Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2018, Az. VI ZR 250/17

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 10302

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:240418UVIZR250.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM [X.] [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]/17

Verkündet am:

24. April 2018

Olovcic

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 823 Abs. 2 (Ba); StGB § 266 Abs. 1

1.
Bei § 266 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein Schutzgesetz im Sinne des §
823 Abs. 2 BGB (im [X.] an [X.], Urteile vom 10. Juli 2012 -
VI [X.], NJW 2012, 3439 Rn. 13; vom 25. Mai 2010 -
VI [X.], [X.], 378 Rn. 6).
2a.
Untreue setzt sowohl in der Variante des Missbrauchs-
(§ 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB) als auch in derjenigen des Treubruchtatbestands (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB) voraus, dass dem Täter eine Vermögensbetreuungspflicht obliegt und er diese verletzt. Eine solche Pflicht ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum ([X.]) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt (im [X.] an [X.], Urteil vom 9. November 2016 -
5 StR 313/15, [X.]St 61, 305 Rn. 33; vgl. [X.], Urteil vom 25. Mai 2010 -
VI [X.], [X.], 378 Rn. 9).
2b.
Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, insbesondere aus Austauschverhältnissen, reichen nicht aus, und zwar auch dann nicht, wenn sich hieraus Rücksichtnahme-
oder Sorgfaltspflichten ergeben. In der Regel wird sich eine Treuepflicht nur aus einem fremdnützig typisierten Schuldverhältnis ergeben, in welchem der Verpflichtung des [X.] Geschäftsbesorgungscharakter zukommt. Bei rechtsgeschäftlicher Grundlage kommt es im Einzelfall auf die vertragliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses an (im [X.] an [X.], [X.] vom 1. Juni 2010 -
VI [X.], NJW-RR 2010, 1683 Rn. 9; Urteil vom 25. Mai 2010 -
VI [X.], [X.], 378 Rn. 9).
2c.
Die Pflicht, Vermögensinteressen eines anderen wahrzunehmen, kann durch ein Rechtsgeschäft zwischen dem Verpflichteten und einem Dritten begründet werden (im [X.] an [X.], Urteil vom 23. März 2000
-
4 StR 19/00, [X.], 375, 376).
3.
Zur Vermögensbetreuungspflicht eines ([X.]-)Vertriebsagenten gegenüber einer Fluggesellschaft hinsichtlich der durch den Agenten eingezogenen Entgelte für die von ihm vertriebenen Flugscheine (vgl. [X.], Urteile vom 27. Juni 2005 -
II ZR 113/03, [X.] 2005, 755
f.; vom 21. Dezember 1973 -
IV ZR 158/72, [X.]Z 62, 71, 80).

[X.], Urteil vom 24. April 2018 -
VI [X.]/17 -
[X.] am Main

[X.]

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Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
24. April 2018 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin von
Pentz, [X.], die Richterin Dr. [X.] und den Richter Dr.
Allgayer
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 19. Mai 2017 aufge-hoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt den Beklagten wegen Verstoßes gegen eine [X.] auf Schadensersatz in Anspruch.
Der [X.] ([X.]) schließt im Namen seiner Mitglieder (Fluggesellschaften) mit Agenten Verträge ab, durch welche diese berechtigt werden, Flugscheine der [X.]-Mitglieder zu vertreiben. Verwaltung, Verkauf und Abrechnung erfolgen im Rahmen eines vereinheitlich-ten Systems (Billing and Settlement Plan [[X.]] und [X.] Cargo Accounts
Settlement System [CASS]).
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Satzungsmäßiger Zweck des klagenden Vereins ist die Rechtsverfolgung von Ansprüchen seiner Mitglieder (Fluggesellschaften) in eigenem Namen ge-gen Agenten, die am Verwaltungs-, Verkaufs-
und Abrechnungssystem
der [X.] teilnehmen.
Die [X.] vertrieb über ein Reisebuchungsportal im Internet [X.]-Flugscheine auf Grundlage eines mit der [X.] abgeschlossenen [X.]. Dieser enthält unter anderem folgende Bestimmungen (in [X.] Übersetzung des englischsprachigen Originals):

