Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2014, Az. IX ZB 77/13

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 91

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 77/13

vom

18. Dezember 2014

in dem Rechtsstreit

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser, [X.] Dr. Gehrlein und
Vill,
die Richterin [X.] und
den Richter Dr. Fischer

am
18. Dezember 2014
beschlossen:

Die
Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des
14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Düsseldorf vom 12.
September
2013 wird auf Kosten der Klägerin
als unzulässig verworfen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 95.795

festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin erhob gegen
den Beklagten "in seiner Eigenschaft als Insol-venzverwalter"
eine auf die Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage. Auf die
mit Klageerwiderung erhobene Rüge des Beklagten
und den entsprechen-den Antrag der Klägerin wurde das Verfahren an das gemäß
§
19a ZPO zu-ständige [X.]
verwiesen.
In den nachfolgenden Schriftsätzen bezog sich
die Klägerin (auch) auf eine mögliche persönliche Haftung des Beklagten. Eine ausdrückliche Erklärung, gegen welche [X.] sich die Klage richten sollte, er-folgte seitens der
Klägerin trotz diesbezüglicher Ausführungen des
Beklagten
und eines im Termin zur mündlichen Verhandlung erteilten Hinweises nicht.
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Das [X.] hat die Klage als ausschließlich gegen den Beklagten als [X.] kraft Amtes
gerichtet
ausgelegt und abgewiesen. Die auf eine Verur-teilung des Beklagten persönlich gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht
als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der von ihr erhobenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist
nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO
statthaft. Sie ist
aber unzulässig, weil die
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder
die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des [X.] erfordern
(§ 574 Abs. 2 ZPO).

1. [X.] hat ausgeführt, die ausschließlich gegen den Beklagten persönlich gerichtete Berufung sei mangels Beschwer unzulässig, weil sie allein
auf
eine
Änderung
der im ersten Rechtszug erhobenen Klage [X.]. Die Auslegung der Klageschrift ergebe, dass die Klägerin den Beklagten erstinstanzlich
in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter in
Anspruch ge-nommen
und auch keine [X.]erweiterung oder einen [X.]wechsel verfolgt habe.

2. Gründe, die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung als zuläs-sig anzusehen, zeigt die Beschwerde nicht auf.
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a)
[X.]
hat
angenommen, dass ein als Klageänderung im Sinne der §§
263, 533 ZPO zu behandelnder [X.]wechsel eine zulässige Berufung voraussetzt. In der Rechtsprechung des [X.] ist aner-kannt
und bedarf keiner weiteren Klärung, dass sich der [X.] (auch) auf die Beseitigung der im vorinstanzlichen Urteil enthaltenen Beschwer richten muss, weshalb nicht lediglich im Wege der Klageänderung ein neuer, bislang nicht geltend gemachter Anspruch zur Entscheidung gestellt werden darf, sondern auch der
in erster Instanz erhobene [X.] teilweise weiterverfolgt werden muss (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
Oktober 2000 -
VIII
ZR 321/99, [X.], 45, 46 f
mwN; vgl. [X.]/Becker-Eberhard,
4. Aufl., §
263 Rn. 44; [X.]/[X.], ZPO, 30.
Aufl., vor § 511 Rn. 10 a, § 533 Rn. 4).

Das [X.] hat durch Abweisung der erstinstanzlichen Klage ent-schieden, dass der Klägerin bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhand-lung ein Anspruch gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als [X.] kraft Amtes nicht zustand. Mit der ausschließlich gegen den Beklagten persönlich gerichteten Berufung greift die Klägerin diese in der erstinstanzlichen Entschei-dung enthaltene Beschwer nicht an, sondern macht erstmals einen von der Gel-tendmachung von Ansprüchen gegen die Masse zu unterscheidenden Streitge-genstand geltend, auf den sich die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils nicht erstreckt (vgl. [X.], Urteil vom 1.
Dezember 2005 -
IX
ZR 115/01, [X.], 148, 149; [X.]/[X.], [X.], 18.
Aufl., § 60
Rn. 53).

b) Die geltend gemachte Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Das Gebot der Gewährung
rechtlichen Gehörs verpflichtet das entschei-dende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu neh-6
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men und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der [X.]en zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Es ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrück-lich zu befassen ([X.], Beschluss vom 27. März 2003 -
V [X.], [X.]Z 154, 288, 300). Damit sich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen lässt, müssen demnach besondere Umstände deutlich gemacht werden, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, dass tatsächliches Vorbringen eines [X.] entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entschei-dung nicht erwogen worden ist ([X.], aaO mwN).

Das Vorbringen der Klägerin, wonach sie
ausdrücklich Schadensersatz-ansprüche wegen schuldhafter Pflichtverletzung geltend gemacht und die Klage zunächst vor dem für den Beklagten persönlich zuständigen Gericht erhoben habe, ist ausweislich der vom Berufungsgericht
gewählten Begründung erkenn-bar in der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden. Soweit
die Klägerin jedoch lediglich das Ergebnis der durch das Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung beanstandet, ist Art. 103 Abs. 1 GG nicht berührt. Das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist regelmäßig nicht verletzt, wenn die Wür-digung des [X.] angegriffen und durch die anderslautende [X.] der Klägerseite ersetzt wird (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Mai 2011
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IX [X.], [X.], 1087 Rn.
13). Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine Verpflichtung der Gerichte, der von einer Verfahrenspartei vorgetragenen Rechtsansicht zu folgen ([X.] 87, 1, 33; [X.], Beschluss vom 23. [X.] 2010 -
IX [X.], Rn. 3
nv;
vom 21. Februar 2008 -
IX ZR 62/07, [X.], 328 Rn. 5).
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Soweit die Klägerin beanstandet, das [X.] habe auf die beabsich-tigte Auslegung der [X.]stellung erst in der mündlichen Verhandlung [X.], beruht die Entscheidung des [X.] nicht auf dieser be-haupteten Gehörsverletzung
des erstinstanzlichen Gerichts. Nach [X.], spätestens jedoch nach Zugang des erstinstanzlichen Urteils hätte die Klägerin die ihr zur Verfügung stehenden prozessualen Mög-lichkeiten zur Abwendung
der behaupteten Grundrechtsverletzung ergreifen können, wovon sie jedoch abgesehen hat.

c)
Die Auslegung
des [X.], wonach
sich die Klage erstin-stanzlich allein gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwal-ter richte, verstößt nicht gegen
das aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit
dem Rechtsstaatsprinzip
folgende Recht auf ein objektiv willkürfreies Verfahren. [X.] hat sich eingehend mit dem [X.]vortrag auseinandergesetzt. Seine Ansicht ist nicht schlechthin unvertretbar,
und es drängt sich deshalb nicht der Schluss auf, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl.

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[X.] 89, 1, 14; [X.], Beschluss vom 25. November 1999 -
IX ZB 95/99, [X.], 590; vom 20. Oktober 2011 -
IX ZR 20/10, Rn. 3
nv).

Kayser
Gehrlein
Vill

[X.]
Fischer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.09.2012 -
2 O 116/12 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.09.2013 -
I-14 [X.] -

Meta

IX ZB 77/13

18.12.2014

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2014, Az. IX ZB 77/13 (REWIS RS 2014, 91)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 91

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