Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2008, Az. VI ZB 16/07

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4116

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[X.] vom 6. Mai 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 233 ([X.]) Versäumt eine mittellose [X.] die Frist zur Begründung der Berufung, so kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach der Entscheidung über die Pro-zesskostenhilfe nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit für die Fristversäumung kau-sal geworden ist. [X.]ies ist nicht der Fall, wenn der beim Berufungsgericht [X.] Rechtsanwalt bereit war, die Berufung auch ohne die Bewilligung von [X.] zu begründen, was der Tatsache entnommen werden kann, dass vor [X.] der Frist eine vollständige, allerdings als "Entwurf" bezeichnete [X.] eingereicht wurde.

[X.], Beschluss vom 6. Mai 2008 - [X.] - [X.] LG Berlin - 2 - [X.]er [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 6. Mai 2008 durch die Vize-präsidentin [X.]r. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.]iederichsen so-wie [X.] und Zoll beschlossen: [X.]er Antrag der Klägerin, ihr für die [X.]urchführung der Rechtsbe-schwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Kammer-gerichts vom 2. April 2007 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen. Gründe: [X.] [X.]ie Klägerin nimmt die Beklagte wegen behaupteter ärztlicher [X.] in Anspruch. [X.]as [X.] hat die Beklagte zur Zahlung von 1.000 • Schmerzensgeld verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. [X.] das ihr am 20. März 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 7. April 2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und angekün-digt, die Berufungsbegründung erfolge mit gesondertem Schriftsatz. Auf Antrag der Klägerin wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. Juni 2006 ver-längert. Mit am 22. Juni 2006 eingegangenem Schriftsatz beantragte die Kläge-rin unter Bezugnahme auf den Entwurf einer Berufungsbegründung [X.] und stellte klar, dass die Berufung nur im Umfang der Bewilligung 1 - 3 - durchgeführt werde; sie beabsichtige nach Entscheidung über den [X.] einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen. [X.]em Schriftsatz lag die vollständige 14-seitige und unterschriebene Berufungsbegründung vom 22. Juni 2006 bei, die mit der Überschrift "Entwurf einer Berufungsbegründung" versehen ist. [X.]as Berufungsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag zurück-gewiesen, weil die Berufung als unzulässig zu verwerfen sein werde. Einen Wiedereinsetzungsantrag und einen erneuten Prozesskostenhilfeantrag hat das Berufungsgericht ebenfalls zurückgewiesen. [X.]ie Berufung hat es als unzulässig verworfen. [X.]agegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, für die sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. I[X.] [X.]ie Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe liegen nicht vor, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). [X.]ie Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft, weil das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen hat (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist aber unzulässig, weil die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegen (§ 574 Abs. 2 ZPO). [X.]ie Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch ge-bieten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung hier keine Entscheidung des [X.]. 2 1. Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung sei nicht in der gesetzten Frist begründet worden, weil der Entwurf der Berufungsbegründung zwar grundsätzlich den formalen Anforderungen genüge, insbesondere auch unterzeichnet worden sei, der Schriftsatz jedoch offensicht-lich nicht zur Begründung der Berufung bestimmt gewesen sei. Es entspricht 3 - 4 - der ständigen Rechtsprechung des [X.], dass dann, wenn die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift erfüllt sind, die [X.]eutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufungsbegründung bestimmt sei, gerechtfertigt ist, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden [X.]eutlichkeit ergibt (vgl. [X.] 165, 318, 320 f.; [X.], Beschlüsse vom 20. Juli 2005 - [X.] 31/05 - FamRZ 2005, 1537; vom 25. September 2007 - [X.]