3. Verkauf der Leistungen von Fluglinien
3.1 [X.] ist berechtigt, Transport von Passagieren auf dem Luftweg über die Leis-tungen der Fluglinie und über die Leistungen sonstiger Fluglinien zu verkaufen, wie von der Fluglinie autorisiert. Der Verkauf des Transports von Passagieren auf dem Luftweg bezeichnet alle Aktivitäten, die erforderlich sind, um dem Passagier einen gültigen Beförderungsvertrag zur Verfügung zu stellen, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf die Ausstellung eines gültigen

3.2 Alle Leistungen, die gemäß diesem [X.] verkauft werden, werden im Namen der Fluglinie und gemäß den Tarifen, Beförderungsbedingungen und schriftlichen Anweisungen der Fl

7.1 [X.] im Namen der Fluglinie durch den Agenten oder bei Ausstellung eines eigenen [X.] durch den Agenten, der auf die Fluglinie gezogen
wird, ist der Agent, unabhängig davon, ob er einen entsprechenden Betrag erhält, für die Zahlung des für den Transport oder die sonstigen Leistungen fälligen Betrages, auf die sich das Reisedokument oder Transportauftrag bezieht, verantwortlich. Dies gilt
jedoch nicht, wenn das Reisedokument oder der Transportauftrag unter dem [X.] ([X.]) oder einem ähnlichen Kreditprogramm ausgestellt oder der Öffentlichkeit durch die Fluglinie verfüg-3
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bar gemacht wird (ausgenommen in Bezug auf die Anfangssumme, die unter einem solchen Programm zahlbar ist) und der Agent die ordnungsgemäß ausgefüllten Dokumente, die gemäß einem solchen Programm erforderlich sind, beschafft und an die Fluglinie weitergeleitet hat oder wenn das Reisedokument oder der Transportauftrag vom Agenten für eine im Voraus bezahlte Ticketanweisung ausgestellt wurde. In solchen Fällen übernimmt die Fluglinie die [X.] für die Eintreibung.
7.2 Ausgenommen wie in Unterabsatz 7.1 dieses Absatzes anderweitig vorgesehen wird der Agent den für den Transport oder die sonstige Leistung zahlbaren Betrag, den er im Namen der Fluglinie verkauft hat, eintreiben. Alle Gelder, die vom Agenten für Transport-
und Nebenleistungen, die unter diesem [X.] verkauft wurden, eingenommen werden, einschließ-lich geltender Provisionen, auf die der Agent hierunter einen Anspruch hat, sind Eigentum der Fluglinie und werden vom Agenten für oder im Namen der Fluglinie treuhänderisch verwahrt, bis sie der Fluglinie gegenüber zufriedenstellend nachgewiesen Wenn von der Fluglinie nicht anderweitig angewiesen ist der Agent berechtigt, die ihm hierunter zustehende, geltende Provision von den Überweisungen abzuziehen.
7.3 [X.] wird der Fluglinie zu [X.]en und Bedingungen, die die Fluglinie zu [X.] gemäß den Bedingungen der [X.] vorgeben kann, Gelder überweisen.
7.4 Ein Reisedokument ist unverzüglich auszustellen, nachdem der Agent für spezifi-zierten Passagiertransport auf dem Luftweg oder Nebenleistungen, die unter diesem [X.] verkauft wurden, Geld erhalten hat und der Agent ist für die Überweisung des zu zahlenden Betrags in Bezug auf ein solches Reisedokument auf die Fluglinie verantwortlich

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[X.]urvertrag verweist auf eine beigefügte Anlage (Handbuch). [X.] heißt es:
"14.7.3 Zahlungsmodus, Monatliche Zahlung

Der Beklagte war vom 10. Februar 2014 bis zu seiner Amtsniederlegung am 26. Juni 2014 Vorstand der [X.]. Die [X.] wurde Ende Mai 2014 von der Teilnahme am [X.]-System gesperrt und stellte später ihren Geschäftsbetrieb ein.
Der Kläger erwirkte gegen die [X.] wegen offener Entgelte für 96 im [X.]raum vom 1. bis zum 10. Mai 2014 verkaufte Flugscheine einer [X.] ein Urteil, das nicht vollstreckt werden konnte. Die Staatsanwaltschaft lehnte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Beklagten wegen Untreue ab, da es an einer Vermögensbetreuungspflicht gefehlt habe.
Der Kläger wirft dem Beklagten insbesondere vor, die durch den Vertrieb der Flugscheine eingezogenen Entgelte nicht ausreichend gesichert zu haben. Er nimmt ihn deshalb auf Schadensersatz in Anspruch. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hat das [X.] zu-rückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

