Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.05.2011, Az. II B 151/10

2. Senat | REWIS RS 2011, 7094

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Gegenstand

Festsetzung von Grunderwerbsteuer für Einbringung eines Grundstücks in eine Gesamthand wegen deren Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft - Keine AdV wegen verfassungsrechtlicher Zweifel gegen die Bemessung der Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten


Leitsatz

1. NV: Wird eine Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang eines Grundstücks vom Alleineigentümer auf diese in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, steht § 5 Abs. 2 GrEStG der Festsetzung von Grunderwerbsteuer für die Verpflichtung des Alleineigentümers, das Grundstück in die Gesamthand einzubringen, nicht entgegen .

2. NV: Die AdV eines Grunderwerbsteuerbescheids, dessen Bemessungsgrundlage sich aus einem Grundbesitzwert ergibt, kommt nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 11 i.V.m. § 8 Abs. 2 GrEStG und §§ 138 ff. BewG in Betracht .

Tatbestand

1

I. [X.] beteiligte sich als einziger Kommanditist an der durch notariell beurkundeten [X.] gegründeten [X.] ([X.]). [X.] erbrachte seine Verpflichtung, eine Kommanditeinlage von 100.000 € zu leisten, durch Einbringung von Grundbesitz unter Abzug der darauf ruhenden Belastungen. Im August 2008 beschlossen die Gesellschafter der [X.], diese durch Formwechsel in die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin), eine AG, umzuwandeln. Einziger Aktionär ist [X.]. Der Umwandlungsbeschluss wurde notariell beurkundet. Die Umwandlung wurde im September 2008 in das Handelsregister eingetragen.

2

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --[X.]--) vertrat die Auffassung, Grunderwerbsteuer für die Einbringung des Grundbesitzes in die [X.] sei zunächst nach § 5 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) nicht zu erheben gewesen. Aufgrund der Umwandlung der [X.] in die Antragstellerin seien jedoch gemäß § 5 Abs. 3 [X.] die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Steuer entfallen. Das [X.] setzte demgemäß für die Einbringung Grunderwerbsteuer gegen die Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin der [X.] fest und bemaß diese nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] nach den gemäß § 138 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes ([X.]) gesondert festgestellten Grundstückswerten. Es erklärte die Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 der Abgabenordnung ([X.]) für vorläufig hinsichtlich der Frage, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte i.S. des § 138 [X.] als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.

3

Das Finanzgericht ([X.]) gab dem vom [X.] abgelehnten Antrag der Antragstellerin, die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, beschränkt auf die [X.] bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder nach sonstiger Erledigung des [X.] mit der Begründung statt, das [X.] habe zwar dem Grunde nach zu Recht angenommen, dass für die Einbringung Grunderwerbsteuer festzusetzen sei. Die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids sei aber wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der maßgebenden Vorschriften über die Grundstücksbewertung auszusetzen.

4

Dagegen wendet sich das [X.] mit der Beschwerde, der das [X.] nicht abgeholfen hat. Es vertritt die Auffassung, der Grunderwerbsteuerbescheid sei in jeder Hinsicht rechtmäßig. Jedenfalls fehle es aber an einem berechtigten Interesse der Antragstellerin an der begehrten Aussetzung der Vollziehung (AdV).

5

Das [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

6

Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie weist darauf hin, dass sich das [X.] gegenüber dem [X.] zu einer AdV gegen Sicherheitsleistung bereit erklärt habe.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben; der Antrag ist abzulehnen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von [X.] nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) sind nicht erfüllt.

8

1. Das [X.] hat die Einbringung des Grundbesitzes in die [X.] zu Recht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] der Grunderwerbsteuer unterworfen. Ein Vertrag, durch den die Verpflichtung begründet wird, Grundstücke auf eine Gesellschaft gegen Gewährung von [X.] zu übertragen, ist im Sinne dieser Vorschrift ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet [X.] in [X.], [X.], 16. Aufl., § 1 Rz 377; [X.], [X.], Kommentar, 9. Aufl., § 1 Rz 40; [X.]/[X.], [X.], Kommentar, 4. Aufl., § 1 Rz 153).

