Bundespatentgericht, Urteil vom 29.11.2011, Az. 3 Ni 44/08 (EU)

3. Senat | REWIS RS 2011, 997

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Gegenstand

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 344 850

([X.] 599 14 011)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Schramm sowie der [X.]in Dipl.-Chem. [X.], der [X.] Dipl.-Chem. [X.] und [X.] sowie der [X.]in Dipl.-Chem. Dr. Münzberg

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 1 344 850 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

1. Alkalisches [X.] (1) zum Aufbringen von Zink-Nickel-Überzügen mit einer Anode (2), einer Kathode (3), dadurch gekennzeichnet, dass die Anode von dem alkalischen Zink-Nickel-Elektrolyten durch eine lonenaustauschermembran (6) getrennt ist und das Bad Schwefelsäure, Phosphorsäure, Methansulfonsäure, Amidosulfonsäure und/oder Phosphonsäure als Anolyt (5) aufweist.

2. [X.] nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Anode (2) durch eine perfluorierte [X.] (6) von dem alkalischen Katholyten (4) getrennt ist.

3. [X.] nach einem der Ansprüche 1 bis 3, gekennzeichnet durch eine platinierte [X.].

I[X.] Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II[X.] Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

[X.] Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 29. Juli 1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der [X.] Patentanmeldung [X.] 34 353 vom 30. Juli 1998 angemeldeten, mit Wirkung auch für die [X.] erteilten [X.] Patents 1 344 850 (Streitpatent). Das Streitpatent betrifft ein alkalisches Zink-Nickelbad und umfasst in seiner erteilten Fassung vier Patentansprüche, die in der [X.] folgenden Wortlaut haben:

2

1. Alkalisches Galvanikbad (1) zum Aufbringen von Zink-Nickel-Überzügen mit einer Anode (2) und einer Kathode (3), dadurch gekennzeichnet, daß die Anode von dem alkalischen Elektrolyten durch eine lonenaustauschermembran (6) getrennt ist.

3

2. Galvanikbad nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Anode (2) durch eine perfluorierte [X.] (6) von dem alkalischen Elektrolyten (4) getrennt ist.

4

3. Galvanikbad nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet durch Schwefelsäure, Phosphorsäure, Methansulfonsäure, Amidosulfonsäure und/oder Phosphonsäure als Anolyt (5).

5

4. Galvanikbad nach einem der Ansprüche 1 bis 3, gekennzeichnet durch eine platinierte Titananode.

6

Mit ihrer Nichtigkeitsklage greift die Klägerin das Streitpatent in vollem Umfang an und macht geltend, die mit dem Streitpatent geschützte Lehre sei nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann sie im beanspruchten Umfang ausführen könne. Zudem sei der Gegenstand des Streitpatents nicht neu bzw. beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Zur Begründung ihres Vorbringens bezieht sich die Klägerin auf folgende Druckschriften:

7

N1 [X.] 4 469 564

8

N2 [X.] 29 12 351 A1

9

N3 [X.] 33 10 730 A1

N4 [X.] 40 35 316 C2

N5 [X.] 5 403 460 A

N6 [X.] 37 12 511 A1

N7 Tagungsband der 14. AESF-Konferenz, 26. bis 28. Januar 1993, 1 S. Inhaltsverzeichnis, [X.] bis 112

N8 Tagungsband der [X.], 27. bis 29. Januar 1997, [X.] und 98 bis 114

N9 Bescheid der [X.] des [X.] in der [X.] betreffend das Gebrauchsmuster 299 24 530 vom 8. September 2009

N10 [X.] - Mitteilungen vom 1. August 1983, Produkt [X.] 27 bis 29.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das [X.] Patent 1 344 850 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung des [X.] gemäß Schriftsatz vom 29. Juni 2009 erhält, hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der [X.] bis [X.] gemäß Schriftsatz vom 2. Dezember 2010 erhält.

Der Anspruch 1 des [X.] lautet:

1. Alkalisches Galvanikbad (1) zum Aufbringen von Zink-Nickel-Überzügen mit einer Anode (2) und einer Kathode (3), dadurch gekennzeichnet, dass die Anode von dem alkalischen Zink-Nickel-Elektrolyten durch eine lonenaustauschermembran (6) getrennt ist.

