Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2004, Az. XI ZR 178/03

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2360

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BUNDESGERICHTSHO[X.]
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 13. Juli 2004 [X.], [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]: ja

[X.]R: ja _____________________

BörsG §§ 50 ([X.]: 21.12.2000), 53 ([X.]: 13.7.2001); WpHG § 31

a) Verträge über [X.] sind keine [X.].
b) Zur Pflicht von [X.], Anleger beim Erwerb von Aktien oder [X.] auf Abweichungen von zuvor erklärten [X.] hinzuweisen.

[X.], Urteil vom 13. Juli 2004 - [X.] - OLG Hamm

LG Detmold - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 13. Juli 2004 durch [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 31. Zivilsenats des [X.] vom 10. März 2003 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse wegen verlustreicher Geschäfte mit Aktien und [X.]n auf Schadensersatz und Be-reicherungsausgleich in Anspruch.

Der Kläger, der Belegschaftsaktien seines Arbeitgebers, der D.

AG, besaß, eröffnete am 29. Juni 1998 bei der Beklagten ein "direkt-Depot" und erklärte, ohne Beratung Wertpapiere erwerben und veräußern zu wollen. Nach den vereinbarten Sonderbedingungen der Beklagten verzichtet der Kunde bei der Nutzung von "[X.]" auf jegliche Beratungsleistung der Beklagten so-wie auf individuelle Hinweise und Empfehlungen zu einzelnen Wertpapie-ren. Auf einem [X.]ragebogen der Beklagten gab der Kläger am 30. Juni - 3 - 1998 an, er sei [X.], strebe höhere Renditeaussichten bei über-schaubaren Risiken an und wolle Geschäfte mit Aktien tätigen. Die [X.] händigte ihm Broschüren mit Basisinformationen über die [X.] in offenen [X.]onds und in Aktien, Genußscheinen und Index-zertifikaten aus, in denen die Risiken von Aktien des [X.]s nicht besonders angesprochen wurden.

In der [X.] von Dezember 1998 bis März 2000 erwarb der Kläger verschiedene am [X.] gehandelte Aktien. Einen Teil dieser Akti-en veräußerte er, in mehreren [X.]ällen kurzfristig nach dem Erwerb, mit einem Verlust von insgesamt 7.576,71 •. Die restlichen Aktien befinden sich mit [X.] unter den Erwerbspreisen noch in seinem Depot.

[X.]erner erwarb der Kläger in der [X.] von Oktober bis Dezember 2000 von der ... Bank emittierte, laufzeitabhängige Indexzertifika-te, denen der [X.] zugrunde lag. Am 3. Januar 2001 veräußerte er sämtliche Zertifikate mit einem Verlust von insgesamt 11.429,24 •, kauf-te am 9. Januar 2001 aber 740 Zertifikate zurück. In einem am 12. Januar 2001 ausgefüllten [X.]ragebogen gab er an, spekulativ eine of-fensive Nutzung der Marktchancen bei entsprechend hoher Risikotole-ranz anzustreben und Aktien, Genußscheine und Investmentzertifikate erwerben zu wollen. Er veräußerte alle Zertifikate am 1. März 2001 mit einem Verlust von 3.235,48 •.

Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe ihre Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt. Die Geschäfte über die [X.] seien unverbindlich, weil er nicht börsentermingeschäftsfähig sei. Seine Klage, die er zuletzt auf Zahlung von [X.] • nebst Zinsen und auf [X.]est-- 4 - stellung der Pflicht der Beklagten zum Ersatz aller Schäden aus dem Er-werb der noch in seinem Depot befindlichen Aktien, hilfsweise auf [X.]est-stellung der Pflicht zum Ersatz aller Schäden aus der Vermittlung von Wertpapieren im Rahmen des "[X.]" gerichtet hat, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zuge[X.]en Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

[X.]

Das Berufungsgericht hat Schadensersatz- und Bereicherungsan-sprüche des [X.] verneint und zur Begründung im wesentlichen [X.]:

Auf der Grundlage des zu berücksichtigenden Parteivorbringens scheide eine Beratungspflichtverletzung aus, weil der Kläger im Rahmen des "[X.]" auf jegliche Beratung verzichtet habe.