9

2. Der Besteuerung steht § 5 Abs. 2 [X.] nicht entgegen.

a) Geht ein Grundstück von einem Alleineigentümer auf eine [X.] über, so wird zwar nach dieser Vorschrift die Steuer in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der [X.] beteiligt ist. Diese Regelung ist aber nach § 5 Abs. 3 [X.] insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der [X.] innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die [X.] vermindert. Diese Voraussetzung des § 5 Abs. 3 [X.] ist auch dann erfüllt, wenn die [X.] innerhalb dieser Frist durch Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird. Die den §§ 5 und 6 [X.] zugrundeliegenden wirtschaftlichen Gesichtspunkte lassen es nicht zu, das Tatbestandsmerkmal der "[X.]" auf juristische Personen auszudehnen. Bei den Gesellschaftern juristischer Personen fehlt es an der bei Gesamthändern gegebenen unmittelbaren dinglichen Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 18. Dezember 2002 [X.]/01, [X.], 426, [X.] 2003, 358, und vom 9. April 2008 [X.], [X.], 1526; [X.] vom 9. April 2009 [X.]/08, [X.], 1148, unter [X.]). Dass die früheren Gesamthänder als Gesellschafter an der durch den Formwechsel entstandenen Kapitalgesellschaft beteiligt sind, kann demgemäß die weitere Anwendung des § 5 Abs. 2 [X.] nach dem Formwechsel nicht mehr begründen.

b) Für die Einbringung des Grundbesitzes in die [X.] war demgemäß Grunderwerbsteuer festzusetzen. Da die [X.] innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundbesitzes auf die [X.] in eine AG umgewandelt wurde, sind die in § 5 Abs. 3 [X.] bestimmten Voraussetzungen für die Erhebung der Steuer erfüllt. Die in § 5 Abs. 2 [X.] zunächst vorgesehene Nichterhebung der Steuer für die Einbringung ist aufgrund der Umwandlung entfallen.

3. Die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids ist auch nicht deshalb auszusetzen, weil nach der Überzeugung des [X.] § 11 [X.] mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes insofern unvereinbar ist, als er die Beteiligten an [X.]S. des § 8 Abs. 2 [X.], für die die ([X.] nach § 138 Abs. 3 [X.] zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuersätzen belastet ([X.] vom 2. März 2011 [X.]/08 und [X.], jeweils www.bundesfinanzhof.de; diese Verfahren sind ausgesetzt bis zur Entscheidung des [X.] in den Verfahren 1 BvL 14/11 und 1 [X.]). Es ist nämlich nicht zu erwarten, dass eine BVerfG-Entscheidung, die dieser Ansicht folgt, zu einer Änderung bereits ergangener Steuerbescheide führen wird. Wegen der Einzelheiten wird auf den [X.] vom 5. April 2011 [X.]/10 ([X.], 769) verwiesen. Dem Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin wird auf hinreichende Art und Weise dadurch entsprochen, dass das [X.] die Steuerfestsetzung hinsichtlich der Frage, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte i.S. des § 138 [X.] als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist, gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nrn. [X.] für vorläufig erklärt hat.

4. [X.] steht nicht entgegen, dass das [X.] in dem an das [X.] gerichteten Schriftsatz vom 11. Oktober 2010 erklärt hatte, es sei ausnahmsweise bereit, die [X.] gegen Sicherheitsleistung zu gewähren. Hierbei handelte es sich lediglich um eine Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren und nicht um eine vom [X.] selbst vorgenommene [X.] gegen Sicherheitsleistung. Das [X.] hat vielmehr in dem Schriftsatz ausgeführt, es beantrage die Ablehnung des Antrags, wenn eine [X.] gegen Sicherheitsleistung nicht in Betracht komme.

Meta

II B 151/10

04.05.2011

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 12. November 2010, Az: 3 V 153/10, Beschluss

§ 1 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 5 GrEStG 1997, § 8 Abs 2 GrEStG 1997, § 11 GrEStG 1997, § 138 Abs 3 BewG 1991, § 69 FGO, § 165 Abs 1 S 2 Nr 3 AO, § 165 Abs 1 S 2 Nr 4 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.05.2011, Az. II B 151/10 (REWIS RS 2011, 7094)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7094

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