Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.03.2012, Az. 7 ABR 67/10

7. Senat | REWIS RS 2012, 8236

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Gegenstand

Mitbestimmung der Schwerbehindertenvertretung bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags


Tenor

Auf die Sprungrechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 29. September 2010 - 22 [X.] - aufgehoben. Die Anträge des [X.] werden abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten im [X.] hauptsächlich darüber, ob der [X.]chwerbehindertenvertreter gegenüber der Arbeitgeberin einen Anspruch auf Unterlassung des Abschlusses von Aufhebungsverträgen mit schwerbehinderten Menschen hat, wenn er nicht zuvor unterrichtet und angehört worden ist.

2

Die Arbeitgeberin betreibt städtische Krankenhäuser in Form eines Eigenbetriebs. Antragsteller ist der dort gewählte [X.]chwerbehindertenvertreter. Die Arbeitgeberin schloss im Frühjahr 2009 einen Aufhebungsvertrag mit der schwerbehinderten Mitarbeiterin [X.] ab, ohne den [X.]chwerbehindertenvertreter davon vorher unterrichtet und angehört zu haben. Nach einer Beschwerde des [X.]chwerbehindertenvertreters vom 19. Oktober 2009 über die unterbliebene Beteiligung bestritt die Arbeitgeberin eine entsprechende Verpflichtung.

3

In dem daraufhin eingeleiteten Beschlussverfahren hat der [X.]chwerbehindertenvertreter die Auffassung vertreten, er sei beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.]G[X.]X zu beteiligen. Dieser Anspruch könne nur durch einen allgemeinen Unterlassungsanspruch gesichert werden. Die [X.]anktion des § 95 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.]G[X.]X gehe ins Leere, weil der Aufhebungsvertrag trotz fehlender Beteiligung der [X.]chwerbehindertenvertretung wirksam sei.

4

Der Antragsteller hat beantragt,

        

1.    

der Arbeitgeberin zu untersagen, einen Aufhebungsvertrag mit einem im Eigenbetrieb Klinikum [X.] beschäftigten schwerbehinderten Menschen abzuschließen, bevor nicht der [X.]chwerbehindertenvertreter unterrichtet und ihm Gelegenheit gegeben wurde, dazu [X.]tellung zu nehmen,

        

2.    

hilfsweise, für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1.,

                 

die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit im Eigenbetrieb Klinikum [X.] beschäftigten schwerbehinderten Menschen zu unterrichten und ihm Gelegenheit zu geben, dazu [X.]tellung zu nehmen,

        

3.    

für den Fall, dass die Arbeitgeberin der Verpflichtung aus Antrag Ziff. 1 nicht nachkomme, ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 25.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen am Geschäftsführer des Eigenbetriebs [X.], anzudrohen.

5

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. [X.]ie hat die Auffassung vertreten, § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.]G[X.]X verlange keine Beteiligung der [X.]chwerbehindertenvertretung beim Abschluss von Aufhebungsverträgen.

6

Das Arbeitsgericht hat dem Unterlassungsantrag sowie dem Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft entsprochen und demgemäß über den Hilfsantrag nicht entschieden. Es hat die [X.]prungrechtsbeschwerde zugelassen, mit der die Arbeitgeberin die Abweisung der Anträge des [X.]chwerbehindertenvertreters begehrt. Dieser beantragt die Zurückweisung der [X.]prungrechtsbeschwerde.

7

B. Die nach § 96a ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige [X.]prungrechtsbeschwerde ist begründet. [X.]ie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Abweisung der Anträge des [X.]chwerbehindertenvertreters. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht dem Hauptantrag stattgegeben. Dieser ist unzulässig, da er nicht hinreichend bestimmt ist. Der als Feststellungsantrag zu verstehende Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

8

I. Der Unterlassungsantrag ist unzulässig. Er ist nicht hinreichend bestimmt i[X.]v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

9

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss ein Antrag auch im Beschlussverfahren so bestimmt sein, dass die eigentliche [X.]treitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann. Im Falle einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung muss für den in Anspruch genommenen Beteiligten eindeutig erkennbar sein, was von ihm verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen der [X.]chuldner vorzunehmen oder zu unterlassen hat, darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden ([X.] 12. August 2009 - 7 [X.] - Rn. 12, [X.]E 131, 316; 27. Juli 2010 - 1 [X.] - Rn. 11, [X.] ZPO § 253 Nr. 51). Ein Unterlassungsantrag muss deshalb - bereits aus rechtsstaatlichen Gründen - eindeutig erkennen lassen, was vom [X.]chuldner verlangt wird. [X.]oll der [X.]chuldner zur zukünftigen Unterlassung einzelner Handlungen verpflichtet werden, müssen diese so genau bezeichnet sein, dass kein Zweifel besteht, welches Verhalten im Einzelnen betroffen ist. Für den [X.]chuldner muss aufgrund des [X.] erkennbar sein, welche Handlungen oder Äußerungen er künftig zu unterlassen hat, um sich rechtmäßig verhalten zu können (vgl. [X.] 17. März 2010 - 7 [X.] - Rn. 13, [X.]E 133, 342).

