Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.06.2004, Az. VIII ZR 379/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2568

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 30. Juni 2004 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein

BGB §§ 573 c Abs. 4, 575 Abs. 4, 307 Bb, Ci Eine Bestimmung in einem Formularmietvertrag über Wohnraum, wonach die ordent-liche Kündigung innerhalb der ersten zwei Jahre nach Vertragsschluß für beide [X.] ausgeschlossen ist, ist nicht nach § 307 BGB (früher: § 9 [X.]) unwirksam (Fortführung des [X.] vom 22. Dezember 2003 - [X.], NJW 2004, 1448). [X.], Urteil vom 30. Juni 2004 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis 2. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richter Dr. [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel des [X.] werden unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 21. November 2003 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 17. Juli 2003 abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte zu 1 wird neben dem [X.] zu 2 als Gesamt-schuldnerin verurteilt, an den Kläger 2.163,23 • nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Februar 2003 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des [X.] in der ersten Instanz haben die [X.] gesamtschuld-nerisch 2/6 zu tragen, die Beklagte zu 1 darüber hinaus weitere 3/6. Von den außergerichtlichen Kosten der [X.] zu 1 in der ersten Instanz hat der Kläger 1/6 zu tragen. Im übrigen tragen die Parteien ihre erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten selbst. Von den Kosten der Rechtsmittelverfahren haben der [X.] und die Beklagte zu 1 jeweils 2/5 zu tragen. Von Rechts wegen

