Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.07.2020, Az. VIII R 27/18

8. Senat | REWIS RS 2020, 3333

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Zur Steuerfreiheit von Leistungen, die für die vollzeitige Betreuung von verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen gezahlt werden


Leitsatz

1. Für die Beantwortung der Frage, ob eine gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Beihilfe oder die steuerpflichtige Vergütung einer erwerbsmäßigen Tätigkeit vorliegt, sind Inhalt und Durchführung des jeweiligen Betreuungsverhältnisses maßgebend.

2. Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht werden, können gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Bezüge sein. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 30.01.2018 - 9 K 9105/16 aufgehoben.

Die Einkommensteuerfestsetzungen für die [X.] und 2013 in Gestalt der [X.] vom 02.05.2016 werden dahin geändert, dass die Einkommensteuer auf jeweils 0 € herabgesetzt wird.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

[X.]er Kläger und Revisionskläger (Kläger), der ausgebildeter Erzieher ist, nahm in den Streitjahren 2012 und 2013 verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche in seinen Haushalt auf und betreute diese dort. [X.]ie jüngste von ihm betreute [X.] war damals elf Jahre alt. [X.]er Kläger nahm stets nur ein Kind bzw. einen Jugendlichen bei sich auf.

2

[X.]en Jugendlichen B betreute der Kläger vom [X.] bis zu dessen Volljährigkeit im Juli 2012. Hierfür erhielt er nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) vom Verein [X.] ein monatliches Honorar in Höhe von durchschnittlich rund 3.600 €. [X.]er Betreuung lag ein "[X.]" vom 29.08.2010 zugrunde, dessen Bestandteil auch das pädagogische Konzept des [X.] war. [X.]er Kläger übernahm die Tätigkeit "in einem Vollzeitumfang mit einem Betreuungsschlüssel von 1:1". [X.]ie Betreuungsleistungen waren in der Vereinbarung spezifiziert. [X.]er Vertrag war jederzeit ohne Einhaltung einer Frist mit sofortiger Wirkung kündbar.

3

Nach dem Ende der Betreuung des Jugendlichen B schloss sich bis September 2013 die Betreuung weiterer Kinder bzw. Jugendlicher im Auftrag des [X.] an. Es galten entsprechende vertragliche Vereinbarungen. [X.]er Kläger betreute von August 2012 bis April 2013 [X.], im Juni und Juli 2013 E und im September 2013, für zehn Tage, F.

4

[X.]er Kläger rechnete seine Vergütungsansprüche gegenüber dem Verein [X.] monatlich ab. In den Rechnungen heißt es zu "Art und Umfang der Leistung": "Für die Betreuung im Rahmen einer stationären Jugendhilfemaßnahme nach § 35 [X.] berechne ich ...".

5

[X.]er Verein [X.] bescheinigte dem Kläger am 31.12.2012, "dass die von uns gezahlten Sachkosten und das ausgezahlte Honorar ausschließlich aus Mitteln der öffentlichen Hand stammen".

6

In den Monaten November und [X.]ezember 2013 übernahm der Kläger die Betreuung des Jugendlichen G im Rahmen eines Jugendhilfeprojektes. Grundlage war ein mit der H-GmbH in I geschlossener "projektbezogener Honorarvertrag", dessen Bestandteil wiederum das pädagogische Konzept des [X.] war. Auch hier verpflichtete sich der Kläger zur stationären Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Hierfür erhielt er ein Honorar von monatlich 3.000 €. [X.]er Vertrag, der jederzeit kündbar war, weist zudem auf den "Projektcharakter" und die damit verbundene Möglichkeit eines jederzeitigen, plötzlichen Abbruchs der Maßnahme hin.

7

Gegenüber der H-GmbH rechnete der Kläger seine Vergütungsansprüche in gleicher Weise wie gegenüber dem Verein [X.] monatlich ab.

