Bundesfinanzhof, Beschluss vom 16.05.2013, Az. X B 131/12

10. Senat | REWIS RS 2013, 5681

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Gegenstand

Anforderungen an die Substantiierung von Beweisanträgen - Benennungsverlangen


Leitsatz

1. NV: Hat das FG im Urteil begründet, weshalb es von der Erhebung einzelner Beweise abgesehen hat, sind die Anforderungen, die an die Begründung einer Sachaufklärungsrüge hinsichtlich der Angabe des Beweisthemas und des zu erwartenden Inhalts der übergangenen Zeugenaussage zu stellen sind, herabgesetzt.

2. NV: Ein Beweisantrag darf wegen mangelnder Substantiierung abgelehnt werden, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann. § 373 ZPO verlangt vom Beweisantragsteller aber nicht, den gesamten Inhalt der künftigen Zeugenaussage durch detaillierte Angaben in seinem Beweisantrag vorwegzunehmen.

3. NV: Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten erfüllt, indem er dem FA Originalunterlagen übergeben hat, und sind diese Unterlagen im Bereich des FA verlorengegangen, will das FG seiner Entscheidung aber gleichwohl Aufzeichnungen eines Prüfers über den Inhalt der nicht mehr vorhandenen Unterlagen zugrunde legen, kann es gehalten sein, die Anforderungen an die Substantiierung von Beweisanträgen des Steuerpflichtigen herabzusetzen.

4. NV: Die Anwendung des § 160 AO setzt stets voraus, dass zuvor ein Benennungsverlangen an den Steuerpflichtigen gerichtet worden ist.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte in den Streitjahren 1995 bis 1999 aus einem Taxiunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Insgesamt setzte er in den Streitjahren 14 Fahrzeuge ein, die allerdings nicht alle gleichzeitig in Betrieb waren.

2

[[X.].] begann eine Steuerfahndungsprüfung beim Kläger. Der Fahndungsprüfer hielt die Aufzeichnungen des [[X.].] nicht für ordnungsgemäß, weil die Schichtzettel nicht aufbewahrt worden seien und die verwendete Software nicht manipulationssicher gewesen sei. Er nahm eine Nachkalkulation der betrieblichen Erlöse anhand der Laufleistung der einzelnen Fahrzeuge und der erzielten Umsätze pro gefahrenem Kilometer (km) vor. Danach ergaben sich für die Jahre 1993 und 1994 geringere als die vom Kläger erklärten Ergebnisse; für die Streitjahre 1995 bis 1999 lagen die vom Fahndungsprüfer kalkulierten Werte hingegen höher als die vom Kläger erklärten.

3

Zur Ermittlung der jährlichen Laufleistung der einzelnen Fahrzeuge ging der Fahndungsprüfer von den Kilometerständen aus, die in [[X.].] und [[X.].] angegeben waren. Soweit diese Angaben dem Fahndungsprüfer nicht plausibel erschienen, schloss er daraus auf eine Manipulation der Tachometer und schätzte die Laufleistung nach Werten der Vorjahre.

4

Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten und der Würdigung des Finanzgerichts ([[X.].]) beruht etwa die Hälfte der insgesamt für die Streitjahre ermittelten Hinzuschätzungsbeträge auf der vom Fahndungsprüfer vorgenommenen Erhöhung der Laufleistung für das Fahrzeug … (im Folgenden: Fahrzeug 3). Für dieses Fahrzeug lagen dem [[X.].] die folgenden Angaben vor:

5

-       

[[X.].]: 17. Dezember 1992,

-       

Kilometerstand am 31. Januar 1994: 79.515 km,

-       

TÜV-Bericht vom 22. August 1996, bei dem im Feld "km-Stand" handschriftlich eine Zahl eingetragen ist, die der Fahndungsprüfer und das [[X.].] als "271" lesen und daraus folgern, der Tachostand habe sich seinerzeit auf 271.000 km belaufen. Der Kläger ist demgegenüber der Auffassung, die Zahl könne auch als "171" gelesen werden.