Die Ansprüche 2 bis 4 des [X.] entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 bis 4.

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] weist gegenüber dem Patentanspruch 1 des [X.] im kennzeichnenden Teil das zusätzliche Merkmal „und als Anolyt ein nicht alkalischer Anolyt eingesetzt wird“ auf.

Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]I enthält gegenüber dem Patentanspruch 1 des [X.] das Merkmal im kennzeichnenden Teil „und Anoden eingesetzt werden, die im [X.], nicht jedoch im Sauren löslich sind“.

Im Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.]II ist gegenüber dem Patentanspruch 1 des [X.] das Merkmal „und als Anolyt eine Säure, beispielsweise Schwefel- oder Phosphorsäure eingesetzt wird“ hinzugefügt.

Die jeweils gleichlautenden Patentansprüche 2 bis 4 in der Fassung der [X.] bis [X.] entsprechen den erteilten Ansprüchen.

Der Hilfsantrag [X.] entspricht Ziffer I des Urteilstenors.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und ist der Auffassung, dass die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe nicht gegeben seien. Zur Begründung ihres Vorbringens verweist sie u. a. auf folgende Druckschriften:

[X.] 2 Messung der [X.] in einem industriellen alkalischen Zink-Nickel-Bad (Mai 1997 bis August 2004)

[X.] 3 Beschluss der [X.] des [X.] vom 10.12.2002

[X.] 4a [X.] aus [X.], [X.], [X.], 1982, S. 6 bis 10 ([X.] 4a), [X.] bis 21 ([X.] 4b), [X.] bis 72 ([X.] 4c), [X.] bis 272 ([X.] 4d)

[X.] 9 Prof. [X.], Gutachten zu [X.] ./. Enthone vom 27.10.2011 mit Nachtrag vom 27.11.2011.

Weiterhin regt die Beklagte an, [X.] zu den Fragen zu erheben, ob für den Fachmann überhaupt ein alkalisches Kupferbad als gedanklicher Ausgangspunkt für ein alkalisches Zink-Nickelbad in Betracht komme, sowie ob die Lehren zur Verwendung einer Membran zwischen den verschiedenen Beschichtungstechnologien übertragbar seien.

Entscheidungsgründe

Die Klage, mit der die in Art. [X.] § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.], Art. 138 Abs. 1 lit. a und b EPÜ i. V. m. Art. 54 Abs. 1, 2 und Art. 56 EPÜ vorgesehenen Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der fehlenden Ausführbarkeit geltend gemacht werden, ist zulässig und teilweise begründet.

[X.]

Soweit das Streitpatent über die Fassung der mit dem Hauptantrag zulässigerweise vorgenommenen Beschränkung hinausgeht, ist es ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr., vgl. [X.], 404, 405 - [X.]). Die Klage ist auch im Hinblick auf die Fassungen gemäß Hauptantrag sowie den [X.] bis [X.]I begründet, da der Gegenstand des Streitpatents gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und der einzige selbstständige Patentanspruch 1 gemäß den [X.], [X.] und [X.]I unzulässig erweitert ist, so dass es sich insoweit um unzulässige Anspruchsfassungen handelt. Dagegen erweist sich das Streitpatent in der Fassung des zulässigen [X.] als bestandskräftig, da sein Gegenstand neu ist, auf erfinderischer Tätigkeit beruht und weder unzulässig erweitert noch unzureichend offenbart ist.

1. Das Streitpatent betrifft ein Galvanikbad zum Aufbringen von [X.] mit einer Anode, einer Kathode und einem alkalischen Elektrolyten.

Es ist bekannt, elektrisch leitende Werkstoffe zur Verbesserung deren Korrosionsbeständigkeit mit Zink-Nickel-Legierungen zu überziehen. Dazu wird in herkömmlicher Weise ein saures Elektrolytbad, beispielsweise mit Sulfat-, Chlorid-, Fluorochromat- oder Sulfamat-Elektrolyten eingesetzt. Bei diesen Verfahren ist die Erzielung einer gleichmäßigen Dicke des [X.] auf dem zu beschichtenden Werkstoff regelungstechnisch sehr aufwändig und in der Praxis meistens unmöglich.

