müssen, den Fortbestand einer bestimmten Einwohnerzahl oder die [X.] als Bedingung - sei es des Mietvertrags, sei es der [X.] der Klägerin - mietvertraglich zu fixieren. Wie der Senat wiederholt dargelegt hat, fällt es in den Verantwortungsbe-reich des Mieters von Gewerberaum, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäfts in der von ihm gewählten Lage abzuschätzen. Das umfasst bei der Anmietung eines Ladenlokals in einem erst noch zu errichtenden Einkaufs-zentrum neben der Chance, in einem später florierenden [X.] erhöhte Ge-winne zu erzielen, auch das Risiko eines Scheiterns des Gesamtobjekts mit entsprechenden negativen Folgen für das gemietete Einzelgeschäft (Senatsur-teile vom 16. Februar 2000 - [X.] ZR 279/97 - [X.]JW 2000, 1714 [X.]. 45 ff. und 24 - 12 - vom 19. Juli 2000 - [X.] ZR 252/98 - juris [X.]. 17 ff.). Es geht nicht an, einen nach der gesetzlichen Lastenverteilung in die [X.] von Gewer-beräumen fallenden Umstand als gemeinsame Geschäftsgrundlage der Miet-vertragsparteien anzusehen und damit das Risiko des Eintritts oder [X.]ichtein-tritts dieses Umstandes über die Grundsätze des Wegfalls der [X.] ganz oder teilweise auf den Vermieter zu verlagern. Allerdings können die Parteien des Mietvertrags die gesetzliche Risiko-verteilung vertraglich ändern und vereinbaren, dass der Vermieter das [X.] - ganz oder zum Teil - übernimmt. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln (Senatsurteile vom 16. Februar 2000 - [X.] ZR 279/97 - [X.]JW 2000, 1714 [X.]. 46 und vom 19. Juli 2000 - [X.] ZR 252/98 - juris [X.]. 22 ff.). Das [X.] hat dem Inhalt des von den Prozessparteien geschlossenen Mietvertrags mit Recht [X.] solche von der gesetzlichen Risikoverteilung abweichende Vereinbarung entnommen. Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich eine solche [X.] auch nicht in dem Zusammentreffen der mietvertraglichen Regelun-gen über die Betriebs- und [X.] sowie über die Sortimentsbin-dung des Mieters einerseits und dem Fehlen eines Sortiments- und Konkur-renzschutzes durch den Vermieter andererseits (§ 11/II [X.]r. 1 und [X.]r. 3 des Mietvertrags i. V. m. § 1/I [X.]r. 2 des Mietvertrags) erblicken. Schon generell kann aus einer Kumulation von Betriebs- und [X.], Sortiments-bindung sowie Ausschluss von Konkurrenz- und [X.] noch nicht ohne weiteres auf einen Willen des Vermieters geschlossen werden, den Mieter von dem Risiko einer wirtschaftlich gewinnbringenden [X.]utzung des vom Mieter gemieteten Ladengeschäfts zu entlasten. Im vorliegenden Fall erscheint, wie dargelegt, der Ausschluss von Konkurrenz- und [X.] durch die Beklagte zudem nur als eine wirtschaftlich naheliegende Folge der der Klägerin eingeräumten [X.]utzung des Ladengeschäfts als "T.-Discount einschließlich der 25 - 13 - dazugehörenden Rand- und [X.]ebensortimente". Soweit in dieser Zweckbestim-mung überhaupt eine Sortimentsbeschränkung zu finden ist, hätte angesichts deren kaum verlässlich begrenzbarer Reichweite ein damit korrespondierender Konkurrenz- und [X.] für die Beklagte schwer kalkulierbare Risi-ken bei der Vermietung der übrigen Ladengeschäfte mit sich gebracht. Der Ausschluss von Konkurrenz- und [X.] beugt dem vor; eine Verein-barung über die Verlagerung des [X.]utzungs- und Gewinnerzielungsrisikos der Klägerin auf die Beklagte liegt darin nicht. 3. Schließlich kann die Klägerin ihr Klagebegehren auch nicht, wie die Revision meint, auf § 242 BGB stützen. 26 a) [X.]ach den Darlegungen des [X.]s hat die Beklagte keine vorvertraglichen Pflichtverletzungen - etwa durch fehlerhafte Angaben zur [X.] oder zum Mietobjekt - begangen, die es als [X.] erscheinen ließen, wenn die Beklagte die Klägerin weiter an der verein-barten Betriebs- und [X.] festhielte. Auch seien für § 242 BGB relevante Vertragsverletzungen der [X.] - etwa Versäumnisse bei der Vermietung der anderen Ladengeschäfte des Einkaufszentrums - nicht substan-tiiert vorgetragen. Der Leerstand im Einkaufszentrum, der von ursprünglich 20 % auf nunmehr 40 % angestiegen sei, sage nichts über die Qualität und Quantität der Vermietungsaktivitäten der [X.] aus. Er sei für Ostdeutsch-land nicht untypisch und auf einen massiven Bevölkerungsrückgang in