Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.01.2012, Az. 6 AZR 407/10

6. Senat | REWIS RS 2012, 9999

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Gegenstand

(Hinweispflicht nach § 6 Satz 2 KSchG - Konsultationspflicht bei Interessenausgleich mit Namensliste - Stellungnahme des Betriebsrats)


Leitsatz

Das Arbeitsgericht genügt der Hinweispflicht des § 6 Satz 2 KSchG auf die Präklusionsvorschrift des § 6 Satz 1 KSchG, wenn es den Arbeitnehmer darauf hinweist, dass er sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG nicht geltend gemachte Gründe berufen kann. Hinweise des Arbeitsgerichts auf konkrete Unwirksamkeitsgründe sind unter dem Gesichtspunkt des § 6 Satz 2 KSchG auch dann nicht geboten, wenn im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens deutlich wird, dass Unwirksamkeitsgründe in Betracht kommen, auf die sich der Arbeitnehmer bisher nicht berufen hat. Die Pflicht zu derartigen Hinweisen kann sich allerdings aus der in § 139 ZPO geregelten materiellen Prozessleitungspflicht des Gerichts ergeben.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2010 - 26 [X.]/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung. Die Klägerin war seit dem 1. Oktober 1991 als Konstrukteurin im Betrieb [X.] der Schuldnerin, in dem ein Betriebsrat gebildet war, beschäftigt. Dort waren etwa 110 Mitarbeiter tätig. Durch Beschluss des [X.] - Insolvenzgericht - vom 1. Juni 2009 (- 3 [X.]) wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der [X.] zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 10. Juni 2009 stellte der [X.] die Produktion in [X.] ein und stellte alle Arbeitnehmer mit Ausnahme von sechs Beschäftigten, die insolvenzspezifische Tätigkeiten verrichteten, mit Wirkung vom 11. Juni 2009 von der Erbringung der Arbeitsleistung frei. Werbende und produzierende Tätigkeiten wurden im Betrieb [X.] seitdem nicht mehr entfaltet, Aufgaben für Konstrukteure waren nicht mehr vorhanden.

2

Am 24. Juni 2009 einigte der [X.] sich mit dem Betriebsrat auf einen Interessenausgleich mit Namensliste. Dieser lautet auszugsweise wörtlich:

        

§ 4 Betriebsratsanhörung nach § 102 [X.]

        

Der Betriebsrat erklärt mit Unterzeichnung dieses Interessenausgleiches, dass er bereits im Rahmen der Verhandlungen über diesen Interessenausgleich ordnungsgemäß die nach § 102 [X.] erforderlichen Informationen über die zu berücksichtigenden Kündigungsgründe und zur Sozialauswahl … erhalten hat und so bereits ordnungsgemäß angehört wurde.

        

... Der Betriebsrat erklärt, dass er die beabsichtigten Kündigungen zur Kenntnis nimmt und keine weitere Stellungnahme abgeben wird und das Anhörungsverfahren als abgeschlossen sieht.

        

…       

        

§ 8 Unterrichtung nach § 17 [X.]

        

Der Betriebsrat erklärt hiermit, rechtzeitig und umfassend gemäß § 17 [X.] über die anzeigepflichtigen Maßnahmen unterrichtet worden zu sein. Der vorliegende Interessenausgleich ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats gemäß § 17 Absatz 3 [X.] (§ 125 [X.]) sowie § 20 Absatz 1 und 2 [X.].“

3

Am 24. Juni 2009 ging um 13:24 Uhr der vom stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, der den am 24. und 25. Juni 2009 urlaubsbedingt abwesenden Vorsitzenden vertrat, unterschriebene Interessenausgleich in eingescannter Form per E-Mail bei der Schuldnerin ein. Der [X.] zeigte mit Schreiben vom 25. Juni 2009, das dort per Telefax um 12:37 Uhr einging, der [X.] die geplante Massenentlassung an. Diesem Schreiben fügte er ein ausgedrucktes, von ihm unterzeichnetes Exemplar des ihm vom Betriebsrat per E-Mail übersandten Interessenausgleichs bei. Aufgrund eines [X.] nahm er im Anschreiben auf einen Interessenausgleich vom 2. Juni 2009 Bezug. Die Kündigungserklärungen vom 25. Juni 2009 gab der [X.] noch am selben Tag gegen 15:45 Uhr zur Post. Der Klägerin ging die Kündigung am 26. Juni 2009 zu.

4

Die Klägerin hat am 17. Juli 2009 Kündigungsschutzklage erhoben. In der Ladung zum Gütetermin erteilte das [X.] den Hinweis nach § 6 Satz 2 [X.] wie folgt:

        

„Die klagende Partei wird darauf hingewiesen, dass nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der 1. Instanz auch weitere Unwirksamkeitsgründe geltend gemacht werden können (§ 6 [X.]).“

5

Erstinstanzlich hat die Klägerin lediglich gerügt, der Betrieb der Schuldnerin sei nicht dauerhaft stillgelegt worden. Mangels formgerecht unterzeichneten Interessenausgleichs habe sich der [X.] auch nicht auf die Rechtswirkungen aus § 1 Abs. 5 [X.] berufen dürfen. Erst in der Berufungsinstanz hat die Klägerin [X.] hinsichtlich der Betriebsratsanhörung und der Wahrung der Pflichten des [X.]n aus § 17 [X.] erhoben. Die [X.] sei bereits deshalb nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil im Anschreiben an die [X.] ein falsches Datum des Interessenausgleichs genannt worden sei. Der [X.] habe nicht hinreichend dargelegt, dass er der Konsultationspflicht nach § 17 Abs. 2 [X.] nachgekommen sei. Der Interessenausgleich habe der gesetzlichen Schriftform nicht genügt und darum nicht die Stellungnahme des Betriebsrats gegenüber der [X.] ersetzen können.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 25. Juni 2009 nicht aufgelöst wurde.

