Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2020, Az. B 12 R 11/19 R

12. Senat | REWIS RS 2020, 2404

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Gesellschafter-Geschäftsführer - Mehrheitsgesellschafter - Treuhandvertrag mit Dritten über die im Fall der Beendigung dieses Treuhandvertrags erfolgende Abtretung des überwiegenden Teils der Gesellschaftsanteile - Rechtsmacht - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit


Tenor

Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 24. April 2019 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die [X.]eteiligten streiten darüber, ob der [X.]läger in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ([X.]lägerin) aufgrund [X.]eschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

2

Der [X.]läger gründete gemeinsam mit R ([X.]) durch notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 23.10.2013 die klagende GmbH. An deren Stammkapital von 25 000 Euro waren der [X.]läger zu [X.] (22 500 Euro) und [X.] zu [X.] (2500 Euro) beteiligt. Für die [X.]eschlussfassung genügte die einfache Mehrheit aller Stimmen; lediglich die Änderung des Gesellschaftsvertrages bedurfte einer Mehrheit von 75 vH.

3

In einem ebenfalls am 23.10.2013 notariell beurkundeten Treuhandvertrag ist bestimmt, dass der [X.]läger als Treuhänder Geschäftsanteile im Nennbetrag von 15 000 Euro (60 vH) für [X.] und von 5000 Euro [X.]) für [X.] als Treugeber treuhänderisch verwalten soll. Ferner ist geregelt, dass der Treuhänder diese Geschäftsanteile "an den dies annehmenden Treugeber" anbietet und sie "aufschiebend bedingt auf die vollständige Zahlung des [X.]aufpreises […] und die [X.]eendigung des [X.] an den dies annehmenden Treugeber" abtritt. Der Treuhänder ist verpflichtet, die Rechte und Pflichten der Treugeber in [X.]ezug auf den jeweiligen Geschäftsanteil nach deren Anweisungen auszuüben und darf über die Geschäftsanteile der Treugeber nur nach deren vorheriger Zustimmung verfügen. Der Treuhänder hat die Treugeber unwiderruflich bevollmächtigt, die treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile sowie die Rechte daran an sich selbst oder einen Dritten abzutreten.

4

Der [X.]läger wurde zum Geschäftsführer der [X.]lägerin bestellt. Der insoweit am 6.12.2013 mit Wirkung zum [X.] zustande gekommene Dienstvertrag sieht vor, dass der [X.]läger die Geschäfte ua nach den von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen führt (§ 1 [X.]), über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehende Geschäfte der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen (§ 1 [X.]), er ein jährliches Grundgehalt von 72 000 Euro brutto, zahlbar in 12 Monatsgehältern, erhält (§ 3 [X.]) sowie Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im [X.]rankheitsfall (§ 5), Reisekostenvergütung (§ 6 [X.]) und Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen (§ 7 [X.]) hat.

5

Auf den Statusfeststellungsantrag der [X.]läger stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung [X.]und fest, dass der [X.]läger die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der [X.]lägerin seit dem [X.] nicht im Rahmen eines abhängigen [X.]eschäftigungsverhältnisses ausübe und insoweit keine Versicherungspflicht in der [X.], gesetzlichen [X.]rankenversicherung (G[X.]V), [X.] Pflegeversicherung ([X.]) und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe ([X.]escheide vom 7.5.2014; Widerspruchsbescheide vom 19.11.2014).

6

Das [X.] hat die [X.]escheide abgeändert und die Versicherungspflicht in der [X.] sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt. Im Übrigen hat es die [X.]lagen abgewiesen (Urteil vom 14.9.2017). Auf die [X.]erufung der [X.]eklagten hat das [X.] das Urteil des [X.] geändert und die [X.]lagen (insgesamt) abgewiesen. Zur [X.]egründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, wegen seines Anteils von [X.] am Stammkapital habe der [X.]läger maßgebenden Einfluss auf die GmbH. Hieran ändere auch der Treuhandvertrag nichts. Allein der [X.]läger sei vollberechtigter und vollverpflichteter Gesellschafter. Über ein schuldrechtliches Weisungsrecht hinausgehende Umstände seien nicht gegeben. Es liege allein in der Hand des [X.]lägers, ob er die Weisungen der Treugeber befolge. Auch die im Treuhandvertrag geregelte [X.] führe nicht zu einer Rechtsmachtverschiebung zu Lasten des [X.]lägers. Die aufschiebende [X.]edingung der [X.]eendigung des [X.] sei bislang nicht eingetreten (Urteil vom 24.4.2019).