6

Der Kläger hatte dem Fahndungsprüfer für die Folgezeit weitere [[X.].]e im Original zur Verfügung gestellt. Diese Unterlagen sind im Laufe des Verfahrens im Bereich der Finanzverwaltung verloren gegangen und konnten vom [[X.].] nicht eingesehen werden. Nach den vom Fahndungsprüfer erstellten Aufzeichnungen sollen sich aus den verloren gegangenen Originalunterlagen die folgenden Kilometerstände für das Fahrzeug 3 ergeben:

7

-       

19. September 1997: 230.038 km,

-       

15. Oktober 1997: 234.398 km,

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28. Januar 1998: 254.709 km,

-       

1. Oktober 1998: 241.587 km,

-       

30. September 1999 (vorerst Ende der betrieblichen Tätigkeit des Klägers): 242.169 km.

8

Der Fahndungsprüfer sah diese fünf letztgenannten Kilometerstände als nicht plausibel an (teils wegen der sich ergebenden Minderungen des Kilometerstands für aufeinander folgende Ablesungen, teils wegen der äußerst geringen Laufleistung). Er folgerte aus den bis zum 22. August 1996 vorliegenden Angaben, dass die jährliche Laufleistung des [[X.].] während dieser [[X.].] ca. 70.000 km betragen habe. Diesen Wert legte der Fahndungsprüfer auch für die [[X.].] nach dem 22. August 1996 zugrunde. Demgegenüber ergab sich für die 13 weiteren Fahrzeuge des [[X.].] eine durchschnittliche jährliche Laufleistung von 50.000 km; dieser Wert entspricht auch dem von der Aufsichtsbehörde ermittelten Durchschnittswert aller Taxenbetriebe im Bundesland [X.], die --wie der [X.] mehrere Fahrzeuge einsetzen.

9

Der Kläger hatte während des gesamten Verfahrens --neben zahlreichen weiteren Einwendungen-- u.a. vorgetragen, die Tachometer seiner Fahrzeuge seien beim Auftreten von Defekten ausgetauscht worden. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) folgte beim Erlass der angefochtenen geänderten Steuerbescheide demgegenüber dem Fahndungsprüfer und wies auch den Einspruch des [[X.].] zurück, weil dieser keine Belege (insbesondere Rechnungen) über den Austausch der Tachometer habe vorlegen können.

Im finanzgerichtlichen Verfahren fand am 25. März 2010 ein erster Erörterungstermin statt. Die damals zuständige Berichterstatterin unterbreitete den Beteiligten einen differenzierten Vorschlag für eine tatsächliche Verständigung, dessen Annahme zu einer Reduzierung der Hinzuschätzung um etwa die Hälfte geführt hätte. Ferner bat sie den Kläger, innerhalb von 14 Tagen eine Auflistung der [X.] einschließlich der entsprechenden Rechnungen vorzulegen. Im [X.] an den Erörterungstermin widerrief der Kläger die bereits --unter [X.] getroffene Verständigung. Die angeforderten Unterlagen legte er nicht vor.

Nach einem Wechsel des Berichterstatters führte der neu zuständige Berichterstatter am 11. Juli 2011 einen zweiten Erörterungstermin durch. Ein von ihm im Termin unterbreiteter [X.] wurde sogleich von beiden Beteiligten abgelehnt. Im [X.] an den Erörterungstermin richtete der Berichterstatter an die Beteiligten am 20. Juli 2011 einen schriftlichen [X.]. Darin erklärte er, "Dreh- und Angelpunkt" der Berechnungen sei der im [[X.].] von August 1996 für das Fahrzeug 3 vermeintlich angegebene Kilometerstand von 271.000. Er vertrat vorläufig die Auffassung, dass die Einschätzung des [X.] zutreffend sei und daher bis August 1996 von einer jährlichen Laufleistung von 70.000 km auszugehen sei. Für die Folgezeit schlug er aber vor, auch für dieses Fahrzeug eine jährliche Laufleistung von 50.000 km anzunehmen. Dieser [X.] wurde vom [X.] abgelehnt.