7

Der [X.] hat seinen Antrag auf Klageabweisung darauf gestützt, dass es auf den formal wirksamen Abschluss des Interessenausgleichs für die Ersetzungswirkung nicht ankomme.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das [X.] hat angenommen, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Das [X.] habe seiner Hinweispflicht nach § 6 Satz 2 [X.] genügt, so dass sich die Klägerin nach Abschluss der ersten Instanz nicht auf weitere [X.] berufen könne. Ohnehin habe der [X.] seine Pflichten aus § 102 [X.] und § 17 [X.] nicht verletzt. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das [X.] habe den Inhalt der Hinweispflicht nach § 6 Satz 2 [X.] verkannt. Weil Anhaltspunkte für weitere Unwirksamkeitsgründe vorgelegen hätten, habe es eines konkreten Hinweises des [X.]s zu § 102 [X.] und § 17 [X.] bedurft. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen dazu, dass die [X.] nicht ordnungsgemäß erstattet sei.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Klage mit zutreffender [X.]egründung abgewiesen.

I. Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 1 [X.] wirksam. Die dem zugrunde liegenden Tatsachen hat das [X.] gemäß § 561 ZPO bindend festgestellt. Gegen diese Feststellung wendet sich die Revision nicht.

II. Das [X.] hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Klägerin mit der Rüge des [X.] des § 102 Abs. 1 Satz 3 [X.] nach § 6 Satz 1 [X.] ausgeschlossen ist, weil sie diese Rüge erstmals in der [X.]erufungsinstanz erhoben hat.

1. Nach § 6 Satz 1 [X.] kann sich der Arbeitnehmer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur [X.]egründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf innerhalb der Frist des § 4 [X.] nicht geltend gemachte Gründe berufen, sofern er innerhalb dieser Frist Kündigungsschutzklage erhoben hat. § 6 Satz 1 [X.] ist damit eine Präklusionsvorschrift ([X.] [X.] 2012, 9, 10; [X.] 2004, 321, 329).

Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift des § 6 Satz 1 [X.] dem „meist nicht rechtskundigen“ Arbeitnehmer die Möglichkeit eröffnen, auch nach Ablauf der Frist des § 4 [X.] noch andere [X.] in den Prozess einzuführen, auf die er sich zunächst nicht berufen hat. Zugleich wollte er diese Rügemöglichkeit auf die Zeit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz beschränken, um dem Arbeitgeber alsbald Klarheit über den [X.]estand oder die [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses zu verschaffen ([X.]T-Drucks. 15/1204 S. 13). Allerdings führt seit der Neufassung des § 4 [X.] durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 ([X.]I S. 3002) die Rüge einer Unwirksamkeit der Kündigung unter weiteren rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu einem Wechsel im Streitgegenstand, sondern nur zu einer Erweiterung des Sachvortrags, so dass an sich der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess im Rahmen der geltenden Präklusionsbestimmungen weitere [X.] nachschieben könnte. Unabhängig davon, dass § 6 Satz 1 [X.] insoweit redaktionell missglückt (so [X.] 23. April 2008 - 2 [X.] - Rn. 22, [X.] [X.] 1969 § 4 Nr. 65 = EzA [X.] § 4 nF Nr. 84) bzw. misslungen ist ([X.] [X.] 2012, 9; [X.]/[X.] [X.] 2004, 358, 364; [X.] 2004, 86, 101; [X.] [X.] 2005, 391, 398), ist diese Regelung von den Gerichten zu achten ([X.] [X.] 2004, 65, 69; [X.] 2004, 321, 329). Der Arbeitnehmer muss deshalb aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 6 Satz 1 [X.] alle weiteren [X.] spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz geltend machen. Geschieht dies nicht, ist er mit dieser Rüge grundsätzlich ausgeschlossen ([X.] 8. November 2007 - 2 [X.] - Rn. 10, 16, [X.]E 124, 367; vgl. auch 4. Mai 2011 - 7 [X.] - Rn. 19, EzA [X.] § 6 Nr. 3 für die auf § 6 [X.] verweisende [X.]estimmung des § 17 Satz 2 [X.]; [X.]. § 6 [X.] Rn. 18a; [X.]/[X.]/Kriebel Stand Oktober 2010 § 6 [X.] Rn. 14 ff.; [X.] 2004, 86, 102; [X.]/[X.] [X.] 2004, 358, 365; [X.] [X.] 2005, 391, 392).

2. Das Arbeitsgericht hat die Klägerin in der Ladung zum Gütetermin entsprechend dem Wortlaut des § 6 Satz 1 [X.] darauf hingewiesen, dass sie sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur [X.]egründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen kann. Damit hatte es seiner Pflicht aus § 6 Satz 2 [X.] genügt. Eine Verpflichtung des Arbeitsgerichts, die Klägerin auf etwaige [X.], die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls in [X.]etracht hätten kommen können, hinzuweisen, bestand nach dieser [X.]estimmung nicht.

a) Über Anlass und Inhalt der Hinweispflicht nach § 6 Satz 2 [X.] in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung ist noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen. Der [X.] hat in seiner Entscheidung vom 8. November 2007 (- 2 [X.] - Rn. 21, [X.]E 124, 367) lediglich angenommen, dass ein ausreichender Hinweis an den Kläger dadurch erfolgt sei, dass das Arbeitsgericht eindeutig festgestellt habe, andere [X.] habe der Kläger erstinstanzlich nicht geltend gemacht. Der Siebte Senat hat in der Entscheidung vom 4. Mai 2011 (- 7 [X.] - Rn. 21, EzA [X.] § 6 Nr. 3) ausdrücklich offengelassen, nach welchen Maßstäben sich die Hinweispflicht des Arbeitsgerichts richtet. In der Entscheidung vom 16. April 2003 (- 7 [X.] - [X.]E 106, 72, 78) hat der Siebte Senat die Hinweispflicht nach § 17 [X.], § 6 [X.] aF nicht als verletzt angesehen, weil das Arbeitsgericht weder den [X.] noch der Klagebegründung noch sonstigen Umständen Anhaltspunkte dafür habe entnehmen können, dass die letzte vereinbarte [X.]efristung unwirksam gewesen sein könnte.

