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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
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StR 212/12
alt:
1 [X.]/11
vom
25. September
2012
in der Strafsache
gegen
wegen
Betruges u.a.
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Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 25. September
2012
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. Dezember 2011 im Ausspruch über die Einzelstrafen und im [X.] mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].
Gründe:
I.
Das [X.] hat den Angeklagten "der falschen Angaben
in [X.] mit vorsätzlichem Bankrott in [X.] mit 14 sachlich zusammen-treffenden Fällen des Betruges in [X.] mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis" schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Es wurde festgestellt, dass hinsichtlich eines Betrages weil Ansprüche von Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer sol-chen Anordnung entgegenstehen. Weiter wurde die Verwaltungsbehörde an-gewiesen, dem Angeklagten für die Dauer von zwei Jahren keine
neue Fahrer-laubnis zu erteilen.
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Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die [X.] formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat mit der Sachrüge hinsichtlich des gesamten Strafausspruchs Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
II.
1. Die Verfahrensrügen sind aus den vom [X.] näher dargelegten Gründen bereits unzulässig.
2. [X.], der bis auf die Verurteilung wegen falscher Anga-ben ohnehin bereits rechtskräftig geworden war (vgl. [X.]), weist keinen Rechtsfehler auf. Die jetzige Verurteilung (nach Beschränkung gemäß §
154a Abs. 2 StPO) auch wegen falscher
Angaben (§§
6, 8, 82 GmbHG) lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
III.
Der Strafausspruch hält jedoch sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das [X.] hatte den Angeklagten durch Urteil vom [X.] 2010 wegen "falscher
Angaben in Tateinheit mit falschen Angaben in [X.] mit vorsätzlichem Bankrott in [X.] mit gewerbsmäßigem Be-trug in 14 sachlich zusammentreffenden Fällen in [X.] mit vorsätzli-chem Fahren ohne Fahrerlaubnis" zu fünf Jahren und sechs Monaten Gesamt-freiheitsstrafe verurteilt. Es hat ferner hinsichtlich eines Betragfestgestellt, dass nur deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt werde, weil Ansprüche des Verletzten entgegenstehen, und es hat die Verwaltungsbe-hörde angewiesen, dem Angeklagten für die Dauer von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
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Der [X.] hat durch Beschluss vom 20. Oktober 2011 (1 [X.]/11) gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung weiterer Verfahrensrügen wird verworfen.
2.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.]s Augsburg vom 22. Dezember 2010 mit den Feststellungen aufgeho-ben
a) soweit der Angeklagte wegen "falscher Angaben in Tateinheit mit falschen Angaben" verurteilt wurde und
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen sowie im Gesamtstrafenaus-spruch.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine [X.] des [X.]s zurückverwiesen.
Zutreffend ist das [X.] im jetzt angefochtenen Urteil davon aus-gegangen, dass durch die [X.]sentscheidung der Schuldspruch -
bis auf die Verurteilung wegen falscher Angaben (in Tateinheit
mit falschen Angaben) -
genauso rechtskräftig geworden ist wie der [X.] und die Anordnung nach §§ 69, 69a StGB.
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2. Der ergänzte Schuldspruch im jetzigen Urteil ist rechtsfehlerfrei (vgl. oben II. 2.). Der Strafausspruch leidet jedoch an durchgreifenden [X.]. Das [X.] hat rechtsfehlerhaft sowohl davon abgesehen, notwendi-ge eigene Feststellungen zu treffen als auch unzulässiger Weise auf [X.] -
und damit nicht mehr existente -
Strafzumessungserwägungen Bezug genommen.
Das [X.] hat in seinem Urteil zur Vermeidung unnötiger Wieder-holungen "hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten" (u.a. Vorstrafen) auf Blatt 18-24 des Urteils vom 22. Dezember 2010 Bezug genom-men und mitgeteilt, dass sich keine von dessen Feststellungen abweichenden bzw. ergänzenden Erkenntnisse ergeben haben ([X.] 5).