7

Mit ihren Revisionen rügen die [X.]läger die Verletzung der §§ 2, 7 und 7a Abs 1 [X.][X.] IV sowie der §§ 15, 37 und 46 GmbHG. Der [X.]läger habe seine Geschäftsführertätigkeit nicht frei ausüben können, sondern sei durch den Dienstvertrag arbeitsvertragstypisch gebunden gewesen. Auch die Regelung des [X.] über die antizipierte Abtretung von Gesellschaftsanteilen im Falle eines treuhandvertragswidrigen Verhaltens des Treuhänders verdeutliche das abhängige [X.]eschäftigungsverhältnis. Der Übergang des GmbH-Geschäftsanteils sei dinglich geregelt. Die Treugeber hätten im Falle eines treuhandvertragswidrigen Verhaltens des [X.]lägers die Möglichkeit gehabt, den Übergang des Eigentums an den jeweiligen Gesellschaftsanteilen eintreten zu lassen. Dem [X.]läger wäre dann nur ein Gesellschaftsanteil von [X.] geblieben.

8

Die [X.]läger beantragen,

        

das Urteil des [X.] vom 24. April 2019 aufzuheben und die [X.]erufung der [X.]eklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14. September 2017 zurückzuweisen.

9

Die [X.]eklagte beantragt,

        

die Revisionen der [X.]läger zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die [X.]eigeladenen stellen keine Anträge.

Die [X.]eteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 [X.]G).

Entscheidungsgründe

Die Revisionen der Kläger sind unbegründet. Zu Re[X.]ht hat das [X.] das Urteil des [X.] geändert und die Klagen (insgesamt) abgewiesen. Die Bes[X.]heide der Beklagten vom [X.] in der Gestalt der Widerspru[X.]hsbes[X.]heide vom 19.11.2014 sind re[X.]htmäßig und verletzen die Kläger ni[X.]ht in ihren Re[X.]hten. In der [X.] vom [X.] (Beginn des [X.]) bis zum [X.] (Tag der mündli[X.]hen Verhandlung vor dem [X.]) unterlag der Kläger in seiner Tätigkeit als Ges[X.]häftsführer der Klägerin ni[X.]ht aufgrund Bes[X.]häftigung der Versi[X.]herungspfli[X.]ht in der [X.] und na[X.]h dem Re[X.]ht der Arbeitsförderung. Ni[X.]ht mehr streitig ist die (fehlende) Versi[X.]herungspfli[X.]ht in der [X.] und [X.]. Insoweit ist das die Klage abweisende Urteil des [X.] mangels Berufungseinlegung dur[X.]h die Kläger re[X.]htskräftig geworden (vgl § 141 [X.]G). Na[X.]h den für die Statusbeurteilung geltenden Maßstäben (dazu 1.) unterlag der Kläger aufgrund seiner gesells[X.]haftsre[X.]htli[X.]hen Re[X.]htsma[X.]ht als Mehrheitsgesells[X.]hafter der GmbH ni[X.]ht infolge Bes[X.]häftigung der Sozialversi[X.]herungspfli[X.]ht (dazu 2.). Dem steht der Treuhandvertrag ni[X.]ht entgegen (dazu 3.).

1. Im streitigen [X.]raum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt bes[X.]häftigt waren, in der [X.] und na[X.]h dem Re[X.]ht der Arbeitsförderung der Versi[X.]herungspfli[X.]ht (§ 1 Satz 1 [X.] [X.]B VI in der Fassung des [X.] vom [X.] <[X.] 926>, § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B III). Bes[X.]häftigung ist gemäß § 7 Abs 1 [X.]B IV die ni[X.]htselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Bes[X.]häftigung sind eine Tätigkeit na[X.]h Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Na[X.]h der ständigen Re[X.]htspre[X.]hung des B[X.] setzt eine abhängige Bes[X.]häftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönli[X.]h abhängig ist. Die hierfür vom [X.] entwi[X.]kelten [X.] (vgl zuletzt B[X.] Urteil vom 4.6.2019 - [X.] R 11/18 R - B[X.]E 128, 191 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]4 f ) gelten grundsätzli[X.]h au[X.]h für Ges[X.]häftsführer einer GmbH (B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] KR 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]8). Ob ein Bes[X.]häftigungsverhältnis vorliegt, ri[X.]htet si[X.]h bei dem Ges[X.]häftsführer einer GmbH aber in erster Linie dana[X.]h, ob er na[X.]h der ihm zukommenden, si[X.]h aus dem Gesells[X.]haftsvertrag ergebenden Re[X.]htsma[X.]ht ihm ni[X.]ht genehme Weisungen verhindern oder Bes[X.]hlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (vgl zuletzt B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]4 mwN).

