Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.09.2017, Az. AnwZ (Brfg) 28/17

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2017, 5587

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[X.]:[X.]:[X.]GH:2017:080917[X.]ANWZ.[X.]RFG.28.17.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 28/17

vom

8. September 2017

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-

2

-

Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] [X.], die Richterin [X.], [X.] sowie die Rechtsanwälte Dr. [X.]raeuer und Dr. Lauer
am
8. September 2017

beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des 1. Senats des [X.]s des Landes [X.] vom 28.
April 2017
wird abgelehnt.

Der Kläger hat
die
Kosten des
Zulassungsverfahrens
zu tragen.

Der Wert
des Zulassungsverfahrens
wird auf 50.000

Gründe:

I.

Der am 6. Juli 1941
geborene Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]). Der [X.] hat die Klage abgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der [X.]erufung.

1
-

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-

II.

Der Antrag des [X.]
ist nach §
112e Satz
2 [X.], §
124a Abs.
4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Die geltend gemachten
Zulassungsgründe

112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1
und 5
VwGO) liegen
nicht vor.

1. Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des [X.] Urteils (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO) setzt [X.], dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachen-feststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senats-beschlüsse
vom 24. März 2017 -
AnwZ ([X.]) 60/16, juris Rn. 4; vom 31. März 2017 -
AnwZ ([X.]) 58/16, juris Rn.
4
und vom 3.
April 2017
-
AnwZ ([X.]) 7/17, juris Rn. 3). Entsprechende Zweifel vermag der Kläger nicht darzulegen.

a) Nach §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall wird kraft Gesetzes vermutet, wenn ein Insolvenz-verfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der [X.] in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2

InsO,
§ 882b ZPO) eingetragen ist. Hierbei ist für die [X.]eurteilung der Rechtmä-ßigkeit des Widerrufs allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behörd-lichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids
oder -
wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfah-ren entbehrlich ist -
auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die [X.]eurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungs-verfahren vorbehalten (vgl. nur Senatsbeschlüsse
vom 29. Dezember 2016
2
3
4
-

4

-

-
AnwZ ([X.]) 36/16, juris Rn. 4 und vom 3. April 2017,
aaO Rn. 4; jeweils
mwN).

b) Der Kläger befand sich im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufs-verfügung vom 6. Juli 2016
in Vermögensverfall.

Der Kläger war in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden [X.] eingetragen (§ 882b ZPO).
Zwar kommt die an die Eintragung anknüp-fende gesetzliche Vermutung nicht zur Geltung, wenn der Rechtsanwalt nach-weist, dass die der Eintragung zugrunde liegenden Forderungen im maßgebli-chen Zeitpunkt bereits getilgt waren (vgl. nur Senatsbeschluss vom 3. April 2017, aaO Rn. 6 mwN). Dies ist hier aber nicht der Fall gewesen. Der -
im Übri-gen substanzlose -
Vortrag des [X.], das rechtskräftige Urteil des Landge-richts D.

in Sachen H.

beruhe auf einem "Prozessbetrug"
und das Urteil des Oberlandesgerichts D.

in Sachen G.

auf einer "Rechtsbeugung"
sind deshalb unerheblich, sodass dahinstehen kann, inwie-weit der Vortrag des [X.] zu den drei weiteren Eintragungen, die kleinere Forderungen betreffen, als ausreichend angesehen werden
kann. Es ist nicht Aufgabe der [X.] oder der Gerichte, die Richtigkeit der den
Eintragungen
im Schuldnerverzeichnis zugrundeliegenden Titel zu überprüfen, sondern Sa-che des [X.], diese Titel, so sie seiner Meinung nach zu Unrecht ergangen sind, rechtzeitig aus der Welt zu schaffen.

Zur Widerlegung der aus der Eintragung resultierenden gesetzlichen Vermutung des Vermögensverfalls hat ein Rechtsanwalt bezogen auf den o.a. maßgeblichen Zeitpunkt ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten vorzulegen und konkret darzulegen, dass seine Vermögens-
und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind 5
6
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-

5

-

(vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Dezember 2016, aaO Rn. 5; vom 24. März 2017, aaO Rn. 6 und vom 3. April 2017, aaO Rn. 12). An beidem fehlt es.

c) Nach der in §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] zum Ausdruck kommenden [X.] Wertung ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der ge-setzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt jedoch zumindest [X.], dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnah-men verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Selbst auferlegte [X.]eschränkungen des in Vermögensverfall geratenen [X.] sind demgegenüber nicht geeignet, eine Gefährdung der [X.] auszuschließen
(vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 31. März 2017, aaO Rn. 6
mwN). Auch genügt es nicht, dass der Rechtsanwalt seine Tätigkeit bisher ohne [X.]eanstandungen ausgeübt hat (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2017
-
AnwZ ([X.]) 53/16, juris Rn. 4 mwN). Vor diesem Hintergrund ist das Vorbrin-gen des weiterhin als Einzelanwalt tätigen [X.] zum angeblichen Nichtbe-stehen einer Gefährdung von Mandanteninteressen nicht erheblich.

