Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2013, Az. XII ZB 231/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7190

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 231/12

vom

20.
März 2013

in der [X.]

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 1908 i, 1836, 1899 Abs. 2 und 4; [X.] § 6
Die Vergütungsregelung des §
6 [X.] kann über die dort genannten Sonderfälle des [X.] aus Rechtsgründen und des [X.] nicht analog auf Betreuer angewandt werden, die nur für eine Angelegenheit be-stellt worden sind.

[X.], Beschluss vom 20. März 2013 -
XII [X.] 231/12 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 20.
März 2013 durch [X.], die Richterin Dr.
Vézina und [X.]
Klinkhammer, Schilling
und Dr.
Botur
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Be-schluss der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 17.
April 2012 aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des [X.] vom 13.
März 2012 dahin abgeändert, dass die dem Beteiligten zu 2 für seine Tätigkeit in der [X.] vom 23.
Dezember 2010 bis 22.
Juni 2011 von dem Betroffenen zu er-stattende Vergütung auf 2.046

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
[X.]: 1.807

Gründe:
I.
Das Amtsgericht bestellte mit einstweiliger Anordnung vom 22.
Dezem-ber 2010 den Beteiligten zu
2 (im Folgenden:
Betreuer) mit sofortiger Wirkung befristet bis zum 22.
Juni 2011 zum berufsmäßigen vorläufigen Betreuer des Betroffenen für den Aufgabenkreis: Regelung von Erbschaftsangelegenheiten, hier Verkauf von Ackerland und Regelung der Dienstbarkeitsbewilligung Kabel E.

M.

.
1
-
3
-
Der Betroffene hatte im Februar 2006 seiner Tochter, der Beteiligten zu
1 (im Folgenden:
Bevollmächtigte), eine Vorsorgevollmacht für den Fall erteilt, dass er aufgrund psychischer Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seeli-scher Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr be-sorgen kann. Diese Vollmacht umfasste u.a. seine Vertretung in vermögens-rechtlichen Angelegenheiten.
Der Betroffene war als Alleinerbe seiner Ehefrau, A.

W.

, [X.] einer Erbengemeinschaft geworden, deren Mitglieder Eigentümer mehre-rer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke waren. Der Beteiligte zu
2 wurde für den beabsichtigten Verkauf dieser Grundstücke und die beabsichtigte Be-stellung einer Dienstbarkeit zum Betreuer des aufgrund geistiger Behinderung nicht mehr zur Besorgung seiner Angelegenheiten fähigen Betroffenen bestellt.
Der Betreuer beantragte die Festsetzung seiner Vergütung für die [X.] vom 23.
Dezember 2010 bis zum 22.
Juni 2011 gemäß §
5 Abs.
1 Satz
2, §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] mit 46,5
Stunden zu je 44

2.046

Dabei ging er davon aus, dass der Betroffene in diesem [X.]raum ver-mögend war und nicht in einem
Heim wohnte.
Das Amtsgericht hat die Vergütung des Betreuers mit Beschluss vom 11.
August 2011 antragsgemäß
festgesetzt.
Auf die Beschwerde der [X.] hat das [X.] den Beschluss aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen,
weil die Vergütung nicht pauschal nach §§
4, 5
[X.], sondern nach konkretem [X.]aufwand gemäß §
6 [X.] zu berechnen sei.
Mit Beschluss vom 13.
März 2012 hat das Amtsgericht die Vergütung der Tätigkeit des Betreuers für die [X.] vom 23.
Dezember 2010 bis zum 22.
Juni 2011 ausgehend von einem [X.]aufwand von sechs Stunden und einem Stun-2
3
4
5
6
-
4
-
densatz von 33,50

zuzüglich Umsatzsteuer (§
3 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.])
auf
239,19

Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Vergütungsantrag in voller Höhe weiter.

II.
Die gemäß §
70 Abs.
1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das [X.] hat zur Begründung ausgeführt, der Betreuer habe keinen Anspruch auf die für seine Tätigkeit verlangte pauschale Vergütung des [X.]aufwands nach §
5 [X.]. Auch bei einem Nebeneinander von Vorsorge-bevollmächtigtem
und Ergänzungsbetreuer liege unzweifelhaft ein Sonderfall der Betreuung im Sinne von §
6 [X.] vor.
Der Betreuer
könne
als neben der Bevollmächtigten bestellter Ergänzungsbetreuer lediglich eine Vergütung nach §
1 Abs.
2 [X.] iVm §
3 [X.] nach seinem konkreten [X.]aufwand verlan-gen.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
Die Berechnung der Vergütung des Betreuers ist gemäß §
5 [X.] nach pauschaliertem [X.]aufwand und nicht gemäß §
6 [X.] iVm
§§
1 Abs.
2, 3 [X.] nach konkretem [X.]aufwand vorzunehmen.
a) Entgegen der Ansicht des [X.] liegen die Vorausset-zungen des §
6 [X.], der für den berufsmäßig tätigen Sterilisationsbetreuer (§
1899 Abs.
2 BGB) und den bei rechtlicher Verhinderung eines Betreuers er-gänzend bestellten Berufsbetreuer (§
1899 Abs.
4 BGB) ausnahmsweise die 7
8
9
10
11
12
-
5
-
Berechnung der Vergütung nach seinem konkreten [X.]aufwand vorsieht, nicht vor.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Verweisung auf §
1899 Abs.
4 BGB auch den Fall
erfasst, dass nicht ein vom Gericht bestellter Betreuer, sondern ein von dem Betroffenen Bevollmächtigter rechtlich verhindert ist (so
OLG Mün-chen Beschluss vom 19.
September 2010