Ist ein GmbH-Ges[X.]häftsführer zuglei[X.]h als Gesells[X.]hafter am Kapital der Gesells[X.]haft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des si[X.]h daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesells[X.]haft ein wesentli[X.]hes Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Bes[X.]häftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesells[X.]hafter-Ges[X.]häftsführer ist ni[X.]ht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um ni[X.]ht als abhängig Bes[X.]häftigter angesehen zu werden, über seine Gesells[X.]hafterstellung hinaus die Re[X.]htsma[X.]ht besitzen, dur[X.]h Einflussnahme auf die Gesells[X.]hafterversammlung die Ges[X.]hi[X.]ke der Gesells[X.]haft bestimmen zu können. Eine sol[X.]he Re[X.]htsma[X.]ht ist bei einem Gesells[X.]hafter gegeben, der [X.] der Anteile am Stammkapital hält. Ein Ges[X.]häftsführer, der ni[X.]ht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesells[X.]hafter auss[X.]heidet, ist grundsätzli[X.]h abhängig bes[X.]häftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er [X.] der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung na[X.]h dem Gesells[X.]haftsvertrag eine umfassende ("e[X.]hte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesells[X.]hafter-Ges[X.]häftsführer muss eine Einflussmögli[X.]hkeit auf den Inhalt von [X.] haben und zumindest ihm ni[X.]ht genehme Weisungen der Gesells[X.]hafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine "une[X.]hte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität ni[X.]ht geeignet, die erforderli[X.]he Re[X.]htsma[X.]ht zu vermitteln (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]5 mwN; B[X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] KR 13/17 R - B[X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 21 mwN).

2. Na[X.]h diesen Maßstäben war der Kläger bei der Klägerin ni[X.]ht abhängig bes[X.]häftigt. Zwar enthält der Ges[X.]häftsführerdienstvertrag vom 6.12.2013 dur[X.]haus für eine Bes[X.]häftigung typis[X.]he Regelungen über ein festes Jahresgehalt, Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, Reisekostenvergütung und Jahresurlaub. Der Kläger besaß mit einem Anteil am Stammkapital von [X.] aber eine im Gesells[X.]haftsre[X.]ht wurzelnde Re[X.]htsma[X.]ht, die ihn in die Lage versetzte, eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere dur[X.]h ihm unangenehme Weisungen, jederzeit zu verhindern (vgl B[X.] Urteil vom [X.] 12 KR 9/18 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] Rd[X.]2 mwN, au[X.]h zur Veröffentli[X.]hung in B[X.]E vorgesehen). Er unterlag aufgrund seiner Kapitalbeteiligung ni[X.]ht na[X.]h § 37 Abs 1 iVm § 38 Abs 1 sowie § 46 [X.] und 6 GmbHG dem Weisungsre[X.]ht der Gesells[X.]hafterversammlung der GmbH (vgl zum Weisungsre[X.]ht [X.] in [X.][X.], GmbHG, 9. Aufl 2019, § 37 RdNr 3; [X.] in [X.][X.], [X.], 20. Aufl 2020, § 37 Rd[X.]; [X.]/Tieves, [X.], 3. Aufl 2019, § 37 Rd[X.]07). Vielmehr bestimmte er seine Ges[X.]häftsführertätigkeit und damit die Ges[X.]hi[X.]ke des Unternehmens.

