Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2016, Az. VII ZB 67/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13475

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:060416BVIIZB67.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 67/13

vom

6.
April 2016

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 850d Abs. 1 Satz 1, § 699, § 794 Abs. 1 Nr. 4
a)
Um den Nachweis der [X.]ierung eines Unterhaltsan-spruchs gemäß §
850d Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erbringen, muss der Gläubiger einen Titel vorlegen, aus dem sich -

gegebenenfalls im Wege der Ausle-gung
-
ergibt, dass der Vollstreckung ein Unterhaltsanspruch der in § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO genannten Art zugrundeliegt (Bestätigung von [X.], [X.] vom 6. September 2012 -
VII ZB 84/10, [X.], 239).
b)
Durch die Vorlage eines [X.]es kann dieser Nachweis durch den Gläubiger nicht geführt werden ([X.] an [X.], Beschlüsse vom 5.
April
2005

VII
ZB
17/05, [X.], 1663; vom 10.
März
2011

VII
ZB 70/08, NJWRR
2011, 791).

[X.], Beschluss vom 6. April 2016 -
VII ZB 67/13 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
6.
April 2016
durch den Vorsitzenden Richter Dr.
Eick, die Richter Halfmeier
und
Dr.
[X.] und die Richterinnen Graßnack und
Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss der 55.
Zivilkammer des [X.] vom 9.
Dezem-ber
2013 wird auf seine
Kosten zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem [X.]. Diesen hatte er wegen [X.] erwirkt, nachdem
er als zuständige Gebietskörperschaft an das leibliche Kind des Schuldners zu Händen der Kindesmutter Unterhaltsvorschuss gezahlt
hatte. Im [X.] war die Hauptforderung als "[X.] gemäß Schreiben [X.] vom [X.] bis [X.]" bezeichnet.
Der Gläubiger hat beim Amtsgericht

Vollstreckungsgericht die Pfän-dung des Arbeitseinkommens des Schuldners unter Anwendung der Privilegie-rung des §
850d ZPO beantragt. Das Amtsgericht
Vollstreckungsgericht
hat einen Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss nach Maßgabe der gemäß §
850c ZPO bestehenden [X.] erlassen und
den Antrag auf
eine weitergehend privilegierte Pfändung gemäß §
850d ZPO zurückgewiesen.

1
2
-
3
-
Die Beschwerde des Gläubigers gegen die teilweise Zurückweisung [X.] hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Beschwerdegericht zugelas-senen Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Begehren weiter.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in [X.], 1658 ver-öffentlicht ist,
ist der Auffassung, dass durch den Gläubiger kein Titel vorgelegt worden sei, aus dem sich
sei es auch durch Auslegung
die Qualifikation des zugrundeliegenden Anspruchs als Unterhaltsanspruch der in §
850d Abs.
1 Satz
1
ZPO genannten Art ergebe. So lasse sich dem [X.]
bereits nicht entnehmen, ob tatsächlich die von §
850d ZPO privilegierten [X.] erfasst seien oder beispielsweise eine
rein vertraglich [X.] Unterhaltsforderung zugrundeliege.
Die Rechtsnatur könne auch nicht durch die von dem Gläubiger beige-brachten ergänzenden Unterlagen belegt werden. Denn der Umfang der [X.] eines jeden Vollstreckungsorgans sei allein durch den Titel festgelegt, weil nur
das Prozessgericht darüber zu befinden habe, welche Rech-te dem Gläubiger zustehen und
durchsetzbar sind. Das Verfahren gemäß §
850d ZPO vor dem Vollstreckungsgericht sei demgegenüber ein Zwangsvoll-streckungs-
und kein Erkenntnisverfahren, das einen Rückgriff auf außerhalb des Titels beigebrachte Unterlagen für eine nähere Prüfung verbiete.

