Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.03.2012, Az. 27 W (pat) 508/12

27. Senat | REWIS RS 2012, 7985

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Jagdschloss Platte" – Etablissementbezeichnung – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 010 892.7

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 20. März 2012 durch [X.] [X.], [X.] und Richterin Werner

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle vom 1. Dezember 2011 wird aufgehoben.

Gründe

I.  

1

Die Anmeldung des Zeichens

2

„[X.]“

3

als Wortmarke für die Dienstleistungen

4

35: Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken;

5

41: Organisation und Durchführung von kulturellen und/oder sportlichen Veranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Organisation und Veranstaltungen von [X.] Organisation und Veranstaltung von Konzerten; Organisation und Veranstaltung von Symposien; Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen; Ticketverkauf für Veranstaltungen; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung und Durchführung von Workshops (Ausbildung); Veranstaltung und Leitung von Kolloquien; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Veranstaltung von Bällen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows;43: Vermietung von Versammlungsräumen

6

hat die Markenstelle mit Beschluss vom 1. Dezember 2011 zurückgewiesen. Das hat sie damit begründet, das Zeichen sei gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen, da es ausschließlich aus Angaben bestehe, die zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Dienstleistungen dienten oder dienen könnten.

7

Da nicht nur Namen von Ländern, Regionen, Großstädten und Landschaften einem Freihaltbedürfnis unterlägen, sondern ebenso Ortnamen im weiteren Sinne, könnten auch die Namen von bekannten Gebäuden von der Eintragung ausgeschlossen sein, insbesondere regional bekannte (vgl. [X.]/Hacker [X.], 10. Aufl., § 8 Rn. 357 m. w. N.; [X.], 1175 - Burg Lissingen).

8

„[X.]“ bezeichne ein ursprünglich klassizistisches Jagdschloss im [X.] an der Nordgrenze des Stadtgebiets von [X.]. Nach Zerstörung im [X.] werde es seit Ende der 1980er-Jahre von einer Stiftung wieder aufgebaut.

9

Wie die Anmelderin selbst vortrage, verfüge das Schloss über attraktive Räumlichkeiten für Tagungen, Seminare, Veranstaltungen und sonstige Events. Es beherberge zudem einen Gasthof. „[X.]“ sei demnach ohne weiteres als geografische Herkunftsbezeichnung für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen zu bewerten. Es bezeichne ein zumindest regional bekanntes Gebäude, welches sich hervorragend als Veranstaltungsort für Messen, Veranstaltungen, Konferenzen, Kongresse, Konzerte, Symposien, Seminare, Workshops, Kolloquien, Ausstellungen, Bälle oder Shows sowie als [X.] für die „Vermietung von Versammlungsräumen“ eigne bzw. auf welches sich die Dienstleistungen „Platzreservierungen, Ticketvorverkauf“ beziehen könnten.

Das Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit entfalle auch nicht deshalb, weil das [X.] im Eigentum der Anmelderin stehe, da die Besitz- und [X.] sich jederzeit ändern könnten, das Markenrecht aber zeitlich unbegrenzt verlängert werden könne.Aktuelle Eigentumsverhältnisse könnten nur in besonderen Ausnahmefällen Berücksichtigung finden, nämlich wenn deren Veränderung völlig auszuschließen sei, was etwa bei seit Jahrhunderten unveränderten Besitzverhältnissen angenommen werde. Solche Umstände seien hier nicht ersichtlich.

Ob „[X.]" einen Teil des Geschäftsbetriebs der Anmelderin (Unternehmenskennzeichen i. S. v. § 5 Abs. 2 [X.]) bezeichne, sei im vorliegenden Verfahren nicht von Bedeutung, da es sich bei einem Unternehmenskennzeichen um ein streng von einer Marke zu unterscheidendes Schutzrecht handle, welches nicht zwangsläufig auch die Voraussetzungen für die Schutzfähigkeit als Marke erfüllen müsse.

Der Beschluss ist der Anmelderin am 12. Dezember 2011 zugestellt worden.

Die Anmelderin hat dagegen am 12. Januar 2012 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, „[X.]“ sei keine geographische Angabe, sondern der Name ihres Betriebs.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die streitgegenständlichen Dienstleistungen keine Schutzhindernisse entgegen.

a) Die Bezeichnung „[X.]“ entbehrt für die strittigen Dienstleistungen nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer zu unterscheiden. Zeichen besitzen nur dann keine Unterscheidungskraft, wenn sie lediglich eine im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung vermitteln oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden.

„[X.]“ ist heute ein Etablissementname und nicht vergleichbar mit allgemein gebräuchlichen Bezeichnungen, wie „Kulturzentrum“ o. ä. Das Publikum wird deshalb in „[X.]“ einen betrieblichen Herkunftshinweis sehen (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Juli 2008, [X.]: 33 W (pat) 91/06, BeckRS 2008, 17248 - Gut Darß). Auch bei Sportstätten hat das [X.] für Namen wie „[X.]“ angenommen, dass sie trotz örtlicher Bezüge auf einen bestimmten Anbieter hinweisen ([X.], Beschluss vom 30. Mai 2001, [X.]: 32 W (pat) 11/01, BeckRS 2009, 26912 - [X.]).

Unterscheidungskraft ist auch gegeben für Dienstleistungen, die sich auf Angebote beziehen, die im [X.] stattfinden (können). [X.], die für das Etablissement selbst unterscheidungskräftig sowie nicht beschreibend sind, sind ebenso für Dienstleistungen um Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Betreiber, wer immer das im Zeitpunkt der Anmeldung oder später sein mag, stattfinden können, unterscheidungskräftig.

b) Das angemeldete Zeichen unterliegt auch keinem Freihaltungsbedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], weil „[X.]“ keine Merkmalsbezeichnung ist.

Unter die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] fallen nämlich nur solche Angaben, die im normalen Sprachgebrauch die angemeldeten Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale beschreiben.

Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich nicht um eine freihaltungsbedürftige geographische Angabe, sondern um die Bezeichnung eines Gebäudes, das nicht allgemein zugänglich ist.

Eine beschreibende Aussage liegt auch nicht bei Dienstleistungen vor, die sich auf Angebote beziehen, die im [X.] stattfinden können. Zwar beschreibt „[X.]“ hier den Ort, an dem die Veranstaltung stattfindet. [X.] sind jedoch für Dienstleistungen um Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Inhaber des Hausrechts stattfinden können, nicht freihaltungsbedürftig.

c) Dass [X.] zum nationalen kulturellen Erbe gehört, hat weder die Markenstelle belegt, noch ist dies dem Senat bekannt. Die Frage, ob andernfalls Unterscheidungskraft fehlen könnte (so [X.] GRUR 2011, 922 - [X.]), kann daher dahingestellt bleiben.

Meta

27 W (pat) 508/12

20.03.2012

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.03.2012, Az. 27 W (pat) 508/12 (REWIS RS 2012, 7985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7985

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33 W (pat) 62/10

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