8

[X.]er Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) schätzte zunächst die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer der Streitjahre mit Bescheiden vom 08.04.2015 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Zur Begründung der hiergegen gerichteten Einsprüche reichte der Kläger Einkommensteuererklärungen ein, in denen er ausschließlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Erzieher erklärte.

9

[X.]as [X.] setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre mit [X.] vom 11.06.2015 (2012) und 25.02.2016 (2012 und 2013) herab. [X.]abei legte es der Besteuerung des [X.] Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 21.069 € (2012) bzw. 11.568 € (2013) zugrunde. Aus hier nicht streitgegenständlichen Gründen änderte das [X.] die Steuerfestsetzung 2013 am 02.05.2016 erneut. Im Übrigen blieben die Einsprüche des [X.] jedoch ohne Erfolg ([X.] vom 02.05.2016), ebenso die nachfolgende Klage. [X.]as [X.] hat zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) veröffentlichten Urteils (E[X.] 2018, 1699) darauf abgestellt, dass eine unmittelbare Förderung der Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht vorliege, wenn die Aufnahme eines Kindes oder Jugendlichen in den Haushalt der Pflegeperson als Erwerbstätigkeit anzusehen sei. [X.]ies sei bei der Erbringung von --mit einer Vollzeitpflege gemäß § 33 des [X.] ([X.]I) nicht vergleichbaren-- Leistungen gemäß § 35 SGB VIII der Fall.

Seine hiergegen gerichtete Revision begründet der Kläger mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Er beantragt,
das angefochtene [X.]-Urteil aufzuheben, die Einkommensteuerfestsetzungen für die [X.] und 2013 vom 25.02.2016 in Gestalt der [X.] vom 02.05.2016 zu ändern und die Einkommensteuer jeweils auf 0 € herabzusetzen.

[X.]as [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es meint, Leistungen des [X.] für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung i.S. des § 35 SGB VIII stellten steuerpflichtige Einnahmen dar.

Entscheidungsgründe

II.

[X.]ie Revision ist begründet. [X.]as angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

[X.]as [X.] hat die Steuerfreiheit der Einnahmen, die der Kläger in den Streitjahren für die Betreuung verhaltensauffälliger Jugendlicher und Kinder in seinem Haushalt bezogen hat, zu Unrecht verneint. Es hat rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe erwerbsmäßig nicht mit einer Vollzeitpflege gemäß § 33 [X.] vergleichbare Leistungen gemäß § 35 [X.] erbracht, für die die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 11 EStG nicht gelte.

1. Nach § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sind u.a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln steuerfrei, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern.

a) Öffentliche Mittel sind solche, die aus einem öffentlichen Haushalt stammen, d.h. haushaltsmäßig als [X.]usgaben festgelegt und verausgabt werden. [X.]iese Voraussetzung ist auch gewahrt, wenn die derart in einem Haushaltsplan ausgewiesenen Mittel nicht unmittelbar aus einer öffentlichen Kasse, sondern mittelbar über [X.]ritte gezahlt werden, sofern über die Mittel nur nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften verfügt werden kann und ihre Verwendung im Einzelnen gesetzlich geregelter Kontrolle unterliegt. [X.]er [X.]nnahme von Zahlungen "aus öffentlichen Mitteln" steht nicht entgegen, wenn zur Begründung von [X.] der [X.]bschluss eines zivilrechtlichen [X.] erforderlich ist (vgl. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 05.11.2014 - VIII R 29/11, [X.], 1, [X.], 432; VIII R 27/11, [X.], 960, und [X.], [X.], 967; [X.] vom 10.12.2019 - VIII S 12/19 ([X.]dV), [X.] 2020, 357).