2. Diesen Anforderungen genügt der Hauptantrag nicht. Der Arbeitgeberin soll es für alle denkbaren Konstellationen untersagt werden, Aufhebungsverträge mit im Klinikum beschäftigten schwerbehinderten Menschen abzuschließen, ohne dass der [X.]chwerbehindertenvertreter zuvor unterrichtet wurde und er Gelegenheit zur [X.]tellungnahme hatte. Damit ist zwar klar, dass von der Unterlassungsverpflichtung alle künftigen Aufhebungsverträge mit schwerbehinderten Menschen erfasst sein sollen. Unklar und unbestimmt ist aber, wie die Unterrichtung und Anhörung im Einzelnen ausgestaltet sein soll, bei deren Fehlen der begehrte Unterlassungstitel zur Anwendung kommen soll. Es fehlt an jeglicher Präzisierung, in welcher Form und Frist, mit welchem Inhalt und in welchem Umfang die Unterrichtung erfolgen und welche Zeit der [X.]chwerbehindertenvertreter zu einer [X.]tellungnahme haben soll. [X.]o bleibt ua. unklar, ob dem [X.]chwerbehindertenvertreter nur der beabsichtigte Vertragsschluss selbst oder darüber hinaus die einzelnen Bedingungen oder sonstigen Umstände des beabsichtigten Aufhebungsvertrags mitzuteilen sind, und ob dies mündlich oder schriftlich geschehen soll. Die Beantwortung dieser Fragen darf nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Der beantragte Tenor ließe offen, welches rechtmäßige Verhalten der Arbeitgeberin genau abverlangt würde.

II. Der Antrag auf Androhung von [X.] ist nur für den Fall des Obsiegens mit dem Unterlassungsantrag gestellt. Er fällt dem [X.]enat damit nicht zur Entscheidung an (vgl. [X.] 9. März 2011 - 7 ABR 137/09 - [X.] BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 63 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 17).

III. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der als Feststellungsantrag zu verstehende Hilfsantrag ist zulässig.

a) Wie der [X.]chwerbehindertenvertreter in der Anhörung auf den Hinweis des [X.]enats, der auf eine zukünftige Leistung gerichtete Antrag begegne wegen § 259 ZPO Zulässigkeitsbedenken, erklärt hat, soll der Antrag als Feststellungsantrag verstanden werden. Darin liegt keine unzulässige Antragsänderung. Vielmehr ist in dem zuvor auf den Ausspruch einer Verpflichtung gerichteten Antrag der Feststellungsantrag enthalten (vgl. hierzu [X.] 27. Oktober 2010 - 7 [X.] - Rn. 17 mwN, [X.] BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 16).

b) Wie die Auslegung des Antrags ergibt, ist er auf die Feststellung des Bestehens von zwei Verpflichtungen der Arbeitgeberin gerichtet. Zum einen will der [X.]chwerbehindertenvertreter festgestellt wissen, dass er vor dem Abschluss von Aufhebungsverträgen mit schwerbehinderten Menschen zu unterrichten sei. Darüber hinaus soll festgestellt werden, dass ihm Gelegenheit gegeben werden soll, vor dem Vertragsschluss [X.]tellung zu nehmen.

c) Der Antrag ist hinreichend bestimmt i[X.]v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Allerdings fehlt es auch insoweit an einer näheren Bestimmung, wie die Unterrichtung und Anhörung im Einzelnen aussehen soll. An die hinreichende Bestimmtheit eines Feststellungsantrags sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen zu stellen als an diejenige eines Leistungsantrags. Wenn allerdings bereits das Bestehen des (Mitbestimmungs-)Rechts als solches streitig ist und über dessen ggf. zu beachtende Ausgestaltung noch kein [X.]treit besteht, kann dieses zum Gegenstand eines Feststellungsantrags gemacht werden, ohne dass die Modifikationen bereits im Einzelnen beschrieben werden müssten (vgl. [X.] 8. Juni 2004 - 1 [X.] [X.] 2 a aa der Gründe mwN, [X.]E 111, 36). Dies ist hier der Fall.

d) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Die Verpflichtungen, deren Bestehen festgestellt werden soll, sind Rechtsverhältnisse i[X.]v. § 256 Abs. 1 ZPO. Da die Arbeitgeberin die Verpflichtungen bestreitet, hat der [X.]chwerbehindertenvertreter ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.

