Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2020, Az. B 12 R 5/18 R

12. Senat | REWIS RS 2020, 2405

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Gesellschafter-Geschäftsführerin einer GmbH - Alleingesellschafterin - Treuhandverhältnis - Rechtssicherheit - Rechtsmacht - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit


Leitsatz

Das treuhänderische Halten von Gesellschaftsanteilen schließt die einer abhängigen Beschäftigung entgegenstehende Rechtsmacht eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH nicht aus.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. März 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Gesellschafterin-Geschäftsführerin einer GmbH in der [X.] vom 17.12.2008 bis zum [X.] aufgrund Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlag.

2

Die Klägerin war im streitigen [X.]raum Geschäftsführerin einer GmbH, die am 28.11.2017 aus dem Handelsregister ([X.]) gelöscht wurde. Der Gesellschaftsvertrag sah grundsätzlich eine Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen vor. In dem am [X.] geschlossenen Geschäftsführerdienstvertrag war ua geregelt, dass die Klägerin den von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen zu folgen, im Rahmen ihrer Tätigkeit jederzeit zur Verfügung zu stehen und ihre gesamte Arbeitskraft einzubringen habe. Sie hatte Anspruch auf ein Jahresgehalt von 33 600 Euro brutto, zahlbar in zwölf monatlichen Teilraten, eine auf [X.] ihres festen [X.] beschränkte Gewinntantieme, Jahresurlaub von 20 Arbeitstagen sowie auf Fortzahlung ihrer Vergütung im Krankheitsfall für die Dauer von sechs Wochen. Gemäß § 6 Abs 7 des Vertrags sollte die Geschäftsführerin sozialversicherungspflichtig sein.

3

Nachdem die Klägerin am Stammkapital der GmbH (25 000 Euro) zunächst zu [X.] beteiligt war, erwarb sie durch notariellen Vertrag vom 16.12.2008 einen weiteren Geschäftsanteil in Höhe von 22 500 Euro (90 vH). Am selben Tag schloss die Klägerin als Treuhänderin mit drei Personen als Treugeber einen notariellen Treuhandvertrag. Danach hielt die Klägerin den Gesellschaftsanteil in Höhe von 22 500 Euro zu jeweils gleichen Teilen für die Treugeber bis auf deren einstimmigen Widerruf. Ferner war geregelt, dass die Klägerin bei den Gesellschafterversammlungen und den [X.] an die Weisungen der Treugeber zwingend gebunden sei und das Treuhandverhältnis von den [X.] (einstimmig) sowie der Treuhänderin nur aus wichtigem Grund gekündigt werden könne.

4

Die Klägerin wurde am 28.4.2011 als Geschäftsführerin abberufen und veräußerte ihre Geschäftsanteile. Auf ihren Statusfeststellungsantrag stellte die beklagte [X.] fest, dass sie in ihrer Tätigkeit als Gesellschafterin-Geschäftsführerin in der [X.] vom [X.] bis zum [X.] nicht abhängig beschäftigt gewesen sei und daher in allen Zweigen der Sozialversicherung keine Versicherungspflicht bestanden habe (Bescheid vom 30.8.2012; Widerspruchsbescheid vom 27.3.2013).

5

Das [X.] hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt (Urteil vom 29.9.2014). Die auf die [X.] vom 17.12.2008 bis zum [X.] beschränkte Berufung der Beklagten hat das [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Geschäftsführerdienstvertrag spreche für eine abhängige Beschäftigung. Ihren beherrschenden Einfluss auf die GmbH als Alleingesellschafterin habe die Klägerin durch den Treuhandvertrag eingebüßt. Es bestehe ein erheblicher Unterschied zwischen einer schuldrechtlichen Stimmbindungsvereinbarung und einem Treuhandverhältnis. Im Fall der Kündigung des Treuhandverhältnisses wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, die treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteile an die Treugeber herauszugeben (Urteil vom [X.]).