Die Beklagte hafte auch nicht wegen Verletzung der [X.] gemäß § 31 Abs. 2 WpHG. Ob sie diese Pflicht verletzt habe, sei problematisch. Die Beklagte habe zwar ihre Pflicht als "direkt-Broker" zur standardisierten [X.] durch die Übergabe von Informati-onsbroschüren erfüllt. [X.]raglich sei aber, ob sie über die besonderen [X.] 5 - siken der Papiere des [X.]es weitergehend und gesondert [X.] mußte. Dies bedürfe indes keiner Entscheidung, weil eine etwaige [X.] jedenfalls nicht [X.] sei. [X.]ür den Kläger spreche zwar die Vermutung aufklärungsrichti-gen Verhaltens. Sein Anlageverhalten, insbesondere das weitere [X.] in Aktien des [X.]es trotz erlittener Verluste und das [X.] auf dem von der Beklagten zunächst verweigerten erneuten Er-werb der [X.] im Januar 2001 trotz vorheriger Verluste und des zumindest jetzt erfolgten Hinweises auf den spekulativen Charakter der Geschäfte, lasse aber darauf schließen, daß er sich durch eine Aufklärung über die - unterstellten - besonderen Risiken von Papieren des [X.]es nicht vom Erwerb dieser Aktien hätte abhalten [X.].

Ein Bereicherungsanspruch gemäß § 812 BGB wegen des Erwerbs der [X.] bestehe nicht, weil diese Geschäfte nicht gemäß § 53 Abs. 2 BörsG a.[X.]. unverbindlich seien. Ihnen fehlten die für [X.] typischen Merkmale. Bei einem [X.] sich der Emittent, am [X.]älligkeitstag einen Betrag zu zahlen, der dem Stand des zugrunde gelegten Aktienindex entspreche. Der Anleger zahle den am Indexstand orientierten Erwerbspreis sofort und nehme an [X.] des Kurses, der sich regelmäßig parallel zum Index entwick-le, im Verhältnis 1 : 1 teil. Selbst wenn das Zertifikat mit einem Abschlag zum Indexstand gehandelt werde, ergebe sich allenfalls eine geringe Hebelwirkung. Das Risiko eines Totalverlustes sei nicht höher als bei einer Aktie.

- 6 - I[X.]

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Auffassung des Berufungsge-richts, dem Kläger stehe wegen der Verluste in Höhe von 14.664,72 •, die er durch die Geschäfte mit [X.]n erlitten habe, kein Berei-cherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Diese Ge-schäfte sind keine gemäß § 53 Abs. 1 BörsG a.[X.]. unverbindlichen Bör-sentermingeschäfte.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] sind [X.] standardisierte Verträge, die von beiden Seiten erst zu einem späteren [X.]punkt, dem Ende der Laufzeit, zu erfüllen sind und einen Bezug zu einem Terminmarkt haben ([X.] 92, 317, 320; Senat [X.] 114, 177, 179; 142, 345, 350; 149, 294, 301; 150, 164, 168). Die besondere Gefährlichkeit dieser Geschäfte, vor der nicht börsentermin-geschäftsfähige Anleger durch die §§ 53 ff. BörsG a.[X.]. geschützt werden sollten, besteht darin, daß sie - anders als [X.], bei denen der Anleger sofort Barvermögen oder einen Kreditbetrag einsetzen muß (vgl. [X.] 103, 84, 87) - durch den hinausgeschobenen Erfüllungszeit-punkt zur Spekulation auf eine günstige, aber ungewisse Entwicklung des Marktpreises in der Zukunft verleiten, die die Auflösung des [X.] ohne Einsatz eigenen Vermögens und ohne Aufnahme ei-nes förmlichen Kredits durch ein gewinnbringendes Glattstellungsge-schäft ermöglichen soll (Senat [X.] 149, 294, 301; 150, 164, 169). Ty-pischerweise sind mit [X.]n die Risiken der [X.] - kung (Senat [X.] 139, 1, 6) und des Totalverlustes des angelegten [X.] (Senat [X.] 150, 164, 169) sowie die Gefahr, planwidrig zusätzli-che Mittel einsetzen zu müssen, verbunden.

b) Gemessen hieran sind die zwischen den Parteien [X.] Verträge über [X.] keine [X.] (vgl. [X.], in: [X.]/[X.], [X.] und Differenzgeschäfte [X.]. 332; [X.]/[X.], 1859, 1866 f.; ebenso für [X.]inanz-termingeschäfte: Begr.[X.] 4. [X.]M[X.]G, BT-Drucks. 14/8017, [X.]; [X.], in: [X.], [X.]. WpHG § 2 [X.]. 18).