2. Der Kläger
hat auch keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des [X.]s beruhen kann (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr. 5 VwGO). Der Kläger beruft sich darauf, dass er krankheitsbe-dingt an der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2017
nicht habe teilnehmen 8
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-

6

-

können.
Der [X.] hat insoweit jedoch das vom Kläger vorgelegte ärztliche Attest vom 21. April 2017 zu Recht als nicht ausreichend angesehen. Der Verfahrensablauf vor dem [X.] rechtfertigt den vom Kläger
erhobenen Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht.

a) Der [X.] hatte zunächst
am 12. August 2016 Termin auf den 16. Dezember 2016 anberaumt. Mit Fax vom 13. Dezember 2016 hat der Kläger ein Attest der Ärztin Dr. N.

vorgelegt, wonach er bis zum 23. [X.] 2016 "arbeitsunfähig"
sei. Nachdem der [X.] dem Kläger aufgegeben hatte, ein aussagefähiges Attest zu seiner Reise-
und [X.] vorzulegen, hat der Kläger eine [X.]escheinigung der Ärztin ein-gereicht, in der es heißt: "Oben genannter Patient leidet zurzeit unter ausge-prägten HWS-Veränderungen, die Ausfälle der Sensibilität und Motorik zur Fol-ge haben. Aufgrund der Schmerzsymptomatik stehen Schlafstörungen im [X.]. Dies schränkt zum jetzigen Zeitpunkt die Fahrtüchtigkeit ein. Durch die ausgeprägten Schlafstörungen ist die [X.] eingeschränkt: Aus die-sem Grund ist Herr H.

zurzeit weder verhandlungsfähig noch reisefähig."
Daraufhin bestimmte der [X.] Termin auf den 20. Januar 2017 unter Hinweis darauf, dass der Kläger zukünftig sein Ausbleiben nur durch ein amtsärztliches Attest entschuldigen könne. Nachdem ein [X.] des [X.] keinen Erfolg hatte, reichte dieser mit Fax vom 18. Januar 2017 erneut eine inhaltsgleiche [X.]escheinigung der Ärztin Dr. N.

vom selben Tag ein. Der [X.] stellte fest, dass sich der Kläger nicht entsprechend den Auflagen ausreichend entschuldigt habe, bestimmte neuen Termin auf den 10.
Februar 2017
und wies den Kläger erneut darauf
hin, dass ein Ausbleiben nur durch Vorlage eines amtsärztlichen Attests entschuldigt werden könne. Der obige Ablauf -
kurzfristige Vorlage einer inhaltsgleichen [X.]escheinigung der [X.]
-

7

-

tin; Neubestimmung eines Termins unter entsprechendem Hinweis -
wiederhol-te sich noch zweimal im Zusammenhang mit den Terminen vom 10. Februar und 10. März 2017. Zuletzt bestimmte der [X.] Termin mit ent-sprechendem Hinweis auf den 28. April 2017. Mit Fax vom 27. April 2017 hat der Kläger dann zum [X.] eine inhaltsgleiche [X.]escheinigung der Ärztin vorgelegt.

b) Soweit der [X.] dieses Attest nicht zum Anlass ge-nommen hat, einen sechsten Termin
anzuberaumen, ist dies nicht zu [X.].
Nach der ständigen Senatsrechtsprechung sind wegen der durch ei-nen Vermögensverfall indizierten Gefährdung der Interessen der [X.] an den Verhinderungsgrund und dessen Glaubhaftmachung strenge Anfor-derungen zu stellen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 9. Juli 2013 -
AnwZ ([X.]) 26/13, juris Rn. 8; vom 12. März 2015 -
AnwZ ([X.]) 43/14, juris Rn. 5 und vom 28. November 2016 -
AnwZ ([X.]) 23/16, juris Rn. 10). In einem Fall, in dem ein Kläger zum [X.] eine krankheitsbedingte Verhinderung geltend machen will, kommt eine weitere Verlegung des Termins nur nach Vorlage ei-nes amtsärztlichen Attests in [X.]etracht (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 24. Sep-tember 2008
-
AnwZ ([X.]) 32/06, juris Rn. 5;
vom 4. Juli 2009 -
AnwZ ([X.]) 14/08, juris Rn. 12 und vom 9. Juli 2013 aaO). Abgesehen davon hat der [X.] auch zu Recht die
vorgelegte [X.]escheinigung als
inhaltlich
nicht hinrei-chend aussagekräftig angesehen, um eine Reise-
und Verhandlungsunfähigkeit glaubhaft zu machen. Der [X.] hat insoweit unter anderem [X.] abgestellt, dass die als Folge von schmerzbedingten Schlafstörungen at-testierte Einschränkung der Fahrtüchtigkeit ein Erscheinen im Termin nicht hin-dere, da jedenfalls die Möglichkeit der [X.]enutzung öffentlicher Verkehrsmittel in [X.]etracht komme. Die eingeschränkte [X.] besage nicht, dass der [X.]
-

8

-

ger unfähig sei, einer Verhandlung zu folgen und seine Rechte wahrzunehmen. Dies sieht auch der Senat so.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.], §
154 Abs.
2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
194 Abs.
2 Satz
1 [X.].

Kayser
[X.]

[X.]

[X.]raeuer
Lauer
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 28.04.2017 -
1 [X.] 55/16 -

12

Meta

AnwZ (Brfg) 28/17

08.09.2017

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.09.2017, Az. AnwZ (Brfg) 28/17 (REWIS RS 2017, 5587)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5587

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