/07 - zitiert nach Juris, jeweils m.w.N.). [X.]as Berufungsgericht stellt insoweit ohne Rechtsfehler darauf ab, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht nur in seinem Antrags-schriftsatz hervorgehoben habe, die Berufung solle noch nicht begründet wer-den, sondern die Berufungsbegründung auch mit einer entsprechenden Über-schrift versehen habe. 2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch den [X.] zurückgewiesen, weil die Versäumung der Berufungsbegrün-dungsfrist nicht auf dem wirtschaftlichen Unvermögen der Klägerin beruht habe und daher nicht ohne Verschulden (§ 233 ZPO) eingetreten sei. Versäumt eine mittellose [X.] eine Frist, so kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit für die Fristversäumung kausal geworden ist (vgl. [X.], Urteil vom 27. Oktober 1965 - [X.] - NJW 1966, 203 f.; Beschluss vom 24. Juni 1999 - [X.] - NJW 1999, 3271; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 233 Rn. 45; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 234 Rn. 11). [X.] für die Frage der Ursächlichkeit der Mittellosigkeit für die Versäu-mung der Berufungsbegründungsfrist ist, ob der beim Berufungsgericht zuge-lassene Rechtsanwalt bereit war, die Berufung auch ohne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu begründen ([X.], Beschluss vom 24. Juni 1999 - [X.] - aaO; [X.]/[X.], aaO; [X.], aaO). 4 - 5 - [X.]ass dies hier der Fall war, entnimmt das Berufungsgericht ohne Rechts-fehler dem Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die voll-ständige - wenn auch als vorläufige bezeichnete - Berufungsbegründung noch vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gefertigt und bei Gericht eingereicht hat. Zwar steht der Umstand, dass die Berufungsbegründung ohne Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt, der Annahme, dass sie zunächst wegen der Mit-tellosigkeit der [X.] nicht oder später nicht rechtzeitig erfolgt sei, nicht entge-gen. [X.] die [X.] die Prozesshandlung nach Ablauf der dafür vorgesehenen Frist, aber vor der Entscheidung über das [X.] nach, so ist, solange sich nichts Gegenteiliges ergibt, davon auszugehen, dass die Mit-tellosigkeit für die zunächst unterlassene Prozesshandlung und sodann für ihre Verspätung ursächlich geworden ist, wobei es einer [X.]arlegung der Gründe, weshalb das Rechtsmittel nicht schon vor Ablauf der Frist unabhängig von der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe begründet werden konnte, nicht [X.] ([X.], Beschluss vom 24. Juni 1999 - [X.] - aaO, m.w.N.). 5 Anders verhält es sich indes, wenn der Prozessbevollmächtigte seine Tä-tigkeit entfaltet, während die Frist noch läuft (vgl. [X.], Urteil vom 27. Oktober 1965 - [X.] - aaO; [X.]/[X.], aaO; [X.], aaO). Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass das wirtschaftliche Unvermögen der [X.] und eine Weigerung des [X.], seine Leistung wegen ausbleibender Vorschusszahlung zu erbringen, offenkundig als Ursache der Fristversäumung ausscheiden, wenn die Berufungsbegründung vollständig erstellt und - als "Entwurf" gekennzeichnet - bei Gericht eingereicht wird, der Prozessbevollmächtigte also tatsächlich seine (wegen der Berufungseinlegung vergütungspflichtige) Leistung in vollem Um-fang bereits erbracht hat. Mit Recht führt das Berufungsgericht auch aus, das Prozesskostenhilfeverfahren diene der Gleichstellung der armen [X.] und nicht dazu, der armen [X.] gegenüber der nicht armen [X.] eine deutlich 6 - 6 - verlängerte Berufungsbegründungsfrist zu ermöglichen, wie es hier vom Pro-zessbevollmächtigten der Klägerin gehandhabt werde, wenn er das [X.] erbringe und zudem seine Arbeit zunächst unabhängig von der Entschei-dung des Gerichts über die Prozesskostenhilfe fortsetze. 7 3. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht auch an, dass den Prozessbevollmächtigten der Klägerin hinsichtlich der Verkennung dieser Rechtslage ein der Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschul-den trifft. [X.]ie von dem Prozessbevollmächtigten für die Berechtigung seines Vorgehens genannten Belege sind, wie das Berufungsgericht zutreffend im [X.] ausführt, ungeeignet; die Rechtslage ergibt sich ohne Weiteres aus der oben zitierten Rechtsprechung und Kommentarliteratur. [X.] [X.] [X.]iederichsen

Pauge

Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.02.2006 - 9 O 538/01 - [X.], Entscheidung vom 02.04.2007 - 20 U 55/06 -

Meta

VI ZB 16/07

06.05.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2008, Az. VI ZB 16/07 (REWIS RS 2008, 4116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4116

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