Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10.10.2012, Az. 7 ABR 53/11

7. Senat | REWIS RS 2012, 2437

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Gegenstand

Wählbarkeit zum Betriebsrat - Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer - Betriebszugehörigkeit - anschließende Begründung eines Arbeitsverhältnisses


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 2. März 2011 - 8 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer [X.].

2

Die zu 7. beteiligte [X.]rbeitgeberin unterhält in [X.] einen Betrieb mit mehr als 50 wahlberechtigten [X.]rbeitnehmern. Diese wählten am 28. [X.]pril 2010 den zu 8. beteiligten fünfköpfigen Betriebsrat. [X.]ntragsteller sind die zu 1. bis 6. beteiligten wahlberechtigten [X.]rbeitnehmer sowie die [X.]rbeitgeberin. Der Beteiligte zu 1. war in der [X.] von 1. Oktober 2009 bis zum 31. Dezember 2009 als Leiharbeitnehmer im Betrieb der [X.]rbeitgeberin in [X.] beschäftigt; zum 1. Januar 2010 wurde er von der [X.]rbeitgeberin in ein [X.]rbeitsverhältnis übernommen.

3

[X.]m 16. März 2010 machte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben per [X.]ushang im Betrieb bekannt. Der Beteiligte zu 1. reichte als Listenvertreter am 29. März 2010 eine aus sechs [X.]n bestehende Vorschlagsliste beim Wahlvorstand ein. Die Vorschlagsliste führte [X.] mit fortlaufenden Nummern unter Benennung des Vor- und Familiennamens, Geburtsdatums, [X.]rt der Beschäftigung und [X.]bteilung auf; sie war durch sieben Wahlberechtigte des Betriebs [X.] unterzeichnet, ihr beigefügt waren Zustimmungserklärungen der Bewerber.

4

Der Wahlvorstand wies die Vorschlagsliste am 30. März 2010 mit der Begründung zurück, der Beteiligte zu 1. sei nicht zum Betriebsrat wählbar, weil er noch nicht sechs Monate als [X.]rbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sei. Der dagegen gerichtete Widerspruch des Beteiligten zu 1. hatte keinen Erfolg. Die [X.] wurde ohne die Vorschlagsliste des Beteiligten zu 1. nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchgeführt; das Wahlergebnis wurde am 28. [X.]pril 2010 bekanntgegeben.

5

Mit [X.]ntragsschriften vom 11. Mai 2010 und 12. Mai 2010 haben die [X.]ntragsteller zu 1. bis 6. und die [X.]rbeitgeberin die [X.] wegen Verstoßes gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens angefochten. Sie haben die [X.]uffassung vertreten, der Wahlvorstand habe die Vorschlagsliste des Beteiligten zu 1. nicht zurückweisen dürfen, weil der Beteiligte zu 1. im [X.]punkt der [X.] am 28. [X.]pril 2010 länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt und somit zum Betriebsrat wählbar gewesen sei.

6

Die Beteiligten zu 1. bis 7. haben beantragt,

        

die [X.] im Betrieb der [X.] vom 28. [X.]pril 2010 für unwirksam zu erklären.

7

Der Betriebsrat hat beantragt, den [X.]ntrag abzuweisen. Er hat die [X.]nsicht vertreten, der Beteiligte zu 1. sei zum [X.]punkt der [X.] noch nicht sechs Monate im Betrieb der [X.]rbeitgeberin beschäftigt gewesen. Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer seien nicht zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber habe die Hürde für das passive Wahlrecht bewusst höher angesetzt als für das aktive Wahlrecht. Für das aktive Wahlrecht stelle § 7 Satz 2 [X.] Leiharbeitnehmer den [X.]rbeitnehmern im Betrieb gleich. In § 8 [X.] fehle eine entsprechende Regelung für das passive Wahlrecht.

8

Das [X.]rbeitsgericht hat dem [X.]ntrag entsprochen. Die Beschwerde des Betriebsrats blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen [X.]bweisungsantrag weiter. Die [X.]ntragsteller beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

9

II. [X.] ist unbegründet. Wegen eines Verstoßes gegen die wesentliche Wahlvorschrift in § 8 [X.]bs. 1 [X.] haben die Vorinstanzen dem [X.]ntrag auf [X.]nfechtung der [X.] zu Recht stattgegeben. Die Vorschlagsliste des Beteiligten zu 1. hätte zur Wahl zugelassen werden müssen. Entgegen der [X.]uffassung des Wahlvorstandes und des Betriebsrats war der Beteiligte zu 1. nach § 8 [X.]bs. 1 [X.] zum Betriebsrat wählbar. Seine Beschäftigung als Leiharbeitnehmer in der [X.] vom 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2009 ist als Betriebszugehörigkeit iSd. § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] anzuerkennen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Wahlergebnis bei einer Berücksichtigung der zurückgewiesenen Vorschlagsliste anders ausgefallen wäre.

