Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2018, Az. 1 StR 512/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2018, 3583

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Gegenstand

Steuerhinterziehung: Voraussetzungen der Tatvollendung bei unrichtiger Umsatzsteueranmeldung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26. Juni 2017 aufgehoben

a) in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe im Schuldspruch und Strafausspruch,

b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 13 Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.

3

a) Nach den Feststellungen des [X.]s war der Angeklagte u.a. Geschäftsführer der [X.], deren Name im Januar 2011 in [X.] abgeändert wurde. Diese Gesellschaft erzielte in den Jahren 2009 bis 2011 mit der [X.] mit offiziellem Sitz in der [X.] Umsätze mit Dienstleistungen in Form von Marketing- und Werbeleistungen. Obwohl der Angeklagte wusste, dass es sich bei der [X.] um ein tatsächlich in [X.] ansässiges Unternehmen handelte, erfasste er die Umsätze mit der [X.] jeweils in der Anlage [X.] der [X.] der [X.] für die [X.] und 2010 sowie der Umsatzsteuervoranmeldungen dieser [X.] und Mai 2011 wahrheitswidrig als nicht steuerbare Auslandsumsätze.

4

b) Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeter Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.] in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die vom [X.] insoweit getroffenen Feststellungen keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Beantwortung der Frage enthalten, ob Tatvollendung eingetreten ist.

5

Bei der Straftat der Steuerhinterziehung, bei der es sich nicht lediglich um ein Erklärungsdelikt, sondern auch um ein [X.] handelt, tritt Vollendung erst dann ein, wenn der Täter durch seine Tathandlung Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt (§ 370 Abs. 1 [X.]). Betreffen die Taten – wie hier – die Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Abgabe inhaltlich unzutreffender Steuererklärungen, hängt die Tatvollendung davon ab, ob die unrichtigen [X.] – seien es [X.] oder Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 150 Abs. 1 Satz 3 [X.] i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG) – zu einer Zahllast oder zu einer Steuervergütung geführt haben. Zwar steht eine Steueranmeldung gemäß § 168 Satz 1 [X.] einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt allerdings die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt dies erst dann, wenn die Finanzbehörde zugestimmt hat (§ 168 Satz 2 [X.]). Das Tatgericht muss daher Feststellungen dazu treffen, ob die jeweilige Steueranmeldung eine Zahllast oder eine Steuervergütung zum Inhalt hatte und – im Falle der Steuervergütung – ob die Finanzbehörden dieser zugestimmt haben (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 24. August 2017 – 1 [X.] Rn. 22, [X.], 257 und vom 25. Januar 2018 – 1 [X.] Rn. 4, [X.], 141). Daran fehlt es hier.

6

Zwar hat das [X.] die Höhe der zu Unrecht als steuerfrei angemeldeten Umsätze mit der [X.] rechtsfehlerfrei festgestellt. Demgegenüber fehlen jedoch Feststellungen dazu, ob in den einzelnen [X.] insgesamt eine Zahllast oder ein [X.] angemeldet wurde und ob das Finanzamt gegebenenfalls einer angemeldeten Steuervergütung zugestimmt hat. Die erforderlichen Feststellungen lassen sich auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen. Daher kann der Senat in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe jeweils nicht nachprüfen, ob Tatvollendung eingetreten ist. Der Schuldspruch ist mithin in diesen Fällen aufzuheben.

7

c) Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

8

2. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem Rechtsfehler, der zur [X.] führt, nicht betroffen sind. Der neue Tatrichter wird allerdings in den Fällen 14 bis 17 der Urteilsgründe zum Inhalt der verfahrensgegenständlichen [X.] und Umsatzsteuervoranmeldungen ergänzende Feststellungen zu treffen haben. Auch darüber hinaus kann er weitergehende Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

9

3. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten aus den in der Antragsschrift des [X.] genannten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Raum     

      

Jäger     

      

Bellay

      

Cirener     

      

Bär     

      

Meta

1 StR 512/17

20.09.2018

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Koblenz, 26. Juni 2017, Az: 4 KLs 2050 Js 20470/12

§ 18 Abs 1 S 1 UStG, § 18 Abs 3 S 1 UStG, § 150 Abs 1 S 3 AO, § 168 S 1 AO, § 168 S 2 AO, § 370 Abs 1 Nr 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2018, Az. 1 StR 512/17 (REWIS RS 2018, 3583)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3583

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 265/18

Zitiert

1 StR 625/16

1 StR 264/17

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