Bundessozialgericht, Beschluss vom 20.04.2023, Az. B 5 RS 7/22 B

5. Senat | REWIS RS 2023, 5556

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG bei einer Rechtsfrage zur Auslegung von Normen der ZAVtIV und ZAVtIVDBest 2)


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 3. November 2022 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Zwischen den Beteiligten besteht im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens Streit darüber, ob der Zeitraum vom 1.7.1984 bis zum 31.3.1990, in dem der Kläger als Inspektor bzw Hauptinspektor der staatlichen Qualitätsinspektion im [X.], Messwesen und Warenprüfung ([X.]) der ehemaligen [X.] beschäftigt war, als weitere Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz ([X.]) festzustellen ist. Zeiten vom 1.10.1976 bis zum [X.] sowie vom 1.4. bis zum 30.6.1990, in denen der Kläger in einem VEB Schwermaschinenbau bzw in einem [X.] beschäftigt war, hat die Beklagte als nachgewiesene Zeiten der Zugehörigkeit zur [X.] einschließlich der zugehörigen Entgelte anerkannt. Die Feststellung des hier streitbefangenen Zeitraums sowie der darin erzielten Entgelte hat sie jedoch abgelehnt, weil der Kläger seine Tätigkeit insoweit nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder in einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt habe (Bescheid vom 28.6.2004, Widerspruchsbescheid vom 24.11.2004).

2

Der Überprüfungsantrag des [X.] vom November 2017 ist ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 17.9.2018, Widerspruchsbescheid vom [X.], Gerichtsbescheid des [X.] vom 1.10.2021, Urteil des L[X.] vom 3.11.2022). Das L[X.] hat ausgeführt, der Kläger habe im streitbefangenen Zeitraum keine Versorgungszusage aufgrund einer Einzelentscheidung gehabt. Er könne hierfür auch keine fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der [X.] aufgrund erweiternder verfassungskonformer Auslegung im Sinne der Rechtsprechung des B[X.] verlangen, weil er damals nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen sei und damit die betriebliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung nicht erfülle. Das [X.] sei weder Ministerium noch Hauptverwaltung noch ein Teil davon gewesen. Der Einbeziehung der dortigen Tätigkeit des [X.] in das Zusatzversorgungssystem stehe deshalb das Neueinbeziehungsverbot des Einigungsvertrags entgegen.

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.] hat der Kläger Beschwerde beim B[X.] eingelegt. Er beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G erforderlichen Weise dargelegt. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 [X.]G zu verwerfen.

5

Eine Rechtssache hat nur dann iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage zu revisiblem Recht (§ 162 [X.]G) aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses [X.]es (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G) muss der Beschwerdeführer daher eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] RdNr 4 mwN; s auch Meßling in [X.]/[X.]/[X.]/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, [X.] RdNr 70, 283 ff). Daran fehlt es hier.

6

Der Kläger trägt vor, von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage,

        

"ob das [X.] durch die 2. Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt sei".

7

Zwar sei das L[X.] der Ansicht, die Frage sei bereits durch das B[X.]-Urteil vom 6.5.2004 ([X.] RA 49/03 R - juris) höchstrichterlich geklärt. Das sei indes unzutreffend. Das B[X.] sei in jener Entscheidung davon ausgegangen, dass es an die Einordnung durch die Vorinstanz, das [X.] falle nicht unter die [X.] der 2. Durchführungsbestimmung, im Sinne einer tatsächlichen Feststellung gebunden sei. Somit habe das B[X.] selbst keine Entscheidung zu dieser Frage getroffen, die die Anwendung einer gesetzlichen Regelung und damit eine Rechtsfrage betreffe. Diese Rechtsfrage sei für die Entscheidung einer Vielzahl von Fällen maßgeblich und deshalb von grundsätzlicher Bedeutung. Eigene tatsächliche Feststellungen habe das L[X.] im Fall des [X.] nicht getroffen. Es stütze seine Entscheidung vielmehr allein auf die Auslegung verschiedener Gesetze und Verordnungen der ehemaligen [X.]. Die Auslegung durch das L[X.] weise jedoch "eine ganze Reihe gravierender Fehler auf" und verletze die anerkannten Auslegungsregeln ebenso wie die Denkgesetze. Eine teleologische Auslegung habe das Berufungsgericht vollständig unterlassen. Es gehe im vorliegenden Verfahren allein um eine korrekte Auslegung des Begriffs "Hauptverwaltung" in der 2. Durchführungsbestimmung vom [X.] unter Beachtung aller anerkannten Auslegungsregeln.