b) Nach [X.] in der Literatur muss ein Hinweis nach § 6 Satz 2 [X.] erfolgen, wenn andere [X.] als die bisher gerügten erkennbar in [X.]etracht kommen ([X.] [X.] 2012, 9, 11; [X.] 9. Aufl. § 6 [X.] Rn. 31; [X.]/[X.] 12. Aufl. § 6 [X.] Rn. 6; [X.]S/[X.] 4 Aufl. § 6 [X.] Rn. 22; [X.]/[X.]/Kriebel Stand Oktober 2010 § 6 [X.] Rn. 47 hält das „Erfragen“ derartiger Anhaltspunkte in bestimmten Fällen für erforderlich). [X.]ei Vorliegen solcher Umstände soll ein Hinweis auf einen konkreten, im einzelnen vom Gericht zu benennenden [X.] erfolgen (vgl. [X.] aaO, der einen konkreten Hinweis des Arbeitsgerichts verlangt, wenn aufgrund des Tatsachenvorbringens der [X.]en die Möglichkeit eines bislang noch nicht ausreichend vorgetragenen [X.] vorliegt; nach [X.] aaO hat das Gericht z[X.] auf die Möglichkeit der Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 [X.] hinzuweisen). Andere Stimmen in der Literatur halten einen umfassenden Hinweis in Form eines „juristischen Einkaufszettels“ (so polemisch [X.]/[X.] [X.] 2004, 358, 365) auf alle möglichen [X.] für erforderlich ([X.] [X.] 2004, 65, 69).

c) Diese Auslegungen gehen jedoch über den [X.] des § 6 Satz 2 [X.] hinaus. Nach dieser [X.]estimmung soll das Arbeitsgericht den Arbeitnehmer „hierauf“, also darauf, dass er nach § 6 Satz 1 [X.] weitere [X.] (nur) bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung geltend machen kann, hinweisen. Auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich kein weitergehender Wille des Gesetzgebers. Danach soll der meist nicht rechtskundige Arbeitnehmer, der bei Klageerhebung oft nicht alle [X.] kennt, die Möglichkeit haben, später andere Gründe in den Prozess einzuführen. „Hierauf“ soll ihn das Gericht hinweisen ([X.]T-Drucks. 15/1204 S. 13). Mehr verlangt § 6 Satz 2 [X.] nicht. Deshalb reicht der bloße Hinweis des Arbeitsgerichts auf den Regelungsgehalt des § 6 Satz 1 [X.] zur Wahrung der Hinweispflicht aus § 6 Satz 2 [X.] aus.

3. § 6 [X.] führt allerdings in vorstehender Auslegung zu einer nicht unerheblichen [X.]eschneidung der Rechtsschutzmöglichkeiten des Arbeitnehmers. Als Präklusionsvorschrift steht § 6 Satz 1 [X.] im Spannungsverhältnis zwischen den Geboten zur Rechtsschutzgewährung und der Wahrung des rechtlichen Gehörs sowie der anzustrebenden materiellen Richtigkeit der zu treffenden Entscheidung einerseits und der [X.]efolgung der vom Gesetzgeber angeordneten [X.]eschleunigung und Konzentration des Streitstoffs schon in erster Instanz andererseits.

a) Es liegt grundsätzlich in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, ob für die Rechtsverfolgung mehrere Instanzen bereitgestellt werden, unter welchen Voraussetzungen diese angerufen werden können und wie weit die Prüfungsbefugnis des jeweils zuständigen Gerichts reicht (vgl. [X.] 24. Januar 2005 - 1 [X.]vR 2653/03 - [X.]K 6, 1, 3 für § 531 Abs. 2 ZPO nF). Die [X.]eschränkung der Prüfungsbefugnis des [X.]s durch § 6 [X.] steht deshalb mit dem Justizgewährungsanspruch des Art. 19 Abs. 4 GG in Einklang.

b) Der Gesetzgeber kann auch das rechtliche Gehör im Interesse der Verfahrensbeschleunigung durch Präklusionsvorschriften begrenzen. Allerdings führen Vorschriften wie die des § 6 Satz 1 [X.] dazu, dass einer [X.] Vorbringen abgeschnitten werden kann, das zu einem anderen Ausgang des Prozesses geführt hätte. Wegen dieser einschneidenden Folgen für den Anspruch auf rechtliches Gehör müssen solche Vorschriften Ausnahmecharakter haben. Ihre Anwendung durch die Fachgerichte unterliegt einer strengeren verfassungsgerichtlichen Kontrolle, als dies üblicherweise bei der Anwendung einfachen Rechts der Fall ist. Art. 103 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn durch die fehlerhafte Anwendung von Präklusionsvorschriften eine verfassungsrechtlich erforderliche Anhörung nicht stattgefunden hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist dagegen gewahrt, wenn die betroffene [X.] ausreichend Gelegenheit hatte, sich in den ihr wichtigen Punkten zur Sache zu äußern, dies aber aus von ihr zu vertretenden Gründen versäumt hat ([X.] 5. Mai 1987 - 1 [X.]vR 903/85 - [X.]E 75, 302; 30. Januar 1985 - 1 [X.]vR 876/84 - [X.]E 69, 145, 149).

c) Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund hat die Rechtsprechung des [X.] und des [X.] bei der Anwendung von Präklusionsvorschriften verlangt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen „strikt“ eingehalten werden ([X.] 12. Januar 1983 - [X.]/81 - [X.]Z 86, 218). Für die Präklusionsvorschrift des § 277 Abs. 2 ZPO stellt der [X.] hohe Anforderungen an die von diesen Vorschriften verlangte gerichtliche [X.]elehrung über die Folgen einer Fristsäumnis. Es müsse dem [X.]eklagten unmissverständlich klar gemacht werden, welcher Nachteil ihm bei Nichteinhaltung der Frist entstehe. Die formularmäßige Mitteilung des Gesetzeswortlauts reiche dabei nicht aus. Die [X.]elehrung müsse vielmehr dem [X.]eklagten sinnfällig vor Augen führen und ihm völlig klar machen, dass er sich gegen die Klage nur innerhalb der gesetzten Frist zur [X.] verteidigen könne, dass ihm bei Versäumung der Frist im Allgemeinen jegliche Verteidigung abgeschnitten sei und er den Prozess vollständig verlieren werde ([X.]Rspr. seit [X.] 12. Januar 1983 - [X.]/81 - [X.]Z 86, 218, 224 f.). Dem hat sich das [X.] für die Vorschrift des § 56 Abs. 2 ArbGG angeschlossen ([X.] 19. Mai 1998 - 9 [X.] 362/97 - EzA ArbGG 1979 § 56 Nr. 2).

d) Diese Anforderungen an die [X.]elehrung über die Rechtsfolgen einer Versäumung einer gesetzten Frist können nicht auf die Hinweispflicht des § 6 [X.] übertragen werden. Zur Erfüllung dieser Pflicht reicht angesichts des eindeutigen Wortlauts der gesetzlichen [X.]estimmung vielmehr ein Hinweis auf den Inhalt des § 6 Satz 1 [X.] aus. Im Unterschied zu § 277 Abs. 2 ZPO und § 56 Abs. 2 ArbGG sieht § 6 Satz 2 [X.] nur eine Hinweis-, nicht aber eine [X.]elehrungspflicht vor. Auch bei strikter Anwendung der gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen ist daher eine [X.]elehrung über die Folgen einer verspäteten Einführung von [X.]n in den Kündigungsschutzprozess nicht erforderlich, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG zu genügen. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des § 6 [X.] ausdrücklich einen „Hinweis“ als ausreichend angesehen und keine [X.]elehrung verlangt ([X.]T-Drucks. 15/1204 S. 13). Ohnehin ist jedenfalls bei einer anwaltlich vertretenen [X.] eine [X.]elehrung über die Folgen einer Fristversäumnis verfassungsrechtlich nicht geboten ([X.] 5. Mai 1987 - 1 [X.]vR 903/85 - [X.]E 75, 302).

e) Jedenfalls einen weder anwaltlich noch gewerkschaftlich vertretenen Arbeitnehmer muss das Arbeitsgericht auf den Regelungsgehalt des § 6 Satz 1 [X.] hinweisen, obwohl § 6 Satz 2 [X.] nur eine Sollvorschrift ist (vgl. [X.] 8. November 2007 - 2 [X.] - Rn. 21, [X.]E 124, 367). Unabhängig davon, ob solche „prozessualen Sollvorschriften“ von den Gerichten grundsätzlich zu befolgen sind (in diesem Sinne [X.]/[X.]/Kriebel Stand Oktober 2010 § 6 [X.] Rn. 48), ist der zwingende Hinweis auf den Inhalt des § 6 Satz 1 [X.] in diesem Fall verfassungsrechtlich geboten. Das Verfahrensrecht dient der Herbeiführung gesetzmäßiger und unter diesem [X.]lickpunkt richtiger, aber auch gerechter Entscheidungen. Sind dem [X.] im Interesse einer angemessenen Verfahrensgestaltung [X.] eingeräumt, hat er diese [X.]efugnisse so auszulegen und anzuwenden, dass es nicht zu einer Verkürzung des grundrechtlich gesicherten Anspruchs auf einen effektiven Rechtsschutz kommt ([X.] 27. September 1978 - 1 [X.]vR 361/78 - [X.]E 49, 220, 225).

4. Der Arbeitnehmer hat auch bei dieser Auslegung des § 6 Satz 2 [X.] in einer mit Art. 103 Abs. 1 GG zu vereinbarenden Weise Gelegenheit, sich in den ihm wichtigen Punkten im arbeitsgerichtlichen Verfahren zur Sache zu äußern und sein Rechtsschutzbegehren zu verfolgen. § 6 Satz 2 [X.] kann insoweit nicht isoliert betrachtet werden. Zu berücksichtigen ist auch die Gesamtheit der prozessualen Pflichten des Arbeitsgerichts, in die diese [X.]estimmung eingebettet ist. In der Gesamtschau mit den neben der Hinweispflicht des § 6 Satz 2 [X.] bestehenden Hinweis- und Fragepflichten des Arbeitsgerichts gemäß § 139 ZPO und dem von den Gerichten zu beachtenden Grundsatz „iura [X.]“ genügt § 6 Satz 1 [X.] den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Präklusion.

a) Hinweise des Arbeitsgerichts auf konkrete [X.] sind, wie ausgeführt, unter dem Gesichtspunkt des § 6 Satz 2 [X.] nicht geboten. Das gilt auch dann, wenn im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens deutlich wird, dass [X.] in [X.]etracht kommen, auf die sich der Arbeitnehmer bisher nicht berufen hat. Die Pflicht zu derartigen Hinweisen kann sich allerdings aus der in § 139 ZPO geregelten materiellen Prozessleitungspflicht des Gerichts ergeben, etwa wenn nicht hinreichend deutlich wird, ob eine [X.] sich mit ihrem Vorbringen auf einen bestimmten [X.] berufen will. Aus § 139 Abs. 2 ZPO ergibt sich die Pflicht zum Führen eines Rechtsgesprächs. Darin muss das Gericht unter anderem dann auf einen Gesichtspunkt hinweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme geben, wenn eine [X.] diesen Gesichtspunkt erkennbar übersehen hat ([X.] 24. Januar 2007 - 4 [X.] 28/06 - Rn. 37, [X.] 2007, 502).