b) [X.]us öffentlichen Mitteln an Pflegeeltern geleistete Erziehungsgelder sind regelmäßig dazu bestimmt, die Erziehung der in den Haushalt der Pflegeeltern dauerhaft aufgenommenen und wie leibliche Kinder betreuten Kinder und [X.] unmittelbar zu fördern (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 1, [X.], 432). Ist mit den Zahlungen keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen [X.]ufwands der Pflegeeltern beabsichtigt, sind sie als steuerfreie Beihilfe i.S. des § 3 Nr. 11 EStG anzusehen (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 28.06.1984 - IV R 49/83, [X.], 154, [X.] 1984, 571). [X.]m Charakter einer Beihilfe i.S. des § 3 Nr. 11 EStG fehlt es hingegen, wenn die Zahlungen im Rahmen eines entgeltlichen [X.]ustauschgeschäfts erfolgen (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 1, [X.], 432; in [X.], 960, und in [X.], 967, m.w.N.), z.B. weil sie an Personen erbracht werden, die Kinder von Erwerbs wegen in ihren Haushalt aufgenommen haben (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 17.05.1990 -IV R 14/87, [X.]E 161, 361, [X.] 1990, 1018).

c) [X.] und anlassbezogene Beihilfen sowie Zuschüsse jeweils aus öffentlichen Mitteln, die im Rahmen einer Vollzeitpflege gemäß § 33 [X.] ausgezahlt werden, beurteilt die Rechtsprechung des [X.] grundsätzlich als steuerfreie Beihilfe gemäß § 3 Nr. 11 EStG, die die Erziehung unmittelbar fördern, da mit der Zahlung der [X.] keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen [X.]ufwands der Pflegeeltern beabsichtigt ist (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 1, [X.], 432; in [X.], 960, und in [X.], 967; [X.] in [X.] 2020, 357, m.w.N.; so auch Schreiben des [X.] --BMF-- vom 22.10.2018 - IV C 3-S 2342/07/0001:138, BStBl I 2018, 1109, unter [X.]). Weder die besondere Qualifikation der Pflegeperson noch ein in diesem Kontext für eine Familienpflege für besonders beeinträchtigte Kinder gezahltes [X.], erhöhtes Pflegegeld schließt die [X.]nnahme einer Beihilfe zur Förderung der Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 EStG aus (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 1109, unter [X.]). [X.]ie Voraussetzungen eines erwerbsmäßigen Bezugs von Pflegegeld nimmt die Rechtsprechung im Zusammenhang mit einer Vollzeitpflege gemäß § 33 [X.] erst an, wenn von der Pflegeperson mehr als sechs Kinder gleichzeitig in den Haushalt aufgenommen werden (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 1, [X.], 432; in [X.], 960; in [X.], 967; [X.] in [X.] 2020, 357, m.w.N.; vgl. auch BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 1109, unter [X.]).

2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das [X.] rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe erwerbsmäßig Leistungen gemäß § 35 [X.] erbracht, für die die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 11 EStG nicht gelte. Seine Würdigung, der Kläger habe keine Beihilfen erhalten, weil er Hilfeleistungen i.S. des § 35 [X.] erbracht habe, die insbesondere wegen des vertraglich vereinbarten voraussetzungslosen Kündigungsrechts nicht mit der Hilfe zur Erziehung in der Vollzeitpflege gemäß § 33 [X.] vergleichbar seien und für die er vollständig vergütet worden sei, hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

a) Für die Beurteilung der Frage, ob die an Pflegeeltern gezahlten Erziehungsgelder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern, kommt es maßgeblich auf Inhalt und [X.]urchführung des Pflegeverhältnisses an (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 1, [X.], 432; in [X.], 960, und in [X.], 967, m.w.N.).

