Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2009, Az. 5 StR 363/09

5. Strafsenat | REWIS RS 2009, 1608

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5 [X.][X.] vom 22. September 2009 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 22. September 2009 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. März 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO in den Einzelstrafaussprüchen der Fälle [X.] bis 7 der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Ge-samtfreiheitsstrafe aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen. G r ü n d e
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schul-dig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Es hat ferner in [X.] erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis von 1:2 an-gerechnet. Die Revision des Angeklagten erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 1. Der geständige Angeklagte vermittelte vom 8. Juli 2005 bis 16. September 2006 gegen Belohnung den Verkauf von Haschisch und Ko-kain in [X.] und [X.], das [X.] außer im Fall II.4 [X.] letztlich nach 2 - 3 - [X.] gelangte. Das [X.] hat die Strafen jeweils dem Regelstraf-rahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen und diese im Wesentlichen nach Art und Menge der gehandelten Betäubungsmittel bestimmt ([X.] f.). 2. Die Bemessung der Strafen hält in den Fällen [X.] bis 7 der Urteils-gründe der eingeschränkten sachlichrechtlichen Prüfung (vgl. [X.], 179; 24, 268) nicht stand. 3 a) Der vom [X.] in diesen Fällen verwendete Maßstab wider-spricht zum Nachteil des Angeklagten demjenigen, den das [X.] in den Fällen II.1 bis 4 der Urteilsgründe herangezogen hat (vgl. [X.], 163). 4 5 Das [X.] hat im Fall II.1 für 100 g Kokain ausgezeichneter Qualität auf zwei Jahre Freiheitsstrafe und im Fall II.2 bei 290 g [X.] indes si-chergestellten [X.] Kokains hervorragender Qualität auf die Einsatzstrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe erkannt. In den Haschisch betreffenden [X.] (2,3 kg) und II.4 (9,8 kg) hat es Freiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten sowie zwei Jahren und sechs Monaten festgesetzt. Von dem [X.] zu erkennenden Maßstab ist das [X.] in den Fällen [X.] bis 7 oh-ne Begründung zum Nachteil des Angeklagten abgewichen. Es hat im Fall [X.] bei bloßen 20 g Kokain, wenn auch guter Qualität, und 1 kg Haschisch genauso auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erkannt wie im Fall II.6, in dem zwar 100 g Kokain bestellt, aber nur 50 g durchschnittlicher Qualität übergeben worden waren. Im Fall II.7 hat das [X.] schließlich für 100 g Kokain unterdurchschnittlicher Qualität sogar auf eine Freiheitsstrafe von zwei [X.] und sechs Monaten erkannt. Für einen etwa gesteigerten Grad kriminel-ler Energie in diesen Fällen fehlt jeder Hinweis. b) Die Strafen sind demnach in den Fällen [X.] bis 7 aufzuheben und neu zu bestimmen. Damit kann auch die Gesamtfreiheitsstrafe nicht [X.] bleiben. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier [X.] - liegenden bloßen Wertungsfehler nicht. Das neu berufene Tatgericht wird die Strafen auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu bestimmen ha-ben, die um solche ergänzt werden dürfen, die zu den getroffenen [X.] nicht in Widerspruch treten. 3. Nach Festsetzung einer neuen Gesamtstrafe wird das neue Tatge-richt den berechtigten Einwand der Revision zu beachten haben, die rügt, das [X.] habe es unterlassen, rechtsstaatswidrig erlittene Untersu-chungshaft zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen. 7 a) Der Angeklagte befand sich seit seiner Festnahme am 10. März 2008 bis zur Aufhebung der die Haft anordnenden Entscheidungen durch Beschluss des Oberlandesgerichts [X.] am 25. März 2009 ohne Unterbrechung in Haft; der [X.] hat durch Beschluss vom 27. Februar 2009 entschieden, dass der Haftfort-dauerbeschluss des Oberlandesgerichts [X.] vom 20. Januar 2009 den Angeklagten in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 16 Abs. 1 Satz 2 [X.] verletzt hatte. Dem lag zugrunde, dass das am 2. September 2008 beim [X.] anhängig gemachte Verfahren wegen Überlastung des zuständigen Spruchkörpers erst durch eine ab Beginn des Jahres 2009 amtierende zusätzliche Strafkammer am 19. Januar 2009 eröffnet und am 25. Februar 2009 verhandelt werden konnte. Das [X.] hat hierin eine Verletzung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] gesehen (vgl. [X.], 474, 477), das Erfordernis einer Kompensation nach den [X.] von [X.]St ([X.]) 52, 124 im Hinblick auf die Anrechnung der Untersu-chungshaft gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB und den sich aus Art. 5 Abs. 5 [X.] ergebenden Schadensersatzanspruch indes verneint. 