Daraufhin benannte der Kläger im Schriftsatz vom 30. August 2011 --neben anderen [X.] den [X.], einen langjährig auf dem Fahrzeug 3 eingesetzten Fahrer, zum Beweis "für einen konkreten Tachotausch im Zuge eines Unfallgeschehens" an diesem Fahrzeug. Aufgrund dieses Beweisantrags rief der beim [[X.].] zuständige Berichterstatter am 2. November 2011 beim Prozessbevollmächtigten des [[X.].] an und erklärte ausweislich eines in den finanzgerichtlichen Akten befindlichen Vermerks, der Zeuge werde wegen des Problems der "Spezifizierung eines ggf. zu [X.] an der Taxe <3> nach [[X.].]punkten und [X.]" nicht zur mündlichen Verhandlung geladen werden. Weiter heißt es in dem Vermerk: "[X.]. könne der Umstand eines [X.] als wahr unterstellt werden, ohne dass damit eine Schätzung der km-Leistungen für d. hier fraglichen [[X.].]raum entfiele." Der Prozessbevollmächtigte des [[X.].] hat im Rechtsmittelverfahren behauptet, ihm sei vom Berichterstatter ergänzend mitgeteilt worden, dieser sei der Auffassung, der Zeuge könne infolge des [[X.].]ablaufs ohnehin nichts mehr bekunden.

Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. November 2011 erklärte der Vorsitzende, der Berichterstatter habe den Prozessbevollmächtigten des [[X.].] "telefonisch über die Gründe unterrichtet ..., warum der Zeuge nicht geladen wurde (unsubstantiierter Beweisantrag, ggf. für die Schätzungsbefugnis unerheblich)." Der Kläger rügte die unterbliebene Zeugenladung zu Protokoll. Im [X.] an diesen Termin beschloss das [[X.].] die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, um die Befugnis zur Schätzung dem Grunde nach aufzuklären. Im weiteren Verfahren wies der Kläger mehrfach darauf hin, die Ermittlung der Kilometerstände aufgrund des Verlusts der Originalunterlagen beim [X.] nicht verifizieren zu können.

Mit dem nach einem weiteren Verhandlungstermin ergangenen angefochtenen Urteil bestätigte das [[X.].] die vom [X.] vorgenommene Schätzung der Erlöse des [[X.].]. Zum Fahrzeug 3 führte es aus, die Annahme einer Laufleistung von jährlich 70.000 km im [[X.].]raum bis August 1996 sei nachvollziehbar. Demgegenüber seien die für die Folgezeit bekannten Kilometerstände, soweit sie vom Fahndungsprüfer den [[X.].] hätten entnommen werden können, unplausibel, so dass die Laufleistung insoweit zu schätzen sei. Zwar verkenne der Senat nicht, dass diese Kilometerstände wegen des [X.] nicht verifizierbar seien und sowohl die durchschnittliche Laufleistung der Taxen in anderen [X.] Betrieben als auch der 13 weiteren Fahrzeuge des [[X.].] nur bei 50.000 km jährlich liege. Der Kläger habe aber keinen lückenlosen Nachweis der Laufleistung erbringen können. Daher seien die für das Fahrzeug 3 ermittelten Vorjahreswerte von 70.000 km auch für die Folgejahre anzusetzen. Der benannte Zeuge J sei mangels Substantiierung des Beweisvorbringens nicht zu vernehmen gewesen.

Das [[X.].] gab der Klage nur insoweit --zu einem kleinen [X.] statt, als es zu der Auffassung kam, die kalkulierten Umsätze seien mit den in der "Buchführung" angegebenen Lohn- und Betriebsmittelkosten nicht erzielbar gewesen. Daher schätzte es --insoweit zugunsten des [[X.].]-- zusätzliche Betriebsausgaben, schloss zugleich aber den größten Teil der zusätzlich geschätzten Lohnaufwendungen unter Berufung auf § 160 der Abgabenordnung ([[X.].]) vom Betriebsausgabenabzug aus.

