Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.11.2018, Az. II B 8/18

2. Senat | REWIS RS 2018, 1352

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Keine Anwendung des § 6a Satz 1 GrEStG auf Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG - Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 12 GrEStG nicht ernstlich zweifelhaft)


Leitsatz

1. Den Formwechsel eines Einzelunternehmens in eine Ein-Mann-GmbH sieht § 191 Abs. 1 UmwG nicht vor. Durch die Beurkundung eines solchen Formwechsels eines grundbesitzenden Einzelunternehmens kann die Entstehung von Grunderwerbsteuer nicht vermieden werden.

2. Auf nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Erwerbsvorgänge findet die Steuervergünstigung des § 6a Satz 1 GrEStG keine Anwendung.

3. Die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 12 GrEStG, der die rückwirkende Geltung des § 6a Satz 1 GrEStG n.F. für nach dem 6. Juni 2013 verwirklichte Erwerbsvorgänge anordnet, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des [X.] vom 12. Dezember 2017  12 V 12223/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

[X.] betrieb unter der Firma [X.] ein Einzelunternehmen, zu dem Grundbesitz gehörte. Mit notariell beurkundetem "Umwandlungsbeschluss" vom 20. [X.]ugust 2013 erklärte er, das Einzelunternehmen werde gemäß den §§ 190 ff. des Umwandlungsgesetzes ([X.]) formwechselnd in die [X.]ntragstellerin und Beschwerdeführerin ([X.]ntragstellerin), eine GmbH, umgewandelt. In dem [X.] ist bestimmt, dass [X.] sämtliche Geschäftsanteile der GmbH "gegen Einbringung des Einzelunternehmens gemäß Sachgründungsbericht" übernimmt. Nach dem Sachgründungsbericht wird das Stammkapital gemäß § 5 [X.]bs. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) durch Sacheinlagen erbracht. [X.]us dem Sachgründungsbericht geht hervor, dass "durch die Einbringung der Grundstücke" das gezeichnete Stammkapital weit übertroffen wird und der Sachgründung ein Sachverständigengutachten zum Grundbesitz zugrunde liegt. Im September 2013 wurde die [X.]ntragstellerin mit der Bemerkung "... entstanden durch formwechselnde Umwandlung der [X.] ..." in das Handelsregister eingetragen.

2

Der [X.]ntragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --F[X.]--) setzte mit [X.] vom 8. [X.]ugust 2017 Grunderwerbsteuer mit der Begründung fest, die [X.]ntragstellerin habe am 20. [X.]ugust 2013 Grundbesitz durch Einbringung erworben. Der Erwerbsvorgang unterliege gemäß § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) der Grunderwerbsteuer.

3

Mit dem Einspruch machte die [X.]ntragstellerin geltend, sie sei, wie sich auch dem Handelsregister entnehmen lasse, durch identitätswahrenden Formwechsel entstanden. Eine grunderwerbsteuerbare Vermögensübertragung habe nicht stattgefunden. Der Umwandlungsbeschluss enthalte keine Verpflichtung zur Übertragung eines Grundstücks; ein Erwerbsvorgang nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] liege daher nicht vor. Über den Einspruch ist bislang nicht entschieden worden.

4

Die [X.]ussetzung der Vollziehung ([X.]dV) des Grunderwerbsteuerbescheids lehnte das F[X.] ab. Der beim Finanzgericht ([X.]) gestellte [X.]dV-[X.]ntrag wurde gleichermaßen abgelehnt. Das [X.] folgte dem F[X.] darin, dass ein Formwechsel ausscheide, weil ein Einzelkaufmann nicht zu den in § 191 [X.]bs. 1 [X.] genannten Rechtsträgern gehöre. Die Regelung des § 202 [X.]bs. 3 [X.] bewirke zwar, dass das Unternehmen des [X.] in der Rechtsform der GmbH fortbestehe. Sie gestatte aber nicht, vom Vorliegen eines Formwechsels mit der Folge der Nichtsteuerbarkeit auszugehen. [X.]uch könne --im Wege der [X.]uslegung oder Umdeutung-- keine nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 3 Satz 1 [X.] steuerbare [X.]usgliederung (§ 152 [X.]) angenommen werden. Der streitgegenständliche Vorgang sei vielmehr als Einbringung des Einzelunternehmens des [X.] in die [X.]ntragstellerin zu beurteilen. [X.]ngesichts dessen habe das F[X.] zu Recht einen gemäß § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] steuerbaren Erwerb, der nicht von § 6a Satz 1 [X.] erfasst werde, bejaht.

