Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2014, Az. VIII ZB 52/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7277

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB
52/13

vom

11. März
2014

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 11. März 2014
durch die Richterin Dr. Milger
als Vorsitzende, die Richterin [X.], [X.]
Achilles,
die Richterin Dr.
Fetzer
sowie den Richter Kosziol

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der [X.] des [X.] vom 6. August 2013 wird als unzu-lässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des [X.].

.

Gründe:
Die Klägerin hat gegen das ihr am 28. März 2013 zugestellte Urteil des Amtsgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 11. Juni 2013 beim Berufungsgericht
zusammen mit einem Antrag auf Wieder-einsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der am 28. Mai 2013 abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist eingegangen.
Zur Begründung des [X.] hat die Prozessbevoll-mächtigte der Klägerin ausgeführt, dass sie die ausgefertigte und unterzeichne-te Berufungsbegründung am Nachmittag des
28. Mai 2013
in die [X.] gelegt und die Büroangestellte H.

beauftragt habe, den [X.] vorab an das Berufungsgericht zu faxen. Die Angestellte H.

habe dies auf dem Schriftsatz vermerkt und die im Abendsekretariat eingesetzte, für die 1
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Überwachung der Fristen zuständige Angestellte M.

mit der Fristen-kontrolle und Übermittlung der Berufungsbegründung an das Berufungsgericht betraut. Frau M.

habe gegen 19 Uhr die [X.] bei der sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingesammelt und die darin befindlichen Schriftstücke danach sortiert, ob sie mit normaler Post verschickt, als Gerichtspost übermittelt oder vorab gefaxt werden sollten. Die Berufungsbegründung habe Frau M.

nach Entnahme aus der [X.] beiseite gelegt, um die angeordnete Übermittlung vorab per Fax sicherzustellen. Gegen 19.50 Uhr habe sie die Gerichtspost zu dem nahegele-genen Briefkasten der [X.] Justizboten gebracht, die bei einem Einwurf vor 20 Uhr eine Zustellung noch am selben Tag durchführten.
Die zu diesem Zeitpunkt noch nicht per Fax an das Berufungsgericht übermittelte
Berufungsbegründung habe
Frau M.

nicht zu der [X.] gegeben, sondern auf dem Stapel der noch zu faxenden Schriftsätze belassen. Bei der später veranlassten Faxübermittlung seien Frau M.

weitere Fehler unterlaufen. Sie habe statt der ihr gut bekannten Nummer des Berufungsgerichts eine andere Nummer angewählt. Da das Faxgerät nicht durch ein akustisches Signal eine fehlgeschlagene Übersendung angezeigt [X.], habe Frau M.

den Sendebericht ohne weitere Kontrolle in den Posteingang der für den nächsten Vormittag zuständigen Angestellten H.

