Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.06.2014, Az. XII ZB 625/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5093

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 625/13

vom

4. Juni 2014

in der [X.]

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 3, 4, 5, 6; [X.] §§ 1795, 1796, 1835, 1899
Ein [X.], der wegen einer rechtlichen Verhinderung des Betreuers bestellt worden ist, kann auch dann keine pauschale Vergütung nach §§
4, 5 [X.] verlangen, wenn seine Tätigkeit auf einen längeren [X.]raum angelegt ist und sich nicht in einer konkreten, punktuellen Maßnahme erschöpft.

[X.], Beschluss vom 4. Juni 2014 -
XII ZB 625/13 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4.
Juni 2014
durch den
Vor-sitzenden Richter Dose,
die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Schilling und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 4.
Oktober 2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
[X.]: 2.376

Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 2 (im Folgenden: [X.]) begehrt eine pauschale Vergütung nach §§
4, 5 [X.].
Für die Betroffene besteht eine Betreuung mit den [X.]n [X.], Regelung der Vermögensangelegenheiten und Gesund-heitsfürsorge. Nachdem die Betroffene nach einem Erbfall zur (befreiten) [X.] und der Betreuer zum
Nacherben
und Testamentsvollstrecker bestimmt
worden war, bestellte das Amtsgericht den [X.] mit dem [X.] "Wahrnehmung der Rechte der Betreuten betreffend den Nachlass. [X.] erweiterte es dessen
Aufgabenkreis um den Bereich "[X.] mit der Ehefrau des Betreuers".
Das Amtsgericht hat auf den Antrag des [X.]s
eine pau-schale Vergütung in Höhe von 2.376

seine
Tätigkeit in der [X.] von Juli 1
2
3
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3
-
2008 bis Juni 2009 festgesetzt. Auf die Beschwerde des Betreuers hat das [X.] den Antrag des [X.]s zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der [X.] mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das [X.] hat darauf abgestellt, die §§
4, 5 [X.] seien auf die Vergütung des [X.]s nicht anzuwenden. Der Wortlaut des §
6 [X.] sei insoweit eindeutig. Danach erhalte der Betreuer in den Fällen des §
1899 Abs.
2 und 4 [X.] eine Vergütung nach §
1 Abs.
2 [X.] in Verbindung mit §
3 [X.]; für seine Aufwendungen
könne er Vorschuss und Ersatz nach §
1835 [X.] mit Ausnahme der Aufwendungen
im Sinne von §
1835 Abs.
2 [X.] beanspruchen. Nur wenn im Fall des §
1899 Abs.
4 [X.] die Verhinderung tatsächlicher Art sei, seien die Vergütung und der Aufwendungsersatz nach §
4 [X.] i.V.m.
§
5 [X.] zu bewilligen und nach Tagen zu teilen.
Der Beteiligte zu 2 sei als [X.] nach §
1899 Abs.
4 [X.] bestellt worden. Seine Bestellung mit den entsprechenden [X.]n sei erfolgt, weil der Beteiligte zu 1 als eigentlicher Betreuer an der Vertretung der Betroffenen insoweit
rechtlich verhindert gewesen sei. Bei der Doppelstellung als Testamentsvollstrecker einerseits und als gesetzlicher Vertreter der Erbin andererseits bestehe ein Interessengegensatz im Sinne von §
1796 [X.]. Dass das Amtsgericht den [X.] gerade aus diesem Grund zum [X.] bestellt habe, ergebe sich eindeutig aus der Verwendung der [X.] "[X.]". Gemäß §§
1908
i, 1795 Abs.
1 Nr.
1 [X.] könne der Betreuer die Betroffene außerdem nicht bei einem Rechtsgeschäft zwi-4
5
6
-
4
-
schen seiner Ehefrau
einerseits und der Betroffenen andererseits vertreten. Daher sei der Aufgabenkreis des [X.]s auf den Abschluss ei-nes Dienstleistungsvertrags zwischen der Betroffenen und der Ehefrau des [X.]s erweitert worden.
Damit seien die Voraussetzungen des §
6 [X.] erfüllt. Die Tatsache, dass §
6 [X.] für den tatsächlich verhinderten Betreuer die Anwendung von §§
4, 5 [X.] ausnahmsweise billige, mache deutlich, dass nicht nur die tat-sächliche Verhinderung, sondern gerade die rechtliche Verhinderung von §
6 [X.] erfasst werde. Andernfalls wäre der Verweis auf §
1899 Abs.
4 [X.] in §
6 [X.] schlicht überflüssig und die Vorschrift nur im Fall des §
1899 Abs.
2 [X.] anwendbar. Zwar spreche für eine teleologische Reduktion des §
6 [X.], dass der Gesetzgeber die Ausnahme von der Pauschale im Falle des [X.] nach §
1899 Abs.
4 [X.] damit begründet habe, dieser werde nur für die Vornahme eines bestimmten, punktuellen Geschäfts bestimmt,
wes-halb die Gewährung einer [X.]pauschale unpassend und die Tätigkeit des [X.] vorliegend gerade nicht auf ein
solch eng begrenztes "punk-tuelles"
Geschäft beschränkt gewesen sei.
Jedoch unterscheide §
6 [X.] nicht danach, ob ein [X.] nach §
1899 Abs.
4 [X.] wegen rechtlicher Verhinderung des Betreuers nach den
§§
1908
i, 1795 Abs.
1 und 2, 181 [X.] oder nach §
1796 [X.] be-stellt worden sei. Zudem beziehe sich eine Verhinderungsbetreuung, auch wenn sie länger andauere, nur auf einen kleinen Ausschnitt der im Rahmen der Betreuung insgesamt anfallenden Aufgaben. Dies ergebe sich bereits daraus, dass nur ein [X.] bestellt und nicht der vorhergehende Betreuer aus allen [X.]n entlassen werde.