b) Darüber hinaus hat das Gericht [X.], deren Vorliegen sich aus dem Vortrag einer der [X.]en ergibt, von Amts wegen zu berücksichtigen. Nach allgemeinen zivilprozessualen Regeln ist ein Klageantrag - unter [X.]eachtung des Streitgegenstands - unter [X.] aufgrund des Sachvortrags der [X.]en in [X.]etracht kommenden rechtlichen Gründen zu prüfen (iura [X.]). Auch unter Geltung der [X.], wie sie im arbeitsgerichtlichen Verfahren gilt, ist es nicht in das [X.]elieben des Klägers gestellt, auf welche materiell-rechtlichen Vorschriften er sein [X.]egehren stützen will. Er bestimmt mit seinem Antrag vielmehr lediglich den Streitgegenstand, die rechtliche Subsumtion ist Aufgabe des Gerichts (vgl. [X.]SG 20. Oktober 2010 - [X.] 13 [X.]/10 [X.] - Rn. 22, [X.]-1500 § 153 Nr. 11 für das sozialgerichtliche Verfahren). Seit dem 1. Januar 2004 ist, wie ausgeführt, Streitgegenstand der nach § 4 [X.] erhobenen Klage die (Un-)Wirksamkeit der Kündigung als solche unter [X.] in [X.]etracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten mit Ausnahme der Wahrung der Schriftform. Wenn sich demnach aus dem Sachvortrag der [X.]en - auch des Arbeitgebers als [X.]eklagtem - ergibt, dass die Kündigung unter einem bisher von keiner [X.] ausdrücklich angeführten rechtlichen, vom Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage erfassten Gesichtspunkt unwirksam ist, muss sich der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich darauf berufen, um im Rechtsstreit unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu obsiegen (vgl. [X.] [X.] 2012, 9, 10; [X.] [X.] 2005, 391, 392; [X.]/[X.] [X.] 2004, 358, 365; [X.] [X.] 2004, 65, 69). Lediglich unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des rechtlichen Gehörs des Gegners kann vor einer entsprechenden Entscheidung ein Hinweis des Gerichts nach § 139 ZPO auf seine Rechtsauffassung geboten sein.

5. Der Klägerin war die Rüge einer fehlerhaften Anhörung des [X.]etriebsrats nach § 102 [X.] in der [X.]erufungsinstanz abgeschnitten. Das Arbeitsgericht hat, wie ausgeführt, seiner Hinweispflicht nach § 6 Satz 2 [X.] genügt. Mit dem Hinweis, dass „nur“ bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung weitere [X.] geltend gemacht werden könnten, ist es über die Hinweispflicht sogar hinausgegangen. Die Klägerin hat im [X.]erufungsverfahren auch nicht geltend gemacht, das erstinstanzliche Urteil sei [X.] zustande gekommen, weil das Arbeitsgericht die ihm nach § 139 ZPO obliegende Hinweispflicht verletzt habe (zu den Anforderungen an die Darlegung eines solchen Verfahrensverstoßes im [X.]erufungsverfahren [X.] 17. Januar 2007 - 7 [X.] 20/06 - [X.]E 121, 18). Daher kann dahinstehen, ob das Arbeitsgericht Anlass zu einem solchen Hinweis gehabt hätte.

III. Auch die von der Klägerin im Zusammenhang mit der Erstattung der Massenentlassungsanzeige durch den [X.]eklagten erhobenen [X.] verhelfen der Klage nicht zum Erfolg.

1. Der Senat hat bisher offengelassen, ob Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die den Arbeitgeber aus § 17 [X.] treffenden Pflichten die Unwirksamkeit der Kündigung ist oder ob es dem Arbeitgeber lediglich verwehrt ist, die Kündigung zu vollziehen (zuletzt ausführlich mit Nachweisen zum Streitstand 7. Juli 2011 - 6 [X.] 248/10 - Rn. 19, EzA [X.] 2001 § 26 Nr. 3; differenzierend je nach konkretem Fehler des Arbeitgebers bei der Massenentlassungsanzeige [X.]/[X.] [X.] 2011, 1071, 1074). Folgte man dem zweiten Ansatz, wäre § 6 [X.] auf die Rüge des § 17 [X.] nicht anzuwenden (in diesem Sinne [X.]/[X.] [X.] 2004, 358, 363). Das [X.] hat im Rahmen seiner Hilfsbegründung ohne Rechtsfehler angenommen, dass der [X.]eklagte die Pflichten aus § 17 [X.], die auch für den Insolvenzverwalter gelten ([X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] 248/10 - aaO; vgl. auch [X.] 3. März 2011 - [X.]/10 ua. - Rn. 55, [X.] 2011, 337), jedenfalls nicht verletzt hat. Die Rechtsfolge einer Verletzung der Pflichten aus § 17 [X.] kann deshalb weiter offenbleiben.

2. Ohne Erfolg rügt die Klägerin, der [X.]eklagte habe gegen seine Konsultationspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] verstoßen. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber bei anzeigepflichtigen Entlassungen dem [X.]etriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere über die in dieser Vorschrift genannten Umstände zu unterrichten.

a) Der Arbeitnehmer ist darlegungs- und gegebenenfalls beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen der Anzeigepflicht nach § 17 [X.] ([X.]Rspr. zuletzt [X.] 24. Februar 2005 - 2 [X.] 207/04 - [X.] [X.] 1969 § 17 Nr. 20 = EzA [X.] § 17 Nr. 14). Steht die Anzeigepflicht fest, hat der Arbeitgeber auf die konkrete Rüge des Arbeitnehmers die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens darzulegen und zu beweisen ([X.]/[X.] 12. Aufl. § 17 [X.] Rn. 40; Zwanziger Kommentar zum Arbeitsrecht der Insolvenzordnung 4. Aufl. § 125 Rn. 115).

b) Verstöße gegen den gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 6 [X.] erforderlichen Inhalt der Unterrichtung hat die Klägerin nicht hinreichend gerügt.

