Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2012, Az. 2 StR 476/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 7687

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 476/11

vom
27.
März
2012
in der Strafsache
gegen

wegen
Mordes

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und des
Beschwerdeführers
am 27.
März
2012 gemäß §
349 Abs.
4 StPO
beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten
wird das Urteil des Land-gerichts
Gera vom 24.
Mai 2011 mit den Feststellungen [X.].
2.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere [X.] des [X.].

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge Erfolg, ohne dass es eines [X.] auf die Verfahrensrügen noch bedarf.
1. Die Annahme des [X.]s, der Angeklagte habe die Tötung aus niedrigen Beweggründen begangen, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die [X.] ist davon ausgegangen, der Angeklagte sei aus Wut und Verärgerung über seine fristlose Kündigung bzw. Nichterklärung dieser Kündigung in das Pflegeheim eingedrungen, um durch Verletzung einer dort untergebrachten Person einen "Störfall" in der Pflegeeinrichtung herbeizufüh-ren. Zur mit bedingtem Vorsatz getragenen Tötungshandlung an dem Tatopfer, einer 87-jährigen, an Demenz erkrankten Bewohnerin, sei es erst gekommen, 1
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3
-
nachdem der Angeklagte sich aus einem in der Hauptverhandlung nicht näher feststellbaren
Grund, etwa weil das Tatopfer Geräusche von sich gegeben
habe, veranlasst gesehen habe, dieses nunmehr "ruhig zu stellen". Darin liege ein eklatantes Missverhältnis zwischen Anlass und Tat. Ein auf einer derartigen Motivation beruhendes Handeln stehe insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte willkürlich eine unbeteiligte Person zum Opfer gemacht habe, sittlich auf tiefster Stufe und sei deshalb als besonders verwerflich und verach-tenswert anzusehen (UA S.
48).
Dies rechtfertigt die Annahme niedriger Beweggründe nicht. Das [X.] hat den konkreten Anlass, der den Angeklagten bewogen hat, das Tatopfer mit bedingtem Tötungsvorsatz zu würgen, in der Hauptverhandlung nicht fest-stellen können. Ohne Kenntnis dieses Umstands aber lässt sich ein "eklatantes Missverhältnis zwischen Anlass und Tat", wie es in der Rechtsprechung des [X.] zur Annahme niedriger Beweggründe führen kann, nicht belegen. Dass ein Angeklagter aus Verärgerung über seine Kündigung willkür-lich eine unbeteiligte (und darüber hinaus wehrlose) Person zum Opfer
macht und deshalb tötet, könnte zwar grundsätzlich Grundlage für die Annahme nied-riger Beweggründe sein; doch bezieht sich die entsprechende Feststellung des [X.]s zur Motivation und zum Vorgehen des Angeklagten auf einen der Tötung vorangehenden Zeitpunkt, zu dem er noch ohne Tötungsvorsatz handel-te. Sie kann deshalb hier zur Begründung des [X.] der niedrigen Beweggründe nicht herangezogen werden. Maßgeblich sind vielmehr die Um-stände, die den Angeklagten nach vorangegangenem, lediglich mit
Körperver-letzungsvorsatz getragenem ersten Übergriff auf das Tatopfer bewogen haben, sein Handeln nunmehr mit billigender Inkaufnahme des Todes fortzusetzen. Hierzu aber hat das [X.] gerade keine sicheren, tragfähigen Feststel-lungen treffen können.

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4
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2. Die fehlerhafte Annahme niedriger Beweggründe zieht -
trotz an sich nicht zu beanstandender Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tötung
-
die Aufhebung der Entscheidung insgesamt nach sich. Der Senat sieht mit Blick auf die besondere Bedeutung des
Tathergangs für die Prüfung des [X.] der niedrigen Beweggründe im konkreten Fall auch davon ab, Feststellungen, etwa zum objektiven Tatgeschehen, bestehen zu lassen.

Ernemann

Fischer

Berger

Krehl

Eschelbach

4

Meta

2 StR 476/11

27.03.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2012, Az. 2 StR 476/11 (REWIS RS 2012, 7687)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7687

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