[X.] sind Schuldverschreibungen (vgl. [X.]/ [X.], 1859, 1866; [X.]/[X.] ZIP 2002, 1017, 1019; [X.], in: [X.], [X.]. WpHG § 2 [X.]. 18), die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbriefen, dessen Höhe vom Stand des zugrunde gelegten Index am Ende der Laufzeit abhängt. Der [X.] durch Übertragung der Schuldverschreibung mit der darin wertpapiermäßig verbrieften [X.]orderung hat Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises binnen der für [X.] üblichen [X.]rist von zwei Tagen ([X.] 103, 84, 87) zu erfolgen. Durch die spätere Rückzahlung des Emittenten an den Erwerber wird nicht der [X.], sondern die durch die Schuldverschreibung begründete [X.]orderung erfüllt.

Mangels hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkts fehlt dem Ge-schäft mit [X.]n die für Termingeschäfte spezifische Gefähr-lichkeit und damit das für die Qualifizierung als Börsentermingeschäft - 8 - wesentliche Schutzbedürfnis des Anlegers (vgl. Senat, [X.] 150, 164, 170 und Beschluß vom 9. Dezember 1997 - [X.] ZR 85/97, [X.], 274, 275). Dieser wird nicht dazu verleitet, ohne oder mit verhältnismäßig ge-ringem Einsatz eigenen Vermögens und ohne Aufnahme eines förmli-chen Kredits auf Gewinn zu spekulieren. Sein Verlustrisiko ist auf den Kaufpreis für die Schuldverschreibung begrenzt, den er sofort bei [X.] in voller Höhe bezahlen muß. Die Gefahr, planwidrig zusätz-liche Mittel einsetzen zu müssen, besteht nicht.

Der Erwerb von [X.]n hat auch nicht die für [X.] spezifische Hebelwirkung. Da der [X.] in der Regel dem Index der zugrunde gelegten Aktien entspricht, erlangt der Erwerber des Zertifikats nicht die Möglichkeit, mit verhältnismäßig geringem Geldeinsatz weit überproportional an der Wertentwicklung des Index und der zugrunde gelegten Aktien teilzunehmen. Abweichungen des [X.] von der Wertentwicklung des Index, die sich aufgrund des Zinsniveaus, der Markterwartung und etwaiger Divi-dendenzahlungen auf die im Index berücksichtigten Aktien ergeben [X.], sind entgegen der Auffassung der Revision zu gering, um der für Termingeschäfte spezifischen Hebelwirkung gleichgestellt werden zu können (vgl. [X.]/[X.], 1859, 1867).

Auch die Gefahr des Totalverlustes besteht bei [X.]n nicht in dem für Termingeschäfte typischen Maße. Während bei [X.] aufgrund der begrenzten Laufzeit ein Totalverlust droht und insbesondere Optionsprämien durch bloßen [X.]ablauf vollständig verfal-len können ([X.] 150, 164, 170 f.), besteht bei [X.]n grund-sätzlich nur das Risiko, aufgrund eines ungünstigen Standes des Index - 9 - bei der [X.]älligkeit des Zertifikats nur einen Teil des gezahlten Kaufpreises zurückzuerhalten. Die Gefahr eines Totalverlustes aufgrund einer Insol-venz des Emittenten ist nicht größer als beim Direkterwerb von Aktien, der unzweifelhaft kein Börsentermingeschäft ist (Senat [X.] 150, 164, 171). Die Gefahr der Insolvenz aller in den Index aufgenommenen [X.] ist sogar deutlich geringer als beim Direkterwerb von Aktien einzelner dieser Gesellschaften.

Schließlich dient der Erwerb von [X.]n einem ähnlichen wirtschaftlichen Zweck (vgl. zu dessen Bedeutung für die Qualifizierung als Börsentermingeschäft: Senat [X.] 133, 200, 206; 139, 1, 7; 150, 164, 171) wie der Direkterwerb von Aktien. [X.] eröffnen die Möglichkeit, an der Kursentwicklung des Index teilzunehmen, ohne alle in den Index aufgenommenen Aktien einzeln erwerben zu müssen. Auch dies unterscheidet den Erwerb von [X.]n von Termingeschäf-ten.