- 3 - Tatbestand: Die [X.] mieteten mit schriftlichem Vertrag vom 29. Juli 2002 von dem Kläger ab 1. August 2002 die Wohnung [X.] in dem [X.]in [X.]/V. . Die monatliche Kaltmiete belief sich auf 250 •, für [X.] war eine monatliche Vorauszahlung von 160 • zu leisten. In dem Formularmietvertrag heißt es unter anderem: "§ 2 Mietdauer – 3. Die Parteien verzichten wechselseitig für die Dauer von zwei Jahren auf ihr Recht zur Kündigung dieses [X.]. Eine Kündigung ist erstmalig nach Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren mit der gesetzlichen Frist zulässig. Von dem Verzicht bleibt das Recht der Parteien zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund und zur außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist unberührt. ..." Im August und September 2002 zahlten die [X.] jeweils nur einen Teil der vertraglich geschuldeten Miete. Weitere [X.] erfolgten nicht. Mit Schreiben vom 14. November 2002 teilte die Beklagte zu 1 dem Klä-ger mit, daß sie und der Beklagte zu 2 sich getrennt hätten und beide das Miet-verhältnis kündigten. Der Kläger erklärte daraufhin seinerseits mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 wegen unstreitig bestehender Zahlungsrückstände die fristlose Kündigung. Nach Ablauf der Räumungsfrist ließ er die Wohnung am 9. Dezember 2002 öffnen. Die von den [X.] zurückgelassenen [X.] ließ er räumen und lagerte diese in einer ihm gehörenden Garage ein. In die Wohnungstür ließ er ein neues provisorisches Schloß einbauen. Der Kläger konnte die Wohnung erst zum 1. Mai 2003 anderweitig vermieten. - 4 - Der Kläger verlangt neben den Mieten für die Monate August 2002 bis April 2003 zuzüglich Nebenkosten Ersatz für die Kosten der Räumung, der [X.] der den [X.] gehörenden Gegenstände und des Einbaus des neuen [X.]. Insgesamt hat er die Zahlung von 2.605,61 • begehrt. Gegen den [X.] zu 2 erging am 13. Mai 2003 durch das Amtsge-richt antragsgemäß ein Teilversäumnisurteil, das rechtskräftig geworden ist. Dagegen hat das Amtsgericht der Klage gegen die Beklagte zu 1 nur in Höhe von 1.883,23 • stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen; es hat dem Kläger die für April 2003 begehrte Miete nicht zugebilligt, die verlangten Nebenkosten von 180 • auf 90 •, die Lagerkosten von monatlich 50 • auf 35 • monatlich und die [X.] von 594,44 • auf 399,56 • gekürzt; schließlich hat es die Kosten für den Schließzylinder von 112,50 • nicht anerkannt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des [X.] hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Ziel einer Verurteilung auch der [X.] zu 1 nach seinem ursprünglich gestellten Antrag weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Der in § 2 Nr. 3 des [X.] vereinbarte Kündigungsausschluß für die Dauer von zwei Jahren sei unwirksam. Ein befristeter Kündigungsausschluß wirke wie eine Verlängerung der Kündigungsfrist um diesen Zeitraum. Eine [X.] Fristverlängerung zum Nachteil des Mieters sei nach dem Wortlaut des § 573 c Abs. 4 BGB unwirksam. [X.] unangreifbar habe das - 5 - Amtsgericht die vom Kläger beanspruchten Nebenkosten für die Zeit von [X.] bis April 2003 auf 90 • gekürzt. Gleiches gelte für die Reduzierung der vom Kläger begehrten [X.] um 194,88 •. Angemessen sei ferner die vom Amtsgericht zugesprochene Höhe der Lagerkosten von monatlich 35 •. Daß der Kläger die streitgegenständliche Garage in dem betreffenden Zeitraum für 50 • im Monat anderweitig hätte vermieten können, sei nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Zudem sei der Kläger, der dieses erstmals im Beru-fungsverfahren behauptet habe, gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO mit diesem Vorbringen ausgeschlossen. Letztlich habe das Amtsgericht zu Recht auch die nach der mündlichen Verhandlung vorgelegte Rechnung über den Schließzylinder in Höhe von 112,50 • nicht mehr berücksichtigt. Die Vorla-ge sei verspätet erfolgt. Eines Hinweises durch das Gericht habe es deshalb nicht bedurft, weil der Kläger bereits in der Klageschrift darauf hingewiesen ha-be, daß diese Rechnung noch vorgelegt werden würde. I[X.] Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung, die mangels einer eindeutigen Beschränkung der Revisionszulassung durch das Berufungsgericht in vollem Umfang zu erfolgen hat (vgl. [X.], Urteil vom 5. November 2003 - [X.] ZR 320/02, [X.], 853 unter II) nur teilweise stand. 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger von der [X.] zu 1 auch für den Monat April 2003 Schadensersatz in Höhe von 250 • verlangen. Zu Recht ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegan-gen, daß die Kündigung der [X.] zu 1 vom 14. November 2002 das Miet-verhältnis nicht beendet hat. Vielmehr ist die Beendigung erst durch die Kündi-gung des [X.] vom 3. Dezember 2002 wegen des [X.] der - 6 - [X.] nach § 543 Abs. 1 und 2 Nr. 3 BGB eingetreten. Nicht gefolgt werden kann aber dem Berufungsgericht, soweit es in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht des Amtsgerichts ein Ende der regulären Mietzeit schon zum 31. März 2003 angenommen hat. Der dem Kläger als Vermieter aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens der [X.] zustehende Schadensersatzanspruch ist grundsätzlich auf den Zeitraum beschränkt, bis zu dem der Mieter erstmalig ordentlich hätte kündigen können (vgl. [X.] [X.] 82, 121, 129 f.; [X.], Urteil vom 15. September 1997 - [X.], [X.], 372 unter [X.] 3. und [X.]