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PDF anzeigen [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 654/07 vom 1. Juli 2008 in der Strafsa[X.]he gegen wegen Tots[X.]hlags - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 1. Juli 2008, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.] [X.], und [X.] am [X.] [X.], die Ri[X.]hterin am [X.] Elf, die Ri[X.]hter am [X.] Dr. [X.], Prof. Dr. [X.], Oberst[X.]tsanwalt beim [X.] als Vertreter der [X.], Re[X.]htsanwalt als Verteidiger, Re[X.]htsanwältin als Vertreterin des [X.] [X.], Re[X.]htsanwalt als Vertreter der Nebenklägerin [X.], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Ges[X.]häftsstelle, für Re[X.]ht erkannt: - 3 - Auf die Revisionen der St[X.]tsanwalts[X.]haft und der Nebenkläger wird das [X.]eil des [X.] Mem-mingen vom 24. Juli 2007 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sa[X.]he wird zu neuer Verhandlung und Ents[X.]hei-dung, au[X.]h über die Kosten der Re[X.]htsmittel, an eine als S[X.]hwurgeri[X.]ht zuständige [X.] des [X.] Augsburg zurü[X.]kverwiesen. Von Re[X.]hts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf des Tots[X.]hlags aus tatsä[X.]hli[X.]hen Gründen freigespro[X.]hen. Na[X.]h der Anklage lag ihm zur Last, am 20. September 2006 auf die Ges[X.]hädigte [X.]mit einem Zimmerer-hammer einges[X.]hlagen und ihr vier Messersti[X.]he beigebra[X.]ht zu haben. [X.]verstarb an den s[X.]hweren Gewalteinwirkungen im Berei[X.]h des Kopfes. Das [X.] vermo[X.]hte si[X.]h von der Täters[X.]haft des Angeklagten ni[X.]ht zu überzeugen. 1 Dagegen wenden si[X.]h die vom [X.] vertretene [X.] der St[X.]tsanwalts[X.]haft und die Revisionen der Nebenkläger. Die [X.] haben mit der Sa[X.]hrüge Erfolg, da die dem Freispru[X.]h zugrunde liegende 2 - 4 - Beweiswürdigung Mängel aufweist. Auf die von dem Nebenkläger [X.]erhobenen, als Aufklärungsrügen zu verstehenden Beanstandungen kommt es daher ni[X.]ht an. [X.] 1. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen: 3 Am 20. September 2006 etwa zwis[X.]hen 8.40 Uhr und 11.30 Uhr wurde die 41-jährige [X.] im Flur des Erdges[X.]hosses des von ihr und ihrer Familie bewohnten Anwesens in [X.]getötet. Sie wurde zuletzt ge-gen 8.40 Uhr gesehen. Gegen 11.30 Uhr fand man sie tot auf. 4 Sie befand si[X.]h zum Tatzeitpunkt mit ihrer damals eineinhalbjährigen Enkelin allein im Anwesen. Die rü[X.]kseitige Eingangs- und Kellertür waren zum [X.]punkt der Tat unversperrt. Im Haushalt der Familie war es - wie der Ange-klagte wusste - übli[X.]h, diese beiden Türen ni[X.]ht abzus[X.]hließen. 5 Als si[X.]h [X.]