[X.]ieses war im Streitfall in besonderer Weise dadurch geprägt, dass der Kläger die von ihm betreuten, verhaltensauffälligen Kinder und [X.] in seinen Haushalt aufgenommen hat und mit diesen in einer häuslichen Gemeinschaft lebte. In diesem Umfeld betreute der Kläger jeweils lediglich ein Kind bzw. einen [X.], bei dem ein besonderer Unterstützungsbedarf bestand, wobei die Betreuung nicht nur individuell, sondern auch umfassend war. [X.]ie [X.] waren ausweislich der geschlossenen Verträge zeitlich nicht befristet. [X.]as danach vorliegend prägende Element der vollzeitigen Betreuung von Kindern und [X.] im eigenen Haushalt kennzeichnet auch die Vollzeitpflege gemäß § 33 [X.].

b) [X.]a es maßgeblich auf Inhalt und [X.]urchführung des Pflegeverhältnisses ankommt, ist es im Streitfall ohne Belang, ob der Kläger seine Leistungen in den von ihm erteilten Rechnungen als "Betreuung im Rahmen einer stationären Jugendhilfemaßnahme nach § 35 SGB VII" bezeichnet hat und diese sozialrechtliche Einordnung zutreffend ist. Letzteres ist --entgegen der [X.]uffassung des [X.]-- zudem zweifelhaft, weil die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung gemäß §§ 27 [X.]bs. 2, 35 [X.] zum einen regelmäßig ambulante Leistungen betrifft und zum anderen [X.]dressaten dieser Leistungen nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes allein Jugendliche, d.h. junge Menschen im [X.]lter von 14 bis 18 Jahren, nicht aber Kinder --die der Kläger ebenfalls betreut [X.] sind (vgl. hierzu z.B. [X.] in [X.]/Voelzke, § 35 [X.] Rz 11; Stähr in [X.]/[X.], § 35 [X.] Rz 1, 4).

c) [X.]ass der Kläger die in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder und [X.] entsprechend deren besonderen Bedürfnissen intensiv sozialpädagogisch betreut und hierfür ein über den Regelsätzen für die Vollzeitpflege von Kindern und [X.] liegendes Pflegegeld bezogen hat, steht der Steuerfreiheit der Bezüge nicht entgegen.

aa) [X.]er Umstand, dass wegen der besonderen Situation der Kinder und [X.] hohe [X.]nforderungen an die persönliche und fachliche Qualifikation des [X.] bestanden und dementsprechend dessen pädagogisches Konzept Bestandteil des [X.]s war, kann keine Erwerbsmäßigkeit der Tätigkeit begründen (anderer [X.]nsicht BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 1109, unter [X.]; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 3 Nr. 11 EStG Rz 7). Sowohl die besondere Qualifikation des Betreuers als auch ein in diesem Kontext gezahltes [X.] erhöhtes Pflegegeld (vgl. zu Leistungen im Rahmen der Vollzeitpflege gemäß § 33 [X.] BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 1109, unter [X.]) sind dem besonderen Bedarf des jeweils betreuten [X.] bzw. Kindes geschuldet, ohne dass hieraus abgeleitet werden kann, dessen [X.]ufnahme in den Haushalt des [X.] sei des Erwerbs wegen erfolgt. Gegen eine erwerbsmäßige [X.]ufnahme spricht auch, dass der Senat nicht erkennen kann, dass die gezahlten Gelder den mit der vollzeitigen Betreuung der verhaltensauffälligen Kinder und [X.] verbundenen sachlichen und zeitlichen [X.]ufwand des [X.] tatsächlich abdecken konnten. [X.]uch die Höhe des jeweils vereinbarten Tagessatzes lässt einen solchen Schluss nicht zu (vgl. z.B. [X.]-Urteil in [X.], 1, [X.], 432: [X.] von 83,82 € im Fall einer Vollzeitpflege gemäß § 33 [X.]). [X.]ie [X.]nnahme einer erwerbsmäßigen Betreuung ist im Zusammenhang mit einer [X.]ufnahme von Kindern und [X.] in den eigenen Haushalt --wie in den Fällen der Vollzeitpflege gemäß § 33 [X.]-- nur dann gerechtfertigt, wenn andere Umstände, wie z.B. die [X.]nzahl der durch die Pflegeperson betreuten Kinder bzw. [X.], für einen Vergütungscharakter der gezahlten Gelder sprechen.