Aus diesem Grund werden in jüngster [X.] alkalische Zink-Nickel-[X.] eingesetzt, die beispielsweise folgende Zusammensetzung aufweisen: 11,3 g/l ZnO, 4,1 g/l [X.] . 6H2O, 120 g/l NaOH, 5,1 g/l Polyethylenimin.

Die in dem Galvanikbad enthaltenen Amine dienen als Komplexbildner für die [X.], welche im alkalischen Medium ansonsten unlöslich sind. Die Zusammensetzung der Bäder variiert je nach Hersteller.

Betrieben werden die [X.] gewöhnlich mit unlöslichen [X.]. Die [X.] wird durch Zugabe von Zink und die Nickelkonzentration durch Addition einer Nickellösung, zum Beispiel einer Nickelsulfat-Lösung, konstant gehalten.

Diese Bäder zeigen jedoch nach einigen Stunden Betrieb eine Farbänderung von ursprünglich blau-violett nach [X.]. Nach mehreren Tagen bzw. Wochen verstärkt sich diese Färbung und es ist eine Trennung des Bades in zwei Phasen feststellbar, wobei die obere Phase dunkel[X.] ist. Diese Phase bewirkt erhebliche Störungen der Beschichtung der Werkstücke, wie beispielsweise ungleichmäßige Schichtdicken oder Bläschenbildung. Eine kontinuierliche Reinigung des Bades, d. h. ein kontinuierliches Abschöpfen dieser Schicht, ist somit unumgänglich. Diese ist aber [X.]- und kostenaufwändig.

Des Weiteren kann nach einigen Wochen des Betriebs Cyanid in den Bädern nachgewiesen werden. Die Cyanidbelastung erfordert ein regelmäßiges Erneuern des Bades und eine spezielle Abwasserbehandlung, die sich erheblich auf die Betriebskosten des Bades auswirkt. Dies gilt umso mehr, als die Abwässer eine sehr hohe Organikkonzentration aufweisen und mit einem [X.] von ca. 15.000 bis 20.000 mg/l die [X.] erschweren. Das Einhalten der vom Gesetzgeber vorgegebenen Abwasserwerte (Nickel 0,5 ppm und Zink 2 ppm) ist dann nur noch durch umfangreichen Zusatz von Chemikalien möglich.

Die Ausbildung der zweiten Phase ist auf eine Reaktion [X.] zurückzuführen, die in alkalischer Lösung an [X.] zu [X.] (unter anderen auch zu Cyanid) umgesetzt werden. Auf Grund der Zersetzung [X.] muss dem Bad zudem kontinuierlich neuer Komplexbildner zugegeben werden, was die Kosten des Prozesses in die Höhe treibt ([X.] Abs. [0001] bis [0008]).

Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die technische Aufgabe zugrunde, ein alkalisches Zink-Nickel-Galvanikbad zu schaffen, welches kostengünstig unter Vermeidung der geschilderten Probleme [X.] von hoher Qualität liefert (vgl. [X.] Abs. [0010]).

Die Aufgabe wird durch das Glavanikbad nach dem Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] mit folgenden Merkmalen gelöst:

1.1 Alkalisches Galvanikbad (1) zum Aufbringen von [X.]

1.2 mit einer Anode (2) und

1.3 einer Kathode (3),

dadurch gekennzeichnet, dass

1.4 die Anode von dem alkalischen Zink-Nickel-Elektrolyten durch eine Ionenaustauschermembran (6) getrennt ist.

2. Als zuständigen Fachmann zur Beurteilung der Patentfähigkeit ist abzustellen auf einen Dipl.-Chemiker oder Dipl.-Ingenieur der Verfahrenstechnik mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Galvanotechnik.

3. Die Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag ist zulässig.

Bezüglich der ursprünglichen Offenbarung der geltenden Patentansprüche 1 bis 4 bestehen keine Bedenken. Der Anspruch 1 geht auf den erteilten Anspruch 1 i. V. m. Abs. [0015] und [0017] der Patentschrift zurück und basiert auf dem ursprünglichen Anspruch 1 und [X.] sowie [X.] der Erstunterlagen. Dies ist im vorliegenden Fall auch nicht beanstandet worden.

