Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2001, Az. 3 StR 17/01

3. Strafsenat | REWIS RS 2001, 2479

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[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]/01vom23. Mai 2001in der Strafsachegegenwegen schwerer Brandstiftung- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 23. Mai 2001,an der teilgenommen haben:Richterin am [X.]. [X.] als Vorsitzende,[X.] am [X.]. [X.],[X.],[X.],[X.]als beisitzende Richter,Staatsanwältin als Vertreterin der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,[X.]als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird [X.] des [X.] vom 21. Septem-ber 2000, soweit es den Angeklagten B. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufge-hoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere Strafkammer des [X.].Von Rechts wegen Gründe:[X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der schweren Brand-stiftung freigesprochen. Ihm war nach der Anklage zur Last gelegt, gemeinsammit dem Mitangeklagten [X.]das Gemüsegeschäft des-sen Onkels, des weiteren Mitangeklagten [X.], das in einemWohnhaus lag, in dem sich zur Tatzeit mehrere Personen aufhielten, in [X.] zu haben. Der Onkel soll zu dieser Tat angestiftet haben. Das [X.] hat den Mitangeklagten [X.]wegen schwerer Brand-stiftung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von einem Jahrund neun Monaten verurteilt, den Angeklagten und den Onkel des [X.] hat es freigesprochen. Es ist dabei im wesentlichen aufgrund der [X.] 4 -ner Ansicht nach nicht zu widerlegenden Einlassung des Mitangeklagten vonfolgendem Tatgeschehen ausgegangen:An dem [X.] haben der Angeklagte und seine Frau den [X.] besucht, nach drei Uhr morgens trennte man sich in der Nähe des [X.]. Der Mitangeklagte ist dann zu dem Geschäft gegangen, hatin [X.] ausgeschüttet, sich nach ca. zehn Minuten mitweiterem Benzin übergossen und den Brennstoff sodann angezündet. [X.] wurde er aus dem Laden nach draußen geschleudert. Dortlöschte der gerade dort zufällig anwesende Angeklagte mit Handschuhen, diemöglicherweise ebenfalls durch die Explosion aus dem Geschäft herausge-schleudert wurden, den Mitangeklagten. [X.] Zeit danach nahm die [X.] Angeklagten die beiden Schwerverletzten in ihr Fahrzeug auf und übergabsie später herbeigerufenen Rettungssanitätern.Die gegen den Freispruch gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft,mit der die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gerügt wird, hat Erfolg.Auf die Verfahrensrügen kommt es nicht an, weil schon die Sachrüge zur Auf-hebung des Urteils führt.II.Die dem Freispruch zugrundeliegende Beweiswürdigung hält [X.] nicht stand: Die Strafkammer hat sich mit den Einlassungen [X.] nicht in der erforderlichen Weise befaßt (1), sie hat einige ihn- 5 -möglicherweise belastende Umstände überhaupt nicht (2), andere nicht umfas-send erörtert (3) und einen fehlerhaften Prüfungsmaßstab angelegt (4).1. Die Kammer mußte im Rahmen der Beweiswürdigung die Einlassun-gen des Angeklagten mitteilen und sich mit ihnen auseinandersetzen.Das Urteil erwähnt unter der Überschrift "Die Ermittlungsansätze", daßder Angeklagte bei der Verkündung des Haftbefehls angegeben habe, daß ernicht wisse, wer die Tat begangen habe, er nur zufällig an dem Laden vorbei-gekommen sei und den Mitangeklagten nur kenne, weil ihn jeder dort kenne. [X.] seinen Wagen vor der Türe abgestellt, weil man dort nicht durchfahrenkönne. Im weiteren Verlauf des Verfahrens habe er bei der Haftprüfung sichgleichartig geäußert, in der Hauptverhandlung habe er geschwiegen. Wie die"gleichartige" Äußerung ausgesehen hat, teilt das Urteil nicht mit. In der Be-weiswürdigung kommen die Einlassungen des Angeklagten nicht vor. [X.] schon mit der mitgeteilten Aussage war aber unverzicht-bar, weil diese in mehreren Punkten nicht in Einklang mit der Einlassung [X.] (Besuch des Angeklagten und seiner Ehefrau bei ihm; der An-geklagte habe ihm das Leben