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 7 Abs 1 SGB IV. Maßgebend für die Statusbeurteilung seien die [X.], wie sie sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben würden. Der aus wichtigem Grund kündbare Treuhandvertrag könne daran nichts ändern. Zudem habe die [X.] auf die Klägerin am 16.12.2008 vor der Eintragung in das [X.] noch keine rechtliche Wirkung gehabt. Erst ab dem - nicht bekannten - [X.]punkt dieser Eintragung liege ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht mehr vor.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 13. März 2018 und hinsichtlich der [X.] vom 17. Dezember 2008 bis zum 31. März 2011 das Urteil des [X.] vom 29. September 2014 aufzuheben und insoweit die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefo[X.]htenen Urteils und der Zurü[X.]kverweisung der Sa[X.]he an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Ents[X.]heidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Ob und inwieweit der Bes[X.]heid der Beklagten vom 30.8.2012 in der Gestalt des Widerspru[X.]hsbes[X.]heids vom [X.] re[X.]htmäßig ist, vermag der [X.] ni[X.]ht abs[X.]hließend zu ents[X.]heiden. Na[X.]h den für die Statusbeurteilung geltenden Maßstäben (dazu 1.) war die Klägerin als Minderheitsgesells[X.]hafterin zunä[X.]hst abhängig bes[X.]häftigt und damit in allen Zweigen der Sozialversi[X.]herung versi[X.]herungspfli[X.]htig (dazu 2.). Erst aufgrund ihrer gesells[X.]haftsre[X.]htli[X.]hen Re[X.]htsma[X.]ht als Alleingesells[X.]hafterin der GmbH unterlag sie ni[X.]ht mehr infolge Bes[X.]häftigung der Sozialversi[X.]herungspfli[X.]ht. Dem steht der Treuhandvertrag ni[X.]ht entgegen (dazu 3.). Mangels hinrei[X.]hender Tatsa[X.]henfeststellungen kann der [X.] jedo[X.]h ni[X.]ht beurteilen, ab wel[X.]hem Zeitpunkt der Klägerin als Alleingesells[X.]hafterin die eine abhängige Bes[X.]häftigung auss[X.]hließende Re[X.]htsma[X.]ht zustand (dazu 4.).

1. Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt bes[X.]häftigt waren, in der gesetzli[X.]hen Krankenversi[X.]herung ([X.]), [X.] Pflegeversi[X.]herung ([X.]), gesetzli[X.]hen Rentenversi[X.]herung ([X.]) und na[X.]h dem Re[X.]ht der Arbeitsförderung der Versi[X.]herungspfli[X.]ht (§ 5 Abs 1 [X.], § 20 Abs 1 Satz 1 und 2 [X.] in der Fassung des [X.] vom [X.] <[X.] 926>, § 1 Satz 1 [X.]I idF des Gesetzes vom [X.] aaO, § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III). Bes[X.]häftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die ni[X.]htselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Bes[X.]häftigung sind eine Tätigkeit na[X.]h Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Na[X.]h der ständigen Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] setzt eine abhängige Bes[X.]häftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönli[X.]h abhängig ist. Die hierfür vom [X.] entwi[X.]kelten [X.] (vgl zuletzt [X.] Urteil vom 4.6.2019 - [X.] R 11/18 R - [X.]E 128, 191 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]4 f Honorararzt>) gelten grundsätzli[X.]h au[X.]h für Ges[X.]häftsführer einer GmbH ([X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] KR 13/17 R - [X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]8). Ob ein Bes[X.]häftigungsverhältnis vorliegt, ri[X.]htet si[X.]h bei dem Ges[X.]häftsführer einer GmbH aber in erster Linie dana[X.]h, ob er na[X.]h der ihm zukommenden, si[X.]h aus dem Gesells[X.]haftsvertrag ergebenden Re[X.]htsma[X.]ht ihm ni[X.]ht genehme Weisungen verhindern oder Bes[X.]hlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (vgl zuletzt [X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - [X.]E 129, 95 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]4 f mwN).

