Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.08.2001, Az. 4 StR 115/01

4. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1655

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[X.] DES VOLKESUrteil4 StR 115/01vom9. August 2001in der [X.] versuchten Mordes u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 9. [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.] Vorsitzender,die [X.] am [X.]. [X.],die [X.]in am [X.],der [X.] am [X.]. [X.]als beisitzende [X.],[X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwältin als Verteidigerin für den Angeklagten [X.],Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil [X.] [X.] vom 14. [X.]ovember 2000 wer-den verworfen.Es wird davon abgesehen, den [X.] [X.] und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerle-gen.Von Rechts [X.]:Das [X.] hat die Angeklagten unter anderem [X.] versuchten [X.] in [X.], in Tateinheit mit gefrlicherKörperverletzung in drei tateinheitlich [X.], in weitererTateinheit mit versuchter besonders schwerer [X.] schuldig gesprochenund sie zu Jugendstrafen verurteilt, den Angeklagten [X.]zu einer Jugendstrafevon drei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten [X.] zu einer Jugend-strafe von zwei Jahren und sechs Monaten.[X.]ach den Feststellungen unternahmen die Angeklagten in der [X.] mit den frren Mitangeklagten [X.]und [X.]. einen Brand-anschlag auf ein Auslrwohnheim. Sie warfen [X.] in [X.] beleuchteten Fensters dieses Heims. [X.] war klar, daß in dem beleuch-teten Wohnraum mit Menschen zu rechnen war, die dort eng beisammen lebten.Ihnen war weiter klar, daß wenigstens eine der [X.] die Fensterscheibetreffen und durchschlagen könne, daß es zur Explosion der [X.] mit [X.] tödlicher Brandverletzungen der Bewohner kommen könne und daß we-sentliche Teile der Wohnung ... in Brand geraten könnten. Solche Folgen waren- 4 -ihnen aber gleicltig, weil sie ihr Mtchen auch um einen solchen Preis klenwolltenfl. [X.] durchschlug eine der geworfenen Flaschen einen Fenster-fll. Sie traf auf den Tisch der Wohnkche, in der sich zur Tatzeit zwei Erwach-sene und drei Kinder aufhielten, geriet anschlieûend auf den [X.]oû eines [X.] und rollte dann mit dem weiter brennenden Benzin auf den Teppichboden.Die Kleidung des Kindes fing Feuer. Obwohl seine Mutter und eine [X.] die Flammen sofort erstickten, zog es sich am Bauch und an den In-nenseiten der Oberschenkel Brandwunden zweiten und dritten Grades zu, [X.] statire Behandlung erforderlich machten. Zwei weitere Per-sonen erlitten leichtere Verletzungen. Das Feuer konnte [X.] werden, bevorweiterer [X.]aden entstand.Mit ihren Revisionen [X.] die Verletzung materiellenRechts; auûerdem beanstanden sie das Verfahren. Die Rechtsmittel haben kei-nen Erfolg.1. Die Verfahrensrsind nicht ausgefrt und daher unzulssig (§ 344Abs. 2 Satz 2 StPO).2. Die [X.]achprfung des Urteils aufgrund der Sachrt keinenRechtsfehler zum [X.]achteil der Angeklagten ergeben.a) Soweit sich die Revisionen gegen den [X.]uldspruch richten, sind [X.] den zutreffenden [X.] des [X.] im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.b) Auch die Strafaussprche halten der rechtlichen Überprfung stand. [X.] bedarf nur, ob die Feststellungen der [X.] zum [X.] [X.]eigungen, die eine Jugendstrafe erfordern, bei den Angeklagten [X.]anders als bei den frren Mitangeklagten - nicht ausreichend sind und die [X.] 5 -weils verten Jugendstrafen auf einer etwa fehlerhaften Annahme sclicher[X.]eigungen beruhen. Das ist nicht der Fall.Unter sclichen [X.]eigungen sind erhebliche [X.] seien es anlagebedingte,seien es durch unzulliche Erziehung oder Umwelteinflsse bedingte [X.] verstehen, die ohne lre Gesamterziehung die Gefahr der Begehung weite-rer Straftaten in sich bergen, die nicht nur gemeinlstig sind oder den Charaktervon Bagatelldelikten haben (st. Rspr., vgl. BGHR [X.] § 17 Abs. 2 scliche[X.]eigungen 5 m.w.[X.]; [X.], [X.], 8. Aufl. [X.]. 