Auch die Tatsache, dass der Schuldner weder einen Widerspruch gegen den Mahnbescheid noch einen Einspruch gegen den [X.] nach zuvor erfolgter Ankündigung der Rechtsnatur der geltend gemachten [X.] eingelegt habe, führe zu keinem Nachweis einer privilegier-3
4
5
6
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-
4
-
ten Unterhaltsforderung. Denn der Übergang in das streitige Verfahren ziele allein auf die Abwehr des geltend gemachten Zahlungsanspruchs ab. Komme es dazu nicht,
sei der zugrunde liegende [X.] allein auf ein-seitigen Vortrag des Gläubigers
hin ergangen, ohne dass eine gerichtliche Schlüssigkeitsprüfung des [X.] erfolgt sei.
Für das [X.] des §
850d ZPO seien insgesamt diesel-ben Grundsätze anzuwenden wie für eine privilegierte
Pfändung nach §
850f Abs.
2 ZPO. Für die vollstreckungsrechtliche Vergünstigung des §
850d ZPO sei der Gläubiger
deshalb
auf eine den bisherigen Vollstreckungstitel ergänzen-de
Feststellungsklage angewiesen.
2. Das hält der
rechtlichen Überprüfung stand.
a) Der Gläubiger, der eine nach §
850d Abs. 1 ZPO privilegierte Zwangs-vollstreckung betreiben möchte, muss dem Vollstreckungsorgan einen Titel vor-legen, aus dem sich
gegebenenfalls im Wege der Auslegung
die [X.] des zugrunde liegenden Anspruchs als Unterhaltsanspruch der in §
850d Abs.
1 Satz
1 ZPO genannten Art ergibt ([X.], Beschluss vom 6.
Septem-ber
2012
VII
ZB
84/10, [X.], 239 Rn.
11 m.w.[X.]). Denn es ist wie im Fall des
§
850f Abs.
2 ZPO ([X.], Beschluss vom 10.
März
2011
VII
ZB
70/08, NJW-RR 2011, 791 Rn.
8 m.w.[X.]) nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts zu prüfen, ob der Gläubiger aus einem in der Zwangsvollstreckung privilegierten Anspruch vorgeht. Vielmehr ist es an die Auffassung des [X.] gebunden. Allein das wird der Aufgabenverteilung zwischen Erkenntnis-
und Vollstreckungsverfahren gerecht ([X.], Beschluss vom 6.
September 2012