1. Der [X.]ntrag ist zulässig. Die [X.]rbeitgeberin und die zu 1. bis 6. beteiligten wahlberechtigten [X.]rbeitnehmer sind nach § 19 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.] anfechtungsberechtigt. Die Wahl ist binnen zwei Wochen nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 28. [X.]pril 2010 angefochten worden, § 19 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]. Die [X.]ntragsschriften sind fristgerecht am 11. Mai 2010 und 12. Mai 2010 beim zuständigen [X.]rbeitsgericht eingegangen.

2. Der [X.]ntrag ist begründet. Nach § 19 [X.]bs. 1 [X.] kann eine [X.] angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen liegen vor.

a) Die [X.] vom 28. [X.]pril 2010 fand unter Verstoß gegen § 8 [X.] und §§ 6, 3 [X.]bs. 2 Nr. 8 der [X.] zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 (Wahlordnung - [X.]) statt. Der Wahlvorstand hätte die Vorschlagsliste des Beteiligten zu 1. zur Wahl zulassen müssen. Der Beteiligte zu 1. war im [X.]punkt der [X.] wählbar. Seine Beschäftigung als Leiharbeitnehmer in der [X.] vom 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2009 ist als Betriebszugehörigkeit iSd. § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] anzuerkennen. § 8 [X.]bs. 1 [X.] ist eine wesentliche Vorschrift über die Wählbarkeit iSd. § 19 [X.]bs. 1 [X.].

aa) Nach § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] sind alle Wahlberechtigten, die dem Betrieb sechs Monate angehören, zum Betriebsrat wählbar. [X.]uf die sechsmonatige Betriebszugehörigkeit werden nach § 8 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.] [X.]en angerechnet, in denen der [X.]rbeitnehmer unmittelbar vorher einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns angehört hat. Zur [X.]rbeitsleistung überlassene [X.]rbeitnehmer sind dagegen nach § 14 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.]ÜG im Entleiherbetrieb nicht wählbar; dies gilt auch in Fällen nicht gewerbsmäßiger [X.]rbeitnehmerüberlassung (B[X.]G 17. Februar 2010 - 7 [X.]BR 51/08 - Rn. 14 ff., B[X.]GE 133, 202). Der [X.] hat bisher noch nicht darüber entschieden, ob Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer im [X.] Betrieb auf die in § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] vorausgesetzte sechsmonatige Dauer der Betriebszugehörigkeit anzurechnen sind, wenn der [X.]rbeitnehmer im unmittelbaren [X.]nschluss an die Überlassung ein [X.]rbeitsverhältnis mit dem Entleiher begründet. Diese Frage ist mit der überwiegenden [X.]nsicht im Schrifttum zu bejahen (so [X.] 13. [X.]ufl. § 8 Rn. 11; [X.]/[X.] 12. [X.]ufl. § 8 [X.] Rn. 3; Fitting 26. [X.]ufl. § 8 Rn. 38; HaKo-[X.]/[X.] 3. [X.]ufl. § 8 Rn. 8; [X.]/[X.] 5. [X.]ufl. § 8 [X.] Rn. 8; [X.]W/G/N/R-Nicolai [X.] 8. [X.]ufl. § 8 Rn. 14; Mü[X.]rbR/[X.] [X.]ufl. § 216 Rn. 80; [X.] in [X.] [X.] 13. [X.]ufl. § 8 Rn. 21; Stege/[X.]/[X.] 9. [X.]ufl. § 8 Rn. 4; a[X.] Kreutz GK-[X.] 9. [X.]ufl. § 8 Rn. 30).