2. Der Antrag ist weder insgesamt noch teilweise begründet. Der [X.]chwerbehindertenvertreter hat jedenfalls nicht in allen Fällen einen Anspruch darauf, vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen unterrichtet zu werden. Ein Anspruch, vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags stets angehört zu werden, besteht ebenfalls nicht.

a) Nach § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 Halbs. 1 [X.]G[X.]X hat der Arbeitgeber die [X.]chwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Damit normiert die Bestimmung zwei Verpflichtungen des Arbeitgebers, die sich nach Inhalt, Umfang und Zeitpunkt voneinander unterscheiden.

aa) Zum einen wird vom Arbeitgeber verlangt, die [X.]chwerbehindertenvertretung umfassend zu informieren. Gegenstand der Unterrichtung sind alle Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren. Der weit gefasste Anspruch erstreckt sich nicht nur auf einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers, sondern auf alle Angelegenheiten, die sich spezifisch auf schwerbehinderte Menschen auswirken. Die [X.] besteht allerdings dann nicht, wenn die Angelegenheit die Belange schwerbehinderter Menschen in keiner anderen Weise berührt als nicht schwerbehinderte Beschäftigte (vgl. [X.] 17. August 2010 - 9 [X.] - Rn. 13, 18, [X.]E 135, 207). Inhalt der Verpflichtung ist die Unterrichtung der [X.]chwerbehindertenvertretung. Der Arbeitgeber muss dieser daher die zu der Angelegenheit gehörenden Informationen geben. Dabei muss die Unterrichtung, wie das Gesetz ausdrücklich betont, „umfassend“ sein. Die Unterrichtung hat „unverzüglich“ zu erfolgen. Der Arbeitgeber muss daher die [X.]chwerbehindertenvertretung über eine die schwerbehinderten Menschen berührende Angelegenheit informieren, sobald er davon Kenntnis erlangt und ihm die Unterrichtung ohne schuldhaftes Zögern möglich ist. Dieser Zeitpunkt kann je nach den Umständen vor oder nach dem Abschluss der Angelegenheit liegen.

bb) Zum anderen hat der Arbeitgeber die [X.]chwerbehindertenvertretung in Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, vor einer Entscheidung anzuhören. Diese Verpflichtung unterscheidet sich von der Pflicht zur Unterrichtung. [X.]ie geht insofern darüber hinaus, als die Anhörung regelmäßig eine entsprechende Unterrichtung der [X.]chwerbehindertenvertretung voraussetzt, sich darin aber nicht erschöpft, sondern darüber hinaus verlangt, dass dem [X.]chwerbehindertenvertreter Gelegenheit zur [X.]tellungnahme gegeben wird und der Arbeitgeber eine entsprechende [X.]tellungnahme auch zur Kenntnis nimmt. Die [X.] bezieht sich nicht auf sämtliche, die schwerbehinderten Menschen betreffenden Angelegenheiten, sondern nur auf die diesbezüglichen Entscheidungen des Arbeitgebers. Entscheidungen in diesem [X.]inne sind die einseitigen Willensakte des Arbeitgebers. Das entspricht dem Wortsinn des Begriffs und wird dadurch bestätigt, dass das Gesetz in § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 Halbs. 2 [X.]G[X.]X von der „getroffenen“ Entscheidung spricht. Auch [X.]inn und Zweck des [X.] zielen darauf, der [X.]chwerbehindertenvertretung die Möglichkeit zu geben, an der Willensbildung des Arbeitgebers mitzuwirken. Die [X.]chwerbehindertenvertretung soll Gelegenheit haben, den Arbeitgeber aus ihrer fachlichen [X.]icht auf mögliche, ggf. nicht bedachte Auswirkungen seiner Entscheidung hinzuweisen ([X.] 17. August 2010 - 9 [X.] - Rn. 17, [X.]E 135, 207; [X.] in LPK-[X.]G[X.]X 3. Aufl. § 95 Rn. 35). Anders als die Unterrichtung hat die Anhörung nicht „unverzüglich“, sondern „vor“ der Entscheidung zu erfolgen. Der Arbeitgeber genügt daher seiner Pflicht zur Anhörung nicht, wenn er die [X.]chwerbehindertenvertretung erst nach der Entscheidung anhört. Dies macht auch § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 Halbs. 2 [X.]G[X.]X deutlich.

b) Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen ist zwar eine „Angelegenheit“ i[X.]v. § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 Halbs. 1 [X.]G[X.]X, aber keine „Entscheidung“ im [X.]inne dieser Bestimmung.