Ist ein GmbH-Ges[X.]häftsführer zuglei[X.]h als Gesells[X.]hafter am Kapital der Gesells[X.]haft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des si[X.]h daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesells[X.]haft ein wesentli[X.]hes Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Bes[X.]häftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesells[X.]hafter-Ges[X.]häftsführer ist ni[X.]ht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um ni[X.]ht als abhängig Bes[X.]häftigter angesehen zu werden, über seine Gesells[X.]hafterstellung hinaus die Re[X.]htsma[X.]ht besitzen, dur[X.]h Einflussnahme auf die Gesells[X.]hafterversammlung die Ges[X.]hi[X.]ke der Gesells[X.]haft bestimmen zu können. Eine sol[X.]he Re[X.]htsma[X.]ht ist bei einem Gesells[X.]hafter gegeben, der [X.] der Anteile am Stammkapital hält. Ein Ges[X.]häftsführer, der ni[X.]ht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesells[X.]hafter auss[X.]heidet, ist grundsätzli[X.]h abhängig bes[X.]häftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er [X.] der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung na[X.]h dem Gesells[X.]haftsvertrag eine umfassende ("e[X.]hte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesells[X.]hafter-Ges[X.]häftsführer muss eine Einflussmögli[X.]hkeit auf den Inhalt von [X.] haben und zumindest ihm ni[X.]ht genehme Weisungen der Gesells[X.]hafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine "une[X.]hte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität ni[X.]ht geeignet, die erforderli[X.]he Re[X.]htsma[X.]ht zu vermitteln ([X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - [X.]E 129, 95 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]5 mwN; [X.] Urteil vom 14.3.2018 - [X.] KR 13/17 R - [X.]E 125, 183 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], RdNr 21 mwN).

2. Na[X.]h diesen Maßstäben war die Klägerin als Minderheitsgesells[X.]hafterin mit einer Kapitalbeteiligung von [X.] abhängig bes[X.]häftigt. Sie besaß damit keine im Gesells[X.]haftsre[X.]ht wurzelnde Re[X.]htsma[X.]ht, die sie in die Lage versetzte, eine Einflussnahme auf ihre Tätigkeit, insbesondere dur[X.]h ihr unangenehme Weisungen, jederzeit zu verhindern. Vielmehr unterlag sie na[X.]h § 37 Abs 1 in Verbindung mit § 38 Abs 1 sowie § 46 [X.] und 6 GmbHG dem Weisungsre[X.]ht der Gesells[X.]hafterversammlung der GmbH (vgl zum Weisungsre[X.]ht [X.] in [X.][X.], GmbHG, 9. Aufl 2019, § 37 RdNr 3; [X.] in [X.][X.], [X.], 20. Aufl 2020, § 37 Rd[X.]; [X.]/Tieves, [X.], 3. Aufl 2019, § 37 Rd[X.]07). Ungea[X.]htet dessen regelt der Ges[X.]häftsführerdienstvertrag vom [X.] für eine abhängige Bes[X.]häftigung typis[X.]he Regelungen. Die Klägerin hatte den von der Gesells[X.]hafterversammlung erteilten Weisungen zu folgen und im Rahmen ihrer Tätigkeit jederzeit zur Verfügung zu stehen. Sie erhielt ein in 12 Teilraten auszuzahlendes Jahresgehalt und hatte Anspru[X.]h auf bezahlten Jahresurlaub von 20 Arbeitstagen sowie auf Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall für die Dauer von se[X.]hs Wo[X.]hen.

3. Erst als Alleingesells[X.]hafterin unterlag sie ni[X.]ht mehr dem Weisungsre[X.]ht der Gesells[X.]hafterversammlung der GmbH, denn sie selbst bestimmte nunmehr ihre Ges[X.]häftsführertätigkeit und damit die Ges[X.]hi[X.]ke des Unternehmens. Der ihr zukommende, die abhängige Bes[X.]häftigung auss[X.]hließende beherrs[X.]hende Einfluss auf die Gesells[X.]haft wurde der Klägerin ni[X.]ht dur[X.]h den notariellen Treuhandvertrag vom 16.12.2008 (dazu a) genommen. Ein Treuhandvertrag ist wegen seiner s[X.]huldre[X.]htli[X.]hen Wirkung für die sozialversi[X.]herungsre[X.]htli[X.]he Statusbeurteilung ohne Bedeutung (dazu b). Dieses Ergebnis wird dur[X.]h die fehlende Publizität von [X.] untermauert (dazu [X.]). Etwas anderes folgt ni[X.]ht aus der Pfli[X.]ht der Treuhänderin zur Übertragung von Ges[X.]häftsanteilen auf die Treugeber (dazu d). S[X.]hließli[X.]h steht eine frühere Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] dem hier gefundenen Ergebnis ni[X.]ht entgegen (dazu e).

