Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.08.2012, Az. 2 StR 629/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 3940

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Gegenstand

Rechtzeitigkeit eines Befangenheitsantrags in der Revisionsinstanz: Maßgeblicher Erlasszeitpunkt einer im Beschlussweg ergangenen Entscheidung


Tenor

Auf Antrag des Angeklagten wird das Verfahren in den Stand vor Erlass der Senatsentscheidung vom 16. Februar 2012 zurückversetzt.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 16. Februar 2012 hat der [X.] auf die Revision des Angeklagten das Urteil des [X.] vom 21. September 2011 gemäß § 349 Abs. 4 [X.] teilweise aufgehoben und die Revision im Übrigen gemäß § 349 Abs. 2 [X.] verworfen.

2

Auf die gemäß § 356a [X.] fristgerecht angebrachte Anhörungsrüge war das Revisionsverfahren in die Lage vor Erlass der Revisionsentscheidung vom 16. Februar 2012 zurückzuversetzen.

3

Der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) wurde dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt, dass ein am 22. Februar 2012 bei Gericht eingegangener Antrag des Beschwerdeführers auf Ablehnung einzelner Mitglieder des [X.]s wegen der Besorgnis der Befangenheit nicht beachtet worden ist. Zwar kann ein Ablehnungsgesuch dann, wenn das Gericht im [X.] entscheidet, nur solange statthaft angebracht werden, bis die Entscheidung ergangen ist ([X.], 600; 2008, 55). Eine Entscheidung ist aber erst ergangen, wenn sie für das Gericht, das sie gefasst hat - außer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen - unabänderlich ist. Bei einem Beschluss, der außerhalb einer Hauptverhandlung ergeht und nicht verkündet wird, ist dies in der Regel dann der Fall, wenn ihn die Geschäftsstelle an eine Behörde oder Person außerhalb des [X.] hat und eine Abänderung tatsächlich unmöglich ist (vgl. [X.], [X.], 55. Aufl., vor § 33 Rn. 9 mwN; [X.], [X.], 6. Aufl., § 33 Rn. 4). Hiervon auszunehmen sind indes die Beschlüsse, die nach rechtzeitiger Einlegung eines Rechtsmittels unmittelbar die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung herbeiführen. Diese sind bereits dann erlassen, wenn sie mit den Unterschriften der [X.] versehen in den Geschäftsgang gegeben werden. Hierzu gehören auch die Beschlüsse des [X.] gemäß § 349 Abs. 2 [X.] (vgl. [X.], 96). Gleiches gilt für Revisionsentscheidungen, die gemäß § 349 Abs. 2 und 4 [X.] ergehen und die Rechtskraft des angefochtenen Urteils nur teilweise unmittelbar herbeiführen, da eine "geteilte" Beurteilung der Frage, ob über das Rechtsmittel bereits entschieden ist, nicht in Betracht kommt ([X.], 713).

4

Da vorliegend die Revisionsentscheidung nach Beratung und Beschlussfassung am 16. Februar 2012 erst am 29. Februar 2012 mit den Unterschriften aller [X.] versehen auf der Geschäftsstelle eingegangen und sie mithin erst unmittelbar zuvor vollständig unterschrieben in den Geschäftsgang gegeben worden ist, war das Ablehnungsgesuch vom 22. Februar 2012 noch rechtzeitig angebracht.

5

Der [X.] ist zu dieser Entscheidung auch eingedenk der Tatsache berufen, dass mit der [X.] zugleich ein Ablehnungsgesuch gegen einzelne [X.]smitglieder gestellt wurde, denn es entspricht der Intention des § 356a [X.], dass über die Anhörungsrüge durch den iudex a quo entschieden wird ([X.], 353). Der [X.] entscheidet hierbei nicht in der Besetzung vom 16. Februar 2012, sondern in der nach dem Geschäftsverteilungsplan des [X.] in Verbindung mit dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen ([X.], [X.], 55. Aufl. 2012, § 356a Rn. 8). Auch eine Entscheidung über die durch den [X.] Prof. Dr. [X.] mit seiner dienstlichen Erklärung vom 24. Juni 2012 erhobenen Selbstanzeige gemäß § 30 [X.] ist entbehrlich, da er nach der Geschäftsverteilung nur im Vertretungsfall zur Entscheidung in der vorliegenden Sache berufen ist.

6

In der Sache führt die Gehörsverletzung zu einer vollumfänglichen Aufhebung der getroffenen Entscheidung, denn die Verletzung rechtlichen Gehörs betrifft nicht nur einzelne abtrennbare Teile, sondern die Entscheidung in ihrer Gesamtheit.

Becker                                         Fischer                                          Appl

                        Berger                                             Ott

Meta

2 StR 629/11

14.08.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 16. Februar 2012, Az: 2 StR 629/11, Beschluss

§ 349 Abs 2 StPO, § 349 Abs 4 StPO, § 356a StPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.08.2012, Az. 2 StR 629/11 (REWIS RS 2012, 3940)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3940


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 StR 629/11

Bundesgerichtshof, 2 StR 629/11, 05.12.2012.

Bundesgerichtshof, 2 StR 629/11, 14.08.2012.


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Referenzen
Wird zitiert von

2 ARs 18/15

2 StR 629/11

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