Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.03.2022, Az. 4 StR 379/21

4. Strafsenat | REWIS RS 2022, 5179

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Richterablehnung im Strafverfahren: Befangenheit durch Vorbefassung nach Verfahrensabtrennung


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 30. April 2021 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

1. [X.] einer Verletzung der „§§ 24 Abs. 2, 338 Nr. 3 StPO, Art. 6 Abs. 1 [X.]“ ist unbegründet. Die Zurückweisung des auf Äußerungen des Vorsitzenden im Rahmen der mündlichen Urteilsbegründung gegenüber der Mitangeklagten nach Abtrennung der bis dahin gegen sie und den Angeklagten gemeinsam geführten Hauptverhandlung gestützten Befangenheitsantrags des Angeklagten begegnet auch unter Berücksichtigung des Urteils des [X.] vom 16. Februar 2021 ‒ 1128/17, NJW 2021, 2947, keinen Bedenken.

Die Äußerungen des Vorsitzenden, die Kammer habe nicht darüber zu befinden, ob sie ‒ die Mitangeklagte ‒ eine „moralische Mitschuld“ am Tode des Säuglings trage, sowie sein erläuternder Hinweis, er gehe ‒ dem rechtsmedizinischen Sachverständigen folgend ‒ davon aus, dass [X.]durch den Angeklagten zu vier verschiedenen Zeitpunkten Rippenserienfrakturen zugefügt worden seien, begründen jenseits von Fragen der Zweckmäßigkeit moralischer Bewertungen in einem Strafverfahren nicht die Besorgnis, der Vorsitzende trete dem Angeklagten nicht mehr unvoreingenommen gegenüber.

Die mündlichen Ausführungen des Vorsitzenden zu den Ergebnissen der bis zur Abtrennung zur Urteilsverkündung gegen die Angeklagten gemeinsam durchgeführten Hauptverhandlung stimmen inhaltlich mit der den Verfahrensbeteiligten übersandten „vorläufigen Würdigung des bisherigen Beweisergebnisses der Beweisaufnahme“ vom 5. Februar 2021 überein und tragen erkennbar vorläufigen Charakter. Die mündliche Urteilsbegründung enthielt schließlich ‒ anders als das schriftliche Urteil in der Fallkonstellation, die dem Urteil des [X.] vom 16. Februar 2021 ‒ 1128/17, NJW 2021, 2947 zugrunde lag ‒ keine nähere Feststellung oder Würdigung des dem Angeklagten zur Last liegenden [X.] zum Nachteil seines [X.]es.

2. Zwar erscheint die von der Revision beanstandete tatgerichtliche Wertung, der in der Hauptverhandlung schweigende Angeklagte habe durch die in seinem letzten Wort abgegebene Erklärung, sich den Ausführungen seiner Verteidiger anzuschließen, und durch seine Antwort auf die Frage des Vorsitzenden, ob das „alles so richtig sei“, ein Teilgeständnis abgelegt und eingeräumt, [X.]tödlich verletzt zu haben, trotz des dem Tatgericht durch § 261 StPO eingeräumten weiten Wertungsspielraums rechtlich bedenklich.

Das [X.] hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten aber auf eine Vielzahl von belastbaren Indizien gestützt und dabei auch berücksichtigt, dass er bereits unmittelbar nach der Tat gegenüber Rettungskräften behauptet hatte, seinen [X.] versehentlich verletzt zu haben. Bei dieser Sachlage schließt der Senat ein Beruhen des Urteils auf einem möglicherweise rechtsfehlerhaft angenommenen Teilgeständnis aus (§ 337 StPO).

Quentin     

      

Bender     

      

Bartel

      

Maatsch     

      

Scheuß     

      

Meta

4 StR 379/21

03.03.2022

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bochum, 30. April 2021, Az: 7 Ks 13/20

§ 24 Abs 2 StPO, § 338 Nr 3 StPO, Art 6 MRK

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.03.2022, Az. 4 StR 379/21 (REWIS RS 2022, 5179)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5179

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 181/21 (Bundesgerichtshof)

Richterablehnung: Entscheidungshindernis bei nicht fristgerechter Entscheidung über ein Befangenheitsgesuch; Fristverstoß als Revisionsgrund)


2 BvR 1122/22 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 …


4 StR 67/22 (Bundesgerichtshof)

Richterablehnung: Befangenheitsbesorgnis wegen Vortätigkeit in einem anderem Verfahren


1 StR 211/23 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung: Mitteilungspflicht über Rechtsgespräch zur Verfahrenserledigung


5 StR 460/21 (Bundesgerichtshof)

Revisionsbegründung in Strafsachen: Notwendige Ausführungen zur Befangenheit eines Schöffen wegen Vorbefassung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.