5

Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Beschwerde, der das [X.] nicht abgeholfen hat, verfolgt die [X.]ntragstellerin ihr Begehren weiter. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Grunderwerbsteuer sei nicht entstanden, da der Formwechsel durch Eintragung der [X.]ntragstellerin in das Handelsregister tatsächlich vollzogen worden sei. Wenn das [X.] eine Übertragung von Grundbesitz auf einen anderen Rechtsträger annehme, gehe es von "stärkeren" Rechtswirkungen aus, als sie ein Formwechsel zeitige. Nur ein solcher sei aber beurkundet worden. Zudem habe das Gericht den Sinn und Zweck der Steuervergünstigung nach § 6a [X.] verkannt.

6

Die [X.]ntragstellerin beantragt, unter [X.]ufhebung der Vorentscheidung die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 8. [X.]ugust 2017 bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.

7

Das F[X.] beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die nach § 128 [X.]bs. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) statthafte Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen. Eine [X.]dV des Grunderwerbsteuerbescheids ist nicht zu gewähren.

9

1. [X.]n der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids bestehen keine ernstlichen Zweifel.

a) Nach § 69 [X.]bs. 3 Satz 1 [X.]O kann das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die [X.]dV soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 [X.]bs. 3 Satz 1 i.V.m. [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]O). Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des [X.] --[X.]-- vom 19. Februar 2018 II B 75/16, [X.], 706, Rz 31, und vom 5. Juli 2018 II B 122/17, [X.], 1124, Rz 10).

b) Das [X.] hat zutreffend einen nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] steuerbaren Erwerbsvorgang angenommen.

aa) Gemäß § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den [X.]nspruch auf Übereignung begründet, soweit sich diese [X.] auf inländische Grundstücke beziehen. Ein Vertrag, durch den die Verpflichtung begründet wird, Grundstücke auf eine Gesellschaft gegen Gewährung von [X.] zu übertragen, ist im Sinne dieser Vorschrift ein anderes Rechtsgeschäft, das den [X.]nspruch auf Übereignung begründet ([X.] vom 4. Mai 2011 II B 151/10, [X.], 1395, Rz 8).

bb) Mit dem "Umwandlungsbeschluss" vom 20. [X.]ugust 2013 und dem [X.] hat sich [X.] zur Übereignung des zu seinem Einzelunternehmen gehörenden Grundbesitzes auf die [X.]ntragstellerin verpflichtet.

(1) Willenserklärungen sind grundsätzlich Gegenstand der tatsächlichen Feststellungen. Das [X.] hat insbesondere zu ermitteln, was die Erklärenden geäußert haben und was sie bei der Erklärungshandlung subjektiv gewollt haben (z.B. [X.]-Urteil vom 18. Oktober 2006 XI R 42/04, [X.] 2007, 1283, unter [X.]). Im Beschwerdeverfahren über die [X.]blehnung eines [X.]ntrags auf [X.]dV durch das [X.] hat der [X.] als [X.] grundsätzlich selbst die Befugnis und Pflicht zur Tatsachenfeststellung (z.B. [X.]-Beschlüsse vom 3. März 2009 X B 197/08, [X.] 2009, 961, unter [X.], und vom 10. Januar 2013 XI B 33/12, [X.] 2013, 783, Rz 19). Der [X.] ist daher auch zur [X.]uslegung von Willenserklärungen und Verträgen berechtigt.