/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 543 Rdnr. 27). Vorliegend war nach § 2 Nr. 3 des [X.] eine ordentliche Kündigung innerhalb der ersten beiden Jahre nach Vertragsschluß ausgeschlossen. Die Frage, ob ein zeitlich befristeter Verzicht des Mieters auf eine ordentliche Kündigung zulässig ist, hat der [X.] in seinem Urteil vom 22. Dezember 2003 ([X.], NJW 2004, 1448) mittlerweile abweichend von der Auffassung des Berufungsgerichts entschieden. Die Regelung des § 2 Nr. 3 des [X.] ist wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen § 575 Abs. 4 BGB, weil diese Vorschrift lediglich eine automatische Beendigung des Mietverhältnisses allein durch Zeitablauf verhindern soll. Dagegen dient sie nicht dem Schutz des Mieters vor einer längeren Bindung an den Vertrag ([X.], aaO I[X.] 2.). An der Wirksamkeit der Bestimmung ändert auch die Tatsache nichts, daß der zeitlich befristete Ausschluß der ordentlichen Kündigung anders als in dem der [X.]sentscheidung vom 22. Dezember 2003 zugrundeliegenden Sachverhalt durch Formularvertrag vereinbart worden ist. Die Regelung in § 2 Nr. 3 des [X.] benachteiligt die [X.] jedenfalls deshalb nicht [X.] im Sinne von § 307 BGB, weil sie für beide Seiten gelten soll. Wie der [X.] bereits in dem genannten Urteil ausgeführt hat, ist auch der [X.] 7 - geber davon ausgegangen, daß nach der Reform des Mietrechts die Möglich-keit besteht, einen unbefristeten Mietvertrag zu schließen und für einen be-stimmten, vertraglich festgelegten Zeitraum das Recht zur ordentlichen Kündi-gung auszuschließen ([X.] aaO unter I[X.] 1. b)). Damit liegt eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB schon nicht vor. Auch § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB greift nicht ein. Insbesondere gebietet der Schutzzweck des § 573 c Abs. 4 BGB keine Einschränkung der Zulässigkeit eines Kündigungsverzichts ([X.] aaO unter I[X.] 1. c)). Letztlich ist eine Rege-lung, wie sie in § 2 Nr. 3 des [X.] getroffen worden ist, angesichts des Willens des Gesetzgebers, auf den bereits verwiesen wurde, jedenfalls dann nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn sich der Vermieter in gleicher Weise bindet. Da somit der Ausschluß des ordentlichen Kündigungsrechts des Mieters wirksam war, war die Verpflichtung der [X.] zu 1 zum Schadensersatz nicht auf den Zeitraum bis 31. März 2003 begrenzt. Dem Kläger stand vielmehr auch für den Monat April 2003 ein Schadensersatz in Höhe von 250 • zu. 2. Der Kläger hat ferner über die ihm zuerkannten Nebenkosten von 90 • hinaus Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrages von 30 • für den Monat April 2003. Dabei geht der [X.] von der aus Rechtsgründen nicht zu bean-standenden Auffassung des Amtsgerichts aus, das die verbrauchsunabhängi-gen Nebenkosten im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens auf monatlich 30 • geschätzt hat (§ 287 ZPO). 3. Auch die von den Vorinstanzen durchgeführte Schätzung der [X.] gemäß § 287 ZPO hält den [X.] der Revision stand. [X.] war für die Beurteilung dieser Frage entgegen der Auffassung der [X.] die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich und durf-- 8 - te schon mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO unter-bleiben. 4. Keinen Bedenken begegnet weiterhin die Schätzung der Lagerkosten durch die Vorinstanzen. Zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Kläger sei mit seinem Vorbringen, er habe die als Lagerstätte genutzte Garage anderweitig für 50 • monatlich vermieten können, nach den §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, da er diese Behauptung erstmals in der [X.] vorgetragen hat. In erster Instanz hat der Kläger eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 50 • ohne jede Begründung geltend ge-macht. 5. Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich die von dem Kläger erst nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 3. Juli 2003 vorgelegte Rechnung über den Schließzylinder für die Eingangstür unbe-rücksichtigt gelassen. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Vortrag in er-ster Instanz verspätet erfolgt und war in der Berufungsinstanz gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Eines Hinweises des Amtsgerichts bedurfte es nicht, da der Kläger in der Klageschrift selbst darauf hingewiesen hat, daß er die Rechnung noch vorlegen werde. - 9 - II[X.] Dem Kläger stehen somit über die bereits von den Vorinstanzen ausge-urteilten 1.883,61 • hinaus weitere 280 • Schadensersatz gegen die Beklagte zu 1 zu. Insoweit ist auf seine Revision das Berufungsurteil aufzuheben, und das erstinstanzliche Urteil ist, wie der [X.] selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO), entsprechend abzuändern. Im übrigen ist die Revision zurückzu-weisen.

[X.] Richter am Bundesgerichtshof [X.] Dr. [X.] ist wegen Erkrankung
an der Unterzeichnung verhindert

[X.]

[X.], den 28.06.2004

[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 379/03

30.06.2004

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.06.2004, Az. VIII ZR 379/03 (REWIS RS 2004, 2568)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2568

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