(1) Der Wortlaut der Norm spricht dafür, Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer im [X.] Betrieb auf die in § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] vorausgesetzte sechsmonatige Dauer der Betriebszugehörigkeit anzurechnen, wenn der [X.]rbeitnehmer im unmittelbaren [X.]nschluss an die Überlassung ein [X.]rbeitsverhältnis mit dem Entleiher begründet. Nach § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] sind alle Wahlberechtigten, die sechs Monate dem Betrieb angehören, zum Betriebsrat wählbar.Das Gesetz spricht an dieser Stelle von „Wahlberechtigten“ und - anders als zB § 9 [X.]bs. 1, § 111 [X.]bs. 1 [X.] - nicht von „wahlberechtigten [X.]rbeitnehmern“. Wahlberechtigt sind nach § 7 Satz 2 [X.] auch Leiharbeitnehmer, sofern sie länger als drei Monate im [X.] Betrieb eingesetzt werden (vgl. auch B[X.]G 17. Februar 2010 - 7 [X.]BR 51/08 - Rn. 25, B[X.]GE 133, 202).

(2) Die Gesetzesgeschichte spricht gegen eine einschränkende Interpretation dieses Wortlauts. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 ([X.]I S. 1852) ([X.]-ReformG) ua. das Ziel verfolgt, die Stellung von Leiharbeitnehmern als Teil sog. „Randbelegschaften“ zu stärken und in die Betriebsverfassung einzubeziehen (BT-Drucks. 14/5741 S. 1 f., 26). In diesem Zusammenhang wurde die Regelung des § 7 Satz 2 [X.] eingefügt, nach der Leiharbeitnehmer, sofern sie länger als drei Monate im [X.] Betrieb eingesetzt werden, vom ersten [X.]rbeitstag an wahlberechtigt sind. Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus, dass § 7 Satz 2 [X.] die „Betriebszugehörigkeit“ von Leiharbeitnehmern zum Einsatzbetrieb „anerkenne“ (BT-Drucks. 14/5741 S. 36 zu Nr. 7). Dieser Wille des Gesetzgebers ist im Rahmen des § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] zu berücksichtigen, selbst wenn diese Vorschrift im Gegensatz zu § 7 [X.] im Zuge des [X.]-ReformG keine Änderung erfahren hat. Es bestand kein Bedürfnis, infolge der Erweiterung von § 7 [X.] mit Blick auf § 8 [X.] gesetzgeberisch tätig zu werden. § 7 Satz 2 [X.] bezweckt, Leiharbeitnehmer bei einer entsprechenden Einsatzdauer hinsichtlich des aktiven Wahlrechts der Stammbelegschaft gleichzustellen. Die Vorschrift regelt also einen Sachverhalt, der sich bei der [X.]nrechnung von Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer nach Übernahme in ein [X.]rbeitsverhältnis nicht stellen kann, weil der übernommene Leiharbeitnehmer nach seiner Übernahme ohnehin und unmittelbar dem Kreis der nach § 7 Satz 1 [X.] aktiv Wahlberechtigten angehört.

(3) Dieses aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte abgeleitete Verständnis entspricht dem Sinn und Zweck der Norm. Durch die von § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] für die Wählbarkeit zum Betriebsrat vorausgesetzte Dauer der Betriebszugehörigkeit soll gewährleistet werden, dass ein potentielles Betriebsratsmitglied den zur sachgerechten [X.]usübung des Betriebsratsamtes erforderlichen Überblick über die Verhältnisse des Betriebs besitzt (BT-Drucks. VI/1786 S. 37). Dem Gesetzeszweck wird Rechnung getragen, wenn Einsatzzeiten als Leiharbeitnehmer in die Berechnung der vorausgesetzten sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit einbezogen werden. Der Erwerb tatsächlicher Kenntnisse über die betrieblichen Gegebenheiten durch eine sechsmonatige Betriebszugehörigkeit ist von der vertraglichen [X.]nbindung des [X.]rbeitnehmers unabhängig.

(4) Gestützt wird dieses Ergebnis auch durch ein systematisches [X.]rgument.Nach § 8 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.] werden auf die sechsmonatige Betriebszugehörigkeit [X.]en angerechnet, in denen der [X.]rbeitnehmer unmittelbar zuvor einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns angehört hat. Das Gesetz lässt dafür die sechsmonatige Zugehörigkeit zum Organisationsbereich des Unternehmens bzw. zur Unternehmensgruppe für die Wählbarkeit zum Betriebsrat genügen. Der in dieser Regelung zum [X.]usdruck gebrachten Wertung würde es widersprechen, die Betriebszugehörigkeit nach § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] streng vertragsbezogen danach zu beurteilen, ob das [X.]rbeitsverhältnis für die Dauer von sechs Monaten ausschließlich zu dem betriebsführenden [X.]rbeitgeber bestanden hat.

