Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2014, Az. VIII ZR 72/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8579

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII [X.]/13
vom

21. Januar 2014

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat am 21.
Januar 2014 durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterinnen Dr.
Milger, Dr.
Fetzer und [X.]
Bünger
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 7.
Februar 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf

festgesetzt.

Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig (§ 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EG-ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungser-heblicher Weise den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).

1. Die Klägerin begehrt von der [X.], einer Zwischenhändlerin, den Kaufpreis für die -
nach vorangegangener Musterlieferung -
ab 15.
Juli 2010 in Auftrag gegebene und von November 2010 bis 8.
Februar 2011 sukzessive ausgeführte Lieferung von 100.000 [X.]. Die Beklagte verweigert die 1
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-
Zahlung unter Berufung auf einen Sachmangel (von der vereinbarten Härtespe-zifikation 8.8 abweichende Festigkeit der Bolzen; zu hoher Mangangehalt), der bei ihrem Endkunden festgestellt und von ihr am 9.
Mai 2011 und nochmals am 1. Juli 2011 gegenüber der [X.] beanstandet worden sei.
Das [X.] hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, dass die behauptete Mängelrüge verspätet gewesen sei und die Beklagte sich [X.] nicht auf Mängel berufen könne. Das Berufungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der behauptete Mangel bestehe, es sich aber um einen verdeckten Mangel handele, bei dem die Mängelanzeige erst unverzüglich nach der Entdeckung habe erfolgen müssen und im Streitfall auch rechtzeitig erfolgt sei. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulas-sungsbeschwerde.

2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen [X.] (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, weil es entscheidungserheblichen Sach-vortrag der Klägerin zu dem von der [X.] behaupteten Mangel übergan-gen und es dadurch
versäumt hat, das Vorbringen
der Klägerin in der nach Art.
103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und Beweis
über den von der [X.] behaupteten Mangel
zu erheben (vgl. [X.], Beschlüsse vom 28. Februar 2012 -
VIII ZR 124/11, [X.], 311 Rn.
5
f.
mwN; vom 1.
Juni 2005 -
XII [X.], NJW 2005, 2710 unter [X.]; vom 2. Juni 2008
-
II ZR 121/07, NJW-RR 2008, 1311 Rn. 2; vom 19. Juni 2008 -
VII ZR 127/06, [X.], 644 Rn. 7 f.; vom 20. Mai 2010 -
V [X.], juris Rn. 6).
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, von der Lieferung mangelbehafte-ter Bolzen sei nach dem Vorbringen der Parteien auszugehen. Die [X.] die zu hohe Festigkeit und den
zu hohen Mangangehalt der von ihr geliefer-3
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-
4
-
ten Bolzen nicht bestritten, sondern sich allein darauf berufen, sie habe genau die Bolzen geliefert, die auch Gegenstand der vorher gelieferten Muster gewe-sen seien; nicht die Muster, sondern im Auftrag genau bezeichnete [X.] jedoch Vertragsgegenstand gewesen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde be-anstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht mit seiner Würdigung, die Klä-gerin hätte sich "nur"
auf die Übereinstimmung der gelieferten Bolzen mit den zuvor erstellten Mustern berufen und nicht geltend gemacht, dass die
Bolzen
vertragsgemäß seien, das Vorbringen der Klägerin im [X.] nicht erfasst
und dadurch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.
a) Unstreitig hatte die Beklagte zunächst Musterbolzen nach ihren Vor-gaben
-
unter anderem mit der Härtespezifikation 8.8 ([X.]. [X.]) -
bei der Kläge-rin bestellt, im Februar 2009 erhalten und auch bezahlt ([X.] f., 70; [X.]. [X.] und 6). Diese Musterbolzen waren, wie die Beklagte selbst vorträgt, mangelfrei
und
von ihrem
Kunden nicht beanstandet worden ([X.]). Daraufhin
kam es aufgrund der Bestellungen der [X.] vom 15. Juli 2010 ([X.]. B
1 -
B
3), der Auftragsbestätigungen der Klägerin vom 11. August 2010 ([X.]. B
4 -
B
6) und der [X.] durch die Beklagte am 30. September 2010 ([X.]. K 2)
zur Auftragserteilung
über die Lieferung der streitgegenständlichen Bolzen, die
-
ebenso wie die Musterbolzen -
unter anderem den Härtegrad 8.8 aufweisen sollten
([X.]. B
1 -
B
3).
b) Zu Unrecht meint das
Berufungsgericht, die Klägerin hätte
sich "nur"
auf die Übereinstimmung der Bolzen mit den zuvor gelieferten Mustern berufen und nicht bestritten, dass die gelieferten Bolzen hinsichtlich des vereinbarten
Härtegrades
(8.8) und des [X.] nicht vertragsgemäß
seien. Vielmehr hat die Klägerin, wie die Nichtzulassungsbeschwerde unter Bezugnahme auf den vorinstanzlichen Sachvortrag der Klägerin im Einzelnen darlegt, bei ver-6
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5
-
ständiger Würdigung ihres Vorbringens geltend gemacht, dass die gelieferten Bolzen in gleicher Weise vertragsgemäß seien wie die zuvor gelieferten, hin-sichtlich der technischen Anforderungen -
insbesondere des geforderten [X.] (8.8) -
identischen Musterbolzen, die von der [X.] unstreitig als mangelfrei gebilligt worden waren.