3. Der dem Kläger zukommende, die abhängige Bes[X.]häftigung auss[X.]hließende beherrs[X.]hende Einfluss auf die Gesells[X.]haft wurde ihm ni[X.]ht dur[X.]h den notariellen Treuhandvertrag vom 23.10.2013 (dazu a) genommen. Ein Treuhandvertrag ist wegen seiner s[X.]huldre[X.]htli[X.]hen Wirkung für die sozialversi[X.]herungsre[X.]htli[X.]he Statusbeurteilung ohne Bedeutung (dazu b). Dieses Ergebnis wird dur[X.]h die fehlende Publizität von [X.] im Handelsregister ([X.]) untermauert (dazu [X.]). Etwas anderes folgt ni[X.]ht aus der aufs[X.]hiebend bedingten Abtretung von Ges[X.]häftsanteilen an die Treugeber und deren Bevollmä[X.]htigung hierzu (dazu d). S[X.]hließli[X.]h steht eine frühere Re[X.]htspre[X.]hung des B[X.] dem hier gefundenen Ergebnis ni[X.]ht entgegen (dazu e).

a) Na[X.]h dem notariellen Treuhandvertrag vom 23.10.2013 hielt der Kläger Gesells[X.]haftsanteile in Höhe von zusammen 20 000 Euro [X.] des Stammkapitals) treuhänderis[X.]h für Dritte. Ein sol[X.]hes Treuhandverhältnis ist zivil- und steuerre[X.]htli[X.]h zulässig ([X.] Urteil vom 19.4.1999 - [X.] - [X.]Z 141, 207, 210 = juris Rd[X.]7; BFH Urteil vom 20.1.1999 - [X.]/97 - [X.], 254). Es ist dadur[X.]h gekennzei[X.]hnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensgegenstände überträgt oder belässt oder ihm eine Re[X.]htsma[X.]ht einräumt, ihn aber in der Ausübung der si[X.]h daraus im Außenverhältnis (des Treuhänders zu [X.]) ergebenden Re[X.]htsma[X.]ht im Innenverhältnis (des Treuhänders zum Treugeber) na[X.]h Maßgabe der s[X.]huldre[X.]htli[X.]hen [X.] bes[X.]hränkt (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 30/04 R - Gmb[X.] 2006, 645, 647 f mwN, juris RdNr 25).

b) Für einen Gesells[X.]hafter-Ges[X.]häftsführer hat der [X.] bereits ents[X.]hieden, dass die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Re[X.]htsma[X.]ht, die in die Lage versetzt, die Ges[X.]hi[X.]ke der Gesells[X.]haft bestimmen oder zumindest ni[X.]ht genehme Weisungen der Gesells[X.]hafterversammlung verhindern zu können, gesells[X.]haftsre[X.]htli[X.]h eingeräumt sein muss. Außerhalb des Gesells[X.]haftsvertrages (Satzung) bestehende wirts[X.]haftli[X.]he Verfle[X.]htungen, Stimmbindungsabreden oder Veto-Re[X.]hte zwis[X.]hen einem Gesells[X.]hafter-Ges[X.]häftsführer und einem [X.] sowie anderen Gesells[X.]haftern und/oder der GmbH sind ni[X.]ht zu berü[X.]ksi[X.]htigen. Sie vermögen die si[X.]h aus dem Gesells[X.]haftsvertrag ergebenden Re[X.]htsma[X.]htverhältnisse ni[X.]ht mit sozialversi[X.]herungsre[X.]htli[X.]her Wirkung zu vers[X.]hieben. Unabhängig von ihrer Kündbarkeit genügen die das Stimmverhalten regelnden Vereinbarungen ni[X.]ht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversi[X.]herungs- und beitragsre[X.]htli[X.]her Tatbestände. Im Interesse sowohl der Versi[X.]herten als au[X.]h der Versi[X.]herungsträger ist die Frage der (fehlenden) Versi[X.]herungspfli[X.]ht wegen Selbstständigkeit oder abhängiger Bes[X.]häftigung s[X.]hon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf ni[X.]ht nur für die Entri[X.]htung der Beiträge, sondern au[X.]h für die Leistungspfli[X.]hten der Sozialversi[X.]herungsträger und die Leistungsansprü[X.]he des Betroffenen ankommt (B[X.] Urteil vom [X.] 12 KR 9/18 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] Rd[X.]9 mwN, au[X.]h zur Veröffentli[X.]hung in B[X.]E vorgesehen).