der Hintereingangstür näherte, wurde sie dur[X.]h einen S[X.]hlag mit einem Zimmererhammer ihres Ehemannes auf den [X.] zu Fall gebra[X.]ht. Der am Boden liegenden Frau fügte der Täter am Kopf mit der [X.] zulaufenden Seite des Hammers fünf Lo[X.]hbrü[X.]he zu. Mit der stumpfen Endflä[X.]he versetzte er ihr eine Vielzahl weiterer S[X.]hläge, so dass si[X.]h an ihrem Kopf insgesamt 52 voneinander zu differenzierende Wunden er-gaben. Um si[X.]herzugehen, dass der Tod tatsä[X.]hli[X.]h eintritt, bra[X.]hte der Täter seinem Opfer zudem am [X.] linksseitig eine fünf Zentimeter tiefe Sti[X.]hverlet-zung sowie im Berei[X.]h der vorderen linken Brust drei Messersti[X.]he bei. [X.]verstarb an den s[X.]hweren Gewalteinwirkungen im Berei[X.]h des Kopfes. 6 - 5 - Bei der Tat hatte der Täter zur Vermeidung von Spuren gelbe Haushalts-hands[X.]huhe verwendet. Der re[X.]hte [X.] wurde in der Was[X.]hkü[X.]he des von [X.]bewohnten Anwesens liegen gelassen. Dieser zurü[X.]kge-lassene [X.] wies innen und außen Blut des Opfers auf und war von dem Angeklagten zu einem ni[X.]ht näher bekannten [X.]punkt getragen worden. 7 2. Der gegen den Angeklagten spre[X.]hende Tatverda[X.]ht beruhte insbe-sondere auf folgenden Erkenntnissen: 8 a) An der Innenseite des bei der Tat getragenen und am [X.] zurü[X.]kge-lassenen [X.]s wurden zwei Spuren gesi[X.]hert, die ein [X.] aufweisen, das mit dem des Angeklagten mit einer Wahrs[X.]heinli[X.]hkeit von 1:100 Milliarden übereinstimmt. Die Zeugen und [X.]und [X.]- To[X.]hter und Ehemann des Opfers - hatten vor der Tat weder den Angeklagten mit sol[X.]hen [X.]en im Haus no[X.]h derartige [X.]e in ihrem Haushalt gesehen. Weitere Fremdspuren anderer Personen waren an dem zurü[X.]kgelassenen [X.] ni[X.]ht vorhan-den, obwohl bei dem intensiven Gebrau[X.]h des Tatwerkzeugs wie vorliegend (massiver Einsatz eines Hammers) mit größerer Wahrs[X.]heinli[X.]hkeit Spuren verbleiben als bei einem bloßen Kontaktieren. 9 b) Als der Angeklagte von dem ermittelnden Polizeibeamten mit dem festgestellten genetis[X.]hen Fingerabdru[X.]k in dem [X.] konfrontiert wurde, äußerte er, jeder ma[X.]he Fehler. 10 [X.]) Der verheiratete Angeklagte hatte mit [X.], der To[X.]hter der Getöteten, eine außereheli[X.]he Beziehung geführt, aus der das im März 2005 geborene Mäd[X.]hen [X.]hervorgegangen ist. [X.]hatte die Be-ziehung zu ihm jedo[X.]h beendet. Dies konnte der Angeklagte bis zuletzt ni[X.]ht vollständig verwinden. Er versu[X.]hte stets, sie zurü[X.]kzugewinnen. Als [X.]11 - 6 - Z. den Kontakt zu ihm a[X.]ra[X.]h, konnte der Angeklagte sie nur no[X.]h über [X.] errei[X.]hen, zu der er regen Handykontakt pflegte. Denno[X.]h war der Angeklagte weiterhin regelmäßig Gast bei [X.]. Am [X.] war es zwis[X.]hen ihm und [X.]Z.
zu einer [X.] gekommen, na[X.]hdem diese einen vom Angeklagten vorgespiegel-ten Hauskauf aufgede[X.]kt und ihre tiefe Enttäus[X.]hung darüber zum Ausdru[X.]k gebra[X.]ht hatte. Sie s[X.]hi[X.]kte ihm folgende [X.]: "I[X.]h glaub ni[X.]hts mehr, sonst wärst du hier". Der Angeklagte hatte insofern vorgegeben, zum gemeinsamen Bewohnen der [X.]eine neue Unterkunft zu vers[X.]haffen. Damit wollte er [X.]zurü[X.]kgewinnen und an si[X.]h binden. Außerdem hatte der Ange-klagte einen Re[X.]htsanwalt mit der Geltendma[X.]hung eines Betrages in Höhe von 2.500,-- [X.] gegen [X.]beauftragt. Am Abend vor der Tat lös[X.]hte der Angeklagte sämtli[X.]he auf seinem Handy gespei[X.]herten [X.]