Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.12.2011, Az. VIII B 26/10

8. Senat | REWIS RS 2011, 401

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

NZB: Befangenheit, Divergenz


Leitsatz

1. NV: Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann grundsätzlich nicht auf die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs gestützt werden.

2. NV: § 124 Abs. 2 FGO schließt die Rüge solcher Verfahrensmängel nicht aus, die als Folge der beanstandeten Vorentscheidung fortwirken und damit dem angefochtenen Urteil anhaften, sofern die Vorentscheidung gegen das Willkürverbot verstößt oder ein Verfahrensgrundrecht verletzt wird.

3. NV: Ein solcher Verstoß durch die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs kann nur dann als Verfahrensmangel nach §§ 115 Abs. 2 Nr. 3, 119 Nr. 1 FGO geltend gemacht werden, wenn der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist.

4. NV: Es liegt keine Divergenz vor, wenn das FG ersichtlich von der Rechtsauffassung des BFH ausgegangen ist und diese seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) liegen nicht vor.

2

a) Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in der Mitwirkung des von ihnen abgelehnten Richters X einen Verfahrensmangel sehen, kommt eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O schon deshalb nicht in Betracht, weil der Befangenheitsantrag durch das Finanzgericht ([X.]) abgelehnt wurde und eine solche Ablehnung nach § 128 Abs. 2 [X.]O unanfechtbar ist.

3

Nach § 124 Abs. 2 [X.]O unterliegen dem Endurteil vorausgegangene Entscheidungen, die nach der [X.]O unanfechtbar sind, nicht der Beurteilung der Revision. Daher kann eine Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht auf die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs gestützt werden (vgl. Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 13. Januar 2003 [X.]/02, [X.] 2003, 640). Allerdings schließt § 124 Abs. 2 [X.]O die Rüge solcher Verfahrensmängel nicht aus, die als Folge der beanstandeten Vorentscheidung fortwirken und damit dem angefochtenen Urteil anhaften, sofern die Vorentscheidung gegen das Willkürverbot verstößt oder ein Verfahrensgrundrecht verletzt wird, wie der Anspruch auf rechtliches Gehör oder auf [X.] ([X.]-Urteil vom 21. Februar 1980 [X.]-73/79, [X.] 1980, 457, 458; [X.] vom 25. November 1999 [X.]/99, [X.] 2000, 589, 590). Ein solcher Verstoß durch die Zurückweisung eines [X.] kann indessen nur dann als Verfahrensmangel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 1 [X.]O geltend gemacht werden, wenn der Beschluss über die Zurückweisung des [X.] nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist (vgl. [X.] vom 21. Oktober 1999 [X.], [X.], 47, [X.] 2000, 88; in [X.] 2003, 640; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 9). Davon kann hier nicht die Rede sein, zumal sich das [X.] in seiner Entscheidung vom 16. Januar 2009 über das Ablehnungsgesuch umfassend mit der Argumentation der Kläger auseinandergesetzt hat.

4

b) Soweit die Kläger eine Missachtung des Akteninhalts und damit eine Verletzung des Rechts auf Gehör rügen, ist die Beschwerde unsubstantiiert und genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen, Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 116 Rz 25 f.).

5

c) Auch der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative [X.]O) ist nicht gegeben. Das [X.] ist ersichtlich von der Rechtsauffassung des [X.] zur Passivierung von Verbindlichkeiten ausgegangen. Es könnte deshalb allenfalls eine fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Besonderheiten des [X.] vorliegen. Das reicht aber grundsätzlich als Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O nicht aus (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. [X.] vom 6. April 1995 [X.]/94, [X.] 1996, 137, m.w.N.; vom 25. November 1999 [X.]/99, [X.] 2000, 677, unter 2.b der Gründe).

6

Eine unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall könnte allenfalls dann zur Zulassung der Revision führen, wenn dieser Fehler von erheblichem Gewicht und zudem geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen oder aber, wenn die Entscheidung des [X.] objektiv willkürlich ist [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 115 [X.]O Rz 200 f., 203 f.; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 55 und 68). Dafür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das [X.] seine Auffassung, etwa bestehende Rückzahlungsverpflichtungen hätten keine wirtschaftliche Bedeutung, auch auf die Feststellung gestützt hat, der Kläger habe trotz entsprechender Aufforderung durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) keinen Gläubiger eines [X.] konkret mit Namen und Anschrift benannt.

7

d) Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O a.F., vgl. die Nachweise bei Gräber/ Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 23 ff., m.w.N.; [X.] vom 31. Mai 2000 [X.]/99, juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Das ist hier nicht der Fall, weil die in diesem Verfahren strittigen Rechtsfragen die Besonderheiten des konkreten Einzelfalles betreffen und in ihrer Bedeutung nicht zu verallgemeinern sind. Die im Stile einer Revisionsbegründung gehaltene Beschwerdeschrift wendet sich vornehmlich gegen die Tatsachenwürdigung und gegen die rechtliche Bewertung des [X.]. Mit der Rüge, das vorinstanzliche Urteil sei materiell-rechtlich fehlerhaft, kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden, denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten. Das gilt insbesondere für den Vortrag, das [X.] habe hinsichtlich der "[X.]" unter Ziff. 1 der Entscheidungsgründe den Sachverhalt verkannt und die vorgelegten Verträge nicht richtig gewürdigt.

Meta

VIII B 26/10

14.12.2011

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 9. November 2009, Az: 6 K 57/07, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 124 Abs 2 FGO, § 119 Nr 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.12.2011, Az. VIII B 26/10 (REWIS RS 2011, 401)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 401

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