Der Treuhandvertrag vom 23.10.2013 entfaltet aber keine gesells[X.]haftsre[X.]htli[X.]he, sondern eine s[X.]huldre[X.]htli[X.]he Wirkung zwis[X.]hen den Vertragsparteien. Der Kläger bleibt au[X.]h als Treuhänder Inhaber aller mit dem Ges[X.]häftsanteil verbundenen Re[X.]hte und Pfli[X.]hten. Insbesondere das Stimmre[X.]ht als das wi[X.]htigste Verwaltungsre[X.]ht steht grundsätzli[X.]h ihm allein und ni[X.]ht den [X.] zu. Die Vollre[X.]htsstellung des Treuhänders hat zur Folge, dass die Treugeber der Gesells[X.]haft oder dem Kläger gegenüber Gesells[X.]hafterre[X.]hte ni[X.]ht aus eigenem Re[X.]ht geltend ma[X.]hen können. Sie sind vielmehr stets auf die Wahrnehmung dieser Re[X.]hte dur[X.]h den Treuhänder angewiesen. Die Einwirkungsma[X.]ht der Treugeber auf das Gesells[X.]haftsges[X.]hehen ist demna[X.]h ledigli[X.]h mittelbar und gründet si[X.]h auf das ihnen gegenüber dem Treuhänder zustehende Weisungsre[X.]ht, das si[X.]h insbesondere auf die Ausübung des Stimmre[X.]hts erstre[X.]kt.

Diesem Weisungsre[X.]ht, das Abs[X.]hnitt [X.] vom 23.10.2013 ausdrü[X.]kli[X.]h vorsieht, kommt aber ebenso eine s[X.]huldre[X.]htli[X.]he und keine unmittelbar gesells[X.]haftsre[X.]htli[X.]he Wirkung zu. Es liegt in der Hand des Treuhänders, ob er die Weisungen befolgt. Ein weisungswidriges Abstimmungsverhalten in der Gesells[X.]hafterversammlung führt grundsätzli[X.]h ni[X.]ht zur Unwirksamkeit gefasster Bes[X.]hlüsse, sondern zu einer S[X.]hadensersatzpfli[X.]ht des Treuhänders im Innenverhältnis zum Treugeber. Die s[X.]huldre[X.]htli[X.]he [X.] hindert den Treuhänder selbst ni[X.]ht daran, wirksam über das [X.] zu verfügen und damit Re[X.]hte des Treugebers zu vereiteln. Im Übrigen könnten die Treugeber einen Gesells[X.]hafterbes[X.]hluss au[X.]h ni[X.]ht anfe[X.]hten. Bei treuhänderis[X.]her Anteilsbere[X.]htigung steht das Re[X.]ht zur Anfe[X.]htung von [X.] dem Treuhänder und ni[X.]ht dem Treugeber zu, weil si[X.]h die Befugnis zur Beseitigung von [X.] ni[X.]ht na[X.]h wirts[X.]haftli[X.]hen, sondern allein na[X.]h den re[X.]htli[X.]hen Verhältnissen bestimmt (B[X.] Urteil vom [X.] 12 KR 9/18 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] RdNr 20 ff mwN aus Rspr und Literatur, au[X.]h zur Veröffentli[X.]hung in B[X.]E vorgesehen).