aa) In § 8 des Interessenausgleichs hat der [X.]etriebsrat erklärt, rechtzeitig und umfassend über die anzeigepflichtigen Entlassungen unterrichtet worden zu sein. Das allein genügte zum Nachweis der Erfüllung der Konsultationspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] allerdings noch nicht (aA unter [X.]erufung auf [X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] 248/10 - EzA [X.] 2001 § 26 Nr. 3; [X.]/[X.] [X.] 2011, 1071, 1074, die jedoch übersehen, dass im dortigen Revisionsverfahren Fehler des Arbeitgebers im [X.] nicht Gegenstand von Revisionsangriffen waren). [X.] und das [X.] beziehen sich zwar auf dieselbe mitbestimmungspflichtige Angelegenheit und sind eng miteinander verwoben. Es handelt sich jedoch nicht um ein einheitliches Verfahren. Auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs iSd. § 1 Abs. 5 Satz 1 [X.] ist der Arbeitgeber deshalb nicht von der Konsultationspflicht des § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] entbunden, die Unterrichtung des [X.]etriebsrat unterliegt keinen erleichterten Anforderungen. Insoweit gilt nichts anderes als für die Anhörung des [X.]etriebsrats nach § 102 [X.] im Rahmen eines Interessenausgleichsverfahrens (vgl. dazu [X.] 22. Januar 2004 - 2 [X.] 111/02 - Rn. 71, [X.] [X.] 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA [X.] § 1 Interessenausgleich Nr. 11).

Soweit allerdings die gegenüber dem [X.]etriebsrat bestehenden Pflichten aus § 111 [X.] mit denen aus § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] und § 102 Abs. 1 [X.] übereinstimmen, kann der Arbeitgeber sie gleichzeitig erfüllen ([X.] 9. Aufl. § 17 [X.] Rn. 70). Dass und welche Verfahren gleichzeitig durchgeführt werden sollen, muss dabei hinreichend klargestellt werden ([X.] aaO; [X.]/[X.]. 14. Aufl. § 142 Rn. 25; [X.]/[X.] [X.] 2011, 1071, 1073).

bb) Die Revision rügt, dem [X.]etriebsrat sei entgegen § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] nicht mitgeteilt worden, welche [X.]erufsgruppen von der Maßnahme erfasst seien.

(1) Es erscheint bereits zweifelhaft, ob eine solche fehlerhafte Unterrichtung in Fällen wie dem vorliegenden, bei denen ohnehin alle Arbeitnehmer entlassen werden sollen, für den Arbeitgeber nachteilige Rechtsfolgen nach sich zieht (verneinend [X.]/[X.] [X.] 2011, 1071, 1074; vgl. auch [X.]/[X.] 12. Aufl. § 17 [X.] Rn. 36). Die [X.] nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] soll es dem [X.]etriebsrat ermöglichen, „konstruktive Vorschläge“ zu unterbreiten ([X.] 9. Aufl. § 17 [X.] Rn. 56 unter [X.]ezug auf Art. 2 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen - [X.]). Unterrichtet der Arbeitgeber den [X.]etriebsrat nicht über die [X.]erufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, kann dies bei der Entlassung aller Arbeitnehmer keine Folgen für diese Prüfung durch den [X.]etriebsrat haben und sich der Fehler nicht zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmer auswirken.

(2) Diese Frage kann jedoch dahinstehen, denn erst auf eine konkrete Rüge der Klägerin in den Tatsacheninstanzen hin hätte der [X.]eklagte darlegen müssen, inwieweit er den [X.]etriebsrat über die betroffenen [X.]erufsgruppen informiert hat. Die Klägerin hat aber in den Tatsacheninstanzen nicht konkret gerügt, dass der [X.]eklagte seiner [X.] nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] nicht nachgekommen sei, sondern dies erstmals in der Revisionsinstanz geltend gemacht. Darum kommt es auch nicht darauf an, ob der [X.]eklagte, wie im [X.] vom 25. Juni 2009 angedeutet, die Massenentlassungsanzeige dem [X.]etriebsrat hat zukommen lassen, aus der sich die betroffenen [X.]erufsgruppen ergaben, und ob dies den Anforderungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] genügen würde.

c) Soweit die Revision die fehlende Schriftform des Interessenausgleichs im Zusammenhang mit den Pflichten des Arbeitgebers aus § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] rügt, verhilft ihr auch dies nicht zum Erfolg.

aa) Die Vorlage des Interessenausgleichs mit Namensliste ersetzt allerdings nur die Stellungnahme des [X.]etriebsrats gegenüber der [X.]. Erforderlich ist daneben noch die schriftliche Unterrichtung des [X.]etriebsrats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.]. [X.] macht diese schriftliche Unterrichtung nicht entbehrlich ([X.] in [X.] 6. Aufl. § 125 Rn. 41; vgl. auch [X.]/[X.] [X.] 2011, 1071, 1072).

bb) Die Klägerin stellt im Zusammenhang mit ihrer Rüge der Nichteinhaltung der Schriftform nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] nur auf die fehlende Schriftform des Interessenausgleichs selbst ab. Auf diesen kommt es im Zusammenhang mit § 17 Abs. 2 [X.] jedoch nicht an. Maßgeblich ist die Schriftform der Unterrichtung selbst. In dem von ihm unterzeichneten [X.] vom 25. Juni 2009 hat der [X.]eklagte auf eine Liste der zur Entlassung vorgesehenen Arbeitnehmer und die „Anlage zur Anzeige von Entlassungen“ verwiesen. [X.]eide Unterlagen sind ausweislich des Schreibens diesem beigefügt gewesen, befinden sich jedoch nicht in der Akte. Im Übrigen hat der [X.]eklagte im [X.] auf den Interessenausgleich [X.]ezug genommen. Ob für die Unterrichtung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] die gesetzliche Schriftform nach § 126 [X.]G[X.] einzuhalten ist (so [X.] 9. Aufl. § 17 [X.] Rn. 56; [X.]/[X.] 12. Aufl. § 17 [X.] Rn. 20, 28; [X.]S/Moll 4. Aufl. § 17 [X.] Rn. 70; v. [X.]/[X.] [X.] 14. Aufl. § 17 Rn. 56; [X.] in Schwarze/[X.]/[X.] [X.] § 17 Rn. 52; Stahlhacke/[X.] 10. Aufl. Rn. 1653; [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/Oberwinter [X.] 2. Aufl. § 17 Rn. 82 wollen das Schriftformerfordernis „etwas weiter auslegen“ und die Unterrichtung per Fax oder E-Mail ausreichen lassen), kann dahinstehen. Darum kann ebenfalls offenbleiben, ob der [X.]eklagte bejahendenfalls mit seiner Verfahrensweise nach der sog. „Auflockerungsrechtsprechung“ die erforderliche Einheit der Urkunde gewahrt hat, weil die Anlagen in der [X.] so genau bezeichnet worden waren, dass eine zweifelsfreie Zuordnung möglich war, so dass die Unterzeichnung der beigefügten Anlagen selbst zur Wahrung der gesetzlichen Schriftform nicht erforderlich war (vgl. [X.] 29. September 2004 - [X.] - zu II 2 a der Gründe, [X.], 901; grundlegend [X.] 30. Juni 1999 - [X.]/97 - [X.]Z 142, 158, 161). Dazu wäre ein Abgleich mit den im [X.] in [X.]ezug genommenen, nicht in der Akte befindlichen Anlagen erforderlich gewesen. Insoweit fehlt es jedoch an Revisionsangriffen der Klägerin. Darum kommt es auch nicht darauf an, welche Rechtsfolge ein Verstoß gegen die Schriftform der Unterrichtung hätte, wenn der [X.]etriebsrat wie hier eine Stellungnahme abgegeben hat (für eine Unschädlichkeit des Formverstoßes [X.] aaO Rn. 65 mwN).