Mit seiner Beschwerde erhebt der Kläger zahlreiche Verfahrensrügen und wendet sich gegen die Höhe der Schätzung.

Das [X.] hält die Beschwerdebegründung für unsubstantiiert.

Entscheidungsgründe

II. [X.] ist zulässig und begründet. Das [X.] hätte die Vernehmung des vom Kläger benannten Zeugen [X.] nicht ablehnen dürfen. Damit liegt ein vom Kläger geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des [X.] beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Die entsprechende Verfahrensrüge erfüllt die Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O. Insbesondere sind die Anforderungen, die an die Beschwerdebegründung hinsichtlich der Angabe des [X.] und des zu erwartenden Inhalts der übergangenen Zeugenaussage zu stellen sind, herabgesetzt, wenn das [X.] --wie hier-- im Urteil ausdrücklich begründet hat, weshalb es von der Erhebung einzelner Beweise abgesehen hat (vgl. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 13. August 2002 VII B 267/01, [X.] 2003, 63). Auch hat der Kläger die unterbliebene Vernehmung des Zeugen [X.] in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gerügt.

2. [X.] ist auch begründet. Das [X.] durfte die beantragte Zeugenvernehmung weder wegen fehlender Substantiierung des Beweisantrags noch aufgrund einer [X.] der unter Beweis gestellten Tatsachen unterlassen.

a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.], wonach der Tatrichter unsubstantiierten Beweisanträgen nicht nachgehen muss (vgl. [X.] in [X.] 2003, 63). In rechtlicher Hinsicht maßgebend ist insoweit die Vorschrift des § 373 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 82 [X.]O, wonach der Zeugenbeweis durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten wird. Damit korrespondierend fordert § 377 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, dass die Zeugenladung den "Gegenstand der Vernehmung" enthalten muss.

Das [X.] hat die fachgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Substantiierung dahingehend zusammengefasst --und mit diesem Inhalt gebilligt--, dass eine Beweisaufnahme unter diesem Gesichtspunkt nur abgelehnt werden darf, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sich der Beweisantrag als rechtsmissbräuchlich darstellt, weil die in ihm aufgestellte Behauptung auf das Geratewohl gemacht, gleichsam "ins Blaue" aufgestellt und damit "aus der Luft gegriffen" ist (Beschluss vom 14. April 2003  1 BvR 1998/02, Neue [X.]uristische Wochenschrift 2003, 2976, unter II.2.a).

Vor diesem Hintergrund hat die höchstrichterliche Rechtsprechung Beweisanträge vor allem dann als unsubstantiiert angesehen, wenn

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sie so unbestimmt waren, dass erst die Beweiserhebung zur Aufdeckung der entscheidungserheblichen Tatsachen führen könnte (Ausforschungs- oder Beweisermittlungsbeweis; vgl. [X.] vom 29. [X.]anuar 2008 V B 201/06, [X.] 2008, 827, unter [X.]),

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in ihnen lediglich ein Rechtsbegriff oder das Ergebnis einer Tatsachenwürdigung angegeben wurde (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in [X.] 2003, 63; in [X.] 2008, 827, unter [X.], und vom 12. Dezember 2007 I B 134/07, [X.] 2008, 736, unter [X.]),

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der Beteiligte Einwendungen gegen die Feststellungen eines Strafurteils erhebt, weil in diesen Fällen erhöhte Substantiierungsanforderungen gelten (BFH-Urteil vom 21. [X.]uni 1988 VII R 135/85, [X.], 393, [X.] 1988, 841, unter II.3.),

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Tatsachenangaben vollständig fehlten ([X.] vom 14. Dezember 1990 III R 92/88, [X.], 190, [X.] 1991, 305, unter 3., und vom 21. November 2002 VII B 58/02, [X.] 2003, 485, unter [X.]), kein konkreter Zeuge benannt war (BFH-Urteil vom 27. Februar 1992 IV R 131/90, [X.] 1992, 664, unter 3.b aa) oder der Beweisantrag trotz eines detaillierten Sachvortrags der Gegenseite lediglich pauschale Behauptungen enthielt ([X.] vom 17. März 2003 VII B 269/02, [X.] 2003, 825).