Die Gegenstände der geltenden Ansprüche 1 bis 4 sind auch so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Es genügt hierzu die Angabe eines ausführbaren Weges, welchen das Streitpatent auch in Form eines Beispiels unwidersprochen angibt. Eine Erfindung kann auch dann allgemein beansprucht werden, was die Klägerin im Hinblick auf bestimmte [X.] oder [X.] in Abrede stellt. Es ist nämlich unerheblich, ob unter den Wortlaut des Anspruchs fallende Möglichkeiten, die Vorrichtung bereitzustellen, versagen. Die Ausführbarkeit einer Erfindung wird nicht durch Unvollkommenheiten, wie gelegentliche Fehlschläge, Ausreißer bei der Nacharbeitung oder die Notwendigkeit von Versuchen oder die Erforderlichkeit taugliche von untauglichen Varianten zu unterscheiden, beeinträchtigt (vgl [X.] Abs. [0017] i. V. m. Fig.; [X.] GRUR 2001, 813 - [X.]; [X.] [X.], 8. Aufl., § 34 Rn. 369). Im Übrigen ist der Einwand der mangelnden Ausführbarkeit über die Breite des Anspruchs nicht ausreichend substantiiert ([X.] [X.], 8. Aufl., § 81 Rn. 158), nachdem die Klägerin zur Substantiierung keine Versuche zur mangelnden Nacharbeitbarkeit über die gesamte [X.] vorgelegt hat.

4. Dem Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] fehlt aber die Patentfähigkeit.

a) Die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 des [X.] ist allerdings neu, denn sie wird in keiner der entgegengehaltenen Druckschriften vorbeschrieben.

Dies gilt auch im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin gegenüber der Druckschrift [X.], aus der zwar eine Vorrichtung bekannt ist, die ein alkalisches Galvanikbad mit einer Anode und einer Kathode aufweist, deren Anode durch eine Ionenaustauschermembran von dem alkalischen Elektrolyten getrennt ist. Im Unterschied zu Merkmal 1.4 des Patentanspruchs 1 des [X.] ist aber der Elektrolyt kein alkalischer Zink-Nickel-Elektrolyt sondern ein [X.] ([X.]. 3, [X.] 43 bis 48 i. V. m. [X.]. 1 [X.] 65 bis [X.]. 2 [X.] 9 und [X.]. 6 [X.] 41 bis 54 i. V. m. Fig. 1).

Auch die weiteren Druckschriften können die Neuheit nicht in Frage stellen. Aus [X.] sind [X.] mit alkalischen Zink-Nickel-Elektrolyten ohne einer Ionenaustauschermembran bekannt (Anspruch 1 i. V. m. [X.] 3 [X.] 26 bis 33). Die [X.] bis [X.] offenbaren zwar [X.] mit einer Anode und einer Kathode, deren Anode durch eine Ionenaustauschermembran abtrennt ist. Diese [X.] weisen aber keinen alkalischen Zink-Nickel-Elektrolyten, sondern einen saueren Elektrolyten auf (N2 Ansprüche 1 und 12 i. V. m. den Beispielen; N3 Anspruch 1; N4 Anspruch 1 i. V. m. den Beispielen; [X.] Anspruch 1 i. V. m. [X.]. 4 [X.] 7 bis 11). Das Gleiche gilt für die Druckschriften [X.] und [X.]. [X.] befasst sich mit der Elektrolyse von [X.] ([X.] 102 Abs. 3) und [X.] mit der Abscheidung von Zink aus sauren Zinkchloridbädern ([X.] 98 Abs. 1 und [X.]). [X.]0 liegt noch weiter vom Gegenstand des Patentanspruchs gemäß Hauptantrag entfernt. Denn dort wird kein Galvanikbad, sondern eine kataphoretische Klarlackierung beschrieben.

b) Die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ergab sich für den Fachmann allerdings in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