Nach § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist bei der [X.]uslegung von Willenserklärungen der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des [X.]usdrucks zu haften. [X.]ußerdem sind nach § 157 BGB Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Zu berücksichtigen sind der sprachliche Zusammenhang der abgegebenen Willenserklärungen, die Stellung der auslegungsbedürftigen Formulierung im Gesamtzusammenhang des Textes und sämtliche Begleitumstände (z.B. [X.]-Urteile in [X.] 2007, 1283, unter [X.]; vom 2. [X.]pril 2008 [X.], [X.] 2008, 1491, unter II.2.d aa). Im Zweifel ist eine Erklärung so auszulegen, dass dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Erklärenden entspricht ([X.]-Urteil in [X.] 2007, 1283, unter [X.]).

(2) Unter Beachtung dieser Grundsätze sind die Erklärungen des [X.] bei summarischer Prüfung dahin zu verstehen, dass er sich zur Übertragung u.a. des streitgegenständlichen Grundbesitzes auf die [X.]ntragstellerin gegen Gewährung von [X.] verpflichtet hat.

Das ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag der [X.]ntragstellerin, der Bestandteil des notariell beurkundeten [X.] ist. Darin verpflichtet sich [X.], die Geschäftsanteile der [X.]ntragstellerin "gegen Einbringung des Einzelunternehmens gemäß Sachgründungsbericht" zu übernehmen. Mit dem Terminus der "Einbringung" ist im Streitfall die Übertragung der betrieblichen [X.]ktiva und Passiva auf die [X.]ntragstellerin im Wege der Einzelrechtsnachfolge gemeint. Dafür spricht der Inhalt des Sachgründungsberichts, in dem es heißt, das Stammkapital werde gemäß § 5 [X.]bs. 4 GmbHG durch Sacheinlagen erbracht. Zudem ist im Sachgründungsbericht ausgeführt, dass durch die "Einbringung der Grundstücke" das gezeichnete Stammkapital weit übertroffen wird.

Der [X.]uslegung der von [X.] abgegebenen Erklärungen als Einbringung steht nicht entgegen, dass laut Umwandlungsbeschluss vom 20. [X.]ugust 2013 die Einzelfirma [X.] nach §§ 190 ff. [X.] in die [X.]ntragstellerin, eine GmbH, umgewandelt werden sollte. Ein Formwechsel (§ 1 [X.]bs. 1 Nr. 4, § 190 [X.]bs. 1 [X.]) zeichnet sich dadurch aus, dass an ihm nur ein Rechtsträger beteiligt ist und demgemäß keine Übertragung von Vermögensgegenständen auf einen anderen Rechtsträger stattfindet (Prinzipien der Identität des Rechtsträgers, der Kontinuität seines Vermögens und der Diskontinuität seiner Verfassung; vgl. [X.] vom 4. Dezember 1996 II B 116/96, [X.]E 181, 349, [X.] 1997, 661). Den von [X.] erklärten Formwechsel sieht die Rechtsordnung indes nicht vor. Weder ein Einzelunternehmen noch der Einzelunternehmer als natürliche Person gehören zu den in § 191 [X.]bs. 1 [X.] aufgeführten [X.]en Rechtsträgern. Das mit dem "Umwandlungsbeschluss" verfolgte Ziel, das Einzelunternehmen als Ein-Mann-GmbH fortzuführen, konnte [X.] nur auf andere Weise erreichen. Möglich waren eine [X.]usgliederung als Unterart der Spaltung (§ 1 [X.]bs. 1 Nr. 2, § 123 [X.]bs. 3 Nr. 2, § 152 Satz 1 [X.]) oder eine Übertragung sämtlicher Vermögensgegenstände und Schulden des Einzelunternehmens im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf eine neu gegründete GmbH. Für eine [X.]usgliederung sind keine hinreichend deutlichen [X.]nhaltspunkte erkennbar. Lediglich in den Hinweisen des Notars zum Umwandlungsbeschluss wurde als letzter Punkt aufgenommen, dass die [X.]usgliederung erst mit der Eintragung im Handelsregister entsteht. Die beurkundeten Erklärungen und der von [X.] erstellte Sachgründungsbericht lassen aber nicht auf eine [X.]usgliederung, sondern auf die Einbringung der Gegenstände des Einzelunternehmens schließen. Die rechtswirksame Errichtung der GmbH ist deshalb auf die Einbringung des Einzelunternehmens des [X.] zurückzuführen.