8

Mit diesem Vortrag hat der Kläger bereits keine Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G zur Auslegung oder zum Anwendungsbereich einer revisiblen Vorschrift des Bundesrechts formuliert. Zwar ist die von der Regierung der [X.] beschlossene Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben ([X.] - vom 17.8.1950, GBl [X.] 844) ebenso wie die dazu ergangene Zweite Durchführungsbestimmung ([X.] - vom [X.], GBl [X.] 487) mit dem Beitritt der [X.] am 3.10.1990 zu - sekundärem - Bundesrecht geworden (vgl B[X.] Urteil vom 20.3.2013 - B 5 RS 3/12 R - juris Rd[X.]8). Damit gehört deren Auslegung ebenfalls zur Aufgabe des [X.] (vgl B[X.] Urteil vom [X.] RS 17/09 R - juris RdNr 32) und es kann eine Rechtsfrage, die sich bei der Auslegung dieser spezifischen [X.]-Vorschriften stellt, Gegenstand einer Frage von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G sein. Die Frage des [X.] zielt aber nicht auf die Art und Weise der Auslegung eines bestimmten Tatbestandsmerkmals von § 1 Abs 2 der [X.], also auf die nähere Konkretisierung des abstrakt-generellen [X.]. Vielmehr will er wissen, ob "das [X.] (…) den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt sei", und begehrt damit eine Antwort des [X.] auf die Frage, ob das Ergebnis der Rechtsanwendung des L[X.] in seinem Einzelfall richtig ist. Der Wunsch nach einer höchstrichterlichen Überprüfung der von der Vorinstanz vorgenommenen Subsumtion vermag die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache jedoch nicht zu begründen (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] LW 2/21 B - juris Rd[X.]3 mwN; s auch B[X.] Beschluss vom 26.6.2020 - B 5 RS 4/20 B - juris RdNr 5; B[X.] Beschluss vom 6.8.2020 - B 5 RS 7/20 B - juris RdNr 6; B[X.] Beschluss vom 22.9.2020 - B 5 RS 6/20 B - juris RdNr 6 sowie bereits B[X.] Beschluss vom [X.] - B 13 RS 1/09 B - juris Rd[X.]2).

9

Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage ist auch nicht aufgezeigt, soweit der Kläger losgelöst von seiner konkret formulierten Frage in seinen weiteren Ausführungen darauf abstellt, dass nach seiner Ansicht der Begriff "Hauptverwaltungen" in § 1 Abs 2 der [X.] abstrakt-generell alle beim Ministerrat der [X.] angesiedelten "Einrichtungen der zentralen Leitung und Planung der Volkswirtschaft" beschreibe. Selbst wenn damit indirekt eine Frage zur zutreffenden Auslegung eines Tatbestandsmerkmals der genannten Regelung aufgeworfen ist, wird aus der Beschwerdebegründung nicht deutlich, inwiefern diese Rechtsfrage in dem erstrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich und damit klärungsfähig wäre. Dass das [X.] in der [X.] eine Einrichtung der zentralen Leitung und Planung der Volkswirtschaft der [X.] gewesen wäre, hat weder das L[X.] festgestellt noch geht dies aus der Beschwerdebegründung nachvollziehbar hervor.

Schließlich hat der Kläger auch zur Klärungsbedürftigkeit unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Rechtsprechung des B[X.] zur Gleichstellung nach § 1 Abs 2 der [X.] (vgl zB B[X.] Urteil vom 19.7.2011 - B 5 RS 4/10 R - [X.] 4-8570 § 1 [X.]9 RdNr 27 f; B[X.] Urteil vom 19.7.2011 - B 5 RS 3/10 R - [X.] 4-8570 § 1 [X.] RdNr 22; B[X.] Urteil vom 20.3.2013 - B 5 RS 27/12 R - juris Rd[X.]9) nichts vorgetragen. Ebenso fehlen Darlegungen, weshalb der erstrebten Klärung eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (Breitenwirkung) zukommen soll. Die pauschale und nicht weiter untermauerte Behauptung, die aufgeworfene Frage sei "für die Entscheidung einer Vielzahl von Fällen maßgeblich", reicht nicht aus.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 183 Satz 1 iVm § 193 Abs 1 und 4 [X.]G.

[X.]

Meta

B 5 RS 7/22 B

20.04.2023

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: RS

vorgehend SG Leipzig, 1. Oktober 2021, Az: S 11 R 435/19 ZV, Gerichtsbescheid

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 162 SGG, ZAVtIV, ZAVtIVDBest 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 20.04.2023, Az. B 5 RS 7/22 B (REWIS RS 2023, 5556)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5556

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 5 RS 94/09 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Anforderungen an Beschwerdebegründung - bereits entschiedene Rechtsfrage


B 5 RS 27/12 R (Bundessozialgericht)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - betriebliche Voraussetzung


B 5 RS 7/11 R (Bundessozialgericht)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - fiktive Einbeziehung - sachliche Voraussetzung - ingenieurtechnische …


B 5 RS 1/11 R (Bundessozialgericht)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - fiktive Einbeziehung - betriebliche Voraussetzung - VEB …


B 5 RS 3/12 R (Bundessozialgericht)

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - fiktive Einbeziehung - sachliche und betriebliche Voraussetzung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.