3. Entgegen der Ansicht der Revision hat der der Anzeige beigefügte Interessenausgleich mit Namensliste vom 24. Juni 2009 gemäß § 125 Abs. 2 [X.] die nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] erforderliche Stellungnahme des [X.]etriebsrats ersetzt, obwohl zum damaligen Zeitpunkt das Original des Interessenausgleichs nur vom [X.]etriebsrat unterzeichnet war und damit nicht dem Schriftformerfordernis des § 112 Abs. 1 [X.] genügte.

a) [X.]ereits der Wortlaut des § 125 Abs. 2 [X.] iVm. § 125 Abs. 1 [X.] spricht dafür, dass der Interessenausgleich mit Namensliste bereits dann die Stellungnahme des [X.]etriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] ersetzt, wenn er lediglich vom [X.]etriebsrat unterzeichnet, aber noch nicht [X.] iSv. § 112 Abs. 1 Satz 1 [X.] iVm. §§ 125, 126 [X.]G[X.] geschlossen worden ist. § 125 Abs. 2 [X.] stellt mit dem Verweis auf Abs. 1 dieser [X.]estimmung klar, dass die [X.] bereits dann eintritt, wenn der Interessenausgleich „zustande“ gekommen ist. § 112 Abs. 1 Satz 1 [X.], der den Interessenausgleich regelt, unterscheidet zwischen dessen Zustandekommen („Kommt zwischen Unternehmer und [X.]etriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante [X.]etriebsänderung zustande“) - also der Einigung zwischen den [X.]etriebsparteien - und dessen formgerechter Niederlegung („so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und [X.]etriebsrat zu unterschreiben“). Danach ist ein Interessenausgleich mit Namensliste bereits zustande gekommen, wenn er nicht in der gesetzlichen Schriftform niedergelegt worden ist. Er ist lediglich (noch) nicht wirksam (vgl. [X.] 9. Juli 1985 - 1 [X.] 323/83 - [X.]E 49, 160, 166 f.).

b) Auch nach Sinn und Zweck des § 125 Abs. 2 [X.] iVm. § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] reicht es aus, wenn lediglich der [X.]etriebsrat mit der Unterschrift unter den Interessenausgleich mit Namensliste dokumentiert hat, dass das [X.] abgeschlossen ist (vgl. [X.]/[X.] 12. Aufl. § 17 [X.] Rn. 32).

aa) § 125 Abs. 2 [X.] soll dem Insolvenzverwalter Massenentlassungen erleichtern. Die Vorschrift dient der [X.]eschleunigung des Verfahrens bei Massenentlassungen und lässt es deshalb ausreichen, dass der Insolvenzverwalter seiner schriftlichen Anzeige der Massenentlassung eine Ausfertigung des Interessenausgleichs mit Namensliste beifügt. Die Norm bezweckt damit möglichst schnelle Sanierungen und will Verzögerungen bei der Abwicklung der Rechtsverhältnisse des Schuldners vermeiden ([X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] 248/10 - Rn. 22, EzA [X.]ertrVG 2001 § 26 Nr. 3). Mit diesen Zielen der Vereinfachung und [X.]eschleunigung stünde es - insbesondere bei großen räumlichen Entfernungen zwischen dem [X.]etriebssitz und dem Sitz des Insolvenzverwalters wie im vorliegenden Fall - nicht im Einklang, die [X.] erst dann eingreifen zu lassen, wenn der Interessenausgleich mit Namensliste nicht nur zustande gekommen ist, sondern auch der Schriftform des § 112 Abs. 1 Satz 1 [X.] genügt.

