Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.10.2017, Az. 1 StR 226/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 3450

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Gegenstand

Strafurteil: Mitteilungspflicht für Strafzumessungsgründe


Tenor

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2017 wird verworfen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt.

2

Der Angeklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts.

3

Sein Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

4

Nach den Feststellungen des [X.]s hatte der Angeklagte, der seit dem [X.] als Berufskraftfahrer für eine [X.] Firma im internationalen Fernverkehr tätig war, in [X.] zwei Pkws und ein Quad auf den Sattelschlepper zum Transport nach [X.] verladen. Anschließend fuhr er mit diesem Lkw nach [X.] und übernahm dort 9.114,93 g Kokain (Wirkstoffgehalt zwischen 79 % und 89 %). Das Kokain sollte er gegen ein Entgelt von 400 Euro und Vergütung der [X.] nach [X.] zum Gewinn bringenden Weiterverkauf transportieren und dort als weitere Entlohnung die zum Erwerb des [X.] benötigten 35.000 Euro erhalten. Als er in [X.] einer Kontrolle unterzogen wurde, wurde das Kokain aufgefunden.

5

Der Angeklagte war am 1. Juni 2005 vom [X.] ([X.]) unter [X.]n in Abwesenheit wegen eines Betäubungsmitteldelikts zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden. Auf seinen am 19. Oktober 2012 gestellten Antrag wurde erneut, diesmal in seiner Anwesenheit, vor dem [X.] verhandelt. Mit Urteil vom 26. Juni 2013, rechtskräftig seit 18. Oktober 2013, wurde die erste Verurteilung bestätigt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Angeklagte am 6. Dezember 2004 mit einem Mittäter in dem Anhänger eines [X.] Haschisch von [X.] über die Grenze nach [X.] verbracht hatte. Bei der Vollstreckung der vom [X.] verhängten Freiheitsstrafe wurden die bezüglich dieser Straftat bereits im Ausland verbüßten Haftzeiten (vom 1. November 2005 bis zum 24. April 2009 in [X.]; Auslieferungshaft vom 15. April 2012 bis zum 10. Oktober 2012) angerechnet.

II.

6

Die Nachprüfung des Urteils auf die Revision des Angeklagten hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.

7

1. [X.] in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wird von den Feststellungen getragen. Die Feststellungen beruhen auf einer [X.] Beweiswürdigung. Dieser liegen die Aussagen der die Kontrolle durchführenden Beamten, die Auswertung der beim Angeklagten sichergestellten Mobiltelefone, die Begutachtung der aufgefundenen Betäubungsmittel und das nach Vernehmung sämtlicher Zeugen im Rahmen einer Verteidigererklärung abgegebene Geständnis des Angeklagten zugrunde. Die Feststellungen zur Vorahndung stützen sich auf das verlesene Urteil des [X.] vom 26. Juni 2013 sowie die Angaben des Angeklagten, der die Verurteilung unter der [X.] „    D.   “ bestätigt hatte.

8

2. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.

9

a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des [X.] in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, [X.]St 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 - 1 [X.], [X.]St 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 - 1 [X.], [X.], 719; jeweils mwN). Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist dagegen ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 25. April 2017 - 1 [X.], [X.], 242 mwN). Dem Revisionsgericht ist es verwehrt, seine eigene Wertung an die Stelle des Tatgerichts zu setzen; vielmehr muss es die von ihm vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen ([X.], Urteil vom 2. Februar 2017 - 4 StR 481/16, [X.], 105, 106).

b) Rechtsfehler in dem vorgenannten Sinn liegen nicht vor.

aa) Das [X.] hat bei der Bestimmung des anzuwendenden Strafrahmens das Vorliegen eines minder schweren Falls der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 2 BtMG) mit tragfähigen Erwägungen verneint und hierbei den Umstand, dass die in den 9.114,93 g Kokain enthaltene Wirkstoffmenge an [X.] den Grenzwert zur nicht geringen Menge um das 1570-fache überschritt, als wesentlichen Gesichtspunkt in die Gesamtbetrachtung eingestellt.

bb) Rechtsfehlerfrei hat das [X.] strafschärfend herangezogen, dass der Angeklagte durch die Verurteilung eines ausländischen Gerichts, die die Einfuhr einer großen Menge an Betäubungsmitteln in einem Lkw in die [X.] zum Gegenstand hatte, einschlägig vorgeahndet war. Das [X.] hat insoweit berücksichtigt, dass diese Tat zwar über elf Jahre zurücklag, aber erst drei Jahre vor der nun gegenständlichen Tat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, und weder diese Verurteilung noch die in dieser Sache in [X.] und [X.] verbüßte Haftzeit ([X.], 12) den Angeklagten davon abhalten konnten, erneut mit seinem Lkw als Drogenkurier tätig zu werden und wieder eine ganz erhebliche Betäubungsmittelmenge - diesmal sogar eine „harte Droge“ - zu transportieren.

cc) Keinen Rechtsfehler stellt es dar, dass das [X.] den Umstand, dass der Angeklagte bereits zuvor in der [X.] zu einer langen und vom zeitlichen Ablauf nicht gesamtstrafenfähigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war und nun wieder zu einer langen Freiheitsstrafe, einer solchen von 12 Jahren, verurteilt wurde, nicht als strafmildernden [X.] berücksichtigt hat.

Der Tatrichter muss nicht sämtliche Strafzumessungsgründe, sondern nur die für die Strafe bestimmenden Umstände angeben (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 16. April 2015 - 3 [X.], [X.], 240; vom 12. Mai 2016 - 4 StR 487/15, [X.], 605, 606 f. und vom 2. August 2012 - 3 [X.], [X.], 336 mwN; Beschluss vom 13. April 2017 - 4 [X.], [X.], 196).

Die Strafkammer hat festgestellt, dass bei der Vollstreckung der vom [X.] verhängten Freiheitsstrafe die in dieser Sache in [X.] verbüßten Haftzeiten (einschließlich Auslieferungshaft) vom 1. November 2005 bis zum 24. April 2009 und vom 15. April 2012 bis zum 10. Oktober 2012 angerechnet worden sind ([X.]). Nach den Urteilsgründen ([X.]: „... noch die in dieser Sache in [X.] und [X.] verbüßte Haftzeit ...“) und den mitgeteilten Daten der Verurteilungen in [X.] hat der Angeklagte nach seiner Auslieferung an die [X.] mindestens bis zum Erlass der in seiner Anwesenheit ergangenen Verurteilung vom 26. Juni 2013 ([X.]) weitere knapp neun Monate Haft verbüßt, so dass er bereits mehr als vier Jahre und sieben Monate der in [X.] verhängten Freiheitsstrafe von sieben Jahren verbüßt hatte. Angesichts dessen war eine ausdrückliche Erörterung des (möglicherweise) in der [X.] noch zu verbüßenden Strafrests entbehrlich.

Raum     

       

Bellay     

       

Fischer

       

Bär     

       

Hohoff     

       

Meta

1 StR 226/17

24.10.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Traunstein, 20. Februar 2017, Az: 110 Js 72281/16 - 6 KLs

§ 267 Abs 3 S 1 StPO, § 46 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.10.2017, Az. 1 StR 226/17 (REWIS RS 2017, 3450)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3450

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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