a) Na[X.]h dem Treuhandvertrag vom 16.12.2008 hielt die Klägerin als Alleingesells[X.]hafterin [X.] der Gesells[X.]haftsanteile treuhänderis[X.]h für drei Treugeber. Ein sol[X.]hes Treuhandverhältnis ist zivil- und steuerre[X.]htli[X.]h zulässig ([X.] Urteil vom 19.4.1999 - [X.] - juris Rd[X.]7; BFH Urteil vom 20.1.1999 - [X.]/97 - [X.], 254). Es ist dadur[X.]h gekennzei[X.]hnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensgegenstände überträgt oder belässt oder ihm eine Re[X.]htsma[X.]ht einräumt, ihn aber in der Ausübung der si[X.]h daraus im Außenverhältnis (des Treuhänders zu [X.]) ergebenden Re[X.]htsma[X.]ht im Innenverhältnis (des Treuhänders zum Treugeber) na[X.]h Maßgabe der s[X.]huldre[X.]htli[X.]hen [X.] bes[X.]hränkt ([X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 30/04 R - Gmb[X.] 2006, 645, 647 f mwN, juris RdNr 25).

b) Für einen Gesells[X.]hafter-Ges[X.]häftsführer hat der [X.] bereits ents[X.]hieden, dass die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Re[X.]htsma[X.]ht, die in die Lage versetzt, die Ges[X.]hi[X.]ke der Gesells[X.]haft bestimmen oder zumindest ni[X.]ht genehme Weisungen der Gesells[X.]hafterversammlung verhindern zu können, gesells[X.]haftsre[X.]htli[X.]h eingeräumt sein muss. Außerhalb des Gesells[X.]haftsvertrags (Satzung) bestehende wirts[X.]haftli[X.]he Verfle[X.]htungen, Stimmbindungsabreden oder Veto-Re[X.]hte zwis[X.]hen einem Gesells[X.]hafter-Ges[X.]häftsführer und einem [X.] sowie anderen Gesells[X.]haftern und/oder der GmbH sind ni[X.]ht zu berü[X.]ksi[X.]htigen. Sie vermögen die si[X.]h aus dem Gesells[X.]haftsvertrag ergebenden Re[X.]htsma[X.]htverhältnisse ni[X.]ht mit sozialversi[X.]herungsre[X.]htli[X.]her Wirkung zu vers[X.]hieben. Unabhängig von ihrer Kündbarkeit genügen die das Stimmverhalten regelnden Vereinbarungen ni[X.]ht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversi[X.]herungs- und beitragsre[X.]htli[X.]her Tatbestände. Im Interesse sowohl der Versi[X.]herten als au[X.]h der Versi[X.]herungsträger ist die Frage der (fehlenden) Versi[X.]herungspfli[X.]ht wegen Selbstständigkeit oder abhängiger Bes[X.]häftigung s[X.]hon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf ni[X.]ht nur für die Entri[X.]htung der Beiträge, sondern au[X.]h für die Leistungspfli[X.]hten der Sozialversi[X.]herungsträger und die Leistungsansprü[X.]he des Betroffenen ankommt ([X.] Urteil vom [X.] 12 KR 9/18 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] Rd[X.]9 mwN, au[X.]h zur Veröffentli[X.]hung in [X.]E vorgesehen).

Der Treuhandvertrag vom 16.12.2008 entfaltet aber keine gesells[X.]haftsre[X.]htli[X.]he, sondern eine s[X.]huldre[X.]htli[X.]he Wirkung zwis[X.]hen den Vertragsparteien. Die klagende Treuhänderin ist als Alleingesells[X.]hafterin Inhaberin aller mit dem Ges[X.]häftsanteil verbundenen Re[X.]hte und Pfli[X.]hten. Insbesondere das Stimmre[X.]ht als das wi[X.]htigste Verwaltungsre[X.]ht steht grundsätzli[X.]h ihr allein und ni[X.]ht den [X.] zu. Die Vollre[X.]htsstellung der Treuhänderin hat zur Folge, dass die Treugeber der Gesells[X.]haft oder der Klägerin gegenüber Gesells[X.]hafterre[X.]hte ni[X.]ht aus eigenem Re[X.]ht geltend ma[X.]hen können. Sie sind vielmehr stets auf die Wahrnehmung dieser Re[X.]hte dur[X.]h die Treuhänderin angewiesen. Die Einwirkungsma[X.]ht der Treugeber auf das Gesells[X.]haftsges[X.]hehen ist demna[X.]h ledigli[X.]h mittelbar und gründet si[X.]h auf das ihnen gegenüber der Treuhänderin zustehende Weisungsre[X.]ht, das si[X.]h insbesondere auf die Ausübung des Stimmre[X.]hts erstre[X.]kt.