18a). Sie ksich auchschon in der ersten Straftat des Jugendlichen zeigen. Es bedarf dann aber regel-mûig der Feststellung von Perslichkeitsmln, die [X.] wenn auch verborgen -schon vor der Tat entwickelt waren, auf sie [X.] gehabt haben und weitereTaten befrchten lassen (vgl. BGHR [X.] § 17 Abs. 2 scliche [X.]eigungen 3,7).Bei einer derart schwer wiegenden Tat wie der von den Angeklagten [X.] sind die Anforderungen an die schon vor der Tatbegehung entwickel-ten Perslichkeitsml, auch dann, wenn es sich um die erste Straftat handelt,nicht zu hoch anzusetzen. Wer die hohe Hemmschwelle bei [X.], wird in aller Regel, wenn die Tat nicht durch auûergewliche Um-strt ist, erhebliche Perslichkeitsml aufweisen, die [X.] zu [X.] weiterer gravierender Straftaten geben ig davon,[X.] auch die [X.]were der [X.]uld Jugendstrafe rechtfertigt [X.] die Ahndung nur [X.] als nicht ausreichend und verfehlt erscheinen lieûen. Solche Um-stsind dem Urteil nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich. [X.] sprechen gewichtige zustzliche Indizien fr das Vorliegen sclicher[X.]eigungen bei beiden Angeklagten:So sind beide Angeklagten dem erzieherischen [X.] ihrer Eltern weitge-hend entglitten. Der zur Tatzeit 16jrige Angeklagte [X.]war nach den [X.] 6 -stellungen aus der Hauptschule ohne [X.] entlassen worden, nach-dem er immer [X.] unentschuldigt gefehlt hatte. Bei dem zur Tatzeit [X.] Angeklagten [X.] hattfiges unentschuldigtes Fernbleiben [X.] dazu gefrt, [X.] er von der Realschule in die Hauptschule [X.] werden muûte. Beide Angeklagten konsumierten - der Angeklagte [X.]unter anderem in [X.] Mitangeklagten [X.], der [X.] bei dem Brandanschlag war fig Haschisch und Bier in nicht un-betrchtlichen Mengen. Sie muûten in der Untersuchungshaft disziplinarisch ge-maûregelt werden; der Angeklagte [X.] deshalb, weil er einen Mitgefangenengetreten und geschlagen hat.[X.], [X.] der Brandanschlag Ausdruck sclicher [X.]eigungen ist, die beibeiden Angeklagten schon vor der Tat angelegt waren, spricht auch, [X.] sie am[X.]achmittag vor der Tatnacht ohne Zrn und Bedenken einem Vorschlag desfrren Mitangeklagten [X.]zustimmten, der vorhatte, gemeinsam ªnach Artdes ‡Ku-Klux-Klan‚ gegen einen farbigen [X.] [X.] der ihm ±[X.]± ªunsympathisch (war), weil er immer so blcktefl. [X.]ach [X.]s Vor-stellung sollte in dem Garten ªdes [X.]egersfl ein Kreuz aufgestellt, mit Benzir-gossen und dann angezt werden. Als am Abend Bedenken aufkamen, [X.]das Entdeckungsrisiko beim Transport, Aufstellen und Inbrandsetzen des Kreuzeszu hoch sei, und die frren Mitangeklagten [X.]und [X.]. die Vorstellungentwickelten, es sollten statt dessen [X.] gegen die Fenster und gegendie [X.] geworfen werden, waren die Angeklagten [X.]und[X.] zwar zchst ªdagegen und sagten, [X.] sie [X.] zu [X.] werden‚wolltenfl. Als [X.]und [X.]. sie darauf ªals [X.], sie sollten [X.] so [X.], war dies fr die Angeklagten hinreichen-der Grund, ihre Bedenken sofort zurckzustellen und bei der Vorbereitung dieserTat, die schlieûlich wegen zu hohen Entdeckungsrisikos doch nicht durchgefrtwurde, mitzumachen. Auch dies belegt ± ebenso wie die ster ausgefrte Tat -- 7 -die schon vorher angelegten Perslichkeitsml. [X.]ur mit solchen [X.] es sich [X.] erklren, wenn ein Jugendlicher, nur um nicht als feige zugelten und einen dahingehenden Vorwurf sofort zu [X.], ohne jedes Zrnsogar zu einer Handlung bereit ist, die er selbst zutreffend als Mord erkannt hat.Hiernach hat die [X.], auch wenn sie sich mit der Frage scd-licher [X.]eigungen der Angeklagten nur knapp auseinandergesetzt hat, diese Vor-aussetzung auf der Grundlage der von ihr getroffenen Feststellungen im [X.] Recht bejaht. Im rigen hat sie die Vervon Jugendstrafe in rechtlichnicht zu beanstandender Weise auch unter dem Gesichtspunkt der [X.]were der[X.]uld bejaht. Auch die Bemessung der Hr Strafen begegnet keinen recht-lichen Bedenken; insbesondere hat das [X.] dem ErziehungsgedankenRechnung getragen. Daneben hat es auch den Strafzweck des gerechten[X.]uldausgleichs beachtet (vgl. BGH [X.]StZ 1998, 39; BGH [X.]StZ-RR 1996, 120;BGH [X.] 1994, 598; BGH [X.]JW 1992, 380; BGHR [X.] § 18 Abs. 2 Strafzwecke4). [X.] der von den Angeklagten [X.] begangene Mordversuch in[X.], wie sie es mit ihren Revisionenanstreben, nur mit einer bewrungsfigen Jugendstrafe geahndet, so wrde- 8 -dies ± unter Bercksichtigung aller von der [X.] festgestellten [X.] - eine unangemessene und erziehungsscliche Verharmlosung des verwirk-lichten Unrechts und der [X.]were ihrer [X.]uld bedeuten.[X.] [X.]

Meta

4 StR 115/01

09.08.2001

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.08.2001, Az. 4 StR 115/01 (REWIS RS 2001, 1655)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1655

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