[X.]) Hinzu kommt, dass s[X.]huldre[X.]htli[X.]he Treuhandverträge - anders als der Gesells[X.]haftsvertrag und dessen spätere Änderungen (§ 8 Abs 1 [X.], § 54 Abs 1 Satz 1 GmbHG) - ni[X.]ht in das [X.] eingetragen werden. Die Re[X.]htssi[X.]herheit, die mit dem na[X.]h § 9 Abs 1 Satz 1 Handelsgesetzbu[X.]h (HGB) jedem zu Informationszwe[X.]ken eingeräumten Re[X.]ht auf Einsi[X.]htnahme in das [X.] sowie in die zum [X.] eingerei[X.]hten Dokumente für den Re[X.]htsverkehr im Außenverhältnis der Gesells[X.]haft verbunden ist, erstre[X.]kt si[X.]h daher ni[X.]ht auf ein Treuhandverhältnis. Dieser Re[X.]htssi[X.]herheit dient § 16 Abs 1 Satz 1 GmbHG idF des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Re[X.]hts und zur Bekämpfung von Missbräu[X.]hen (MoMiG) vom 23.10.2008 ([X.] 2026), wona[X.]h - unabhängig von der materiellen Re[X.]htslage - im Verhältnis zur Gesells[X.]haft im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesells[X.]hafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Ges[X.]häftsanteils nur gilt, wer als sol[X.]her in der im [X.] aufgenommenen Gesells[X.]hafterliste (§ 40 GmbHG) eingetragen ist. Die mit der Aufnahme der Gesells[X.]hafterliste in das [X.] einhergehende Fiktion der Gesells[X.]hafterstellung s[X.]hafft eine klare Zäsur, na[X.]h der si[X.]h die Re[X.]hte und Pfli[X.]hten zwis[X.]hen einer GmbH einerseits und Veräußerer sowie Erwerber des Gesells[X.]haftsanteils andererseits bestimmen. Die in § 16 Abs 1 GmbHG verankerte unwiderlegbare Vermutung der Gesells[X.]hafterstellung dient sowohl dem S[X.]hutz der Gesells[X.]haft vor Unsi[X.]herheit im Hinbli[X.]k auf die Person des neuen Gesells[X.]hafters als au[X.]h dem S[X.]hutz der an dem Gesells[X.]hafterwe[X.]hsel Beteiligten ([X.] in [X.], 3. Aufl 2018, § 16 Rd[X.]3). In die Gesells[X.]hafterliste eingetragen werden aber nur die Gesells[X.]hafter, während eine mittelbare Einflussnahme auf die Gesells[X.]haft, insbesondere dur[X.]h Treuhandverhältnisse, wegen des Gebots der Registerklarheit ni[X.]ht offengelegt werden kann (B[X.] Urteil vom [X.] 12 KR 9/18 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] RdNr 24 ff mwN, au[X.]h zur Veröffentli[X.]hung in B[X.]E vorgesehen).

Eine die Re[X.]htsma[X.]ht begründende Publizität wird au[X.]h ni[X.]ht dur[X.]h das na[X.]h § 18 des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus s[X.]hweren Straftaten (Geldwäs[X.]hegesetz) vom [X.] ([X.] 1822) eingeri[X.]htete [X.] vermittelt. Unabhängig davon, ob im [X.] überhaupt [X.] offenzulegen sind (so wohl BT-Dru[X.]ks 18/11555 [X.] zu § 20 Abs 2; zum Streitstand in der zivilre[X.]htli[X.]hen Literatur vgl Bo[X.]hmann, [X.] 2017, 1310, 1316; [X.], [X.] 2017, 2310, 2319; [X.]/[X.], NJW 2017, 2433), wird die Fiktion des § 16 Abs 1 Satz 1 GmbHG dur[X.]h Mitteilungen an das [X.] ni[X.]ht verdrängt.

