Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.04.2014, Az. 27 W (pat) 516/14

27. Senat | REWIS RS 2014, 6466

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Schloss Neubeuern" – zur Schutzfähigkeit von Etablissementbezeichnungen - kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 011 853.7

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 8. April 2014 durch [X.] [X.], [X.] [X.] und [X.] k.A. Schmid

beschlossen:

[X.] Der Beschluss der Markenstelle vom 23. Januar 2014 wird aufgehoben.

I[X.] Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen.

        

Gründe

I.    

1

Die Anmeldung der Wortmarke

2

[X.]

3

für die Dienstleistungen

4

35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;41: Ausbildung; Erziehung und Unterricht; Betrieb eines Internats; Durchführung von [X.]; Durchführung von Nachhilfekursen; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Unterricht, Seminaren, Workshops und Symposien;43: Dienstleistung zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Zurverfügungstellung von Übernachtungsmöglichkeiten; Anbieten von Verpflegung; Hotelbetrieb

5

hat die Markenstelle mit [X.]uss vom 23. Januar 2014 zurückgewiesen. Das hat sie damit begründet, „[X.]“ sei eine sprachübliche Wortkombination. Das [X.] sei eine Schlossanlage, in der heute ein Gymnasium mit Internat und Tagesschule untergebracht sei. „[X.]“ sei eine rein beschreibende geographischer Herkunftsangabe. Schlossanlagen dienten vielfältigen Zwecken. Entsprechend seien „[X.]“ und „[X.]“ nicht eingetragen worden.

6

Beim [X.] hätten sich die Eigentumsverhältnisse im Lauf der [X.] vielfach geändert.

7

Die Anmelderin hat dagegen am 21. Februar 2014 Beschwerde eingelegt. Sie beantragt sinngemäß,

8

den [X.]uss der Markenstelle aufzuheben.

II.

9

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die streitgegenständlichen Dienstleistungen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 [X.] entgegen.

„[X.]“ ist keine im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] beschreibende Angabe, sondern die Bezeichnung eines Gebäudes bzw. Geländes, das vielleicht tatsächlich, aber nicht zwingend allgemein zugänglich ist, wie etwa ein nach Straßen und Wegerecht gewidmeter Platz. Das Publikum wird deshalb in „[X.]“ einen betrieblichen Herkunftshinweis sehen (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Juli 2008, 33 W (pat) 91/06, BeckRS 2008, 17248 - Gut Darß). Die von der Markenstelle herangezogene sprachübliche Kombination zweier Wörter ändert daran nichts. So hat das [X.] bei Sportstätten für Namen wie „[X.]“ angenommen, dass sie trotz örtlicher Bezüge auf einen bestimmten Anbieter hinweisen ([X.] BeckRS 2009, 26912).

Das gilt auch hier für alle beanspruchten Dienstleistungen, da sich diese auf Angebote beziehen, die im [X.] stattfinden (können). [X.], die für das Etablissement selbst unterscheidungskräftig sowie nicht beschreibend sind, sind ebenso für Dienstleistungen um Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Betreiber, wer immer das im [X.]punkt der Anmeldung oder später sein mag, stattfinden können, unterscheidungskräftig ([X.] [X.]. v. 13. Juli 2010, 27 W (pat) 85/10 - [X.]). Das Publikum ist daran gewöhnt, [X.], die keinen allgemein öffentlichen Bereich umfassen, einen Herkunftshinweis für die dort hergestellten bzw. angebotenen Waren und Dienstleistungen zu entnehmen.

Schon in seinem [X.]uss vom 20. März 1996, 26 W (pat) 102/93, hat der 26. Senat bei der Verneinung einer Täuschung, wie auch im [X.]uss vom 7. November 1990, 26 W (pat) 288/87 – [X.], darauf abgestellt, nächstliegend sei vielmehr die Annahme, „[X.]“ sei der Name des abgebildeten Gebäudes.

Da es sich bei „[X.]“ nicht um eine lediglich fiktive „[X.] handle, könne kaum angenommen werden, dass sich die Schloss-Bezeichnung nicht als Marke des Kellerbetriebs darstelle. Als Wortmarke genieße die Bezeichnung „[X.]“ im Übrigen unter der Nr. 683 124 bereits seit 1955 unangefochten Schutz. Auch im [X.]uss vom 20. März 1996, 26 W (pat) 222/93 – [X.] hat der 26. Senat so entschieden.