aa) Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen ist eine Angelegenheit, die einen einzelnen schwerbehinderten Menschen oder auch die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berührt. Die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen betrifft unmittelbar dessen rechtliche [X.]tellung und sein Verbleiben im Betrieb. Betroffen sind die schwerbehinderten Menschen aber auch als Gruppe. [X.]o wird durch das Ausscheiden eines schwerbehinderten Menschen unmittelbar die nach § 71 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]G[X.]X vom Arbeitgeber zu erfüllende Quote berührt. Der Arbeitgeber hat daher die [X.]chwerbehindertenvertretung über den Abschluss eines solchen Aufhebungsvertrags zu unterrichten. Dies hat er unverzüglich zu tun. Der konkrete Zeitpunkt richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Wird ein Aufhebungsvertrag mit einem schwerbehinderten Menschen ohne eine entsprechende Vorbereitung spontan geschlossen, wird eine Unterrichtung der [X.]chwerbehindertenvertretung regelmäßig erst nachträglich erfolgen können. Insbesondere ist der Arbeitgeber wegen seiner Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung nicht verpflichtet, mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrags abzuwarten. Führt der Arbeitgeber dagegen mit dem schwerbehinderten Menschen über einen bestimmten Zeitraum Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags, kann darin möglicherweise bereits eine Angelegenheit i[X.]v. § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 Halbs. 1 [X.]G[X.]X liegen, hinsichtlich derer die [X.]chwerbehindertenvertretung zu unterrichten ist. Ob und unter welchen Umständen dies der Fall sein kann, bedarf hier keiner abschließenden Klärung.

bb) Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen ist keine „Entscheidung“ i[X.]v. § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 Halbs. 1 [X.]G[X.]X. Der Vertragsschluss ist kein einseitiger Willensakt des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber ist daher nach § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 Halbs. 1 [X.]G[X.]X nicht verpflichtet, die [X.]chwerbehindertenvertretung vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen anzuhören. Auch [X.]inn und Zweck des [X.] verlangen in einem solchen Fall die vorherige Anhörung der [X.]chwerbehindertenvertretung nicht. Der schwerbehinderte Mensch muss nicht vor den möglichen Folgen einer einseitigen Entscheidung des Arbeitgebers durch die Beteiligung der [X.]chwerbehindertenvertretung geschützt werden. Vielmehr kann er selbst privatautonom über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags entscheiden. Durch den besonderen Beendigungsschutz nach §§ 85, 92 [X.]G[X.]X befindet sich der schwerbehinderte Mensch bei der Verhandlung über einen Aufhebungsvertrag sogar in einer rechtlich stärkeren Position als andere Arbeitnehmer. Dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die [X.]chwerbehindertenvertretung vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu hören, überschießend wäre, wird insbesondere deutlich in Fallgestaltungen, in denen die Initiative zum Abschluss eines solchen Vertrags von dem Arbeitnehmer ausgeht.

c) Hiernach ist die Arbeitgeberin weder stets verpflichtet, den [X.]chwerbehindertenvertreter vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem schwerbehinderten Menschen zu unterrichten, noch muss sie die [X.]chwerbehindertenvertretung zuvor anhören. Der Abschluss eines solchen Vertrags ist zwar eine Angelegenheit i[X.]v. § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 Halbs. 1 [X.]G[X.]X. Die Arbeitgeberin muss daher den [X.]chwerbehindertenvertreter unverzüglich unterrichten. Der Zeitpunkt der Unterrichtung liegt aber nicht notwendig vor dem Abschluss des Aufhebungsvertrags. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein Aufhebungsvertrag ohne zeitlich nennenswerte Vorverhandlungen geschlossen wird, genügt die Arbeitgeberin ihrer [X.], wenn sie den [X.]chwerbehindertenvertreter unverzüglich nach dem Abschluss des Aufhebungsvertrags informiert. Eine Verpflichtung, den [X.]chwerbehindertenvertreter vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags anzuhören, besteht schon deshalb nicht, weil der Abschluss keine Entscheidung i[X.]v. § 95 Abs. 2 [X.]atz 1 Halbs. 1 [X.]G[X.]X ist.

        

    Linsenmaier    

        

    [X.]chmidt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    G.Metzinger    

                 

Meta

7 ABR 67/10

14.03.2012

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Stuttgart, 29. September 2010, Az: 22 BV 294/09, Beschluss

§ 95 Abs 2 S 1 Halbs 1 SGB 9

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.03.2012, Az. 7 ABR 67/10 (REWIS RS 2012, 8236)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8236

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Referenzen
Wird zitiert von

3 TaBV 95/16

14 TaBV 6/16

10 TaBVGa 7/12

13 TaBV 6/12

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