-Na[X.]hri[X.]hten der [X.]Z. . 3. Das [X.] hat si[X.]h glei[X.]hwohl ni[X.]ht von der Täters[X.]haft des [X.] zu überzeugen vermo[X.]ht. 12 a) Hinsi[X.]htli[X.]h der festgestellten DNA-Spur era[X.]htet die Kammer die erst in der Hauptverhandlung erfolgte Einlassung des Angeklagten, er habe den [X.] im Frühjahr 2006 bei Strei[X.]harbeiten im [X.]getragen und dort belassen, als "ni[X.]ht zwingend widerlegbar" ([X.]). Der Angeklagte sei aufgrund seiner engen Beziehung zur Familie des Opfers als "bere[X.]htigter Spurenverursa[X.]her" anzusehen. Der Tatsa[X.]he, dass die [X.], die bei den Strei[X.]harbeiten ni[X.]ht anwesend waren, sol[X.]he [X.] in der [X.] von Frühjahr 2006 bis zur Tat im Haus ni[X.]ht wahrgenommen haben, obwohl [X.]etwa eine Wo[X.]he vor der Tat [X.] aufge-räumt hatte, komme kein gesteigerter Beweiswert zu. Diese Tatsa[X.]he lasse ni[X.]ht den "zwingenden Rü[X.]ks[X.]hluss" zu, der Angeklagte habe die [X.]e 13 - 7 - am Tattag mitgebra[X.]ht und bei Begehung der Tat getragen. Eine vor der Tat liegende Benutzung des vom Täter zurü[X.]kgelassenen [X.]s dur[X.]h den Angeklagten sei mögli[X.]h. Die Untersu[X.]hung des [X.]s auf Rü[X.]kstände von Farben habe zwar ergeben, dass keine Spuren des beim Strei[X.]hen ver-wendeten La[X.]ks vorhanden waren. Denno[X.]h sei der "zwingende S[X.]hluss" da-hingehend, dass bei Verwendung der [X.]e La[X.]kspuren aufgebra[X.]ht worden sein müssen, ni[X.]ht zu ziehen. Au[X.]h das Fehlen weiterer Fremdspuren im [X.] sei dur[X.]haus denkbar, au[X.]h wenn bei dem vorliegenden Gebrau[X.]h ein Abrieb wahrs[X.]heinli[X.]h zu erwarten gewesen wäre. Es sei denk-bar, dass ein unbekannter Dritter die [X.]e im Haus gefunden und sie bei der Tatbegehung getragen habe, ohne identifizierbare Spuren daran zu [X.], oder weitere [X.]e in den [X.] getragen habe. Au[X.]h aus dem Umstand, dass der Angeklagte die entlastende Einlassung erst im Rahmen der Hauptverhandlung abgegeben habe, können na[X.]h Ansi[X.]ht der Kammer keine S[X.]hlüsse gezogen werden. b) Die Äußerung des Angeklagten anlässli[X.]h der Konfrontation mit den am [X.] festgestellten Spuren sei - so die Kammer - "ni[X.]ht zwingend" als S[X.]huldeingeständnis zu werten, sondern könne "genauso gut als flapsige, [X.] Bemerkung in einer Stresssituation gesehen werden". 14 [X.]) Im Übrigen sei au[X.]h die situative und zeitli[X.]he Mögli[X.]hkeit der [X.] dur[X.]h den Angeklagten mit ni[X.]ht ausräumbaren Zweifeln behaftet. Auf-grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Angeklagte ein Telefonat mit seiner Ehefrau um 9.24 Uhr aus der gemeinsamen Wohnung geführt und si[X.]h um 10.55 Uhr in der [X.] habe. Die von der Polizei gemessene Fahrzeit für den Weg von der Woh-nung des Angeklagten zum [X.] bei einer Abfahrtszeit um 9.30 Uhr betrage 35 Minuten. Unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der [X.]eiligen Fahrtstre[X.]ken ergebe si[X.]h 15 - 8 - ein [X.]fenster von 21 Minuten. Die Tatbegehung sowie damit verbundene Ab-läufe (wie An- und Ablegen von S[X.]hutzkleidung, Holen des Tatwerkzeugs, We[X.]hseln der S[X.]huhe, Verste[X.]ken von Tatkleidung und Tatwerkzeug, Spuren-beseitigung) innerhalb dieser [X.] seien zwar denkbar, aber