bb) Entgegen der [X.]uffassung des [X.] führt schließlich auch die Tatsache, dass die vom Kläger mit den Trägern der freien Jugendhilfe geschlossenen Verträge jederzeit kündbar waren, nicht zur [X.]nnahme einer Erwerbstätigkeit. [X.]ie dem Schutz der Kinder und [X.] dienende Möglichkeit einer kurzfristigen Beendigung des [X.]s besagt nicht, dass dieses lediglich auf einen kurzen Zeitraum angelegt war. [X.]ie geschlossenen Verträge lassen ebenfalls nicht erkennen, dass eine nur kurzzeitige Betreuung durch den Kläger beabsichtigt war, zumal eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung --entgegen der [X.]uffassung des [X.]-- gemäß § 35 Satz 2 [X.] grundsätzlich auf längere Zeit angelegt ist, während eine Vollzeitpflege nach § 33 [X.] auch in der Form einer zeitlich befristeten Erziehungshilfe erfolgen kann.

3. [X.]ie Entscheidung des [X.] war daher aufzuheben. [X.]ie Sache ist spruchreif. [X.]er Klage ist stattzugeben. [X.]a es sich bei den Zahlungen an den Kläger um steuerfreie Bezüge gemäß § 3 Nr. 11 EStG handelt, ist die Einkommensteuer für die Streitjahre antragsgemäß auf 0 € festzusetzen.

a) [X.]ie Einnahmen des [X.] stammen aus öffentlichen Mitteln i.S. des § 3 Nr. 11 EStG. Sie wurden nach den Feststellungen des [X.] konkret bezogen auf den jeweils vom Kläger betreuten [X.] bzw. das von ihm betreute Kind aus Mitteln der öffentlichen Hand gezahlt. Es fehlt an [X.]nhaltspunkten dafür, dass die Zahlungen nicht im Haushaltsplan der [X.] festgelegt gewesen sein und das Jugendamt nicht der öffentlichen Rechnungskontrolle unterlegen haben könnten. [X.]er Umstand, dass diese Zahlungen über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe an den Kläger als Erziehenden auf der Grundlage eines Vertrages zwischen ihm und dem Träger geleistet wurden, steht der [X.]nnahme öffentlicher Mittel nicht entgegen (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 1, [X.], 432; in [X.], 960; in [X.], 967; [X.] in [X.] 2020, 357, m.w.N.).

b) [X.]ie streitigen Gelder dienten --wie [X.] auch der unmittelbaren Förderung der Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 EStG. Es handelte sich um Zahlungen mit Beihilfecharakter und nicht um Zahlungen im Zusammenhang mit einer erwerbsmäßigen Betreuungstätigkeit des [X.].

4. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 135 [X.]bs. 1 [X.]O.

Meta

VIII R 27/18

14.07.2020

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 30. Januar 2018, Az: 9 K 9105/16, Urteil

§ 3 Nr 11 EStG 2009, § 33 SGB 8, § 35 SGB 8, EStG VZ 2012, EStG VZ 2013

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.07.2020, Az. VIII R 27/18 (REWIS RS 2020, 3333)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3333

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII R 13/19 (Bundesfinanzhof)

(Behandlung von Pflegegeldern für die intensivpädagogische Betreuung von Jugendlichen in einer Einrichtung i.S. des § …


VIII R 27/11 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 5. November 2014 VIII R 29/11 -Steuerfreie Einnahmen aus …


VIII R 9/12 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 5. November 2014 VIII R 29/11 - Steuerfreie Einnahmen …


VIII R 29/11 (Bundesfinanzhof)

Steuerfreie Einnahmen aus der Aufnahme von Pflegepersonen in den eigenen Haushalt


VIII R 37/19 (Bundesfinanzhof)

Zahlung aus öffentlichen Mitteln bei Zwischenschaltung eines freien Trägers der Jugendhilfe


Referenzen
Wird zitiert von

XII ZB 191/19

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.