8 b) Zwar stellt die Rechtsansicht des [X.]s, die Kombination aus einer Anrechnung der konventionswidrigen Untersuchungshaft auf die Strafe und der möglichen Verfolgung des vor Zivilgerichten geltend zu [X.] unmittelbaren Schadensersatzanspruches aus Art. 5 Abs. 5 [X.] 9 - 5 - (vgl. [X.], 30, 34; 46), der auch einen Schmerzensgeldanspruch [X.] kann (vgl. [X.], 268), sei geeignet, die [X.] des [X.] im Sinne des Art. 34 [X.] entfallen zu lassen, eine im Ansatz taugliche Lösung dar (vgl. [X.]St [[X.]] 52, 124, 137, 139 f.; [X.] in [X.]/[X.], [X.]. [X.] Art. 5 [X.]. 136; Schätzler/[X.], [X.]. Einleitung [X.]. 75). Indes ist bei der Auslegung der Gewährleistun-gen der [X.] auch das Verständnis zu berücksichtigen, das sie in der Recht-sprechung des [X.] ([X.]) ge-funden haben ([X.]St aaO S. 136). c) Hiernach sind die [X.] gegen [X.] ergangenen [X.] Urteile des [X.] vom 29. Juli 2004 (NJW 2005, 3125) und 10. November 2005 ([X.], 474) heranzuziehen. Sie gebieten es, eine Verletzung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] neben einem Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 [X.] [X.] wie es das [X.] im Ansatz getan hat [X.] gesondert zu erwägen ([X.] NJW 2005, 3125, 3126 f.; [X.], 474, 476 bis 478; vgl. auch [X.]St [[X.]] 52, 124, 143; [X.], 633, 634; [X.] in [X.]. [X.] Art. 5 [X.]. 22); ferner ist in den Fällen noch möglicher Anrechnung [X.] Untersuchungshaft der in der Sache postulierte Vorrang der Naturalrestitution vor einer Verweisung eines Betroffenen auf den Scha-densersatzanspruch des Art. 5 Abs. 5 [X.] zu beachten ([X.], 474, 478). Die Verletzung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] ist dem-nach [X.] wie bei einer solchen des Art. 6 Abs. 1 [X.] [X.] —durch eindeutige und messbare Minderung der [X.] ([X.] aaO m.w.[X.]) über die zwingende Anrechnung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB hinaus (vgl. [X.] aaO und NJW 2005, 3125, 3128; [X.]St aaO S. 143; [X.] [X.], 480, 481) wie-dergutzumachen. Dies hat nach den offensichtlich auch hierfür maßgeblichen Erwägungen von [X.]St ([X.]) 52, 124, 143 entsprechend der dort vorgege-benen [X.] zu erfolgen. Einer von der Revision angeregten analogen Anwendung der Vorschrift des § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB bedarf es nicht. 10 - 6 - Bei minder schweren Verstößen kommt freilich vor dem Hintergrund vollständiger Anrechnung des lediglich zur Unzeit erlittenen Freiheitsentzu-ges die bloße Feststellung des Konventionsverstoßes als ausreichende Kompensation in Betracht (vgl. [X.] NJW 2005, 3125, 3128; [X.]St [[X.]] 52, 124, 146; [X.] in Löwe/[X.], [X.]. [X.] Art. 5 [X.]. 136 m.w.[X.]). Ob dies der Fall ist, wird von der Dauer der rechtsstaatswidrig erlittenen Untersuchungshaft und ihrer Wirkung auf den später Verurteilten abhängen. Bei etwaiger weitergehender gegen Art. 6 Abs. 1 [X.] verstoßender Verfahrensverzögerung wird eine einheitliche Kompensation auszusprechen sein (vgl. auch [X.], Urteil vom 16. Juli 2009 [X.] 3 [X.], [X.]. 49). 11 12 d) Das neu berufene Tatgericht wird demnach den Umfang der gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] verstoßenden Untersuchungshaft zu bestimmen und zu entscheiden haben, ob eine ausdrückliche Feststellung des Konventionsverstoßes als Kompensation genügt. [X.] wird nach den Maßstäben von [X.]St ([X.]) 52, 124, 146 f. ein Teil der neu zu [X.] Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt zu erklären sein. [X.]

Meta

5 StR 363/09

22.09.2009

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2009, Az. 5 StR 363/09 (REWIS RS 2009, 1608)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1608

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