ni[X.]ht zwingend. Au[X.]h die Einlassung des Angeklagten, na[X.]h der Datenspei[X.]herung auf seinem [X.] habe er von 9.26 Uhr bis 10.21 Uhr bei si[X.]h in der Wohnung [X.] gebrannt, sei ni[X.]ht zwingend zu widerlegen. d) Letztli[X.]h begründeten der bisherige Werdegang des Angeklagten und seine Persönli[X.]hkeitsstruktur zur Überzeugung der Kammer erhebli[X.]he Zweifel an der Täters[X.]haft des Angeklagten. Für eine gesteigerte Gewalttätigkeit des Angeklagten gebe es keine greifbaren Anhaltspunkte. Au[X.]h ein starkes zur Tö-tung des Opfers ausrei[X.]hendes Motiv ergebe si[X.]h für den Angeklagten ni[X.]ht. Der ges[X.]heiterte Hauskauf liefere "kein zwingendes Motiv zur Tötung". Im Rahmen der Meinungsvers[X.]hiedenheit zwis[X.]hen dem Angeklagten und dem Opfer am [X.] habe es keine "erhebli[X.]he Zuspitzung" gegeben. 16 I[X.] Die Beweiswürdigung hält sa[X.]hli[X.]h-re[X.]htli[X.]her Prüfung ni[X.]ht stand. 17 1. Spri[X.]ht das Geri[X.]ht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täters[X.]haft ni[X.]ht zu überwinden vermag, so ist dies dur[X.]h das Revisionsgeri[X.]ht in der Regel hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sa[X.]he des Tatri[X.]hters. Es kommt ni[X.]ht darauf an, ob das Revisionsgeri[X.]ht angefallene Erkenntnisse [X.] gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Daran ändert si[X.]h ni[X.]ht einmal dann etwas, wenn eine vom Tatri[X.]hter getroffene Feststellung "lebensfremd" ers[X.]heinen mag. Im Strafprozess gibt es keinen Beweis des ersten Ans[X.]heins, 18 - 9 - der ni[X.]ht auf der Gewissheit des Tatgeri[X.]hts, sondern auf der Wahrs[X.]heinli[X.]h-keit eines Ges[X.]hehensablaufs beruht. Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann re[X.]htsfehlerhaft, wenn sie s[X.]hon von einem re[X.]htli[X.]h unzutreffenden Ansatz ausgeht (z.B. hinsi[X.]htli[X.]h des Umfangs und der Bedeutung des [X.]), wenn sie lü[X.]kenhaft ist, namentli[X.]h wesentli[X.]he Feststellungen ni[X.]ht erörtert, wenn sie widersprü[X.]hli[X.]h oder unklar ist, gegen Gesetze der Lo-gik oder gesi[X.]herte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderli[X.]he Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl. etwa Senat, [X.]. vom 22. Mai 2007 - 1 [X.]; NJW 2005, 1727; [X.]R StPO § 261 Überzeugungsbildung 33, [X.]. m.w.[X.]). 2. Das [X.] hat umfangrei[X.]h die den Angeklagten belastenden Indizien sowie die ihn entlastenden Umstände aufgelistet und gewürdigt. Glei[X.]hwohl werden die Abwägungen den vorstehenden Grundsätzen ni[X.]ht ge-re[X.]ht. Zum einen legt die [X.] entlastende Einlassungen des Angeklag-ten, für deren Ri[X.]htigkeit oder Unri[X.]htigkeit es keine Beweise gibt, den [X.] ohne weiteres als unwiderlegbar zugrunde (na[X.]hfolgend Bu[X.]hst. a). Zum anderen ist die Beweiswürdigung au[X.]h lü[X.]kenhaft, entbehrt einer ers[X.]höpfenden Gesamtwürdigung (na[X.]hfolgend Bu[X.]hst. b), stellt an die Überzeugungsbildung überspannte Anforderungen (na[X.]hfolgend Bu[X.]hst. [X.]) und verkennt die Bedeutung des [X.]es (na[X.]hfolgend Bu[X.]hst. d). 