Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2017, Az. III ZB 37/16

III. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 7249

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:270717BIIIZB37.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 37/16
vom

27. Juli 2017

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO § 5 Halbs. 2, § 511 Abs. 2 Nr. 1; [X.] § 45 Abs. 1
Der Wert der Beschwer ist nach §
45 Abs.
1 [X.] zu bemessen, wenn die von einer beklagten [X.] gestellten Hilfsanträge, eine Verurteilung nur [X.] gegen bestimmte Leistungen auszusprechen, unzutreffend als Hilfswider-klage angesehen werden und diese abgewiesen wird.
[X.], Beschluss vom 27. Juli 2017 -
III ZB 37/16 -
LG [X.]

[X.]

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat am 27. Juli 2017 durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] sowie die Richterin [X.]

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der
Beschluss der
22.
Zivilkammer
des Landgerichts [X.]
vom 25. Mai 2016
-
22
[X.]/16
-
aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Streitwert für das
Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 10.600

.

Gründe:

I.

Die Beklagte ist Treuhandkommanditistin
der
S.

, einem geschlossenen Immobilienfonds. Der Kläger beteiligte

dieser Fonds-gesellschaft, wobei die Beklagte seine
Beteiligung
ebenso wie die verschiede-ner
anderer Anleger treuhänderisch
hält.
Mit seiner Klage verlangt er
von ihr die
Mitteilung der
Namen, Vornamen, Anschriften und E-Mail-Adressen sämtlicher 1
-

3

-

Treugeber durch einen Ausdruck oder auf einem elektronischen Datenträger, um, wie er geltend macht,
seine Rechte aus dem Treuhandvertrag und dadurch
mittelbar seine Mitgliedschaftsrechte in der [X.] und sich mit den übrigen [X.] zum Zwecke einer fundierten Mei-nungsbildung austauschen zu können. Die Beklagte ist dem
entgegengetreten und hat hilfsweise
beantragt, sie nur Zug um Zug gegen Abgabe
verschiedener
Erklärungen
des [X.]
hinsichtlich der
Verwendung der Daten, zur Freistel-lung von möglichen Ansprüchen gegen sie sowie bezüglich der
Leistung einer

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, die Hilfsanträge der Be-klagten als
[X.]
angesehen und als solche
abgewiesen. Mit der da-gegen gerichteten Berufung hat die
Beklagte
abermals hilfsweise zu der von ihr weiter in erster Linie begehrten Klageabweisung beantragt, sie nur Zug um Zug gegen Abgabe der bereits in erster Instanz vom Kläger verlangten
Erklärungen zu verurteilen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Beru-fung als unzulässig verworfen, weil
die Beschwer der Beklagten

bemessen und damit
die Wertgrenze des §
511 Abs.
2 Nr.
1
ZPO nicht erreicht sei.
Mangels ausreichender entgegenstehender Indizien
könne nicht positiv festgestellt werden, dass das
Amtsgericht
nicht stillschweigend entschieden habe, die Berufung nicht zuzulassen.

Gegen diese Entscheidung
richtet sich die
Rechtsbeschwerde der Be-klagten.

2
3
-

4

-

II.

Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthafte sowie form-
und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entschei-dung des [X.] erfordert (§
574 Abs.
2 Nr.
2 Alt.
2 ZPO). Die Verwerfung der Berufung als unzulässig
verletzt die Beklagte
in ihrem
Verfahrensgrundrecht
auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip).

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht
wegen Unterschreitung der Wertgrenze des §
511 Abs.
2 Nr.
1 ZPO als unzulässig verworfen.
Für die Höhe der Beschwer hat es
dabei die Entscheidung des Amtsgerichts, die Hilfsanträge der Beklagten als [X.] anzusehen und diese selbständig abzuweisen, nicht ausreichend berücksichtigt.

1.
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] bemisst sich der Wert der Beschwer bei der Verurteilung zu einer Auskunftserteilung nicht nach dem Wert des mit der Klage geltend gemachten Auskunftsan-spruchs, sondern nach dem Interesse der verurteilten [X.],
die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an [X.] und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob die verurteilte [X.] ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsa-chen vor dem Gegner geheim zu halten (vgl. etwa Senatsurteil vom 10.
Februar 2011 -
III ZR 338/09, NJW 2011, 926, 927 Rn.
9; Senatsbeschlüsse
vom 9.
Februar 2012 -
III ZB 55/11, BeckRS 2012, 04655 Rn.
7 und vom 28.
Januar 2016
III ZB 96/15, BeckRS 2016,
03749
Rn. 5 jeweils mwN).

4
5
6
-

5

-

2.
a)
Gemessen daran
ist es zwar aus Rechtsgründen nicht zu [X.], wenn
das Berufungsgericht, dessen
Beurteilung
im Rahmen der [X.] nur insoweit überprüft werden kann, ob es die Grenzen des ihm eröffneten Ermessens (§§ 2, 3 ZPO) überschritten oder sein Ermessen [X.] ausgeübt hat (vgl. nur Senatsbeschluss vom 28. Januar 2016, aaO, Rn. 6 mwN),
den
erforderlichen Aufwand an [X.] und Kosten
für die Benennung der übrigen Treugeber

schlagt
hat.
Anhaltspunkte dafür, dass der für
die eigentliche Auskunftserteilung an [X.] und Kosten angenom-mene Wert unzutreffend ist, sind weder
dargetan noch
sonst
ersichtlich.

b)
Ermessensfehlerhaft ist indes
seine
Annahme,
die von der Beklagten
neben ihrem Klageabweisungsantrag hilfsweise gestellten
Anträge
erhöhten den Wert ihrer
Beschwer
nicht, weil sie der Sache nach denselben Gegenstand beträfen und deswegen wirtschaftlich außer Betracht zu bleiben hätten.