VII
ZB
84/10, aaO Rn.
10 m.w.[X.]).
Hieran hält der Senat auch angesichts vereinzelt geäußerter Kritik (Stöber, Forderungspfändung, 16.
Aufl., Rn.
1113, 1193, 1193a; zustimmend 8
9
10
11
-
5
-
dagegen [X.], [X.], 240
f.; [X.], [X.], 28
f.; [X.], [X.], 1801
f.) fest.
b) Nach diesen Grundsätzen
hat der Senat bereits entschieden, dass durch die Vorlage eines [X.]es der
Nachweis
der Voraus-setzungen einer privilegierten Vollstreckung
selbst dann nicht geführt werden kann, wenn sich aus ihm der [X.] ergibt ([X.], Beschlüsse
vom 5.
April
2005
VII
ZB
17/05, [X.], 1663
f., juris Rn.
9
ff.; vom 10.
März
2011
VII
ZB
70/08, aaO Rn.
9; jeweils zu §
850f Abs.
2 ZPO). Er hat zur Begründung unter anderem ausgeführt:
Das Mahnverfahren soll dem Gläubiger einen einfachen und kostengün-stigen Weg zu einem [X.] eröffnen. Ob der geltend gemach-te Anspruch zu Recht besteht, wird in diesem Verfahren nicht geprüft, auf seine Begründung und eine
Schlüssigkeitsprüfung wird verzichtet. Auch zur Individua-lisierung des Anspruchs (§ 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) ist eine nähere Angabe des [X.], aus dem er hergeleitet wird, nicht erforderlich. Eine materiell-rechtliche Befassung des [X.] findet nicht statt; die rechtliche Ein-ordnung des Anspruchs beruht allein auf einseitigen, vor der Titulierung nicht überprüften Angaben des Gläubigers. Schon deshalb kann eine Bindung für das Vollstreckungsgericht nicht eintreten.
Dem steht nicht entgegen, dass
ein [X.] der materiellen Rechtskraft fähig ist und diese sämtli-che Rechtsgründe für den geltend gemachten Anspruch erfasst. Denn
es geht für den Gläubiger darum, die Voraussetzungen des [X.] nachzuweisen. Dazu bedarf er eines Titels, der seine Berechtigung zu einem erweiterten Vollstreckungszugriff für das Vollstreckungsgericht erkennen lässt. Diese Berechtigung ist
ausschließlich durch das Prozessgericht zu beurteilen; die ihm obliegende Prüfung kann durch eine
bloße Behauptung des Gläubigers
nicht ersetzt werden ([X.], Beschluss vom 5. April 2005 -
VII ZB 17/05, aaO,
juris Rn. 10 m.w.[X.]).
12
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-
6
-
Hinzu tritt Folgendes: Das Mahnverfahren, das zum Erlass
des Vollstre-ckungsbescheides geführt hat, kann nur wegen eines Anspruchs, der die [X.] einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand hat, eingeleitet werden (§
688 Abs. 1 ZPO). Es ist nicht dazu bestimmt, zur Vorbereitung der privilegier-ten Vollstreckung den Schuldgrund feststellen zu lassen. Der Widerspruch des Schuldners und der dadurch bedingte Übergang in das streitige Verfahren [X.] auf die Abwehr des geltend gemachten Zahlungsanspruchs. Für den Schuldner besteht zur Einlegung des Widerspruchs keine Veranlassung, wenn er nach seiner Auffassung den geforderten Betrag -
obschon aus einem ande-ren Rechtsgrund -
jedenfalls im Ergebnis schuldet. Es ist nicht seine Aufgabe, die vom Gläubiger behaupteten Voraussetzungen für eine privilegierte Vollstre-ckung
auszuräumen. Vielmehr obliegt es dem Gläubiger, den Nachweis für das von ihm beanspruchte [X.] zu erbringen. Dazu muss
er sei-nerseits eine Feststellungsklage erheben, für die die Verfahrensart der §§
688
ff. ZPO
nicht geeignet ist
([X.], Beschluss vom 5.
April
2005

VII
ZB
17/05, aaO, juris Rn. 11; Urteil vom 18.
Mai
2006
IX
ZR
187/04, [X.], 2922 Rn.
12).

c) Diese Erwägungen
gelten ebenso für
die Feststellung der Vorausset-zungen der [X.]ierung gemäß §
850d Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Sie ist aufgrund eines [X.]es nicht möglich.
Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob es richtig ist, dass
wie das Beschwerdegericht angenommen hat
eine Auslegung des Vollstreckungsbe-scheides dahin, dass es sich um gesetzliche Unterhaltsansprüche handelt,
hier schon
nicht möglich ist. Selbst wenn eine Auslegung in diese Richtung
aus-nahmsweise dann
möglich wäre, wenn der Träger der Sozialkasse einen auf ihn gemäß §
7 [X.] übergegangenen
Anspruch geltend macht
(vgl. LG
Leipzig, [X.], 74, 75, juris Rn.
14
ff.), ändert das nichts an diesem Ergebnis. Gleiches gilt in Fällen, in denen
nähere Angaben zur rechtlichen Qualifikation in 14
15
16
-
7
-
einem [X.] aufgrund des zugrundeliegenden Antrags auf Erlass eines Mahnbescheides enthalten sein sollten (vgl. zu
Formulierungen [X.], [X.] 2014, 86, 87; vgl. auch
LG
Dresden, [X.], 1740).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Eick
Halfmeier
[X.]

Graßnack

Sacher
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.12.2013 -
709 M 95537/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 09.12.2013 -
55 [X.] -

17

Meta

VII ZB 67/13

06.04.2016

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2016, Az. VII ZB 67/13 (REWIS RS 2016, 13475)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13475

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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