dem Stadtteil von [X.], in dem das Einkaufszentrum belegen sei, zurückzuführen (von 1992 bis 2005 um rund 40 %). Ein angeblich nicht ausreichend attraktiver "Branchenmix" im Einkaufszentrum sei nicht hinreichend substantiiert vorgetra-gen und falle - ebenso wie die [X.]eu-Eröffnung eines Supermarktes sowie eines weiteren neuen Einkaufszentrums in der [X.]achbarschaft - in den wirtschaftlichen Risikobereich der Klägerin. Die Klägerin könne sich ihrer Betriebspflicht auch 27 - 14 - nicht unter Hinweis auf § 242 BGB mit der Behauptung entziehen, bei "sich ständig verstärkender Mieterflucht" könne sie die Einrichtung des Geschäfts nicht auf dem ihr im Mietvertrag als Minimum vorgeschriebenen mittleren [X.] halten, ohne selbst in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Denn dieser Einwand sei verspätet und im Übrigen auch unsubstanti-iert. b) Auch diese Ausführungen halten der rechtlichen [X.]achprüfung stand. 28 Soweit die Revision geltend macht, die Klägerin könne wegen des [X.] im Einkaufszentrum das Geschäft nicht mehr rentabel betreiben, kann sie damit nicht durchdringen. Das [X.] hat diesen Vortrag mit Recht als verspätet zurückgewiesen. Denn die Klägerin hat in [X.] Instanz zwar den zunehmenden Leerstand, nicht aber dessen - erstmals in der [X.] erwähnte - Auswirkungen auf die Rentabilität des Geschäfts (nach der Berufungsbegründung: auf die wirtschaftliche Möglichkeit, bei der Geschäft-seinrichtung einen zumindest mittleren Branchenstandard einzuhalten) ange-sprochen. Zudem ist dieser Vortrag, wie das [X.] zu Recht rügt, hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen des Leerstandes auf die Klägerin [X.] unsubstaniiert. Schließlich greift der Einwand auch in der Sache nicht durch: Die Unzumutbarkeit, eine geschuldete Leistung zu erbringen, hat - für sich ge-nommen - nur nach Maßgabe des § 275 Abs. 2 BGB befreiende Wirkung. Dies setzt voraus, dass die Erbringung der Leistung - hier der weitere Betrieb des Ladengeschäfts durch die Klägerin - einen Aufwand erfordert, der zu dem Leis-tungsinteresse des Gläubigers in einem groben Missverhältnis steht. Dafür ist hier - mangels Spezifizierung der sich für die Klägerin aus dem weiteren Betrieb des Ladengeschäfts ergebenden Kosten, aber auch mangels jeglicher Darle-gung des wirtschaftlichen Interesses der [X.] am weiteren Betrieb eines [X.] im Einkaufszentrum - nichts ersichtlich. Im Übrigen könnte 29 - 15 - sich in der vorliegenden Fallkonstellation eine Unzumutbarkeit für die Klägerin, das Ladengeschäft weiter zu betreiben, allenfalls aus den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder aus einem Verhalten der [X.] ergeben, das es rechtsmissbräuchlich erscheinen ließe, die Klägerin weiter an ihrer Betriebs- und [X.] festzuhalten. Ein Wegfall der Ge-schäftsgrundlage kommt, wie dargelegt, bereits angesichts der gesetzlichen Verteilung des [X.]utzungs- und Gewinnerzielungsrisikos und in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung nicht in Betracht. Für ein [X.] Verhalten der [X.] ist, wie das [X.] zu Recht anmerkt, substaniiert nichts vorgetragen. Hahne [X.] [X.]: [X.], Entscheidung vom 08.01.2008 - 12 O 50/07 - OLG [X.]aumburg, Entscheidung vom 15.07.2008 - 9 U 18/08 ([X.]) -

Meta

XII ZR 131/08

03.03.2010

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2010, Az. XII ZR 131/08 (REWIS RS 2010, 8808)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8808

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 131/08 (Bundesgerichtshof)

Gewerberaummiete: Wirksamkeit einer formularmäßigen Betriebs- und Offenhaltungspflicht des Mieters eines Ladengeschäfts in einem Einkaufszentrum bei …


XII ZR 11/20 (Bundesgerichtshof)

Gewerberaummiete: Wirksamkeit der formularvertraglich vereinbarten Betriebs- und Offenhaltungspflicht des Mieters eines Ladengeschäfts in einem Einkaufszentrum; …


30 U 53/17 (Oberlandesgericht Hamm)


XII ZR 51/19 (Bundesgerichtshof)

Benachteiligung des Mieters eines Gewerberaummietvertrages durch vereinbarte Betriebspflicht neben Konkurrenzschutzausschluss


XII ZR 121/04 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZR 131/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.