Der zu übertragende Grundbesitz ist auch i.S. des § 311b [X.]bs. 1 Satz 1 BGB hinreichend individualisiert worden. Er lässt sich dem im Sachgründungsbericht erwähnten Sachverständigengutachten entnehmen; auf den Sachgründungsbericht wird im notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag Bezug genommen.

(3) Ohne Bedeutung für die Besteuerung ist der Umstand, dass die [X.]ntragstellerin mit der Bemerkung "... entstanden durch [X.]e Umwandlung der [X.]T e.K. ..." in das Handelsregister eingetragen wurde. Maßgeblich ist nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] allein das schuldrechtliche Rechtsgeschäft, das im Streitfall gerade nicht zu einem wirksamen Formwechsel führen konnte.

c) Ebenfalls zutreffend hat das [X.] angenommen, dass die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nach § 6a Satz 1 [X.] nicht vorliegen.

aa) Im Beschwerdeverfahren über die [X.]blehnung eines [X.]dV-[X.]ntrags durch das [X.] hat der [X.] seiner Prüfung die Rechtslage im [X.]punkt der Beschwerdeentscheidung zugrunde zu legen (z.B. [X.]-Beschlüsse vom 15. Mai 2009 IV B 24/09, [X.] 2009, 1402, unter [X.], und vom 12. September 2011 VIII B 70/09, [X.] 2012, 229, unter II.2.). Es gilt mithin § 6a Satz 1 [X.] i.d.F. des Gesetzes zur [X.]npassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt [X.] zur [X.] und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Kroatien[X.]npG vom 25. Juli 2014, [X.], 1266) --[X.] n.F.--. Die Vorschrift ist gemäß § 23 [X.]bs. 12 [X.] n.F. auf [X.] anzuwenden, die --wie der Vorgang im [X.] nach dem 6. Juni 2013 verwirklicht werden.

bb) Nach § 6a Satz 1 [X.] n.F. wird die Steuer für einen nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 3 Satz 1, [X.]bs. 2, 2a, 3 oder [X.]bs. 3a [X.] steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 bis 3 [X.], einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nicht erhoben. Gemäß ihrem --in dieser Fassung eindeutigen-- Wortlaut ist der sachliche [X.]nwendungsbereich der Vergünstigungsnorm auf nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 3 Satz 1, [X.]bs. 2, 2a, 3 oder [X.]bs. 3a [X.] steuerbare [X.] beschränkt. Ergibt sich die Steuerbarkeit aus § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.], scheidet eine Steuervergünstigung aus. Dieses Verständnis entspricht der [X.]nsicht der Finanzverwaltung (gleichlautende Ländererlasse vom 9. Oktober 2013, [X.], 1375) und der [X.]uffassung in der Literatur (z.B. [X.] in [X.], [X.], 18. [X.]ufl., § 6a Rz 61; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 6a Rz 3, 17).

cc) Im Streitfall ist die Einbringung des Einzelunternehmens in die [X.]ntragstellerin nicht nach § 6a Satz 1 [X.] n.F. steuerbegünstigt. Die Einbringung ist nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] steuerbar und wird damit nicht vom [X.]nwendungsbereich des § 6a Satz 1 [X.] n.F. erfasst.

dd) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des [X.] ergeben sich auch nicht daraus, dass § 23 [X.]bs. 12 [X.] n.F. die [X.]nwendung des § 6a Satz 1 [X.] n.F. rückwirkend auf [X.] anordnet, die nach dem 6. Juni 2013 verwirklicht werden. Die Verfassungsmäßigkeit des § 23 [X.]bs. 12 [X.] n.F. ist nicht ernstlich zweifelhaft.