19 a) [X.] hatte zu prüfen, ob die in dem si[X.]hergestellten und bei der Tat getragenen [X.] festgestellte DNA-Spur des Angeklagten des-sen Täters[X.]haft belegt und ob der Angeklagte zur Tatzeit am [X.] war. Dabei nahm sie Einlassungen des Angeklagten, für die es keine objektiven Anhalts-punkte gibt, ohne weiteres als unwiderlegbar hin: 20 - 10 - [X.]) [X.] era[X.]htet die Angabe des Angeklagten, er habe den bei der Tatbegehung getragenen [X.], an dem [X.] gesi[X.]hert [X.], das mit dem [X.] des Angeklagten übereinstimmt, ni[X.]ht am Tattag, sondern im Frühjahr 2006 bei Strei[X.]harbeiten getragen, als ni[X.]ht zwingend widerlegbar. Hinrei[X.]hende Anhaltspunkte, die diese Einlassung stützen würden, konnte das Geri[X.]ht ni[X.]ht feststellen. Weder befanden si[X.]h an dem [X.] Spuren des beim Strei[X.]hen verwendeten La[X.]ks. No[X.]h haben Zeugen den Angeklagten mit sol[X.]hen [X.]en oder überhaupt sol[X.]he [X.]e im Haushalt der [X.]gesehen. Außerdem konnten an dem [X.] keine weiteren Fremdspuren festgestellt werden, obwohl dies bei der konkreten Art und Weise der Verwendung des Hammers zu erwarten gewesen wäre. 21 Unter diesen Umständen ist das Tatgeri[X.]ht ni[X.]ht gehalten, au[X.]h entlas-tende Einlassungen des Angeklagten, für deren Ri[X.]htigkeit oder Unri[X.]htigkeit es keine Beweise gibt, den [X.]eilsfeststellungen ohne weiteres als unwiderlegbar zugrunde zu legen. Der Tatri[X.]hter hat na[X.]h ständiger Re[X.]htspre[X.]hung vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses zu ents[X.]heiden, ob derar-tige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen (vgl. [X.]St 34, 29, 34; [X.], 48; NJW 2007, 2274). Die vom [X.] erwogene Mögli[X.]hkeit, der Täter habe im Haus der [X.]die Haus-haltshands[X.]huhe, die vorher niemand gesehen hat, gefunden und es dem Zufall überlassen, ob er sol[X.]he findet, wenn er - wie festgestellt - damit Spuren [X.] wollte, ist eine bloße denktheoretis[X.]he Mögli[X.]hkeit, die jegli[X.]her An-knüpfungspunkte entbehrt. Glei[X.]hes gilt für das Tragen von [X.]en in [X.]en. Es ist weder im Hinbli[X.]k auf den [X.] no[X.]h sonst gebo-ten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorlie-gen keine zurei[X.]henden Anhaltspunkte erbra[X.]ht sind (vgl. nur [X.], Bes[X.]hl. 22 - 11 - vom 8. November 2006 - 2 BvR 1378/06; [X.], 371; NStZ 2004, 35, 36; NJW 2007, 2274). [X.]) Die Einlassung des Angeklagten, er habe zur Tatzeit bei si[X.]h in der Wohnung [X.] gebrannt, so wie dies in seinem Computer protokolliert worden sei, hat die [X.] als ni[X.]ht zwingend widerlegbar hingenommen. Sie hat - sa[X.]hverständig beraten - festgestellt, dass auf dem si[X.]hergestellten Computer des Angeklagten am Tattag [X.] im [X.]raum von 9.26 Uhr bis 10.21 Uhr aufgezei[X.]hnet wurden. Diese festgehaltenen Daten könnten indes von einem Kundigen über die Basissoftware [X.] manipuliert werden. Auf dem Computer würden derartige Veränderungen ni[X.]ht festgehalten, so dass sie ni[X.]ht mehr festgestellt werden könnten. Für den Angeklagten, der na[X.]h seinen eige-nen Angaben über gute Computerkenntnisse, au[X.]h die Basissoftware [X.] betreffend, verfüge, stelle das Umstellen der [X.]daten zwar kein an-spru[X.]hsvolles Problem dar, es sei aber - so die Kammer - ni[X.]ht belegt, dass der Angeklagte tatsä[X.]hli[X.]h so vorgegangen sei. Eine denkbare Manipulation sei ni[X.]ht na[X.]hweisbar. 