Wie einleitend im Streitpatent beschrieben, werden zur Abscheidung von [X.] gleichmäßiger Dicke nunmehr anstelle saurer Elektrolytbäder alkalische Zink-Nickel-[X.] eingesetzt. Solche alkalischen Zink-Nickel-[X.] sind aus der [X.] 37 12 511 [X.] ([X.]) bekannt. Diese Bäder enthalten zwingend einen Zusatz von Aminen zur Komplexierung der ansonsten im alkalischen Medium unlöslichen [X.] und keinen Zusatz von aus Umweltschutzgründen unerwünschtem Cyanid (Streitpatent Abs. [0002, 0003, 0004] i. V. m. [X.] Anspruch 1 und [X.] 3 [X.] 15 bis 25). Der Betrieb solcher Bäder führt aber zu verschiedenen Problemen, die insbesondere mit dem Zusatz von Aminen auftreten. Sie zeigen nach einigen Stunden eine Farbänderung, die sich verstärkt und zur Ausbildung einer zweiten Phase führt. Dies ist auf eine Reaktion [X.] zurückzuführen, die in alkalischer Lösung an [X.] zu [X.] umgesetzt werden (Streitpatent Abs. [0006, 0008]). Ausgehend von den in [X.] beschriebenen alkalischen Zink-Nickel-[X.] mit dem Aminzusatz sucht der Fachmann diese Probleme zu vermeiden. In diesem Zusammenhang ist der Beklagten zwar zuzustimmen, dass es ausgehend von [X.] zur Lösung dieser in der [X.] geschilderten Probleme verschiedene Lösungswege gibt (vgl [X.] [X.], 123 [X.]. 50, 51 - Escitalopram). Der Fachmann wird aber, wie im Streitpatent eingangs geschildert, nicht in erster Linie an eine Verbesserung der Abwasserreinigung oder eine kontinuierliche Badreinigung oder häufigen Badaustausch denken (Abs. [0006, 0007]), sondern im Hinblick auf sein Fachwissen versuchen, die durch eine Reaktion von Zusatzstoffen, insbesondere hier [X.], die an der Anode gebildete, den [X.] störende zweite Phase zu verhindern (Abs. [0008]). Der Fachmann wird sich darüber informieren, ob dieses Problem auch bei anderen alkalischen [X.]n auftritt. Der Fachmann ist sich zwar bewusst, wie die Beklagte auch durch Vorlage des Parteigutachtens ([X.] 9) vorträgt, dass die Verhältnisse von [X.]n zur Abscheidung anderer Metalle als Zink und Nickel nicht ohne weiteres auf alkalische Zink-Nickel-[X.] übertragbar sind. Er wird aber nicht außer [X.] lassen, dass aus der die Abscheidung von [X.] betreffenden Druckschrift [X.] bekannt ist, dass das dort beschriebene Verfahren zur Abscheidung von Kupfer auch bei einem alkalischen Bad erfolgen kann und nur sinnvoll ist, wenn dem [X.] zugefügt werden, insbesondere wenn diese durch eine anodische Oxidation zerstört werden (Abstract, [X.]. 3 [X.] 43 bis 47). Genau dies ist bei dem als Ausgangspunkt für die Lösung des Problems zugrunde zulegenden in [X.] beschriebenen alkalischen Zink-Nickel-Bad der Fall. Bei [X.] wird das Problem dadurch gelöst, dass die Anode vom [X.] durch eine Ionenaustauschermembran abgetrennt wird, die den Durchtritt von organischen Additiven aus der alkalischen Badlösung zum Anodenraum und damit deren Reaktion an der Anode verhindert (Anspruch 1, [X.]. 1 [X.] 65 bis [X.]. 2 [X.] 9). Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten wird in [X.] auch nicht beiläufig ein alkalisches Galvanikbad erwähnt, sondern ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Verfahren gemäß [X.] bei verschiedenen Kupferbädern einschließlich sauren und alkalischen Bädern durchgeführt werden kann ([X.]. 3 [X.] 43 bis 47). Der Fachmann wird daher trotz der zugegebenen Problematik durch eventuelles Zusetzen der Membran mit Hydroxidablagerungen in einem alkalischen Bad, den in [X.] gelehrten Lösungsweg nicht von vorneherein außer [X.] lassen, sondern er erhält damit ausgehend von [X.] von [X.] die Anregung auch bei einem alkalischen Zink-Nickel-Elektrolyten ein alkalisches Galvanikbad bereitzustellen, bei dem die Anode von dem alkalischen Elektrolyten durch eine Ionenaustauschermembran getrennt ist. Der Fachmann braucht dann nichts weiter tun, als zu klären, ob diese Problemlösung - das Vorsehen einer Ionenaustauschermembran - auch im Fall eines alkalischen Galvanikbades zum Aufbringen von [X.] verwendbar ist.