aa) Zwar hat die Beklagte entgegen der Auffassung des Amtsgerichts
und der Rechtsbeschwerde
keine [X.] erhoben. Ausweislich der Klageschrift
hat sie
zu ihrem Klageabweisungsantrag lediglich hilfsweise [X.], sie allenfalls
[X.] gegen Abgabe verschiedener Erklärungen des [X.] zu verurteilen. Insoweit hat sie sowohl in erster Instanz als auch im Be-rufungsverfahren ausdrücklich nur ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht.
Entsprechend hat sie
auch im Berufungsverfahren wiederum neben ihrem [X.] lediglich ihre Hilfsanträge gestellt.
Hinzu kommt, dass nach ihrem
Vorbringen schon in der Klageerwiderung
die Hilfsanträge lediglich als Ausdruck des aus ihrer Sicht bestehenden Geheimhaltungsinteresses zu

7
8
9
-

6

-

verstehen
sind
und deshalb der begehrte [X.]-Vorbehalt aus ihrer Sicht zwingend erforderlich
ist. Rechtsfehlerhaft
hat
das Amtsgericht
dies jedoch als
Erhebung einer [X.] angesehen
und diese, wie aus dem Tenor und der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung zu entnehmen ist, in der Sache selbständig abgewiesen. Auch wenn dies
unzutreffend war, ist damit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die von der Beklagten gestellten Hilfsanträge getroffen
worden, so dass die Beklagte
in diesem Umfang
eben-falls
beschwert
ist. Verbliebe es
nach der Entscheidung des Berufungsgerichts, die Berufung als unzulässig zu verwerfen,
bei dem Urteil des Amtsgerichts, würde dieses rechtskräftig mit der Folge, dass die Beklagte ihre
Hilfsanträge
nicht mehr selbständig geltend machen
könnte.
Dies wird
ihrem prozessualen Vorgehen mit der Geltendmachung lediglich eines Zurückbehaltungsrechts nicht gerecht. Denn anders als bei Zurückweisung einer ([X.] ergeht bei der bloßen Zurückweisung eines Zurückbehaltungsrechts eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche nicht (z.B.
[X.], Beschlüsse vom 20. Januar 2004 -
X [X.], NJW-RR 2004, 714 und vom 1. Dezember 2004 -
IV ZR 1/04, NJW-RR 2005, 367, 368).

bb) Bei dieser Sachlage berechnet sich die Beschwer der Beklagten nicht nur nach dem
als begründet angesehenen Klagebegehren, sondern ist der Wert der als [X.] angesehenen Hilfsanträge mit einzubeziehen. Die Beschwer von Klage und ([X.] ist zusammenzurechnen, soweit sie mehrere, wirtschaftlich
selbständige Ansprüche zum Gegenstand haben, eine [X.] bezüglich beider Klagen unterliegt und das Urteil mit einem Rechtsmittel

10
-

7

-

angreift;
die für den Zuständigkeitsstreitwert geltende Regelung des § 5 Halb-satz 2 ZPO steht dem nicht entgegen
([X.], Urteil vom 28. September 1994
-
XII ZR 50/94, NJW 1994, 3292
sowie Beschluss vom 16. Mai 2013 -
IX ZB 112/12, BeckRS 2013, 11096
Rn. 10; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl. § 5 Rn. 2). Entsprechend ist im Streitfall zu verfahren. Die Gegenstände von Klage und "[X.]"
sind dabei
nicht als wirtschaftlich
identisch
anzusehen. Entge-gen der Auffassung des Berufungsgerichts betreffen
die von der Beklagten ver-folgten Hilfsanträge nicht lediglich denselben Gegenstand; vielmehr können diese
Ansprüche neben dem [X.] bestehen und
gegebenenfalls in einem gesonderten
Prozess gegen den Kläger selbständig geltend gemacht
werden.

cc) Da die Beklagte die Beseitigung der gesamten durch das erstinstanz-liche Urteil vermittelten
Beschwer anstrebt, liegt diese im Hinblick auf die [X.] der Hilfsanträge als [X.]
somit

Unab-hängig davon, ob der Hilfsantrag zu 3. dahin zu verstehen ist, dass der Kläger n-den Erklärung
insoweit
verurteilt werden soll, ist der Wert dieses Antrags
mit der e-messen.

11
-

8

-

3.
Der angefochtene Beschluss war danach aufzuheben und die Sache
zur neuen Entscheidung
über die Berufung der Beklagten
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
577 Abs.
4 Satz
1 ZPO).

[X.]
[X.]

[X.]

Remmert

Arend
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.01.2016 -
55 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 25.05.2016 -
22 [X.]/16 -

12

Meta

III ZB 37/16

27.07.2017

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2017, Az. III ZB 37/16 (REWIS RS 2017, 7249)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7249

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZB 37/16 (Bundesgerichtshof)

Berufungsbeschwer nach Auskunftsklage: Bemessung bei fehlerhafter Behandlung von dem Beklagten gestellter Hilfsanträge auf eine Verurteilung …


VIII ZR 98/16 (Bundesgerichtshof)

Berufung: Bemessung des Beschwerdegegenstands bei Begehren des verklagten Mieters nach einer Verurteilung Zug um Zug …


VIII ZR 98/16 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 36/17 (Bundesgerichtshof)

Nichtzulassungsbeschwerde im Honorarprozess eines Architekten: Beschwerdewert bei erfolglos geltend gemachtem Zurückbehaltungsrecht und unzulässiger Hilfsaufrechnung


VII ZR 36/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

III ZB 37/16

III ZR 338/09

III ZB 55/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.