gerettet) zu bringen ist, die der Tatrichter fürnicht widerlegt hält und seinem Urteil zugrundelegt.2. Bei der Beweiswürdigung gänzlich unberücksichtigt gelassen hat [X.] weitere im Urteil an anderer Stelle erwähnte Umstände, die mit derals unwiderlegbar angesehenen Einlassung des Mitangeklagten nicht bzw.nicht ohne weiteres zu vereinbaren sind und deshalb zu einer Erörterungdrängten: der von dem Angeklagten genannte Abstellort seines Fahrzeugesund die - damit nicht vereinbar - vom Tatort wegführenden Blutspuren; die- 6 -Wahrnehmungen der Zeugen, die unmittelbar nach der Explosion auf die [X.] vor dem [X.] blickten und dort keine Personen sahen; die [X.] Brandverletzungen an den Händen des Angeklagten; die unterschiedlicheSchwere der Brandverletzungen bei dem Angeklagten und dem [X.] Die Strafkammer hat sich in dem mit "Beweiswürdigung" überschrie-benen Abschnitt der Urteilsgründe nur mit wenigen, den Angeklagten mögli-cherweise belastenden Umständen auseinandergesetzt und zudem ihren Be-weiswert nicht umfassend geprüft.Daß die Verletzungen des Angeklagten nach Auffassung des [X.]s nicht den Schluß zulassen, daß er in irgendeiner Weise an der Tat [X.] mitgewirkt hätte, hätte näherer Erörterung bedurft. Aus demmitgeteilten [X.] und dem Schluß des Sachverständigen, daß [X.] sehr nahe an der Hitzequelle gewesen sei, kann auch gefolgertwerden, daß sich der Angeklagte zur [X.] in dem Geschäft [X.] hat.Der Tatrichter verkennt, daß das Verhalten der Ehefrau gegenüber [X.] hätte verwertet werden können, obwohl sie in der [X.] von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat,weil es sich bei ihrem Zusammentreffen mit den Sanitätern nicht um eine [X.] gehandelt hat (vgl. [X.], 247; [X.]/[X.] StPO 44. Aufl. § 252 Rdn. 8).- 7 -Auch mit dem Umstand, daß auf dem Fluchtweg Handschuhe gefundenworden sind, die aus dem Gemüsegeschäft, möglicherweise dessen hinteremTeil, stammen und die der Angeklagte getragen haben muß, wie sich aus [X.] des Angeklagten an den Innenseiten der Handschuhe ergibt, hat sichdas [X.] nur unzulänglich auseinandergesetzt. Die Schlußfolgerung [X.], daß sie der Angeklagte zum Löschen des Mitangeklagten gebrauchthaben könnte, nachdem sie durch die Wucht der Explosion aus dem Geschäftgeflogen waren und dort von dem Angeklagten vorgefunden wurden, ist [X.] nicht ausgeschlossen. Dieser - eher fernliegenden - Mög-lichkeit kann aber schon die vom [X.] als wahr unterstellte [X.], daß es sich bei den Handschuhen um solche gehandelt hat,die (üblicherweise) zum Transport von Kisten benutzt werden. Da solcheHandschuhe im Lagerraum aufbewahrt zu werden pflegen und nicht im [X.], hätte es nahe gelegen, daß das Gericht auch eine solche Möglich-keit geprüft hätte.4. Das [X.] hat sich bei seiner Beweiswürdigung darauf be-schränkt, einzelne Belastungsindizien zu erörtern und sie auf ihren [X.] prüfen. Das genügt nicht, denn einzelne Belastungsindizien, die für sich ge-nommen zum Beweis der Täterschaft nicht ausreichen, können doch in [X.] die für eine Verurteilung notwendige Überzeugung des Tatrichtersbegründen. Deshalb bedarf es einer Gesamtabwägung aller für und gegen [X.] sprechenden Umstände (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, un-zureichende 1; [X.], 133). Im übrigen läßt die Auffassung desTatrichters, daß es bei mehreren [X.] nicht zulässig sei,nur die zu Lasten des Angeklagten wirkende Deutung zu wählen, eine Verken-nung des Zweifelssatzes besorgen. Dieser Grundsatz ist nicht auf einzelne- 8 -Beweiselemente, sondern erst bei der abschließenden Gewinnung der Über-zeugung auf Grund der genannten Beweissituation anzuwenden (vgl. [X.] 1999, 205, 206; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 20).[X.] [X.] [X.] [X.] Becker

Meta

3 StR 17/01

23.05.2001

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2001, Az. 3 StR 17/01 (REWIS RS 2001, 2479)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2479

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