6. Auch die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1 der Fassung der [X.] bis [X.]I sind nicht bestandsfähig.

Die jeweiligen Ansprüche 1 dieser Anträge sind nämlich unzulässig erweitert.

als [X.] ein nicht alkalischer [X.] eingesetzt wird, eingefügt. Dies soll nach den Angaben der Beklagten aus Abs. [0009] i. V. m. [0015] des Streitpatents abzuleiten sein. In diesen Absätzen wird aber lediglich beschrieben, aus welchem Material Anoden bestehen können. Dass aber der [X.] nicht alkalisch sein soll, ist in der gesamten [X.] nicht beschrieben, zumal in [0009] auf die Verwendung von [X.] im alkalischen Elektrolyten hingewiesen wird. Als bevorzugte Ausgestaltung wird in Abs. [0015] als [X.] beispielsweise Schwefel- und Phosphorsäure eingesetzt. Gerade auch im Hinblick auf die einschlägige Rechtsprechung wird der fachkundige Leser diesen Hinweis nicht dahingehend mitlesen oder deuten oder ohne weiteres Nachdenken verallgemeinern, dass ein nichtalkalischer [X.] eingesetzt wird. Dieses Merkmal ist damit in den dem Streitpatent zugrunde liegenden Unterlagen nicht unmittelbar und eindeutig offenbart (vgl [X.] GRUR 2009, 382 [X.]. 25, 29 - Olanzapin, [X.], 123 [X.]. 31, 32 - Escitalopram).

dass Anoden eingesetzt werden, die im [X.], nicht jedoch im Sauren löslich sind, eingeschränkt. Diese Formulierung findet sich nicht im Streitpatent und auch nicht im Abs. [0015], wie die Beklagte geltend macht. Aus diesem Absatz lässt sich lediglich ableiten, dass als Anodenmaterial übliche Anoden, wie z. B. platinierte [X.] in Frage kommen, da diese nicht mehr dem basischen Zink-Nickelbad ausgesetzt sind. Im Streitpatent wird lediglich über die Löslichkeit von [X.] ausgeführt, dass diese im [X.] nicht löslich sind und durch die Trennung der Anode durch eine Ionenaustauschermembran die Reaktion [X.] an der [X.] vermieden wird (Abs. [0009, 0011 und 0012]). Ob nun Anoden eingesetzt werden sollen, die im [X.], nicht jedoch im Sauren löslich sind, lässt sich daher der [X.] nicht entnehmen.

als [X.] eine Säure, beispielsweise Schwefel- oder Phosphorsäure eingesetzt wird, unzulässig erweitert. Im Absatz [0015] findet sich lediglich die Formulierung, dass als [X.] beispielsweise Schwefel- oder Phosphorsäure eingesetzt werden können. Eine Verallgemeinerung dieser Formulierung, d. h. dass eine Säure eingesetzt wird, ist der gesamten [X.] nicht entnehmbar und kann auch nicht mitgelesen werden.

Basis für eine von der Beklagten so bezeichnete „[X.]“ der zusätzlichen Merkmale der [X.], [X.] und [X.]I, wie die Beklagte unter Verweis auf [X.] GRUR 2009, 835 - Crimpwerkzeug [X.] und [X.] GRUR 2008, 60 - Sammelhefter [X.] geltend macht, können die Angaben in der [X.] nicht bilden, nachdem eine allgemeine Offenbarung für eine bestimmte Ausführungsform - den [X.]n oder die Anode - im Sinne dieser [X.]-Rechtsprechung dem Streitpatent nicht zu entnehmen ist.