(5) Diese [X.]uslegung steht schließlich nicht im Widerspruch zu der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s, dass Leiharbeitnehmer nach der sog. Zweikomponentenlehre dem Betrieb des Entleihers „nicht angehören“ und deshalb nicht nach § 9 [X.] mitzählen (so 10. März 2004 - 7 [X.]BR 49/03 - zu [X.] a bb der Gründe, B[X.]GE 110, 27). Mit der Vertragsbeziehung zu der [X.]rbeitgeberin und der Eingliederung des Beteiligten zu 1. sind in der vorliegenden Fallkonstellation beide Komponenten gegeben. Der [X.] hat deshalb nicht darüber zu entscheiden, ob allgemein oder in anderem Zusammenhang an der Zweikomponentenlehre weiter festzuhalten ist. Den Beschluss vom 17. Februar 2010, dass Leiharbeitnehmer bei der Wahl der betriebsverfassungsrechtlichen [X.]rbeitnehmervertretung im Entleiherbetrieb nicht wählbar sind, hat der [X.] nicht mit dem fehlenden vertraglichen Band begründet, sondern maßgeblich auf die Vorschrift des § 14 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.]ÜG gestützt, der keine unterschiedliche Behandlung von gewerbsmäßiger und nicht gewerbsmäßiger [X.]rbeitnehmerüberlassung rechtfertigt (- 7 [X.]BR 51/08 - Rn. 14, 28 ff., B[X.]GE 133, 202). Im Übrigen hat der Erste [X.] im Urteil vom 18. Oktober 2011 bei seiner [X.]uslegung, dass länger als drei Monate im Unternehmen eingesetzte Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung der maßgeblichen Unternehmensgröße in § 111 Satz 1 [X.] mitzuzählen sind, ebenfalls nicht auf die Zweikomponentenlehre, sondern auf den Normzweck abgestellt (- 1 [X.]ZR 335/10 - Rn. 14 ff., Ez[X.] [X.] 2001 § 111 Nr. 8).

bb) Nach diesen Grundsätzen war der seit dem 1. Oktober 2009 im Betrieb beschäftigte Beteiligte zu 1. zum Betriebsrat wählbar. Unerheblich ist, dass er im [X.]punkt der [X.]ufstellung bzw. der Einreichung der Vorschlagsliste auch unter Berücksichtigung der Vorbeschäftigungszeit als Leiharbeitnehmer dem Betrieb noch keine sechs Monate angehörte. Entscheidend ist, dass er diese Voraussetzung im [X.]punkt der Wahl am 28. [X.]pril 2010 erfüllt hat.

(1) § 8 [X.]bs. 1 [X.] bestimmt nicht ausdrücklich, zu welchem [X.]punkt die vorausgesetzte sechsmonatige Betriebszugehörigkeit bestehen muss. Denkbare [X.]nknüpfungspunkte für die Fristberechnung sind die [X.]ufstellung der Wählerliste bzw. der Erlass des die [X.] einleitenden Wahlausschreibens durch den Wahlvorstand, der [X.]punkt der Einreichung der Vorschlagsliste bzw. der letzte Tag, an dem Vorschlagslisten beim Wahlvorstand eingereicht werden können, der Wahltermin sowie der Beginn der [X.]mtszeit des neuen Betriebsrats. Nach der Rechtsprechung des Zweiten [X.]s reicht es für das Eingreifen des besonderen Kündigungsschutzes für [X.] nach § 15 [X.]bs. 3 Satz 1 KSchG aus, dass die Voraussetzungen des § 8 [X.]bs. 1 [X.] im [X.]punkt der Wahl, dh. der Stimmabgabe vorliegen (vgl. 7. Juli 2011 - 2 [X.]ZR 377/10 - Rn. 39 f., [X.]P KSchG 1969 § 15 Nr. 69 = Ez[X.] KSchG § 15 nF Nr. 68).

(2) Dieser [X.]uffassung schließt sich der [X.] für die Beurteilung der Wählbarkeit nach § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] an.

