Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2017, Az. VI ZB 36/16

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 14175

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:140317BVIZB36.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI [X.]

vom

14. März 2017

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 233 D, Hc
Ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und ein wegen bestehenden Anwaltszwangs unzu-lässiges persönliches Rechtsmittel eingelegt hat, ist bis zur Entscheidung über seinen Antrag als unverschuldet verhindert anzusehen, das Rechtsmittel wirksam einzulegen, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen [X.]. Das Rechtsmittelgericht hat zunächst über das [X.] zu entscheiden, um so der [X.] Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Wieder-einsetzung in
den vorigen Stand zu stellen, falls sie beabsichtigt, das Rechtsmit-telverfahren -
im Falle der Versagung von Prozesskostenhilfe auf eigene Kosten
-
durchzuführen.
[X.], Beschluss vom 14. März 2017 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am
14. März
2017
durch den Vorsitzenden [X.], den
Richter Offenloch, die Richterinnen
Dr. [X.], Dr.
Roloff
und Müller

beschlossen:
Dem [X.]n wird gegen die Versäumung der Fristen zur [X.] und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den [X.] der 20. Zivilkammer des [X.] vom 22. Juli 2016 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]n wird der vorgenannte Beschluss im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beru-fung des [X.]n als unzulässig verworfen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache
zur erneuten [X.] und Entscheidung -
auch über die Kosten des Rechtsbe-schwerdeverfahrens
-
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt

-
3
-

Gründe:
I.
Mit Urteil vom 29.
März 2016, berichtigt durch Beschluss vom 21.
Juni 2016, beide
Entscheidungen
dem [X.]n zugestellt am 23.
Juni 2016, hat das Amtsgericht den [X.]n zur Zahlung von 1.318,36

Klägerin verurteilt und festgestellt, dass die Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung stammt. Mit Schriftsatz vom 29.
Juni 2016, beim [X.]
eingegangen
am 1.
Juli 2016, hat der [X.] persönlich gegen das Urteil Berufung und gegen den Berichtigungsbeschluss Beschwerde eingelegt sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
beantragt. Mit Beschluss vom 22.
Juli 2016 hat das [X.] den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, weil die Berufung gegen das Urteil und die Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluss keine Aussicht auf Erfolg hätten. Mit
demselben Beschluss hat das [X.] die Berufung gemäß §
522 Abs.
1 ZPO als [X.] verworfen, weil der [X.] die Berufung nicht durch einen Rechts-anwalt eingelegt habe.
Gegen die Verwerfung der Berufung
als unzulässig
wendet sich der [X.] mit seiner Rechtsbeschwerde, für deren Einlegung und Begründung er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt hat, nachdem der Senat ihm Prozesskostenhilfe für diese
Rechtsbeschwerde bewilligt hat.

II.
Dem [X.]n war gemäß §
233
Satz 1
ZPO antragsgemäß Wiederein-setzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde
zu bewilligen.

1
2
3
-
4
-

III.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
522 Abs.
1 Satz 4, §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert

574 Abs.
2 Nr. 2 Fall 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat -
wie im Folgenden näher ausgeführt
-
das Verfahrensgrundrecht des [X.]n auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit
dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den [X.] den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren ([X.], Beschlüsse vom 4.
November 2015 -
XII ZB 289/15, [X.], 209 Rn. 4; vom 23.
April 2013 -
II ZB 21/11, [X.], 2822 Rn. 7; vom 23.
März 2011 -
XII [X.], [X.], 881 Rn.
7; vom 16.
November 2010 -
VIII
ZB 55/10, NJW 2011, 230 Rn. 10; vom 4.
Juli 2002 -
V [X.], [X.]Z 151, 221, 227).
2.
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht [X.] die Berufung nicht mit der Begründung als unzulässig verwerfen dürfen, dass sie nicht
den Anforderungen des §
78 Abs.
1 Satz 1 ZPO entsprechend
durch einen Rechtsanwalt eingelegt worden ist.
Denn der Beschwerdeführer hat in-nerhalb der Berufungsfrist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist ein Rechtsmittelführer, der innerhalb
der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von [X.] beantragt hat, bis zur Entscheidung über seinen Antrag als [X.] verhindert anzusehen, das Rechtsmittel wirksam einzulegen, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags
wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (vgl. nur
Senats-beschluss vom 24.
Januar 2017 -
VI
ZB 30/16, juris Rn. 11;
[X.], Beschluss
4
5
6
-
5
-

vom 4.
November 2015 -
XII ZB 289/15, [X.], 209
Rn. 6 mwN). Dies gilt auch dann, wenn neben dem [X.] eine unzulässige Berufung eingelegt worden ist. Da die Prozesskostenhilfe beantragende [X.] wegen ihrer Prozesskostenhilfebedürftigkeit gehindert ist, einen Rechtsanwalt mit ihrer
Vertretung
im Berufungsverfahren
zu beauftragen, ist
ihr, wenn sie
nach den gegebenen Umständen nicht mit der Ablehnung ihres
Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste, nach Entscheidung über die Prozess-kostenhilfe
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren
([X.], [X.] vom 4.
November 2015 -
XII ZB 289/15, [X.], 209 Rn.
6). Das Berufungsgericht hat dementsprechend zunächst über das [X.] zu entscheiden, um so der [X.]
Gelegenheit zu geben, einen
Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen, falls sie
beabsichtigt, das Berufungsverfahren -
im Falle der Versagung von Prozesskostenhilfe
auf eige-ne Kosten
-
durchzuführen
([X.], Beschlüsse vom 4.
November 2015 -
XII ZB 289/15, [X.], 209
Rn. 6; vom 23.
März 2011 -
XII [X.], [X.], 881
Rn.
10; vom 3.
Dezember 2003 -
VIII
ZB 80/03, NJW-RR 2004, 1218, 1219).
b) Vorliegend hat
der [X.] seinen Antrag auf Bewilligung von [X.]
unter Beifügung der
Erklärung über die persönlichen und wirt-schaftlichen Verhältnisse sowie der
Belege hierzu innerhalb der Berufungsfrist gestellt. Das Berufungsgericht
hat dementsprechend den Antrag nicht mangels Bedürftigkeit, sondern
mangels Erfolgsaussicht versagt. Es hätte
allerdings dem [X.]n zunächst diese Entscheidung bekanntgeben müssen. Der [X.] hätte dann die Möglichkeit gehabt, auf eigene Kosten einen Rechtsanwalt zu beauftragen und diesen Berufung, verbunden mit einem Wiedereinsetzungsan-trag, einlegen zu lassen.
7
-
6
-

3. Nach der Zurückverweisung an das [X.] hat der [X.] Ge-legenheit, die Berufung -
verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
-
auf eigene Kosten einzulegen und zu begründen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das [X.] zwar über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Be-schwerde gegen den Berichtigungsbeschluss, bislang aber
-
soweit ersichtlich
-
nicht über die Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluss entschieden hat.
Galke
Offenloch
[X.]

Roloff
Müller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.03.2016 -
138 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 22.07.2016 -
20 S 20/16 -

8
9

Meta

VI ZB 36/16

14.03.2017

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2017, Az. VI ZB 36/16 (REWIS RS 2017, 14175)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14175

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VI ZB 36/16

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II ZB 21/11

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