23 Das [X.] war au[X.]h hier ni[X.]ht gehalten, diese Einlassung als un-widerlegbar hinzunehmen. Zurei[X.]hende Anhaltspunkte dafür, dass die auf dem Computer gespei[X.]herten [X.]daten ri[X.]htig sind, gibt es ni[X.]ht. Diese rühren allein vom Angeklagten her und unterlagen nur seinem Einfluss. Eine Manipulation dieser Daten war für den Angeklagten, der über die dazu erforderli[X.]hen [X.] verfügt, mögli[X.]h, ohne dass dies später na[X.]hvollzogen werden könnte. 24 b) Die Beweiswürdigung weist zudem Lü[X.]ken auf. Zwar können und müssen die Gründe au[X.]h eines freispre[X.]henden [X.]eils ni[X.]ht jeden irgendwie beweiserhebli[X.]hen Umstand ausdrü[X.]kli[X.]h würdigen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt vielmehr von der [X.]eiligen Beweislage und insoweit von den 25 - 12 - Umständen des Einzelfalles ab. Dieser kann so bes[X.]haffen sein, dass si[X.]h die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt. Um einen sol[X.]hen Fall handelt es si[X.]h hier aber ni[X.]ht. Das Tatgeri[X.]ht hat auf Freispru[X.]h erkannt, obwohl erhebli[X.]he Belastungsindizien vorlagen. Bei einer sol[X.]hen Sa[X.]hlage muss es in seine Beweiswürdigung und deren Darlegung alle wesentli[X.]hen für und gegen den Angeklagten spre[X.]henden Umstände und Erwägungen einbe-ziehen und in einer Gesamtwürdigung betra[X.]hten (vgl. Senat, [X.]. vom 22. Mai 2007 - 1 [X.]; [X.], 338 m.w.[X.]). Dem wird das ange-fo[X.]htene [X.]eil trotz der umfangrei[X.]hen Beweiserwägungen ni[X.]ht gere[X.]ht: [X.]) Die [X.]eilsgründe lassen zum einen eine umfassende Würdigung der Einlassung des Angeklagten vermissen. [X.] führt aus, aus der Tatsa-[X.]he, dass der Angeklagte seine entlastende Einlassung hinsi[X.]htli[X.]h des Tra-gens des [X.]s erst im Rahmen der Hauptverhandlung abgegeben ha-be, ließen si[X.]h bereits deshalb keine S[X.]hlüsse ziehen, da er aus seiner Si[X.]ht na[X.]hvollziehbar angegeben habe, kein Vertrauen in die Ermittlungen der Polizei mehr gehabt und deshalb erst vor Geri[X.]ht hierzu Angaben gema[X.]ht zu haben ([X.]). Das [X.]eil teilt insoweit aus den früheren Einlassungen des Ange-klagten ledigli[X.]h die Äußerung mit, "jeder ma[X.]he Fehler". Angesi[X.]hts der be-sonderen Fallkonstellation im Hinbli[X.]k auf die si[X.]hergestellten DNA-Spuren wä-re es aber erforderli[X.]h gewesen, darzulegen, ob und gegebenenfalls wel[X.]he Erklärungen er im Ermittlungsverfahren darüber hinaus dazu abgegeben hat. Ein We[X.]hsel der Einlassung im Laufe des Verfahrens kann ein Indiz für die Un-ri[X.]htigkeit der Einlassung in der Hauptverhandlung sein und ihre Bedeutung für die Beweiswürdigung verringern oder unter Umständen ganz entfallen lassen ([X.]R StPO § 261 Einlassung 6). Au[X.]h sind die Einlassungen ni[X.]ht einzeln abzuhandeln, wie hier ges[X.]hehen, sondern gegenüberzustellen und in eine um-fassende Würdigung des gesamten [X.] einzubeziehen. 26 - 13 - [X.]) Des Weiteren lässt die Beweiswürdigung, soweit die Kammer die [X.] und zeitli[X.]he Mögli[X.]hkeit der Tatbegehung dur[X.]h den Angeklagten mit ni[X.]ht ausräumbaren Zweifeln behaftet sieht, eine Auseinandersetzung mit der nahe liegenden Frage vermissen, ob ni[X.]ht eine Begehung der Tat unmittelbar na[X.]h dem Verlassen der gemeinsamen Wohnung dur[X.]h seine Ehefrau gegen 7.50 Uhr und vor dem mit ihr um 9.24 Uhr geführten Telefonat erfolgt sein kann. Für dieses [X.]fenster erörtert die Kammer ledigli[X.]h eine mögli[X.]he Manipulation der [X.], ni[X.]ht aber die Tatbegehung, obwohl die von der [X.] um 9.30 Uhr gemessene Fahrdauer von der Wohnung des Ange-klagten zum [X.] dies zuließe und si[X.]h mögli[X.]herweise für eine frühere Fahrt zum [X.] eine abwei[X.]hende Fahrdauer ergibt. 