bb) Sinn und Zweck der Anzeigepflicht nach § 17 Abs. 3 [X.] stehen dem nicht entgegen. § 17 [X.] dient dem Schutz der Arbeitnehmer vor den Folgen von Massenentlassungen. Die [X.] soll die Möglichkeit haben, rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder wenigstens zur Verzögerung von [X.]elastungen des Arbeitsmarktes einzuleiten und für anderweitige [X.]eschäftigungen der Entlassenen zu sorgen ([X.] 7. Juli 2011 - 6 [X.] 248/10 - Rn. 27, EzA [X.] 2001 § 26 Nr. 3). Die von § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] verlangte [X.]eifügung der Stellungnahme des [X.]etriebsrats soll gegenüber der [X.] belegen, ob und welche Möglichkeiten dieser sieht, die angezeigten Kündigungen zu vermeiden. Diesem Zweck ist bereits dann genügt, wenn der Anzeige ein allein vom [X.]etriebsrat unterzeichneter Interessenausgleich mit Namensliste beigefügt ist. Mit der Unterschrift durch ein vertretungsberechtigtes Mitglied unter einen solchen Interessenausgleich hat der [X.]etriebsrat seine Meinung zu der anstehenden Massenentlassung abschließend dokumentiert und zum Ausdruck gebracht, dass er das [X.] als abgeschlossen ansieht. Er hat damit zugleich belegt, dass Kündigungen im aus dem Interessenausgleich ersichtlichen Umfang auch nach seiner Auffassung unvermeidlich sind sowie [X.] Maßnahmen beraten und ggf. getroffen worden sind (zu diesen Zwecken des § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] vgl. [X.] 9. Aufl. § 17 [X.] Rn. 8; [X.]/[X.] 12. Aufl. § 17 [X.] Rn. 32). An diese Willensäußerung ist er gebunden (zur herrschenden Vertragstheorie und der Anwendbarkeit rechtsgeschäftlichen Vertragsrechts [X.] 13. Februar 2007 - 1 [X.] 184/06 - Rn. 37, [X.]E 121, 168; 18. Februar 2003 - 1 A[X.]R 17/02 - [X.]E 105, 19, 27; [X.] 25. Aufl. § 77 Rn. 13; [X.] GK-[X.] 9. Aufl. § 77 Rn. 36).

cc) Die gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 125 Abs. 2 [X.] und des § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] anhand des Wortlauts und des Zwecks der [X.] gibt kein anderes Ergebnis vor.

(1) Die [X.] enthält selbst keine Regelung, wonach der Anzeige der Massenentlassung eine Stellungnahme der Arbeitnehmervertretung in einer bestimmten Form beigefügt werden muss. Aus Art. 3 Abs. 1 Satz 3 [X.] ergibt sich lediglich, dass die Anzeige der Massenentlassung alle zweckdienlichen Angaben über die beabsichtigte Massenentlassung und die Konsultation der Arbeitnehmervertreter gemäß Art. 2 [X.] enthalten muss.

(2) Der Senat ist nicht gehalten, dem [X.] gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) die Frage vorzulegen, ob die der Anzeige der Massenentlassung beizufügende Stellungnahme der Arbeitnehmervertretung der Schriftform des § 112 Abs. 1 Satz 1 [X.] genügen muss, wenn die Stellungnahme in Gestalt eines Interessenausgleichs mit Namensliste erfolgt. Diese Frage bedarf keiner [X.]eantwortung durch den [X.] am Maßstab des Gemeinschaftsrechts (zur Vorlagepflicht vgl. [X.] 25. Februar 2010 - 1 [X.]vR 230/09 - [X.] GG Art. 101 Nr. 65 = EzA [X.] § 17 Nr. 21). Sie betrifft nicht die Auslegung von Unionsrecht, sondern ausschließlich die Anwendung nationalen Rechts. Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufgrund einer unterbliebenen Vorlage an den [X.] liegt nicht vor, wenn die unionsrechtliche Rechtslage klar ist und nur die Rechtslage nach nationalem Recht ungeklärt und umstritten ist ([X.] 25. Februar 2010 - 1 [X.]vR 230/09 - aaO).

(3) Aus der von der Revision angeführten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 10. September 2009 (- [X.]/08 - [[X.]] Rn. 70, Slg. 2009, [X.]) folgt nichts anderes. Zwar können danach Kündigungen erst nach Abschluss des [X.]s erklärt werden, und die Klägerin nimmt an, das [X.] könne erst dann als abgeschlossen gelten, wenn der Interessenausgleich in der erforderlichen Schriftform vorliege, weil dieser nach dem Vortrag des [X.]eklagten den Abschluss des [X.]s habe dokumentieren sollen. Das trifft jedoch nicht zu. [X.]ereits mit der Unterschrift durch ein vertretungsberechtigtes Mitglied unter den Interessenausgleich mit Namensliste, an die der [X.]etriebsrat, wie ausgeführt, gebunden war, hatte der [X.]etriebsrat dokumentiert, dass aus seiner Sicht das [X.] abgeschlossen war.

(4) Der aus der Entscheidung des [X.]undesverfassungsgerichts (25. Februar 2010 - 1 [X.]vR 230/09 - [X.] GG Art. 101 Nr. 65 = EzA [X.] § 17 Nr. 21) von der Revision gezogene Schluss, wenn bereits das [X.] einer Stellungnahme des [X.]etriebsrats bei der [X.] gegen die [X.] verstoßen könne, führe [X.] die fehlende Einreichung einer Stellungnahme des [X.]etriebsrats iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 [X.] zu einer nicht ordnungsgemäßen Massenentlassungsanzeige, verfängt nicht. Wie ausgeführt, ist der nur vom [X.]etriebsrat unterzeichnete Interessenausgleich mit Namensliste als Stellungnahme iSv. Art. 3 Abs. 1 Satz 3 [X.] anzusehen.

4. Der Umstand, dass im Anschreiben an die [X.] aufgrund eines Kanzleiversehens auf einen Interessenausgleich vom 2. Juni 2009 [X.]ezug genommen worden ist, führt ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit der Anzeige. Es handelt sich um ein offensichtliches [X.]üroversehen, das keinen Einfluss auf die Prüfung der [X.] haben konnte. Der maßgebliche Interessenausgleich vom 24. Juni 2009 war der Anzeige an die [X.] beigefügt, so dass das Versehen offenkundig war.

IV. Die Klägerin hat gemäß § 97 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    [X.]rühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Oye    

        

    [X.]    

                 

Meta

6 AZR 407/10

18.01.2012

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Brandenburg, 3. Dezember 2009, Az: 2 Ca 834/09, Urteil

§ 6 S 2 KSchG, § 139 ZPO, § 1 Abs 5 S 1 KSchG, § 17 Abs 2 S 1 KSchG, § 17 Abs 3 S 2 KSchG, § 125 Abs 2 InsO, § 112 Abs 1 BetrVG, § 6 S 1 KSchG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.01.2012, Az. 6 AZR 407/10 (REWIS RS 2012, 9999)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9999

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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