b) Der im Streitfall vom Kläger gestellte und vom [X.] übergangene Antrag auf Vernehmung des Zeugen [X.] ist demgegenüber anders gelagert. Offenbar hat das [X.] die Behauptung eines bestimmten [X.]punkts und Kilometerstands für den unter Beweis gestellten [X.] vermisst. Dadurch verliert die im Beweisantrag aufgestellte Tatsachenbehauptung indes nicht ihre Erheblichkeit. Denn angesichts des Umstands, dass das [X.] --dem das [X.] letztlich gefolgt [X.] aus der unplausiblen Abfolge der Kilometerstände auf eine Manipulation der Tachometer durch den Kläger geschlossen hat und daraus wiederum die Befugnis abgeleitet hat, die für das erste [X.]ahr der Nutzung des [X.] ermittelte [X.]ahreslaufleistung von 70.000 km auch für alle Folgejahre zugrunde zu legen, würde der Nachweis eines Tachoaustausches --gleich zu welchem [X.]punkt und mit welchem Kilometerstand während des betrieblichen Einsatzes dieses [X.] die logische Kette, die der Argumentation des [X.] zugrunde liegt, unterbrechen.

Der [X.] hat bereits mit Beschluss vom 10. März 2005 [X.] ([X.] 2005, 1339, unter [X.]) entschieden, dass ein Beweisantrag nicht deshalb unsubstantiiert ist, weil der benannte Zeuge im Zweifel nicht in der Lage sein dürfte, eine exakte Schilderung --im dortigen Fall über den Umfang des kostenlosen Ausschanks eines [X.] abzugeben, sofern nicht ausgeschlossen ist, dass aufgrund der Zeugenaussage bestimmte Modifikationen an den bisher zugrunde gelegten Schätzungsparametern vorzunehmen sind.

Ob ein Zeuge für ein Geschehen, das derart lange zurück liegt wie im Streitfall, noch hinreichend konkrete Bekundungen über [X.]punkt und Art der behaupteten Ereignisse wird abgeben können, ist eine Frage der Erhebung und späteren gerichtlichen Würdigung des Beweises. [X.]edenfalls verlangt § 373 ZPO vom Beweisantragsteller nicht, den gesamten Inhalt der künftigen Zeugenaussage durch detaillierte Angaben in seinem Beweisantrag vorwegzunehmen. Derartige Anforderungen könnte der Beweisantragsteller regelmäßig nur dann erfüllen, wenn er den Zeugen noch vor dessen Benennung intensiv befragen würde; damit liefe er aber gerade Gefahr, dass ihm dieses Verhalten als Versuch der Zeugenbeeinflussung ausgelegt und die Zeugenaussage damit für das Gericht entwertet würde.

Hinzu kommt, dass die im Einzelfall geltenden Substantiierungsanforderungen entscheidend auch vom Grad der Erfüllung der Mitwirkungspflichten der Beteiligten abhängig sind ([X.] in [X.] 2003, 63, unter [X.]). Vorliegend hatte der Kläger seine Mitwirkungspflichten in Bezug auf den Nachweis der Kilometerstände erfüllt, indem er dem Fahndungsprüfer sämtliche einschlägigen Unterlagen übergeben hatte. Dass diese Unterlagen dem [X.] nicht mehr vorgelegt werden konnten, lag allein im Verantwortungsbereich des [X.]. Das [X.] war dadurch zwar nicht gehindert, ersatzweise die vom Fahndungsprüfer erstellten Aufzeichnungen --als lediglich mittelbare [X.] im Rahmen seiner Gesamtwürdigung zu verwerten, musste in einer derartigen prozessualen Ausnahmesituation aber demjenigen, der den [X.] nicht zu vertreten hat, in besonderer Weise Gelegenheit geben, einen Gegenbeweis anzutreten, zumal es selbst darauf hingewiesen hatte, dass die Frage der Kilometerstände des [X.] der "Dreh- und Angelpunkt" des Verfahrens sei. Dabei ist ergänzend in den Blick zu nehmen, dass das [X.] die [X.] für steuererhöhende Umstände trägt, auch wenn eine Entscheidung nach den Regeln der [X.] stets nachrangig zum Versuch der eigenen gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung und Überzeugungsbildung ist ([X.]surteil vom 23. März 2011 [X.], [X.], 297, [X.] 2011, 884, unter II.2.).