27 [X.][X.]) Zum anderen ist den [X.]eilsfeststellungen ni[X.]ht zu entnehmen, dass das [X.] im vorliegenden Fall tatsä[X.]hli[X.]h eine ers[X.]höpfende Gesamt-würdigung aller Indizien vorgenommen, also ni[X.]ht nur die einzelnen [X.] isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtabwägung ein-gestellt hat. [X.] reiht in den [X.]eilsgründen ([X.]) "zusammen-fassend" ledigli[X.]h die vorher abgehandelten Indizien einzeln aneinander und teilt no[X.]hmals ihre Zweifel bezogen auf jedes einzelne dieser Indizien mit. Die vorgenommene formelhafte "Gesamts[X.]hau des Beweisergebnisses" lässt ni[X.]ht erkennen, inwieweit sie alle oder mehrere Indizien im Zusammenhang [X.] hat. Dies wäre indes erforderli[X.]h gewesen. Denn einzelne [X.], die für si[X.]h genommen zum Beweis der Täters[X.]haft ni[X.]ht ausrei[X.]hen, können do[X.]h in ihrer Gesamtheit die für eine Verurteilung notwendige Überzeu-gung des Tatri[X.]hters begründen. Deshalb bedarf es einer Gesamtabwägung unter Gewi[X.]htung der einzelnen Indizien (st. Rspr., vgl. nur [X.]R StPO § 261 Beweiswürdigung, unzurei[X.]hende 1; [X.], [X.]. vom 29. August 2007 - 2 [X.] m.w.[X.]). 28 - 14 - [X.]) Außerdem ist zu besorgen, dass die [X.] überspannte Anfor-derungen an die für eine Verurteilung erforderli[X.]he Überzeugungsbildung ge-stellt hat. Voraussetzung für die Überzeugung des Tatri[X.]hters von einem be-stimmten Sa[X.]hverhalt ist ni[X.]ht eine absolute, das Gegenteil oder andere Mög-li[X.]hkeiten denknotwendig - oder wie es das [X.] formuliert "zwingend" - auss[X.]hließende Gewissheit. Vielmehr genügt ein na[X.]h der Lebenserfahrung ausrei[X.]hendes Maß an Si[X.]herheit, das vernünftige Zweifel ni[X.]ht aufkommen lässt. Der Tatri[X.]hter ist also ni[X.]ht gehindert, an si[X.]h mögli[X.]he, wenn au[X.]h ni[X.]ht zwingende Folgerungen aus bestimmten Tatsa[X.]hen zu ziehen, wenn diese tragfähig sind (st. Rspr., vgl. nur [X.] NStZ-RR 2004, 238). 29 [X.]) Im Hinbli[X.]k darauf begegnet bereits die Formulierung des Landge-ri[X.]hts re[X.]htli[X.]hen Bedenken, wona[X.]h die Kammer "ni[X.]ht den zwingenden S[X.]hluss ziehen" ([X.]) könne, dass aufgrund der DNA-Spuren des Ange-klagten in dem si[X.]hergestellten [X.] dieser den [X.] au[X.]h bei Tatbegehung getragen haben müsse. Die Wortwahl zeigt, dass si[X.]h die [X.] ni[X.]ht bewusst war, dass aus einer Indiztatsa[X.]he au[X.]h zu Ungunsten des Angeklagten S[X.]hlüsse, die ni[X.]ht zwingend, sondern nur mögli[X.]h sind, [X.] werden können. Glei[X.]hes gilt für die Ausführungen der Kammer, na[X.]h denen si[X.]h aus dem Umstand, dass die Zeugen [X.]und [X.]weder den Angeklagten mit [X.] no[X.]h einen derartigen Haushaltshands[X.]huh überhaupt in ihrem Haushalt gesehen haben, "kein zwin-gender Rü[X.]ks[X.]hluss" ([X.]) dahingehend ziehen lasse, der Angeklagte habe die [X.]e am Tattag mitgebra[X.]ht und bei Begehung der Tat getra-gen. Ebenso verhält es si[X.]h mit dem festgestellten Fehlen von Spuren des beim Strei[X.]hen verwendeten La[X.]ks an dem si[X.]hergestellten [X.]. Au[X.]h hier führt die Kammer aus, der "zwingende S[X.]hluss dahingehend" ([X.]), dass bei der Verwendung der [X.]e La[X.]kspuren aufgebra[X.]ht worden sein müssten, sei ni[X.]ht zu ziehen. 