gelegt und den Originalberufungsschriftsatz zu der am Folgetag abgehenden Gerichtspost gegeben. Weiter habe sie aus unerfindlichen Gründen eine Kon-trolle des Fristenkalenders unterlassen, so dass die an diesem Tag ablaufende Berufungsbegründungsfrist nicht gestrichen worden sei. In der Kanzlei der Pro-zessbevollmächtigten der Klägerin bestehe die allgemeine Anweisung, Fristen erst dann zu streichen, wenn sichergestellt sei, dass der fristgebundene [X.] rechtzeitig bei Gericht eingehe, das Schriftstück also die Kanzlei auf ge-eignete Weise verlassen habe. Der Prozessbevollmächtigten der Klägerin habe 3
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sie auf deren Nachfrage vor dem Verlassen des Büros um 23.10 Uhr geantwor-tet, alle Fristsachen des [X.] seien erledigt.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die Voraus-setzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch [X.] sie eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Das [X.] hat die beantragte Wiedereinsetzung zu Recht versagt und die Berufung der
Klägerin
als unzulässig verworfen, weil die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung auf einem Organisationsverschulden ihrer
Prozess-bevollmächtigten beruht (§ 233 ZPO), das
der Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.
Die in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin getroffenen Vorkehrungen zur Behandlung von [X.] genügen nicht den [X.] Anforderungen, die nach
der Rechtsprechung des [X.] einzuhalten sind. Der Rechtsanwalt muss durch organisatorische Maß-nahmen gewährleisten, dass die für den Postversand vorgesehenen [X.] zuverlässig auf den Postweg gebracht werden. Zu einer wirksamen [X.] gehört dabei unter anderem die Anordnung, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend jedes [X.] anhand des [X.] überprüft wird ([X.], Beschlüsse
vom 17. Januar 2012 -
VI [X.], NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 16. Februar 2010 -
VIII [X.], NJW
2010, 1378 Rn. 7).
Dass eine entsprechende Anordnung in der Kanzlei der Prozess-4
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bevollmächtigten der Klägerin besteht, lässt sich dem Vorbringen im [X.] indes nicht entnehmen. Im Übrigen ist die Ausgangskontrolle
auch deshalb unzureichend, weil die allgemein gehaltene Anordnung, eine
Frist erst zu streichen, wenn sichergestellt sei, dass das Schriftstück rechtzeitig beim Gericht eingehe, es der Beurteilung der jeweiligen Angestellten überlässt, wann sie diese Voraussetzung als erfüllt ansieht. Erforderlich ist eine
konkrete
Anwei-sung
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etwa
in dem Sinne, dass die Frist erst gestrichen wird, wenn der frist-wahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach der Kanzlei gelegt wird, von wo aus er unmittelbar zum Briefkasten gebracht wird
([X.], Beschluss vom 12.
April 2011 -
VI [X.], NJW 2011, 2051 Rn. 7).
Auf diese Mängel der allgemeinen Ausgangskontrolle käme es allerdings nicht an, wenn die Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine konkrete Einzel-weisung erteilt hätte, deren Befolgung die Einhaltung der Frist sichergestellt hätte (vgl.
[X.], Beschluss vom 23. Oktober
2003 -
V [X.], [X.], 367 unter II
2).
Die hier erteilte Anweisung, die Berufungsbegründung vorab an das Berufungsgericht zu faxen,
erfüllt diese Voraussetzungen indes schon [X.] nicht,
weil die in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ge-troffenen Vorkehrungen zur Faxübermittlung fristgebundener Schriftsätze
eben-falls
unzureichend sind. Denn der
Rechtsanwalt muss
durch geeignete Anord-nungen sicherstellen, dass
die richtige Nummer des Empfangsgerichts
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vor-zugsweise
anhand des letzten in der Handakte befindlichen Schreibens
dieses Gerichts oder eines gebräuchlichen
Verzeichnisses
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ermittelt und nicht etwa aus dem Gedächtnis abgerufen wird
([X.], Beschlüsse vom 17. August 2011
-
VIII ZB 39/10;
NJW-RR
2011, 1557 Rn. 11; vom 19. März 1997 -
IV ZB 14/96, NJW-RR 1997, 952; vom 6. Juni 2005 -
II ZB 9/04, NJW-RR 2005, 1373 unter II
1 b).
Außerdem muss der Sendebericht daraufhin überprüft werden, ob die rich-tige Nummer
des Empfangsgerichts angewählt wurde und die Sendung [X.] übermittelt worden ist ([X.], Beschluss vom 7. Juli 2010 -
XII ZB 59/10, 6
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NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12 ff.). Dass in der Kanzlei der Prozessbevollmächtig-ten der Klägerin derartige (umfassende) Anordnungen zur Behandlung von Faxsendungen
bestehen, lässt sich dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht ent-nehmen.
Die genannten organisatorischen Mängel sind für die Fristversäumung ursächlich geworden, da nicht auszuschließen ist, dass
ohne sie eine fristge-rechte Übermittlung erfolgt wäre.
Schließlich entfällt ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht deshalb, weil die Prozessbevollmächtigte, bevor sie
das Büro am Tage des Fristablaufs verlassen hat, bei der Büroangestellten noch einmal nachgefragt hat, ob alle

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Fristen des [X.] erledigt waren.
Eine derartige Nachfrage kann eine ord-nungsgemäße Ausgangskontrolle nicht ersetzen.
Dr. Milger
[X.]
Dr. Achilles

Dr. Fetzer
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.03.2013 -
9 [X.]/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 06.08.2013 -
63 [X.] -

Meta

VIII ZB 52/13

11.03.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2014, Az. VIII ZB 52/13 (REWIS RS 2014, 7277)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7277

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