c) Das [X.] durfte auch unter dem Gesichtspunkt der [X.] nicht von der beantragten Beweisaufnahme absehen.

Es hat hierzu ausgeführt, selbst wenn ein [X.] unterstellt würde und damit die für die [X.] ab August 2006 vom [X.] herangezogenen Kilometerstände keine geeignete Schätzungsgrundlage bieten würden, hätte der Kläger für das Fahrzeug 3 keine andere Laufleistung nachgewiesen, so dass diese weiterhin geschätzt werden müsste.

Dies ist zwar im Ansatz zutreffend. Der [X.] kann jedoch dem weiteren Schluss des [X.] nicht folgen, dass auch in diesem Fall die Schätzung einer jährlichen Laufleistung von 70.000 km bis zum Ende der betrieblichen Nutzung des [X.] die größte Wahrscheinlichkeit für sich hätte. Denn nachgewiesen wäre bei [X.] der Behauptung des [X.] nur die Laufleistung für das erste [X.]ahr der betrieblichen Nutzung (17. Dezember 1992 bis 31. [X.]anuar 1994). Angesichts des Umstands, dass sowohl die weiteren Fahrzeuge des [X.] als auch die in vergleichbaren Taxenbetrieben eingesetzten Fahrzeuge im Durchschnitt eine jährliche Fahrleistung von lediglich 50.000 km aufweisen, wäre die Hochrechnung der sich für das erste Einsatzjahr eines neuen Fahrzeugs ergebenden, ausnehmend hohen Laufleistung von 70.000 km auch auf die nächsten sechs Einsatzjahre so ungewöhnlich, dass sie --immer auf der Grundlage einer [X.] der vom Kläger angebotenen [X.] einer näheren Begründung bedurft hätte.

3. Der [X.] hält es für angezeigt, nach § 116 Abs. 6 [X.]O zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der [X.] darauf hin, dass die Anwendung der Vorschrift des § 160 AO nach deren klarem Wortlaut ein vorheriges erfolgloses Benennungsverlangen voraussetzt. Bereits die Entscheidung darüber, ob ein Benennungsverlangen ergehen soll, ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen ([X.] vom 25. August 1986 IV B 76/86, [X.], 381, [X.] 1987, 481, unter [X.]). Die Akten enthalten indes keinen Hinweis darauf, dass das [X.] oder [X.] ein solches Benennungsverlangen an den Kläger gerichtet und das entsprechende Ermessen ausgeübt haben könnte.

Im Übrigen hätte das [X.] den von ihm zur Gewährung eines zusätzlichen Betriebsausgabenabzugs herangezogenen Umstand, dass sich die geschätzten Erlöse nicht mit den vom Kläger aufgezeichneten Betriebsausgaben erzielen ließen, auch zum Anlass nehmen können, die Schätzung des [X.] nochmals einer Prüfung zu unterziehen, zumal diese für die [X.]ahre 1993 und 1994 zu geringeren als den vom Kläger selbst erklärten Ergebnissen geführt hat.

4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der [X.] gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O ab.

Meta

X B 131/12

16.05.2013

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 15. Mai 2012, Az: 5 K 76/08, Urteil

§ 76 Abs 1 FGO, § 160 AO, § 373 ZPO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 16.05.2013, Az. X B 131/12 (REWIS RS 2013, 5681)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5681

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