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Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es an einer von der [X.] gegenüber der [X.] mit Schutzwirkung für die Fluggesellschaft übernommenen Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB. Zwischen der [X.] und der Fluglinie habe kein Geschäftsbesorgungsverhältnis als Hauptge-genstand des [X.] bestanden. [X.]urvertrag sei als [X.] auszulegen, da der Beförderungsvertrag vom Agenten im Namen der Fluglinie abgeschlossen werde. Sein Hauptgegenstand sei die Befugnis des Agenten, Verträge mit den Fluglinien zu vermitteln. Durch die Berechtigung zur Einziehung des Entgelts und Verpflichtung zur Weiterleitung des eingezogenen Betrages abzüglich Provision an die [X.] enthalte der [X.] zwar ein Ge-schäftsbesorgungselement, dieses sei jedoch nicht als Vermögensbetreuungs-pflicht ausgestaltet. Die von den Kunden an die [X.] gezahlten Entgelte [X.] nicht in das Vermögen der Fluglinie. Eine Verpflichtung, den erlangten Betrag getrennt vom sonstigen Vermögen treuhänderisch aufzubewahren, sei nicht vorgesehen. Der [X.] könne auch nicht so ausgelegt werden, dass die eingenommenen Entgelte ab einem bestimmten [X.]punkt wie einer krisenhaf-ten Entwicklung oder einer wirtschaftlichen Schieflage vor dem Zugriff anderer Gläubiger geschützt werden müssten.
Ob für den Beklagten eine Handlungspflicht zur Sicherung der für Ticket-verkäufe ab Mai 2014 eingezogenen Entgelte bestanden habe, könne [X.] bleiben. Die Voraussetzungen für eine solche Handlungspflicht seien zu-dem nicht dargelegt. Dem Kläger stehe gegen den Beklagten auch kein Scha-densersatzanspruch wegen verspäteter Insolvenzantragstellung zu.

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II.
Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §
266 Abs. 1 Alt. 2 StGB nicht verneint werden.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend
davon ausgegangen, dass es sich bei § 266 Abs. 1 StGB um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt (vgl. [X.], Urteile vom 10. Juli 2012 -
VI [X.], NJW 2012, 3439 Rn. 13; vom 25. Mai 2010 -
VI [X.], [X.], 378 Rn. 6 jeweils mwN).
2. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des [X.], dass die [X.] keine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB hatte.
a) Untreue setzt sowohl in der Variante des Missbrauchs-