2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das [X.] einen Schadensersatzanspruch des [X.] wegen Verlet-zung der Aufklärungspflicht gemäß § 31 Abs. 2 WpHG verneint hat. [X.] als das Berufungsgericht meint, wird eine tatsächliche Vermutung für die Schadensursächlichkeit einer [X.] nicht dadurch ausgeräumt, daß der Anleger trotz erlittener Verluste und unge-achtet eines nachgeholten Hinweises auf den spekulativen Charakter der Kapitalanlage weitere Geschäfte abschließt. Die [X.]ortsetzung der Speku-lation trotz eingetretener Verluste läßt nicht darauf schließen, daß der Anleger das Erstgeschäft auch nach gehöriger Aufklärung abgeschlos-sen hätte, sondern ist eher darauf zurückzuführen, daß er sich trotz der - 10 - Verluste über die Geschäftsrisiken nicht im klaren ist (Senat, Urteil vom 17. März 1992 - [X.] ZR 204/91, [X.], 770, 773). Ein nach dem Erst-geschäft erteilter warnender Hinweis rechtfertigt keine andere Beurtei-lung, weil der Anleger diesem Hinweis unter dem Eindruck des [X.] nicht mehr unvoreingenommen gegenübersteht (Senat, Beschluß vom 22. Juni 1993 - [X.] ZR 215/92, [X.], 1457, 1458).

II[X.]

Das Berufungsurteil stellt sich aber aus anderen Gründen als rich-tig dar (§ 561 ZPO).

Die Beklagte hat zwar ihre Pflichten gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG (vgl. zu dessen Bedeutung für Inhalt und Umfang [X.] Aufklärungspflichten: Senat [X.] 142, 345, 356; ebenso für § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG: Senat [X.] 147, 343, 348) verletzt. Es besteht im vorliegenden [X.]all aber keine tatsächliche Vermutung dafür, daß der Klä-ger nach ordnungsgemäßer Aufklärung die verlustbringenden Geschäfte nicht abgeschlossen hätte. Er hat den [X.] zwi-schen der Pflichtverletzung und dem ihm entstandenen Schaden auch nicht nach allgemeinen Grundsätzen nachgewiesen.

1. a) Die Pflichten der Beklagten gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG beschränkten sich im Rahmen des "[X.]" nicht allein darauf, dem Kläger geeignetes schriftliches Material mit standardisierten Informationen über die in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäfte zur Verfügung zu stellen. Sie war auch zu besonderer Warnung verpflich-- 11 - tet, wenn Kundenaufträge von der zuvor erklärten Zielvorstellung deut-lich abwichen (Senat, Urteil vom 11. November 2003 - [X.] ZR 21/03, [X.], 24, 27; vgl. auch Senat [X.] 142, 345, 357).

b) Eine solche Abweichung liegt hier vor. In dem [X.]ragebogen vom 30. Juni 1998 hatte der Kläger seine Risikobereitschaft bei den ange-strebten Geschäften als "[X.] - höhere Renditeaussichten bei überschaubaren Risiken", nicht aber als "spekulativ - offensive Nutzung der Marktchancen bei entsprechend hoher Risikotoleranz" bezeichnet. Diese Zielvorstellung traf auf die seit Dezember 1998 erworbenen Aktien des [X.]es und die [X.], denen der [X.] zugrunde lag, nicht mehr zu. Hierbei handelte es sich um spekulative Geschäfte.