30 - 15 - Da das [X.] au[X.]h im Hinbli[X.]k auf andere Beweisumstände an si[X.]h mögli[X.]he S[X.]hlüsse als "ni[X.]ht zwingend" bewertet (vgl. [X.], 46) und in dem ges[X.]heiterten Hauskauf "kein zwingendes Motiv zur Tötung" sieht ([X.]), steht zu besorgen, dass es die Anforderungen an die Überzeu-gungsbildung zu ho[X.]h angesetzt haben könnte. 31 [X.]) Glei[X.]hes gilt für die Beurteilung der Gesamtheit der Indizien. Das [X.] hat im Rahmen der von ihm vorgenommenen "Gesamts[X.]hau des Beweisergebnisses" ausgeführt, es könne na[X.]h seiner Überzeugung "keine jeg-li[X.]he Zweifel zum S[X.]hweigen bringende Si[X.]herheit von der Täters[X.]haft des [X.] erzielen" ([X.]). Dadur[X.]h hat es den Grundsatz der freien Be-weiswürdigung re[X.]htsfehlerhaft angewandt: Für die Beantwortung der S[X.]huld-frage kommt es allein darauf an, ob der Tatri[X.]hter die Überzeugung von einem bestimmten Sa[X.]hverhalt erlangen kann oder ni[X.]ht. Der Begriff der Überzeugung s[X.]hließt die Mögli[X.]hkeit eines anderen, au[X.]h gegenteiligen Sa[X.]hverhalts ni[X.]ht aus; vielmehr gehört es gerade zum Wesen der Überzeugung, dass sie sehr häufig objektiv mögli[X.]hen Zweifel ausgesetzt bleibt ([X.] NStZ-RR 2004, 238, 240). 32 d) S[X.]hließli[X.]h hat die Kammer ni[X.]ht hinrei[X.]hend beda[X.]ht, dass der [X.] ni[X.]ht s[X.]hon auf das einzelne Indiz, sondern erst bei der abs[X.]hließen-den Überzeugungsbildung aufgrund der gesamten Beweislage anzuwenden ist. Bereits vor der Gesamts[X.]hau aller Beweise hat das [X.] bei der Prüfung der Täters[X.]haft des Angeklagten Beweisanzei[X.]hen - wie etwa den Werdegang und die Persönli[X.]hkeitsstruktur des Angeklagten ([X.]) oder die Frage der situativen und zeitli[X.]hen Mögli[X.]hkeit der Tatbegehung ([X.], 41, 44) - [X.] einzeln unter Zugrundelegung des [X.]es als ni[X.]ht überzeugend era[X.]htet. 33 - 16 - Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist jedo[X.]h keine Beweis-, sondern eine Ents[X.]heidungsregel, die das Geri[X.]ht erst dann zu befolgen hat, wenn es na[X.]h abges[X.]hlossener Beweiswürdigung ni[X.]ht die volle Überzeugung von der Täter-s[X.]haft des Angeklagten zu gewinnen vermag. Auf einzelne Elemente der Be-weiswürdigung ist er grundsätzli[X.]h ni[X.]ht anzuwenden (Senat, [X.]. vom 22. Mai 2007 - 1 [X.]). [X.] gilt er für entlastende Indiztatsa[X.]hen (st. Rspr., vgl. nur [X.]R StPO § 261 Beweiswürdigung 24 m.w.[X.]). 34 II[X.] Die Sa[X.]he bedarf daher erneuter Verhandlung und Ents[X.]heidung. Der Senat hat von der Mögli[X.]hkeit Gebrau[X.]h gema[X.]ht, sie gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1, [X.]. StPO an ein anderes [X.] zurü[X.]kzuverweisen. 35 Da die Revisionen zur Aufhebung des [X.]eils führen, ist die mit der Revi-sionseinlegung der St[X.]tsanwalts[X.]haft erhobene sofortige Bes[X.]hwerde gegen die an den Freispru[X.]h anknüpfende Ents[X.]heidung über die Ents[X.]hädigung des Angeklagten für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen gegenstandslos. 36 [X.] [X.] [X.] [X.]
Meta
01.07.2008
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2008, Az. 1 StR 654/07 (REWIS RS 2008, 3070)
Papierfundstellen: REWIS RS 2008, 3070
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