7. Die von der Beklagten hilfsweise gemäß Hilfsantrag IV verteidigte Fassung der Patentansprüche 1 bis 3 erweist sich dagegen als bestandsfähig.

das Bad Schwefelsäure, Phosphorsäure, Methansulfonsäure, Amidosulfonsäure und/oder Phosphonsäure als [X.] aufweist, beschränkt. Dieses Merkmal lässt sich aus dem Anspruch 3 des Streitpatents ableiten. Der Patentanspruch 1 basiert damit auf den Patentansprüchen 1 und 3 i. V. m. Absatz [0015] und [0017] der [X.], die auf die Patentansprüche 1 und 3 sowie [X.] 3 Abs. 6 und [X.] 4 Abs. 2 der Erstunterlagen zurückgehen.

b) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.] ist auch so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen kann.

Die Klägerin hat bemängelt, dass ein Fachmann ein alkalisches Galvanikbad, das eine der im Patentanspruch 1 des [X.] genannten Säuren als [X.] aufweist, nicht ausführen könne, da ein solches Galvanikbad nicht alkalisch sei. Dem ist zu widersprechen. Denn in der Beschreibung des Streitpatents wird eindeutig beschrieben, dass das beanspruchte alkalische Galvanikbad ein alkalisches Zink-Nickel-Bad als die Kathode umgebenden Katholyt aufweist, wogegen der [X.] eine dieser Säuren sein kann (vgl Streitpatent Abs. [0015, 0017] i. V. m. Anspruch 3). Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist damit ausführbar offenbart.

8. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.] ist auch patentfähig.

a) Der Gegenstand in der Fassung des Patentanspruchs 1 des [X.] ist neu, denn er wird in keiner der entgegengehaltenen Druckschriften vorbeschrieben.

Wie bereits vorstehend erläutert, ist bereits ein Galvanikbad gemäß den Merkmalen 1.1 bis 1.4 in der Fassung des [X.] in keiner der entgegengehaltenen Druckschriften vorbeschrieben. Dies ist dann selbstverständlich auch bei dem Galvanikbad in der Fassung des [X.] mit dem zusätzlichen Merkmal

1.5  und das [X.], Phosphorsäure, Methansulfonsäure, Amidosulfonsäure und/oder Phosphonsäure als [X.] aufweist,

der Fall.

b) Der Gegenstand in der Fassung des Patentanspruchs 1 des [X.] beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Zur Lösung der technischen Aufgabe, ein alkalisches Zink-Nickel-Galvanikbad zu schaffen, welches kostengünstig unter Vermeidung der im Streitpatent geschilderten Probleme [X.] von hoher Qualität liefert, konnte der Fachmann, wie vorstehend für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.] dargelegt, von einer Zusammenschau der Druckschriften [X.] mit [X.] ausgehen, die ein alkalisches Zink-Nickel-Galvanikbad mit den Merkmalen 1.1 bis 1.4 nahelegt. In diesen Druckschriften findet sich aber kein Hinweis, wie bei einem alkalischen Galvanikbad, bei dem die Anode durch eine Ionenaustauschermembran gemäß Merkmal 1.4 getrennt ist, der [X.] ausgestaltet werden soll. Auch der weitere Stand der Technik liefert keinen Hinweis auf eine besondere Ausgestaltung des von einem alkalischen Katholyten durch eine Ionenaustauschermembran abgetrennten [X.]n. Denn die [X.] bis [X.], [X.] und [X.] beschreiben [X.] mit sauren Katholyten, deren Anode durch eine Ionenaustauschermembran abgetrennt ist. Sie können daher bereits deshalb keine Anregung für die Ausgestaltung eines von einem alkalischen Katholyten durch eine Ionenaustauschermembran abgetrennten [X.]n liefern. Die durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des [X.] aufgefundene Lösung der eingangs geschilderten Aufgabe wird daher vom Stand der Technik nicht nahegelegt.

9. Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] hat daher Bestand. Mit ihm haben die darauf rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 in der Fassung des [X.], die vorteilhafte Ausführungsformen des Gegenstands des Patentanspruchs 1 betreffen, ebenfalls Bestand.

I[X.]

Der beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht, da die von den Parteien für beweiserheblich gehaltenen Fragen in erster Linie rechtliche Bewertungen betreffen und der Senat zudem selbst über die erforderliche Sachkunde für die Beurteilung der betreffenden Fragen verfügt.

[X.][X.]

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

3 Ni 44/08 (EU)

29.11.2011

Bundespatentgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 29.11.2011, Az. 3 Ni 44/08 (EU) (REWIS RS 2011, 997)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 997

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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