266 Abs.
1 Alt.
1 StGB) als auch in derjenigen des Treubruchtatbestands (§
266 Abs.
1 Alt.
2 StGB) voraus, dass dem Täter eine Vermögensbetreuungspflicht obliegt und er diese verletzt. Eine solche Pflicht ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinaus-gehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierfür ist in erster Linie von Bedeutung, ob sich die fremdnützige [X.] als Hauptpflicht, mithin als zumin-dest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Diese [X.] qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen muss über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit hinausgehen. Erforderlich ist weiterhin, dass dem Täter Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und 11
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eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des ihm eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeiti-ge Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen ([X.], Urteil vom 9. November 2016 -
5 StR 313/15, [X.]St 61, 305 Rn. 33 mwN; vgl. [X.], Urteil vom 25. Mai 2010 -
VI [X.], [X.], 378 Rn. 9).
Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, insbesondere aus [X.], reichen nicht aus, und zwar auch dann nicht, wenn sich hieraus Rücksichtnahme-
oder Sorgfaltspflichten ergeben. In der Regel wird sich eine Treuepflicht nur aus einem fremdnützig typisierten Schuldverhältnis ergeben, in welchem der Verpflichtung des
[X.] Geschäftsbesorgungscharak-ter zukommt. Bei rechtsgeschäftlicher Grundlage kommt es im Einzelfall auf die vertragliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses an ([X.], Beschluss vom 1. Juni 2010 -
VI [X.], NJW-RR 2010, 1683 Rn. 9; Urteil vom 25.
Mai 2010 -
VI [X.], [X.], 378 Rn. 9; vgl. [X.], Urteil vom 11. Dezember 2014 -
3 [X.], [X.]St 60, 94 Rn. 26; Beschluss vom 2. April 2008
-
5 [X.], [X.]St 52, 182 Rn. 15 ff. jeweils mwN; verfassungsrechtlich unbedenklich: [X.], Beschluss vom 23.
Juni 2010 -
2 BvR 2559/08 u.a., [X.]E 126, 170 Rn. 108 f.). Die Pflicht, Vermögensinteressen eines anderen wahrzunehmen, kann durch ein Rechtsgeschäft zwischen dem Verpflichteten und einem Dritten begründet werden ([X.], Urteil vom 23. März 2000 -
4 StR 19/00, [X.], 375, 376 mwN).
b) Nach diesen Grundsätzen hatte die [X.] gegenüber der [X.], deren Leistungen (Flugscheine) sie vertrieb, hinsichtlich der von ihr ein-gezogenen Gegenleistungen (Entgelte) eine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. insbesondere [X.], Urteile vom 27. Juni 2005 -
II ZR 113/03, [X.] 2005, 755 f.; 15
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vom 21. Dezember 1973 -
IV ZR 158/72, [X.]Z 62, 71, 80; [X.],
Urteil vom 6. März 2003 -
3 U 57/97, NJW-RR 2003, 1532; vgl. weiter zu Reise-büros [X.], Urteile
vom 12. Dezember 1990 -
3 [X.], [X.], 181; vom 3. Mai 1978 -
3 StR 30/78, [X.]St 28, 20; vom 12. Dezember 1958 -
5 [X.], [X.]St 12, 207; vom 19. Mai 1953 -
2 StR 116/53, NJW 1953, 1600, 1601; zu Versicherungsmakler mit Inkassovollmacht [X.], Beschluss vom 3.
Dezember 2013 -
1 [X.], [X.], 158 f.). Aus dem Agenturvertrag ergibt sich, dass die Verpflichtung der [X.] zur Abführung der von ihr einge-zogenen Entgelte eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur [X.] der Vermögensinteressen der Fluggesellschaft war.
Die Auffassung des Beklagten, dass nach dem Agenturvertrag die von der [X.] eingezogenen Entgelte wirtschaftlich dieser zustanden und diese [X.] auch insoweit ausschließlich eigene Vermögensinteressen wahrnahm, trifft nicht zu. Aus der Regelung in Ziffer 7.1 Satz 1 des [X.] ergibt sich nur, dass der Agent bei der Ausstellung sowohl von Reisedokumenten im [X.] der Fluggesellschaft als auch von eigenen Transportaufträgen unabhängig vom Erhalt eines entsprechenden Betrags verantwortlich ist. Bei dieser Verant-wortlichkeit handelt es sich um eine Bürgschaft oder um eine Garantie (vgl. da-zu [X.], Urteil vom 21. März 1982 -
I [X.], [X.] 1983, 24; [X.], [X.]., § 28 Rn. 41). Unabhängig vom Bestehen und der Geltendma-chung dieser Verantwortlichkeit erfolgt das Eintreiben von zahlbaren Beträgen für im Namen der Fluggesellschaft verkaufte Transporte oder sonstige Leistun-gen durch den Agenten (Agenturvertrag 7.2 Satz 1). Das Verhältnis dieser
Ver-tragsbestimmungen ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht un-klar, da sich die Formulierung "Ausgenommen wie in Unterabsatz 7.1 dieses Absatzes anderweitig vorgesehen" in Ziffer 7.2 Satz 1 des [X.] auf den letzten Satz "In solchen Fällen übernimmt die Fluglinie die 17