Diesem Weisungsre[X.]ht, das § 2 Abs 2 des [X.] vom 16.12.2008 ausdrü[X.]kli[X.]h vorsieht, kommt aber ebenso eine s[X.]huldre[X.]htli[X.]he und keine unmittelbar gesells[X.]haftsre[X.]htli[X.]he Wirkung zu. Es liegt in der Hand der Treuhänderin, ob sie die Weisungen befolgt. Ein weisungswidriges Abstimmungsverhalten in der Gesells[X.]hafterversammlung oder - wie hier - dur[X.]h die Alleingesells[X.]hafterin führt grundsätzli[X.]h ni[X.]ht zur Unwirksamkeit gefasster Bes[X.]hlüsse, sondern zu einer S[X.]hadensersatzpfli[X.]ht des Treuhänders im Innenverhältnis zum Treugeber. Die s[X.]huldre[X.]htli[X.]he [X.] hindert die Treuhänderin selbst ni[X.]ht daran, wirksam über das [X.] zu verfügen und damit Re[X.]hte des Treugebers zu vereiteln. Im Übrigen könnten die Treugeber einen Gesells[X.]hafterbes[X.]hluss au[X.]h ni[X.]ht anfe[X.]hten. Bei treuhänderis[X.]her Anteilsbere[X.]htigung steht das Re[X.]ht zur Anfe[X.]htung von [X.] dem Treuhänder und ni[X.]ht dem Treugeber zu, weil si[X.]h die Befugnis zur Beseitigung von [X.] ni[X.]ht na[X.]h wirts[X.]haftli[X.]hen, sondern allein na[X.]h den re[X.]htli[X.]hen Verhältnissen bestimmt ([X.] Urteil vom [X.] 12 KR 9/18 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] RdNr 20 ff mwN aus Rspr und Literatur, au[X.]h zur Veröffentli[X.]hung in [X.]E vorgesehen).

[X.]) Hinzu kommt, dass s[X.]huldre[X.]htli[X.]he Treuhandverträge - anders als der Gesells[X.]haftsvertrag und dessen spätere Änderungen (§ 8 Abs 1 [X.], § 54 Abs 1 Satz 1 GmbHG) - ni[X.]ht in das [X.] eingetragen werden. Die Re[X.]htssi[X.]herheit, die mit dem na[X.]h § 9 Abs 1 Satz 1 Handelsgesetzbu[X.]h (HGB) jedem zu Informationszwe[X.]ken eingeräumten Re[X.]ht auf Einsi[X.]htnahme in das [X.] sowie in die zum [X.] eingerei[X.]hten Dokumente für den Re[X.]htsverkehr im Außenverhältnis der Gesells[X.]haft verbunden ist, erstre[X.]kt si[X.]h daher ni[X.]ht auf ein Treuhandverhältnis. Dieser Re[X.]htssi[X.]herheit dient § 16 Abs 1 Satz 1 GmbHG idF des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Re[X.]hts und zur Bekämpfung von Missbräu[X.]hen (MoMiG) vom 23.10.2008 ([X.] 2026), wona[X.]h - unabhängig von der materiellen Re[X.]htslage - im Verhältnis zur Gesells[X.]haft im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesells[X.]hafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Ges[X.]häftsanteils nur gilt, wer als sol[X.]her in der im [X.] aufgenommenen Gesells[X.]hafterliste (§ 40 GmbHG) eingetragen ist. Die mit der Aufnahme der Gesells[X.]hafterliste in das [X.] einhergehende Fiktion der Gesells[X.]hafterstellung s[X.]hafft eine klare Zäsur, na[X.]h der si[X.]h die Re[X.]hte und Pfli[X.]hten zwis[X.]hen einer GmbH einerseits und Veräußerer sowie Erwerber des Gesells[X.]haftsanteils andererseits bestimmen. Die in § 16 Abs 1 GmbHG verankerte unwiderlegbare Vermutung der Gesells[X.]hafterstellung dient sowohl dem S[X.]hutz der Gesells[X.]haft vor Unsi[X.]herheit im Hinbli[X.]k auf die Person des neuen Gesells[X.]hafters als au[X.]h dem S[X.]hutz der an dem Gesells[X.]hafterwe[X.]hsel Beteiligten ([X.] in [X.], 3. Aufl 2018, § 16 Rd[X.]3). In die Gesells[X.]hafterliste eingetragen werden aber nur die Gesells[X.]hafter, während eine mittelbare Einflussnahme auf die Gesells[X.]haft, insbesondere dur[X.]h Treuhandverhältnisse, wegen des Gebots der Registerklarheit ni[X.]ht offengelegt werden kann ([X.] Urteil vom [X.] 12 KR 9/18 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] RdNr 24 ff mwN, au[X.]h zur Veröffentli[X.]hung in [X.]E vorgesehen).