Im Rahmen der Strafzumessung wird ausgeführt, dass bei den Fällen des Betruges vom Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB auszugehen sei. Zur Begründung wird angeführt: "Da hinsichtlich der entsprechenden [X.] Urteil vom 22.12.2010
im Revisionsverfahren keine Rechtsfehler festgestellt worden sind, wird auch insoweit auf
die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer E (Blatt 176) des vorbezeichneten Urteils Bezug genommen. Dies gilt gleichermaßen für die Strafrahmen für die Vergehen der falschen Angaben, des Bankrotts und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis"
([X.] 8).
3. § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO verlangt eine in sich geschlossene [X.] der vom Gericht
zur [X.] gemachten Feststellungen. [X.] auf außerhalb der Urteilsgründe befindliche Aktenteile sind nur aus-nahmsweise zulässig (vgl. § 267 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 Satz 1
StPO). Auf mit dem früheren Urteil aufgehobene, also nicht mehr existente Feststellungen, verbietet sich eine Bezugnahme von selbst. Auch die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten im aufgeho-9
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benen ersten Urteil müssen vom neuen Tatrichter
neu getroffen werden. Eine Bezugnahme wird auch nicht dadurch zulässig, dass sie mit dem Hinweis [X.] wird, die neue Hauptverhandlung habe zu denselben Feststellungen geführt (vgl. im Einzelnen KK-StPO
Engelhardt 6. Aufl., Rn. 4 zu § 267 mwN).
Der [X.] hat in seinem Beschluss vom 20. Oktober 2011 (1 [X.]/11) ausdrücklich das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Einzelstra-fen sowie im [X.] mit den Feststellungen
aufgehoben (vgl. zur Tenorierung bei Aufhebung von Feststellungen durch das Revisionsgericht [X.],
Beschluss vom 28. März 2007 -
2 StR 62/07).
Danach waren die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten aufgehoben und der neue Tatrichter durfte hierauf nicht Bezug nehmen.
Aber auch die Strafzumessungserwägungen des ersten Tatrichters [X.] vollumfänglich aufgehoben und es durfte auf sie nicht, auch nicht -
wie hier
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bei der [X.], Bezug genommen werden. Nicht mehr [X.] können nicht Gegenstand einer Bezugnahme sein (vgl. u.a. [X.], Beschluss vom 25. November 2010 -
3 [X.]; [X.], Beschluss vom 12. Mai 2009 -
4 [X.]; [X.], Beschluss vom 26. Mai 2004 -
4 StR 149/04).
Das [X.] hat im angefochtenen Urteil keine eigenen, mit einer ei-genständigen Beweiswürdigung belegte Feststellungen zur gewerbsmäßigen Handlungsweise des Angeklagten getroffen (vgl. hierzu auch [X.], Beschluss vom 29. Mai 2012 -
3 [X.]) und keine eigenen Strafzumessungserwä-gungen bei der [X.] angestellt. Dieser Rechtsfehler führt zur Auf-hebung
der Einzelstrafen sowie des [X.]s; denn bereits das Fehlen eigener entscheidungserheblicher Feststellungen des Tatrichters ist 13
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ein sachlich-rechtlicher Mangel, der auf die Sachrüge hin zu beachten ist (vgl. [X.] aaO). Dies gilt aber auch soweit in unzulässiger Weise auf aufgehobene Strafzumessungserwägungen Bezug genommen wurde. Der [X.] kann nicht mit Sicherheit ausschließen, dass auf diesen Rechtsfehlern der gesamte Straf-ausspruch beruht.
4. Der [X.] weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tat-richterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grund-sätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung er-fasst (vgl. [X.], Urteil vom 27. August 2009 -
3 [X.] = [X.]St 54, 135).
Ri[X.] Hebenstreit ist im
Ruhestand und an der
Unterschrift gehindert.
[X.] [X.]
Ri[X.] Prof. Dr. Sander ist
urlaubsabwesend und deshalb
an der Unterschrift gehindert.
[X.] Cirener
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Meta
25.09.2012
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2012, Az. 1 StR 212/12 (REWIS RS 2012, 2924)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 2924
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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