(1) Das [X.] ([X.]) unterscheidet bei rückwirkenden Gesetzen zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind, und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind. Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem [X.]punkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert ([X.]-Beschlüsse vom 17. Dezember 2013  1 BvL 5/08, [X.]E 135, 1, Rz 39 ff., und vom 12. November 2015  1 BvR 2961/14, Neue [X.]schrift für Verwaltungsrecht 2016, 300, Rz 40 ff.).

(2) § 23 [X.]bs. 12 [X.] n.F. entfaltet in formaler Hinsicht Rückwirkung, soweit er die Geltung des § 6a Satz 1 [X.] n.F. für [X.] anordnet, die in der [X.] nach dem 6. Juni 2013 bis zum Inkrafttreten des Kroatien[X.]npG am 31. Juli 2014 (vgl. [X.]rt. 28 Kroatien[X.]npG) verwirklicht worden sind. Insoweit greift die Regelung nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ein. Von der Rückwirkung ist auch der streitgegenständliche Erwerb betroffen, denn dieser hat am 20. [X.]ugust 2013 und damit im Rückwirkungszeitraum stattgefunden; die Steuer wäre mit Beurkundung der Übertragungsverpflichtung am 20. [X.]ugust 2013 entstanden (vgl. § 38 [X.]O).

(3) In materiell-rechtlicher Hinsicht liegt bei summarischer Prüfung aber keine Rückwirkung vor. § 6a Satz 1 [X.] n.F. bewirkt keine Änderung der geltenden Rechtslage. § 6a Satz 1 [X.] n.F. stellt rückwirkend lediglich das klar, was ohnehin bereits geregelt war. Das Vertrauen in das geltende Recht ist von vornherein nicht berührt, weil das geltende Recht nachträglich keine materielle Änderung erfahren hat (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]E 135, 1, Rz 45). § 6a Satz 1 [X.] i.d.F. des [X.]mtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 26. Juni 2013 ([X.], 1809) --[X.] a.F.-- war auch vor der Klarstellung in § 6a Satz 1 [X.] n.F. nicht in vertretbarer Weise dahin auszulegen, dass nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] steuerbare [X.] von der Steuervergünstigung erfasst werden.

(a) Nach § 6a Satz 1 [X.] a.F. wird die Steuer für einen nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 3 Satz 1, [X.]bs. 2, 2a, 3 oder [X.]bs. 3a [X.] steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 bis 3 [X.], bei Einbringungen sowie bei anderen [X.]n auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nicht erhoben. Die Formulierung kann dahingehend verstanden werden, dass sich die einleitende Beschränkung der Steuervergünstigung auf bestimmte grunderwerbsteuerbare [X.] lediglich auf Umwandlungen, nicht aber auf Einbringungen und andere [X.] auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage bezieht. Durch die Verwendung der Präposition "bei" und des Plurals der folgenden Substantive wird der Eindruck erweckt, es handele sich bei "Einbringungen" und "anderen [X.]n auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage" um jeweils eigenständige und --hinsichtlich ihrer [X.] abschließende Befreiungstatbestände ([X.]/ [X.]ichberger, Der Betrieb 2013, 2762, 2763; [X.], [X.], 2726, 2731, 2733; [X.]/[X.], Grunderwerbsteuer, 5. [X.]ufl., Rz 583.2; [X.] in [X.]/[X.], Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 6a [X.] Rz 18.1 und 21.1; [X.], Umstrukturierung inländischer Konzerne unter Beachtung des § 6a [X.], S. 221).