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Verantwortung für die Eintreibung" in Ziffer 7.1 Satz 3 des [X.].
[X.]urvertrag begründete daher hinsichtlich der Verpflichtung der [X.] zur Abführung der von ihr eingezogenen Entgelte (Agenturvertrag 7.2 Satz 1) ein fremdnütziges Schuldverhältnis, welchem Geschäftsbesorgungs-charakter zukam. Unerheblich ist, dass die [X.] im Übrigen eigene Belange wahrnehmen wollte, indem sie sich wegen der anfallenden Provisionen um möglichst hohe Umsätze durch vermittelte Flugscheine bemühte. Diese fremdnützige [X.] -
die gerade auch in der ausdrücklichen [X.] in Ziffer 7.2 Satz 2 des [X.] zum Ausdruck kommt
-
stellte wegen ihrer Bedeutung für die Fluggesellschaft sowie der Art und Weise ihrer vertraglichen Ausgestaltung nicht nur eine beiläufige, sondern eine zumin-dest mitbestimmende Verpflichtung und somit eine Hauptpflicht dar. Über den Umgang mit eingezogenen Entgelten bis zur Abführung konnte die [X.] ei-genverantwortlich und selbständig ohne Kontrolle (Steuerung und Überwa-chung) entscheiden. Abrechnungen und Zahlungen erfolgten nachträglich. Als Inhalt dieser Vermögensbetreuungspflicht hatte die [X.] sicherzustellen, dass ein dem eingezogenen Entgelt entsprechender Betrag (ggf. abzüglich der [X.] gem. Agenturvertrag 7.2 Satz 3) abgeführt wird. Im vorliegenden [X.] kann offen bleiben, durch welches Verhalten (Tun, Unterlassen) gegen diese Vermögensbetreuungspflicht verstoßen würde (vgl. dazu [X.], Beschlüsse vom 3. Dezember 2013 -
1 [X.], [X.], 158; vom 2.
April 2008 -
5 [X.], [X.]St 52, 182 Rn. 30; [X.], [X.], 159).
Abweichendes ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts nicht daraus, dass im Wortlaut von Ziffer 7.2 Satz 2 des [X.] nicht vorgesehen ist, das erlangte Geld getrennt vom sonstigen Vermögen treuhänderisch aufzubewahren. Voraussetzung für eine Vermögensbetreu-18
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ungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB ist die gesetzliche Anordnung oder vertragliche Vereinbarung einer vom sonstigen Vermögen getrennten Aufbe-wahrung nur, wenn es sich -
anders als hier, wo die fremdnützige [X.] Hauptpflicht war -
im Übrigen um ein Austauschverhältnis mit allge-meinen schuldrechtlichen Verpflichtungen handelt, das die oben genannten
Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. [X.], Urteil vom 25. Mai 2010 -
VI [X.], [X.], 378 Rn. 10 ff.: Gewährleistungseinbehalt eines [X.]; [X.], Beschluss vom 2. April 2008 -
5 [X.], [X.]St 52,
182 Rn.
9 f., 15 ff.: Kaution bei Wohn-
und Gewerberaummiete).
Unerheblich ist im vorliegenden Zusammenhang, ob die [X.] als [X.] (§ 84 Abs. 1 HGB) oder als Handelsmakler (§ 93 Abs. 1 HGB) tätig wurde (vgl. dazu [X.], Reiserecht 7. Aufl., § 5 Rn. 64 f.; § 27 Rn. 11 ff., § 35 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.] Aufl., Einf v § 651a Rn. 6; [X.], [X.] 2010, 164, 165 f.; [X.]/[X.], [X.] 2005, 8). Unabhängig davon kam der Tätigkeit der [X.] Geschäftsbesorgungscharakter zu. Ebenso kommt es nicht
darauf an, ob sich aus Ziffer 7.2 Satz 1 des [X.] eine Einziehungsermäch-tigung oder eine Inkassozession ergibt (vgl. dazu [X.], Urteil vom 3. April 2014 -
IX ZR 201/13, NJW 2014, 1963 Rn. 12 ff.; [X.], Reiserecht 7. Aufl., § 28 Rn. 42; [X.]/[X.], [X.] Aufl., § 398 Rn.
29 ff.). Entscheidend ist, dass durch Zahlung des Entgelts an die [X.] der Anspruch der [X.] erlischt.
3. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil das Berufungsge-richt über die Voraussetzungen der Vermögensbetreuungspflicht hinaus keine weiteren tragfähigen Feststellungen getroffen hat. Das Berufungsgericht wird 20
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Gelegenheit haben, sich insoweit auch mit dem Vorbringen in Revisionsbe-gründung und -erwiderung zu befassen.
Galke

von Pentz

[X.]

[X.]
Allgayer
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.07.2016 -
2-14 O 419/15 -

[X.] am Main, Entscheidung vom 19.05.2017 -
4 U 182/16 -

Meta

VI ZR 250/17

24.04.2018

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2018, Az. VI ZR 250/17 (REWIS RS 2018, 10302)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10302

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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