Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.04.2021, Az. 1 StR 514/20

1. Strafsenat | REWIS RS 2021, 10251

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Gegenstand

Umsatzsteuerhinterziehung: Einziehungsanordnung gegenüber dem faktischen Geschäftsführer


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. August 2020 aufgehoben

a) im [X.]) [X.]) der Urteilsgründe (Hinterziehung von Umsatzsteuern im Jahr 2014 - Tat 3);

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und die Einziehung des Wertes von Taterträgen, soweit diese den Betrag von 1.371.601,22 € übersteigt.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 24 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe eines Betrags von 1.882.392 € angeordnet.

2

Die hiergegen mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

3

1. [X.] hält im [X.]) [X.]) der Urteilsgründe ([X.] - Tat 3) revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil er insoweit nicht von ausreichenden Feststellungen getragen i[X.] Im Übrigen liegen keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten vor.

4

a) Bei Straftaten der Steuerhinterziehung setzt die Vollendung der Tat voraus, dass der Täter durch seine Tathandlung Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat (§ 370 Abs. 1 und 4 [X.]). Liegt die Tat - wie hier - in der Hinterziehung von Umsatzsteuern durch Abgabe einer inhaltlich unzutreffenden Steueranmeldung (§ 150 Abs. 1 Satz 3 [X.] i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 18 Abs. 3 UStG, § 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.]), hängt die Tatvollendung davon ab, ob die unrichtige Steueranmeldung eine Zahllast oder eine Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer beziehungsweise eine Steuervergütung zum Inhalt hat. Führt nämlich die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so steht diese gemäß § 168 Satz 1 [X.] einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erst dann gleich, wenn die Finanzbehörde zugestimmt hat (§ 168 Satz 2 [X.]). In diesem Falle bedarf es mithin der Feststellung, ob das Finanzamt seine Zustimmung zur Steueranmeldung erteilt hat. Fehlt es daran, leidet das Urteil an einem Darstellungsmangel ([X.] Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2020 - 1 [X.] Rn. 6 mwN).

5

b) So liegt es im [X.]) [X.]) der Urteilsgründe (Tat 3; Umsatzsteuer 2014). Da offen bleibt, ob das Finanzamt dem in der fristgerecht eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung errechneten Erstattungsanspruch zugestimmt hat ([X.]), ist eine Beurteilung, ob - wie das [X.] angenommen hat - auch in diesem Falle Tatvollendung eingetreten ist, nicht möglich.

6

2. Die Aufhebung des Schuldspruchs im [X.]) [X.]) der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der hierfür verhängten [X.] und der Gesamtstrafe nach sich. Die übrigen [X.]n haben dagegen Bestand. Insbesondere ist der Schuldumfang hinsichtlich der einzelnen Taten rechtsfehlerfrei festgestellt. Das [X.] hat die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuermindernd wirkenden Vorsteuerbeträge im Ergebnis zutreffend bei der Berechnung der [X.] in Abzug gebracht.

7

Da die getroffenen Feststellungen lediglich unvollständig sind und mit Blick auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 168 Satz 2 [X.] im [X.]) [X.]) der Urteilsgründe der Ergänzung durch das neue Tatgericht bedürfen, haben sie nach § 353 Abs. 2 StPO Bestand.

8

3. Aufgrund der Aufhebung des Schuldspruchs im [X.]) [X.]) der Urteilsgründe (Umsatzsteuer 2014 - Tat 3) ist auch die hierauf gestützte Einziehung des Wertes von Taterträgen, nämlich der in diesem Fall in Rede stehenden Steuerersparnis in Höhe von 510.790,78 €, aufzuheben. Die weitergehende Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen erweist sich dagegen als rechtsfehlerfrei, weil dem Angeklagten durch die abgeurteilten Taten ein entsprechender wirtschaftlich messbarer und daher nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB abzuschöpfender Steuervorteil entstanden i[X.] Dem Angeklagten, der als faktischer Geschäftsführer des [X.]       selbst Steuerschuldner war (vgl. hierzu [X.] Rspr.; [X.], Urteil vom 10. März 2021 - 1 StR 272/20 Rn. 28 mwN), hat durch die jeweiligen Taten der Steuerhinterziehung Steuervorteile in Höhe der vom [X.] festgestellten [X.] erlangt, weil sich diese wegen der aus § 34 Abs. 1 [X.] resultierenden Pflicht des Angeklagten zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Unternehmens - auch der Begleichung von [X.] - in seinem Vermögen wirtschaftlich niedergeschlagen haben ([X.] Rspr.; [X.], Urteil vom 10. März 2021 - 1 StR 272/20 Rn. 28; Beschlüsse vom 6. August 2020 - 1 StR 198/20 Rn. 18 und vom 15. Januar 2020 - 1 StR 529/19, [X.]R StGB § 73 Erlangtes 33 Rn. 11-13; jeweils mwN).

Raum     

        

Jäger     

        

Bellay

        

Hohoff     

        

Pernice     

        

Meta

1 StR 514/20

21.04.2021

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München I, 20. August 2020, Az: 302 Js 188599/18 (2) 5 KLs

§ 73 Abs 1 StGB, § 73c S 1 StGB, § 370 AO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.04.2021, Az. 1 StR 514/20 (REWIS RS 2021, 10251)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 10251

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Zitiert

1 StR 148/20

1 StR 272/20

1 StR 198/20

1 StR 529/19

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