Eine die Re[X.]htsma[X.]ht begründende Publizität wird au[X.]h ni[X.]ht dur[X.]h das na[X.]h § 18 des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus s[X.]hweren Straftaten (Geldwäs[X.]hegesetz) vom [X.] ([X.] 1822) eingeri[X.]htete [X.] vermittelt. Unabhängig davon, ob im [X.] überhaupt [X.] offenzulegen sind (sowohl BT-Dru[X.]ks 18/11555 [X.] zu § 20 Abs 2; zum Streitstand in der zivilre[X.]htli[X.]hen Literatur vgl Bo[X.]hmann, [X.] 2017, 1310, 1316; [X.], [X.] 2017, 2310, 2319; [X.]/[X.], NJW 2017, 2433), wird die Fiktion des § 16 Abs 1 Satz 1 GmbHG dur[X.]h Mitteilungen an das [X.] ni[X.]ht verdrängt.

d) Die gesells[X.]haftsre[X.]htli[X.]he Re[X.]htsma[X.]ht hat die Klägerin dur[X.]h den Treuhandvertrag au[X.]h ni[X.]ht deshalb eingebüßt, weil sie in Fällen der Beendigung des Treuhandverhältnisses verpfli[X.]htet ist, Ges[X.]häftsanteile auf die Treugeber zu übertragen. Eine sol[X.]he Herausgabepfli[X.]ht ergibt si[X.]h au[X.]h ohne ausdrü[X.]kli[X.]he Regelung im Treuhandvertrag kraft Gesetzes aus § 667 BGB ([X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 30/04 R - Gmb[X.] 2006, 645, 648, juris RdNr 27 mwN) oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung. Aufgrund der beiderseitigen Interessenlage ist davon auszugehen, dass der Ges[X.]häftsanteil mit Wegfall des treuhänderis[X.]hen Zwe[X.]ks dem Treugeber zustehen soll (Lieder/[X.], Gmb[X.] 2018, 169, 170).

Für die Statusbestimmung ist auss[X.]hließli[X.]h die im zu beurteilenden Zeitraum tatsä[X.]hli[X.]h verteilte, ni[X.]ht aber eine nur na[X.]h weiteren Re[X.]htshandlungen denkbare Re[X.]htsma[X.]ht maßgebend. Darüber hinaus würden selbst bei einer Übertragung des treuhänderis[X.]h gehaltenen Ges[X.]häftsanteils die Treugeber erst ab dem [X.] der geänderten Gesells[X.]hafterliste (§ 40 GmbHG) in das [X.] als Gesells[X.]hafter und damit als in der Gesells[X.]hafterversammlung stimmbere[X.]htigt gelten (§ 16 Abs 1 Satz 1 GmbHG). Bis zu diesem Zeitpunkt steht der Treuhänderin das aus dem Ges[X.]häftsanteil resultierende Stimmre[X.]ht zu ([X.] Urteil vom [X.] 12 KR 9/18 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] RdNr 31 mwN, au[X.]h zur Veröffentli[X.]hung in [X.]E vorgesehen). Der in die Gesells[X.]hafterliste aufgenommene Gesells[X.]hafter kann bis zur Eintragung einer Veränderung die Gesells[X.]hafterre[X.]hte wahrnehmen und haftet für die bis dahin fällig werdenden Gesells[X.]hafterpfli[X.]hten allein ([X.] in [X.], GmbHG, Band 1, 12. Aufl 2018, § 16 RdNr 8 f au[X.]h zum Folgenden). Der (no[X.]h) ni[X.]ht in der Gesells[X.]hafterliste Eingetragene, aber materiell Bere[X.]htigte ist demgegenüber re[X.]htli[X.]h gehindert, Gesells[X.]hafterre[X.]hte auszuüben und haftet grundsätzli[X.]h ni[X.]ht für Pfli[X.]hten aus dem Ges[X.]häftsanteil. Er muss sämtli[X.]he Re[X.]htshandlungen zwis[X.]hen Gesells[X.]haft und bisher Legitimierten bis zu seiner Eintragung in die Gesells[X.]hafterliste gegen si[X.]h gelten lassen.