(a) Sie entspricht dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit soll gewährleisten, dass ein Betriebsratsmitglied einen ausreichenden Überblick über die Verhältnisse des Betriebs besitzt. Da ein [X.] noch keine in die Zuständigkeit des Betriebsrats fallenden Entscheidungen zu treffen hat, bedarf er der für die [X.]mtsausübung erforderlichen Kenntnisse noch nicht; er kann diese ohne weiteres nach der [X.]ufstellung oder Einreichung der Vorschlagsliste erwerben (vgl. B[X.]G 7. Juli 2011 - 2 [X.]ZR 377/10 - Rn. 40, [X.]P KSchG 1969 § 15 Nr. 69 = Ez[X.] KSchG § 15 nF Nr. 68).

(b) Dieses Verständnis steht im Einklang mit § 24 Nr. 6 [X.]. Die Vorschrift schützt ein gewähltes Betriebsratsmitglied für den Fall, dass die Voraussetzungen der Wählbarkeit nach § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] ursprünglich nicht vorlagen. Zwar können Mängel der Wählbarkeit nach dem [X.]blauf der Frist zur [X.]nfechtung der [X.] in einem gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden und so zum Erlöschen des Betriebsratsamtes führen. [X.]llerdings wird ein Mangel geheilt, wenn inzwischen die erforderliche sechsmonatige Betriebszugehörigkeit erreicht ist (vgl. B[X.]G 7. Juli 1954 - 1 [X.]BR 6/54 - B[X.]GE 1, 43, 44 zu § 24 [X.] 1952). Dieser normativen Wertung entspricht es, auch für die Frage der Wählbarkeit auf den [X.]punkt der Wahl abzustellen.

b) Die festgestellten Verstöße gegen § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] sowie § 3 [X.]bs. 2 Nr. 8 [X.] iVm. § 6 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.] waren geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

aa) Nach § 19 [X.]bs. 1 letzter Halbsatz [X.] berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur [X.]nfechtung der Wahl, wenn sie das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte [X.] muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., zuletzt etwa B[X.]G 21. Januar 2009 - 7 [X.]BR 65/07 - Rn. 29, [X.]P [X.] 1972 § 19 Nr. 61 = Ez[X.] [X.] 2001 § 19 Nr. 7).

bb) Im vorliegenden Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Verstoß den [X.]usgang der Wahl beeinflusst hat. Bei Zulassung der Vorschlagsliste des Beteiligten zu 1. hätte das Wahlergebnis, insbesondere bei der dann durchzuführenden Verhältniswahl nach § 14 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.], anders ausfallen können. Der Verstoß gegen § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil die Vorschlagsliste des Beteiligten zu 1. aus anderen Gründen mit Mängeln behaftet und daher nicht zur Wahl zuzulassen war.

(1) Die Vorschlagsliste wurde rechtzeitig iSd. § 6 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.] unter Beifügung der nach § 6 [X.]bs. 3 Satz 2 [X.] erforderlichen Zustimmungserklärungen der [X.] beim Wahlvorstand eingereicht. Die Vorschlagsliste entsprach in der Darstellung den [X.]nforderungen des § 6 [X.]bs. 3 Satz 1 [X.] und war mit der nach § 14 [X.]bs. 4 [X.] erforderlichen [X.]nzahl von Stützunterschriften versehen.

(2) [X.] ist, dass die Vorschlagsliste entgegen § 6 [X.]bs. 2 [X.] lediglich sechs [X.] benannte. Die Vorschrift des § 6 [X.]bs. 2 [X.], nach der jede Vorschlagsliste mindestens doppelt so viele Bewerber ausweisen „soll“ wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, ist eine reine Ordnungsvorschrift; deren Nichtbeachtung führt nicht zur Ungültigkeit der Vorschlagsliste (vgl. B[X.]G 29. Juni 1965 - 1 [X.]BR 2/65 - zu II 2 der Gründe, B[X.]GE 17, 223).

c) Eine Korrektur des Wahlergebnisses ist aufgrund der [X.]rt des festgestellten Verstoßes nicht möglich.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    [X.]    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    [X.]    

                 

Meta

7 ABR 53/11

10.10.2012

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Aachen, 12. Oktober 2010, Az: 6 BV 63/10, Beschluss

§ 8 Abs 1 S 1 BetrVG, § 19 Abs 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10.10.2012, Az. 7 ABR 53/11 (REWIS RS 2012, 2437)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2437


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 7 ABR 53/11

Bundesarbeitsgericht, 7 ABR 53/11, 10.10.2012.


Az. 6 BV 63/10

Arbeitsgericht Aachen, 6 BV 63/10, 12.10.2010.


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2 BV 69/13

6 TaBV 24/14

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