Der 33. Senat hat in seiner Entscheidung vom 28. April 2009, 33 W (pat) 83/07, darauf abgestellt, dass das [X.] nicht als Produktionsort in Betracht kam. Er hat dabei ausgeschlossen, dass es sich bei dem Schloss um ein Areal handelt, auf dem sich diverse Betriebe ansiedeln können, und von daher darauf geschlossen, dass die Marke entweder als Produktname des Schlossherrn bzw. seines Mieters, Pächters sowie Lizenznehmers oder aber einfach als Fantasiebezeichnung wirke.

Entsprechendes gilt vorliegend für „[X.]“.

Nach der Entscheidung des [X.] ([X.], 380) zu „[X.]“ fehlt den Namen von Sehenswürdigkeiten nur für hier nicht streitgegenständliche Waren, die typischerweise als Reiseandenken und zur Deckung des Bedarfs der Touristen an Speisen, Getränken und sonstigen Artikeln im Umfeld touristischer Sehenswürdigkeiten vertrieben werden, die Unterscheidungskraft. Im Übrigen aber führt allein der Umstand, dass Dienstleistungen im Umfeld des Schlosses an Touristen erbracht werden können, nicht zum Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft.

Zwar können freihaltungsbedürftige Ortangaben auch Namen von [X.] mit umgebendem Areal sein. So galt „[X.]“ als Bezeichnung für ein im Umbruch befindliches Gelände als Ortsangabe ([X.] [X.], 838, ähnlich [X.] [X.]. v. [X.], 24 W (pat) 76/08 - Speicherstadt), weil es als Herstellungs- und Vertriebsstätte von Waren sowie als Ort der Erbringung von Dienstleistungen in Betracht kam. Für das Industriegebäude Weltkulturerbe Zollverein hat der 32. Senat ([X.]. v. 24. November 2004, 32 W (pat) 19/03) dagegen angenommen, das Publikum werde nicht davon ausgehen, es hätten sich dort unterschiedliche Betriebe angesiedelt. So ist dies auch beim [X.], für das nur feststellbar ist, dass es als Schule genutzt wird. Offene Entwicklungsmöglichkeiten sind dagegen nicht erkennbar. Mehrfache Wechsel im Eigentum, worauf die Markenstelle abgestellt hat, stehen solchen Entwicklungsmöglichkeiten ebenso wie damit verbundene mögliche Nutzungsänderungen nicht gleich.

Auch bei bekanntem Kulturgut ist allein zu fragen, ob dessen Bezeichnung üblich ist oder als beschreibender Hinweis wirkt ([X.] a.a.O. – [X.]). Schon die Entscheidung zu „[X.] zu Hülshoff Stiftung“ ([X.] BeckRS 2013, 14112) weicht von der überholten Rechtsprechung zu kulturellem Erbe, wie [X.] ([X.] MarkenR 2008, 33), ausdrücklich ab.

Die Verbraucher erwarten bei Baudenkmälern sogar eine geschäftliche Nutzung. Und nehmen den Namen bei entsprechender Benutzung als unterscheidungskräftigen Herkunftshinweis, Ein Kulturdenkmal der hier in Rede stehenden Größenordnung kann ein privater Eigentümer nämlich regelmäßig nicht ohne eine angemessene geschäftliche Nutzung erhalten ([X.] [X.], 534 Rn. 29 - [X.]; [X.] BeckRS 2012, 17027 - Domfront).

Die Beschwerdegebühr ist zu erstatten (§ 71 Abs. 3 [X.]), da sich die Markenstelle mit der ihrer Entscheidung entgegenstehenden Rechtsprechung nicht einmal auseinandergesetzt hat, etwa um eine erneute Überprüfung zu ermöglichen, sondern lediglich zwei entgegenstehende Entscheidungen aus den Jahren 2009, also vor der [X.]-Entscheidung zu [X.], herangezogen hat.

Meta

27 W (pat) 516/14

08.04.2014

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.04.2014, Az. 27 W (pat) 516/14 (REWIS RS 2014, 6466)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6466

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27 W (pat) 85/10

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