33
Wx
60/10

juris Rn.
14; Bienwald
JR 2012, 317, 318). Denn es fehlt hier schon an der ergänzenden Bestellung des Betreuers wegen rechtlicher Verhinderung der Bevollmächtig-ten.
Aus Rechtsgründen verhindert ist eine Person,
die die Voraussetzungen der §§
1908
i Abs.
1, 1795
BGB oder des §
181 BGB erfüllt, die also bereits von Gesetzes wegen zur Vertretung der betroffenen Person nicht berechtigt ist oder der gemäß §§
1908
i Abs.
1, 1796 BGB wegen Interessenkollision die [X.] entzogen worden ist oder nicht übertragen werden kann.
Danach war die Bevollmächtigte an einer Vertretung des Betroffenen beim Verkauf der Grundstücke, deren Miteigentümer der Betroffene als Allein-erbe seiner Ehefrau geworden war, und bei der Bewilligung
einer Dienstbarkeit zu Lasten dieser
Grundstücke
nicht aus Rechtsgründen verhindert. Sie gehörte weder der Erbengemeinschaft an, deren Mitglieder Eigentümer der [X.] waren, noch gehörte sie, da ihr Vater Alleinerbe seiner Ehefrau geworden war, "zum Kreis eventueller Erben".
Im Übrigen hatte der Betroffene die [X.] ausdrücklich von dem Verbot des §
181 BGB befreit. Das [X.] hätte die Bevollmächtigte danach ohne weiteres zur Betreuerin für den Verkauf der Grundstücke und
die Bewilligung
der Dienstbarkeit bestellen
können. Eine direkte Anwendung von §
6 [X.] scheidet deshalb aus.

13
14
15
-
6
-
b) Auch eine analoge Anwendung von §
6 [X.] kommt nicht in Betracht
(vgl. Senatsbeschluss vom
11.
April 2012

XII
[X.]
459/10

FamRZ 2012, 1051 Rn.
14; OLG Celle FamRZ 2008, 1213, 1214; [X.] FamRZ 2007, 497,
498; [X.] Beschluss vom 28.
August 2008

5
T
62/07

juris Rn.
31; Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 2.
Aufl. §
6 [X.] Rn.
2; [X.]/[X.] Be-treuungsrecht 4.
Aufl. §
6 [X.] Rn.
1; [X.] FamRZ 2011, 1776, 1778; [X.] 2012, 317; aA
LG München
Beschluss vom 27.
November 2009

13
T
11628/09
juris Rn.
15
ff.; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
6 [X.] Rn.
4a
f.).
Mit der Einführung der pauschalen Betreuervergütung sollte
ein einfa-ches und streitvermeidendes Abrechnungssystem geschaffen werden, dessen Grundlage nicht mehr der dem Betreuer im Einzelfall tatsächlich entstandene von ihm konkret darzulegende [X.]aufwand ist, sondern ein von Umfang und Schwierigkeit der einzelnen Betreuung unabhängiger, pauschaler Stundenan-satz, dessen Anzahl nur von der [X.], dem Aufenthaltsort des Be-treuten und davon abhängt, ob der Betreute bemittelt oder nicht bemittelt
ist
(BT-Drucks. 15/2494 S.
31).
Um diesen Zweck weitestgehend zu erreichen,
hat der Gesetzgeber in §
6 [X.] nur zwei Ausnahmen von dem Pauschalierungssystem
geschaffen (BT-Drucks. 15/2494 S.
34, 35). Danach erhalten der gemäß §
1899 Abs.
2 BGB für die Entscheidung über die Einwilligung zur Sterilisation
stets besonders
bestellte
Sterilisationsbetreuer
und der
bei rechtlicher Verhinderung des [X.] gemäß §
1899 Abs.
4 BGB bestellte
Ergänzungsbetreuer
abweichend von dem Pauschalierungssystem eine
Vergütung gemäß §
3 [X.] nach ihrem konkreten [X.]aufwand.

16
17
18
-
7
-
Eine allgemeine Ausnahme von der pauschalierten Vergütung für alle Fälle, in denen der Betreuer nur für einen begrenzten Aufgabenbereich oder eine einzelne Angelegenheit bestellt wird, war nicht gewollt. Bis auf die "zah-lenmäßig geringen Sonderfälle"
des §
6
[X.] sollte es von der [X.] keine Ausnahmetatbestände geben, weil jeder Ausnahmetatbestand "zu Streitigkeiten über seinen Anwendungsbereich und ggf. eine analoge Anwen-dung führen"
würde (vgl. BT-Drucks. 15/2494 S.
33).
Dieser gesetzgeberische Wille würde missachtet, wenn über die Sonder-fälle des §
6 [X.] iVm §
1899 Abs.
2 BGB und §
1899 Abs.
4 BGB hinaus in den Fällen, in denen die Betreuung nur
einen begrenzten Aufgabenbereich oder nur eine Angelegenheit umfasst, abweichend vom System der
[X.] stets nach konkretem [X.]aufwand abgerechnet werden könnte.
Es fehlt somit an der für eine Analogie erforderlichen Gesetzeslücke.

19
20
21
-
8
-
c) Der Betreuer hat danach gemäß §§
4 Abs.
1 Nr.
2, 5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 und 2 [X.] für die
[X.] vom 23.
Dezember 2010 bis 22.
Juni 2011 einen Vergütungsanspruch gegen den vermögenden, nicht in einem Heim lebenden Betroffenen für 46,5
Stunden zu einem Stundensatz von 44

von
2.046

Dose

Vézina

Klinkhammer

Schilling

Botur

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.03.2012 -
3 XVII 230/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 17.04.2012 -
4 [X.]/12 -

22

Meta

XII ZB 231/12

20.03.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2013, Az. XII ZB 231/12 (REWIS RS 2013, 7190)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7190

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 231/12

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