Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.02.2014, Az. B 6 KA 43/13 B

6. Senat | REWIS RS 2014, 7748

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - vertragsärztliche Vergütung - Vortrag neuer rechtlicher Gesichtspunkte - keine Klageänderung


Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 16. Mai 2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt höheres Honorar für die [X.] bis II/2003.

2

Die Klägerin ist als Allgemeinmedizinerin in [X.] im östlichen [X.] zur vertrags-ärztlichen Versorgung zugelassen. Die beklagte [X.] legte in den streitbefangenen Quartalen der Honorarabrechnung die ab 1.7.1997 geltenden Regelungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen ([X.]) über die [X.] zugrunde. Zudem berichtigte sie die Abrechnung um die [X.] 10, 11 und 17 [X.], soweit diese Leistungen im Rahmen des [X.] erbracht worden waren.

3

Die hiergegen gerichteten Widersprüche, Klagen und die Berufung sind erfolglos geblieben. Das [X.] hat ausgeführt, es stelle eine unzulässige Klageerweiterung dar, dass die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren im Berufungsverfahren erweitert habe auf die Überprüfung der Frage, ob die in den streitbefangenen Quartalen geltenden [X.] den Vorgaben für die Trennung von hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsbereichen gerecht werden, sowie die Frage, ob der ärztliche Notfalldienst vollumfänglich vergütet worden sei. Im Übrigen seien die angefochtenen Honorarbescheide nicht zu beanstanden. Insbesondere entspreche die Ermittlung der Fallpunktzahlen für die [X.] höherrangigem Recht. Auch die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Gebührennummern 10, 11 und 17 [X.] sei rechtmäßig gewesen.

4

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht die Klägerin geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.]); zudem weiche das Berufungsurteil von Entscheidungen des BSG ab ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]) und beruhe auf [X.] ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]).

5

II. Die Beschwerde der Klägerin hat im Sinne der Zurückverweisung nach § 160a Abs 5 [X.] Erfolg.

6

Soweit die Klägerin rügt, das [X.] habe zu Unrecht eine unzulässige Klageerweiterung darin gesehen, dass sie im Berufungsverfahren die unzureichende Trennung von hausärztlichen und fachärztlichen [X.] sowie die Höhe der Vergütung des [X.] beanstandet habe, bezeichnet sie einen Verfahrensfehler ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]), der auch tatsächlich vorliegt. Das [X.] hat die Auffassung vertreten, Gegenstand des Verfahrens sei nur die Überprüfung der angefochtenen Honorarbescheide in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der zum 1.7.1997 eingeführten [X.] und die Absetzung bestimmter Gebührennummern des [X.]. Damit hat das [X.] verkannt, dass die Klägerin weder ihren Antrag geändert noch sich auf einen neuen Sachverhalt gestützt, sondern lediglich zur möglichen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Honorarbescheide neue rechtliche Gesichtspunkte vorgetragen hat. Eine Änderung der rechtlichen Begründung stellt aber nach § 99 Abs 3 [X.] keine Klageänderung dar (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl 2012, § 99 Rd[X.]a). Selbst wenn eine Klageänderung vorgelegen hätte, dürfte diese im Übrigen nach § 99 Abs 1 und 2 [X.] zulässig gewesen sein.

7

Eine ausdrückliche Klagebeschränkung konnte nach den Gesamtumständen des Verfahrens hier jedenfalls nicht angenommen werden (vgl dazu [X.]-1500 § 92 [X.]). Da es sich damit bei der Erweiterung der Begründung nicht um die Einführung eines weiteren Streitgegenstandes in das Verfahren handelt, hat das [X.] zwar nicht in unzulässiger Weise durch Prozess- statt durch [X.] entschieden. Es hat aber unter Verkennung der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 99 [X.] eine sachliche Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Klägerin insbesondere zu dem für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide auch maßgeblichen Trennungsfaktor für die haus- und fachärztliche Versorgung unterlassen. Dies steht angesichts der offensichtlichen Unrichtigkeit der verfahrensrechtlichen Bewertung wertungsmäßig einem fehlerhaften Prozessurteil gleich. Auch hier hat das Gericht sich zu Unrecht gehindert gesehen, das Vorbringen eines Beteiligten insgesamt sachlich zu bescheiden und so seinen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verletzt. Die Entscheidung kann auch auf dem Mangel beruhen. Es besteht die Möglichkeit, dass das [X.] zu einem für die Klägerin günstigen Ergebnis hätte kommen können, wie nicht zuletzt das dem [X.] vorgelegte Urteil des [X.] vom 16.1.2013 - S 2 KA 3535/07 et al - zeigt. Mit der Zurückverweisung wird dem [X.] Gelegenheit gegeben, eine sachliche Prüfung der Bescheide auch unter den von der Klägerin ergänzend in das Verfahren eingeführten Aspekten nachzuholen.

8

Das [X.] wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 6 KA 43/13 B

19.02.2014

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Gotha, 23. März 2011, Az: S 7 KA 3027/08, Urteil

§ 99 Abs 3 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG, EBM-Ä

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.02.2014, Az. B 6 KA 43/13 B (REWIS RS 2014, 7748)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7748

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