e) Die frühere Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] steht dem hier gefundenen Ergebnis ni[X.]ht entgegen. Mit Urteil vom 8.12.1994 (11 [X.]/94 - [X.] 3-4100 § 168 [X.]8) hat der 11. [X.] des [X.] zum Begriff einer die Beitragspfli[X.]ht begründenden Bes[X.]häftigung na[X.]h § 168 Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz ([X.]) ents[X.]hieden, dass bei einem ges[X.]häftsführenden Treuhänder aufgrund dessen Stellung als Alleingesells[X.]hafter eine abhängige Bes[X.]häftigung ni[X.]ht auss[X.]heide, wenn neben der s[X.]huldre[X.]htli[X.]hen Weisungsgebundenheit und einer für den Fall der Beendigung des [X.] vorweggenommenen dingli[X.]hen Übertragung der Ges[X.]häfts- und Gesells[X.]haftsanteile eine unwiderrufli[X.]he Stimmre[X.]htsvollma[X.]ht zugunsten des Treugebers bestehe. Diese Ents[X.]heidung wurde dur[X.]h Urteil des 10. [X.]s des [X.] vom 30.1.1997 (10 [X.] - [X.] 3-4100 § 141b [X.]7) zum Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des § 141b Abs 1 [X.] bestätigt. Beide Ents[X.]heidungen gehen aber ni[X.]ht zwangsläufig von einer abhängigen Bes[X.]häftigung des Treuhänders aus. Die Verfahren wurden vielmehr zur Aufklärung einer persönli[X.]hen Abhängigkeit an das [X.] zurü[X.]kverwiesen.

In seinem Urteil vom [X.] ([X.] KR 30/04 R - Gmb[X.] 2006, 645) hat si[X.]h der erkennende [X.] ledigli[X.]h im Rahmen eines obiter di[X.]tum zu den mögli[X.]hen Auswirkungen einer re[X.]htli[X.]h wirksamen treuhänderis[X.]hen Bindung geäußert. Der [X.] hat die beurteilte [X.] als unwirksam angesehen.

4. Ab wel[X.]hem Zeitpunkt die Klägerin als Alleingesells[X.]hafterin die eine abhängige Bes[X.]häftigung auss[X.]hließende Re[X.]htsma[X.]ht innehatte, kann der [X.] ni[X.]ht abs[X.]hließend ents[X.]heiden. Das [X.] hat zwar festgestellt, dass ein Ges[X.]häftsanteil in Höhe von [X.] an die Klägerin mit notariellem [X.] verkauft sowie übertragen worden und sie ab diesem Zeitpunkt Alleingesells[X.]hafterin gewesen sei. Es fehlt aber an Feststellungen dazu, dass die Klägerin in die Gesells[X.]hafterliste eingetragen und wann die aktualisierte Gesells[X.]hafterliste in den für das entspre[X.]hende Registerblatt bestimmten Registerordner des [X.] (vgl § 9 Abs 1 Verordnung über die Einri[X.]htung und Führung des [X.]) aufgenommen worden ist. Denn na[X.]h § 16 Abs 1 Satz 1 GmbHG gilt - wie bereits ausgeführt wurde - im Verhältnis zur Gesells[X.]haft im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesells[X.]hafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Ges[X.]häftsanteils nur, wer als sol[X.]her in der im [X.] "aufgenommenen" Gesells[X.]hafterliste eingetragen ist. Den Zeitpunkt der Aufnahme der geänderten Gesells[X.]hafterliste in das [X.] hat das [X.] festzustellen.

5. Die Kostenents[X.]heidung bleibt der Ents[X.]heidung des [X.] vorbehalten.

Meta

B 12 R 5/18 R

12.05.2020

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Stuttgart, 23. September 2014, Az: S 2 R 2399/13, Urteil

§ 7 Abs 1 SGB 4, § 16 Abs 1 S 1 GmbHG, § 9 Abs 1 S 1 HGB, § 667 BGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2020, Az. B 12 R 5/18 R (REWIS RS 2020, 2405)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2405

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