d) Etwas anderes ergibt si[X.]h ni[X.]ht aus der in Abs[X.]hnitt II. 1. des [X.] geregelten aufs[X.]hiebend bedingten Abtretung der Ges[X.]häftsanteile an die Treugeber im Falle der Beendigung des [X.] (und vollständigen Zahlung des Kaufpreises). Denn diese Bedingung war ni[X.]ht eingetreten. Die gesells[X.]haftsre[X.]htli[X.]he Re[X.]htsma[X.]ht hat der Kläger dur[X.]h den Treuhandvertrag au[X.]h ni[X.]ht deshalb eingebüßt, weil er den jeweiligen Treugeber unwiderrufli[X.]h bevollmä[X.]htigt hat, den jeweils treuhänderis[X.]h gehaltenen Ges[X.]häftsanteil an si[X.]h selbst oder einen [X.] abzutreten (Abs[X.]hnitt [X.]). Für die Statusbestimmung ist auss[X.]hließli[X.]h die im zu beurteilenden [X.]raum tatsä[X.]hli[X.]h verteilte, ni[X.]ht aber eine nur na[X.]h weiteren Re[X.]htshandlungen denkbare Re[X.]htsma[X.]ht maßgebend. Darüber hinaus würden selbst bei einer Übertragung des treuhänderis[X.]h gehaltenen Ges[X.]häftsanteils die Treugeber oder Dritte erst ab dem [X.] der geänderten Gesells[X.]hafterliste (§ 40 GmbHG) in das [X.] als Gesells[X.]hafter und damit als in der Gesells[X.]hafterversammlung stimmbere[X.]htigt gelten (§ 16 Abs 1 Satz 1 GmbHG). Bis zu diesem [X.]punkt steht dem Treuhänder das aus dem Ges[X.]häftsanteil resultierende Stimmre[X.]ht zu (B[X.] Urteil vom [X.] 12 KR 9/18 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] RdNr 31 mwN, au[X.]h zur Veröffentli[X.]hung in B[X.]E vorgesehen). Der in die Gesells[X.]hafterliste aufgenommene Gesells[X.]hafter kann bis zur Eintragung einer Veränderung die Gesells[X.]hafterre[X.]hte wahrnehmen und haftet für die bis dahin fällig werdenden Gesells[X.]hafterpfli[X.]hten allein ([X.] in [X.], GmbHG, 12. Aufl 2018, 2020, 11. Aufl 2014, 2015, § 16 RdNr 8 f au[X.]h zum Folgenden). Der (no[X.]h) ni[X.]ht in der Gesells[X.]hafterliste Eingetragene, aber materiell Bere[X.]htigte, ist demgegenüber re[X.]htli[X.]h gehindert, Gesells[X.]hafterre[X.]hte auszuüben und haftet grundsätzli[X.]h ni[X.]ht für Pfli[X.]hten aus dem Ges[X.]häftsanteil. Er muss sämtli[X.]he Re[X.]htshandlungen zwis[X.]hen Gesells[X.]haft und bisher Legitimierten bis zu seiner Eintragung in die Gesells[X.]hafterliste gegen si[X.]h gelten lassen.

e) Die frühere Re[X.]htspre[X.]hung des B[X.] steht dem hier gefundenen Ergebnis ni[X.]ht entgegen. Mit Urteil vom 8.12.1994 (11 [X.]/94 - [X.] 3-4100 § 168 [X.]8) hat der 11. [X.] des B[X.] zum Begriff einer die Beitragspfli[X.]ht begründenden Bes[X.]häftigung na[X.]h § 168 Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz ([X.]) ents[X.]hieden, dass bei einem ges[X.]häftsführenden Treuhänder aufgrund dessen Stellung als Alleingesells[X.]hafter eine abhängige Bes[X.]häftigung ni[X.]ht auss[X.]heide, wenn neben der s[X.]huldre[X.]htli[X.]hen Weisungsgebundenheit und einer für den Fall der Beendigung des [X.] vorweggenommenen dingli[X.]hen Übertragung der Ges[X.]häfts- und Gesells[X.]haftsanteile eine unwiderrufli[X.]he Stimmre[X.]htsvollma[X.]ht zugunsten des Treugebers bestehe. Diese Ents[X.]heidung wurde dur[X.]h Urteil des 10. [X.]s des B[X.] vom 30.1.1997 (10 [X.] - [X.] 3-4100 § 141b [X.]7) zum Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des § 141b Abs 1 [X.] bestätigt. Beide Ents[X.]heidungen gehen aber ni[X.]ht zwangsläufig von einer abhängigen Bes[X.]häftigung des Treuhänders aus. Die Verfahren wurden vielmehr zur Aufklärung einer persönli[X.]hen Abhängigkeit an das [X.] zurü[X.]kverwiesen.

In seinem Urteil vom [X.] ([X.] KR 30/04 R - Gmb[X.] 2006, 645) hat si[X.]h der erkennende [X.] ledigli[X.]h im Rahmen eines obiter di[X.]tum zu den mögli[X.]hen Auswirkungen einer re[X.]htli[X.]h wirksamen treuhänderis[X.]hen Bindung geäußert. Der [X.] hat die beurteilte [X.] als unwirksam angesehen.

4. Die Kostenents[X.]heidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 [X.]G.

Meta

B 12 R 11/19 R

12.05.2020

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Münster, 14. September 2017, Az: S 17 R 891/14, Urteil

§ 25 Abs 1 S 1 SGB 3, § 7 Abs 1 SGB 4, § 1 S 1 Nr 1 SGB 6, § 16 Abs 1 S 1 GmbHG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2020, Az. B 12 R 11/19 R (REWIS RS 2020, 2404)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2404

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