Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.01.2020, Az. 4 BN 52/19

4. Senat | REWIS RS 2020, 3761

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Gegenstand

Öffentlichkeit der Verhandlung bei einem Ortstermin


Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juli 2019 ergangenen Urteil des [X.] wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte [X.]eschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

I. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

3

Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz zu einer Entscheidung des [X.] ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.] aufgestellten, ebensolchen die Entscheidung des [X.] tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Daran fehlt es.

4

1. Eine Abweichung des angegriffenen Urteils von dem Senatsbeschluss vom 24. Februar 2003 - 4 [X.] 14.03 - ([X.] 2004, 310) legt die [X.]eschwerde nicht dar. Das Oberverwaltungsgericht sieht in § 9 Abs. 1 Nr. 15 [X.]auG[X.] die Festsetzungsermächtigung für die Festsetzung einer privaten Grünfläche (vgl. [X.], Urteil vom 16. Februar 1973 - 4 [X.] 66.69 - [X.]E 42, 5 <6 f.> und [X.]eschluss vom 21. Juli 2011 - 4 [X.] 10.11 - [X.] Rn. 5). Der Senatsbeschluss vom 24. Februar 2003 (a.a.[X.]) äußert sich indes weder zu § 9 Abs. 1 Nr. 15 [X.]auG[X.] noch zum Verhältnis dieser Ermächtigung zu der in § 9 Abs. 1 Nr. 10 [X.]auG[X.] eröffneten [X.]efugnis, Flächen und ihre Nutzung festzusetzen, die von [X.]ebauung freizuhalten sind.

5

2. [X.] bezeichnet keine Divergenz zum Senatsurteil vom 23. November 2016 - 4 [X.]N 2.16 - ([X.]E 156, 336 Rn. 12). Das Oberverwaltungsgericht hat der Prüfung des Abwägungsgebots den Obersatz vorangestellt, den die [X.]eschwerde dem Senatsurteil entnimmt (vgl. [X.]). Dass die Vorinstanz daraus nicht die von der [X.]eschwerde für richtig gehaltenen Schlüsse gezogen hat, führt nicht auf eine Divergenz (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Inwieweit das angegriffene Urteil von den [X.] vom 21. August 1981 - 4 [X.] 57.80 - ([X.]E 64, 33 <39>) und vom 9. April 2008 - 4 [X.]N 1.07 - ([X.]E 131, 100) abweichen soll, führt die [X.]eschwerde nicht aus.

6

3. Das angegriffene Urteil weicht auch nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem Senatsbeschluss vom 16. Juli 2018 - 4 [X.] - ([X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 223) ab. [X.] entnimmt diesem [X.]eschluss, dass eine sich in den [X.] im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.]auG[X.] in keiner Weise einpassende [X.]ebauung eines einzelnen Grundstücks ein Fremdkörper sein kann, aber den [X.] nicht unterbricht. Diesem Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht nicht widersprochen. Es hat dem Flurstück 233/4 nicht die Zugehörigkeit zum [X.] mit der [X.]egründung abgesprochen, die dort errichtete Villa sei ein Fremdkörper. Maßgeblich waren vielmehr die Größe des Grundstücks, sein parkähnlicher [X.]harakter und die Entfernung der Villa von der [X.]ebauung anderer Grundstücke ("deutlich abgesetzt") ([X.] 14).

7

II. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. [X.] bezeichnet keinen Verstoß gegen § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 [X.], auf dem das Urteil nach § 138 Nr. 5 VwGO als beruhend anzusehen wäre.

8

1. Das Oberverwaltungsgericht hat die mündliche Verhandlung nicht in seinem Gerichtsgebäude, sondern unter Durchführung einer Ortsbesichtigung auf den überplanten Grundstücken durchgeführt. [X.] rügt als Verstoß gegen § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 [X.], dass an diesem Ort ein Hinweis auf die mündliche Verhandlung gefehlt habe. Dies führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Nach § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und [X.]eschlüsse öffentlich. Eine Verhandlung ist im Sinne dieser Vorschriften öffentlich, wenn sie in Räumen stattfindet, die während der Dauer der mündlichen Verhandlung jedermann zugänglich sind (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 23. November 1989 - 6 [X.] 29.88 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 91 S. 38, vom 15. März 2012 - 4 [X.] 11.12 - [X.]auR 2012, 1097 Rn. 3 und vom 14. Juni 2016 - 4 [X.] - juris Rn. 12). § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 [X.] lassen es daher zu, aus Anlass einer Ortsbesichtigung außerhalb des Gerichtsgebäudes mündlich zu verhandeln (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 22. April 1988 - 4 ER 202.88 - [X.] 300 § 169 [X.] Nr. 5 S. 2). In diesem Fall ist es nicht geboten, die mündliche Verhandlung durch Aushang bekannt zu machen ([X.], [X.]eschluss vom 15. März 2012 a.a.[X.] Rn. 3). Ob es eines Aushangs im Gerichtsgebäude bedurft hätte, kann offenbleiben, weil die [X.]eschwerde das Fehlen einer solchen [X.]ekanntgabe nicht gerügt hat. Sollten sich dem Urteil des [X.] vom 3. April 1974 - 4 Ss 17/74 - (NJW 1974, 1780) weitergehende Anforderungen entnehmen lassen, folgt der Senat dem nicht.

9

Soweit die [X.]eschwerde behauptet, mögliche Zuhörer hätten wegen des Fehlens eines Aushangs an der Öffentlichkeit der Verhandlung gezweifelt oder von einer Teilnahme als Zuhörer Abstand genommen, ist im Übrigen weder vorgetragen noch ersichtlich, warum sich etwaige Zweifel nicht durch Nachfrage bei dem [X.] hätten ausräumen lassen.

2. [X.] sieht ferner einen Verstoß gegen § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 [X.] darin, dass das Oberverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung nicht an dem in der Ladung angegebenen Treffpunkt "[X.], K.-D." begonnen habe.

Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird ([X.], [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). [X.] gibt an, die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin hätten das Gericht "auf dem [X.] (Forstweg)", "an einem Waldweg" bzw. "an einem kleinen Parkplatz auf einem Forstweg, der Teil des [X.] ist", angetroffen. Das [X.] ist das letzte Haus an der [X.]", die sich im [X.] fortsetzt. [X.] legt nicht substantiiert dar, warum die (behauptete) Abweichung von der Ladung ein Antreffen des Gerichts für die [X.]eteiligten oder die Öffentlichkeit zumindest in beachtlicher Weise erschwert haben könnte. Hierzu hätte aber Anlass bestanden, weil die mündliche Verhandlung bereits kurz vor dem in der Ladung angegebenen Zeitpunkt unter [X.]eteiligung aller Prozessbevollmächtigten sowie von zwei weiteren Personen beginnen konnte.

3. Angesichts dessen bedarf keiner Entscheidung, ob die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 [X.] rügen kann oder insoweit ein Rügeverlust nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO eingetreten ist (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 4. November 1977 - 4 [X.] 71.77 - [X.] 303 § 295 ZPO Nr. 1 S. 2 f. und vom 30. November 2004 - 10 [X.] 64.04 - juris Rn. 2).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 52/19

10.01.2020

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 15. Juli 2019, Az: 8 C 10121/19, Urteil

§ 169 Abs 1 S 1 GVG, § 55 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.01.2020, Az. 4 BN 52/19 (REWIS RS 2020, 3761)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3761

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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