(b) Die einleitende Beschränkung der Steuervergünstigung auf bestimmte steuerbare [X.] umfasst aber --obwohl sprachlich verunglückt-- vom Wortsinn her ebenso Fälle der Einbringung und anderer [X.] auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage (so auch [X.] in [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 36; [X.], [X.], Kommentar, 6. [X.]ufl., § 6a Rz 31; [X.], Betriebs-Berater --BB-- 2013, 1879, 1888; Wischott/[X.]/Graessner, [X.] --[X.]-- 2013, 3460). [X.], -systematik und -zweck rechtfertigen die restriktive [X.]uslegung der Vorschrift, nach der steuerbare [X.] i.S. des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] von der Steuervergünstigung ausgenommen sind.

§ 6a Satz 1 [X.] a.F. geht auf eine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zurück (BTDrucks 17/13722, S. 33). Dieser hat die bereits in § 8 [X.]bs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] enthaltene Formulierung "bei Einbringungen sowie bei anderen [X.]n auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage" in den § 6a Satz 1 [X.] a.F. übernommen. Dass der Gesetzgeber mit § 6a Satz 1 [X.] a.F. die Steuervergünstigung für Einbringungen und andere [X.] auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage --im Gegensatz zu den [X.]n aufgrund einer Umwandlung-- ohne jede Einschränkung gewähren wollte, kann indes nicht angenommen werden ([X.] in [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 36). Für eine Geltung der Beschränkung selbst für Einbringungen und andere [X.] auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage spricht auch die Regelung der Steuervergünstigung in einem Satz des § 6a [X.] a.F. und der Beginn des § 6a Satz 1 [X.] a.F. mit den [X.]n, die offensichtlich begünstigt werden sollten. Deshalb ist davon auszugehen, dass die nicht ganz eindeutige Gesetzesfassung auf einem bloßen redaktionellen Versehen beruht (vgl. [X.], [X.], Kommentar, 11. [X.]ufl., § 6a Rz 4, 31; Wischott/[X.]/Graessner, [X.] 2013, 3460). Dies hat zur Folge, dass es sich bei § 6a Satz 1 [X.] n.F. lediglich um eine Klarstellung einer bereits bestehenden Rechtslage handelt (so auch [X.] in [X.], a.a.[X.], § 6a Rz 1, 37, 61; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 6a Rz 16; anders [X.]/[X.], a.a.[X.], Rz 583.2; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 6a [X.] Rz 19, 21.1; offen [X.], BB 2013, 1879, 1888 f.).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

II B 8/18

22.11.2018

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 12. Dezember 2017, Az: 12 V 12223/17, Beschluss

§ 1 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 6a S 1 GrEStG 1997 vom 25.07.2014, § 23 Abs 12 GrEStG 1997, § 1 Abs 1 Nr 4 UmwG, § 190 Abs 1 UmwG, § 191 Abs 1 UmwG, § 69 Abs 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.11.2018, Az. II B 8/18 (REWIS RS 2018, 1352)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1352

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II B 151/10 (Bundesfinanzhof)

Festsetzung von Grunderwerbsteuer für Einbringung eines Grundstücks in eine Gesamthand wegen deren Umwandlung in eine …


II R 17/12 (Bundesfinanzhof)

Erhebung der Grunderwerbsteuer für Gesellschafterwechsel bei einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft nach Änderungen im Gesellschafterbestand


II R 15/19 (II R 50/13), II R 15/19, II R 50/13 (Bundesfinanzhof)

(Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG)


II R 2/12 (Bundesfinanzhof)

Erhebung von Grunderwerbsteuer für Einbringung eines Grundstücks in eine KG bei anschließender Umwandlung der KG …


II R 42/10 (Bundesfinanzhof)

Grunderwerbsteuerbefreiung bei Erwerb eines Grundstücks durch eine GbR im Rahmen einer Vermögensauseinandersetzung nach Ehescheidung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.