Der Neue Markt wurde seit dem 10. März 1997 an der [X.]rankfurter Wertpapierbörse als Marktsegment angeboten, in dem junge, innovative Wachstumsunternehmen Risikokapital aufnehmen konnten. Er sollte An-legern die Investition in Aktien mit einem erhöhten Risiko und einer ent-sprechend erhöhten Gewinnchance ermöglichen ([X.] 1997, 222, 223). Besondere Risiken ergaben sich daraus, daß die Unternehmen des [X.]es in der Regel nur mit wenigen Produkten und Dienstlei-stungen, die zudem erst kurze [X.] marktreif waren (vgl. [X.], Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. [X.]. 17.641) und sich am Markt noch durchsetzen mußten, am Wettbewerb teilnahmen. Das starke Wachstum warf Probleme für Unternehmensstruktur, Risikomanagement und [X.]inan-zierung auf. Mangels ausreichender Reserven hatten geschäftliche Rückschläge vergleichsweise starke Auswirkungen. Unternehmen des [X.]es waren deshalb konkursgefährdeter als andere Unterneh-- 12 - men. Da es sich überwiegend um relativ junge Unternehmen handelte, die ihre Geschäftstätigkeit noch aufbauten, war ihre Bonität ebenso wie die Erträge und Dividenden oft gering. Die Aktien waren einem erhebli-chen Kursrisiko ausgesetzt, weil Kurssteigerungen oft nicht tatsächlich erwirtschaftete Gewinne, sondern nur die Erwartung künftiger Gewinne widerspiegelten. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ([X.]) überstieg im [X.] das in anderen Marktsegmenten übliche [X.] deutlich. (vgl. [X.]/[X.], 1853, 1858)

Angesichts dieser Besonderheiten der Unternehmen des [X.]es handelte ein Anleger, der Aktien des [X.]es erwarb, entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht [X.], sondern spekulativ. Über diese Abweichung von seiner im [X.]ragebogen vom 30. Juni 1998 erklärten Zielsetzung hätte die Beklagte den Kläger vor dem ersten Erwerb solcher Aktien im Dezember 1998 und nicht erst bei der Ausfüllung des [X.]ragebogens vom 12. Januar 2001 aufklären müssen.

2. Die Verletzung dieser Aufklärungspflicht ist aber für den [X.] der Geschäfte und den dadurch verursachten Schaden des [X.] nicht ursächlich geworden.

a) [X.]ür die Kausalität spricht keine tatsächliche Vermutung. Die Kausalitätsvermutung bei [X.]en setzt voraus, daß es nur eine bestimmte Möglichkeit "aufklärungsrichtigen" Verhaltens gibt (Senat [X.] 124, 151, 161). Hingegen ist diese Vermutung nicht begründet, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner einen [X.] ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht - 13 - nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (Senat, Urteil vom 9. Juni 1998 - [X.] ZR 220/97, [X.], 1527, 1529 m.w.Nachw.).

So lag es hier. Nach einer Aufklärung über den spekulativen Cha-rakter des Erwerbs von Aktien des [X.]es und die daraus resul-tierende Abweichung von der am 30. Juni 1998 erklärten Zielvorstellung wäre es nicht einzig vernünftig gewesen, von diesen Geschäften abzu-sehen. Aktien des [X.]es waren nicht nur mit den bezeichneten Risiken behaftet, sondern boten - wie die über längere [X.] gestiegenen Kurse zeigen - auch entsprechende Gewinnchancen. Dies veranlaßte Ende der 1990er Jahre, als der Kläger die ersten Aktien des [X.]es erwarb, zahlreiche Anleger, in den [X.] zu investieren. Vor diesem Hintergrund ist offen, wie der Kläger sich nach gehöriger [X.] verhalten hätte. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil er die Aktien des [X.]es nicht auf Empfehlung der Beklagten, [X.] aus eigener Initiative erworben und dabei offensichtlich keine dauerhafte Kapitalanlage, sondern die Erzielung kurzfristiger Gewinne angestrebt hat. Er hat nämlich die ersten, im Dezember 1998 erworbe-nen Aktien bereits nach drei Tagen wieder verkauft und auch die [X.], im Januar 1999 erworbenen Aktien von drei verschiedenen Unter-nehmen nur bis zum 11. [X.]ebruar 1999 gehalten.

b) Da mehrere Möglichkeiten der Reaktion des [X.] auf die ge-hörige Aufklärung denkbar sind, nämlich sowohl der Abschluß als auch das Unterlassen der verlustbringenden Geschäfte, hatte der Kläger den vollen Beweis dafür zu erbringen, daß er die Aktien des [X.]es und die [X.] nicht erworben hätte, wenn die Beklagte ihre - 14 - Aufklärungspflicht ordnungsgemäß erfüllt hätte. Hierfür hat er jedoch keinen Beweis angetreten.

[X.]

Die Revision des [X.] war daher als unbegründet [X.].

[X.] [X.] Joeres

Wassermann

[X.]

Meta

XI ZR 178/03

13.07.2004

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2004, Az. XI ZR 178/03 (REWIS RS 2004, 2360)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2360

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