Die Klägerin hat sich im Schriftsatz vom 10. November 2011 ausdrück-lich darauf berufen, dass "die gelieferte Ware den Vereinbarungen und den zu-vor erhaltenen Mustern entspreche"
([X.]). Im Schriftsatz der Klägerin vom 8.
Februar 2012 (GA
70) wird
nochmals
vorgetragen, die Parteien hätten sich letztlich auf die Lieferung von Bolzen gemäß der [X.] vom 19.
November 2008 und der Order vom 15.
Juli 2010 zu den bestätigten [X.] geeinigt.
()
Die nunmehr erfolgten Lieferungen entsprächen exakt den im Jahr 2009 gelieferten Musterbolzen aus der Bestellung vom 19.
November 2008. Dies gelte insbesondere für die Materialbeschaffenheit und die [X.] der Bolzen. Auf Grund dessen seien die Bolzen nun auch mangelfrei, selbst
wenn die Festigkeit für den Kunden der [X.] nunmehr zu hoch sein sollte. Die Klägerin trage hierfür nicht das [X.]. Im zweiten Rechtszug wird im Schriftsatz vom 23. August 2012 (GA
137
f.)
nochmals auf die Bestellung "entsprechend den Probelieferungen"
Bezug genommen.
In der Sache hat die Klägerin damit behauptet, dass die gelieferten Bol-zen in technischer Hinsicht den gleichen Anforderungen genügen sollten wie die zuvor nach den Vorgaben der [X.] hergestellten Musterbolzen und dass die gelieferten Bolzen qualitativ
auch mit den -
unstreitig mangelfreien -
Musterbolzen übereinstimmten.
Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin
die Be-hauptung der [X.], dass die gelieferten Bolzen
hinsichtlich des Härtegra-des und des [X.] nicht vereinbarungsgemäß und damit mangelhaft seien, hinreichend bestritten.
8
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-
6
-
Das Berufungsgericht wird deshalb durch das von
der [X.] angebo-tene Sachverständigengutachten ([X.]) Beweis
darüber zu erheben haben, ob die gelieferten Bolzen den
vereinbarten technischen Anforderungen entspre-chen
oder den von der [X.] behaupteten Mangel aufweisen.
Die [X.] hierfür liegt bei der [X.].
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
Sollte das Berufungsgericht erneut das Vorhandensein des behaupteten Mangels und die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge bejahen,
wird es zu beachten haben, dass die Klage in diesem Fall -
entgegen seiner vorliegenden Entschei-dung
-
nicht abzuweisen wäre, sondern gemäß §§
320, 322 BGB
eine Zug-um-Zug-Verurteilung der [X.] zur
Zahlung des Kaufpreises gegen Lieferung mangelfreier Bolzen durch die Klägerin zu erfolgen hätte.
Das Berufungsgericht
ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass eine Mangelhaftigkeit der Bolzen -
mangels Fristsetzung zur Nacherfüllung -
kein Rücktrittsrecht der [X.] begründet, sondern nur zur Folge hat, dass die Beklagte ihren
Anspruch auf Nacherfüllung dem Kaufpreisanspruch der Kläge-rin einredeweise nach §
320 BGB entgegenhalten kann. Es hat aber verkannt, dass die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zwingend zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung nach §
322 BGB führt (st.
Rspr.; Senatsurteil vom 20.
Mai 2009 -
VIII
ZR 191/07, [X.]Z 181, 170 Rn.
19; vgl. auch [X.], Urteil vom 4.
Juni 1973 -
VII
ZR 112/71, [X.]Z 61, 42, 44
mwN zum Werkvertrag nach

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11
12
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7
-
Abnahme). Der Ausnahmefall des §
322 Abs.
2 BGB -
Vorleistungspflicht der Klägerin
-
liegt hier nicht vor.
Ball
Dr. Frellesen
Dr. Milger

Dr. Fetzer
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.03.2012 -
15 O 43/11 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.02.2013 -
I-16 [X.] -

Meta

VIII ZR 72/13

21.01.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2014, Az. VIII ZR 72/13 (REWIS RS 2014, 8579)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8579

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