7
8
-
5
-
Vor allem fehle es an einer Regelungslücke, die eine teleologische Re-duktion zuließe. Auch ohne die Möglichkeit einer Pauschale könne der Betreuer nach §§
1, 3 [X.] die tatsächlich aufgewendete Arbeitszeit vergütet erhalten. Nähme die Ergänzungsbetreuung ausnahmsweise doch einen größeren Um-fang an,
als vom Gesetzgeber vorgesehen, steige damit auch die zu
vergüten-de aufgewendete Arbeitszeit.
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. Das Beschwerdegericht
hat es zu Recht abgelehnt, den Ergänzungsbe-treuer pauschal nach §§
4, 5 [X.] zu vergüten.
a) Dass der für den Fall der
rechtlichen Verhinderung bestellte Ergän-zungsbetreuer keine pauschale Vergütung beanspruchen kann, ergibt sich be-reits aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Eine Korrektur durch eine teleolo-gische Reduktion der Norm ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht geboten.
aa) Gemäß §
1899 Abs.
4 [X.] kann das Gericht mehrere Betreuer in der Weise bestellen, dass der eine die Angelegenheiten des Betreuten nur zu besorgen hat, soweit der andere verhindert ist. Nach §
6 Satz
1 [X.] erhält der Betreuer in diesem
Fall eine Vergütung nach §
1 Abs.
2 i.V.m. §
3 [X.], also nach konkretem [X.]aufwand. Eine Ausnahme hiervon sieht §
6 Satz
2 [X.] nur für den Fall vor, dass die Verhinderung tatsächlicher Art ist; dann sind die Vergütung und der Aufwendungsersatz nach §
4 i.V.m.
§
5 [X.] zu bewilligen und nach Tagen zu teilen.
Dabei unterscheidet §
6 Satz
2 [X.] ausdrücklich zwischen der dort genannten tatsächlichen Verhinderung, die eine pauschale Vergütung (freilich anteilig) unberührt lässt, und der

nicht ausdrück-lich genannten

rechtlichen Verhinderung, die eintritt, wenn der Betreuer nach 9
10
11
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-
6
-
§
1908
i Abs.
1 Satz
1 i.V.m. §§
1795, 1796 [X.] an der Ausübung seiner Tä-tigkeit aus rechtlichen Gründen gehindert ist.
bb)
Eine Korrektur dieser Regelung
in Form einer teleologischen Reduk-tion
für Fälle der vorliegenden Art, in denen die Tätigkeit des Ergänzungsbe-treuers
auf einen längeren [X.]raum angelegt ist und sich nicht in einer konkre-ten, punktuellen Maßnahme erschöpft, ist nicht geboten.
Zwar soll der Verhinderungsbetreuer nach der Gesetzesbegründung, wo-rauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist, ebenso wie der [X.] nur für die Vornahme eines bestimmten, punktuellen Geschäfts bestellt
werden. Hierfür passt nach Auffassung des Gesetzgebers die Gewährung einer [X.]pauschale
nicht, weshalb die Norm für den

aus Rechtsgründen bestellten

Verhinderungsbetreuer
eine Abrechnung nach der tatsächlich aufgewandten und erforderlichen [X.], also die Beibehaltung des bisherigen [X.] vorsehe (BT-Drucks. 15/2494 S.
35).
Hieraus lässt sich indes nicht der Schluss ziehen, dass der Gesetzgeber für Fälle der vorliegenden Art, in denen sich die Ergänzungsbetreuung nicht in einem punktuellen
Geschäft erschöpft, wiederum die pauschale Vergütung [X.] wollte.
Mit der Einführung der pauschalen Betreuervergütung sollte ein einfa-ches und streitvermeidendes Abrechnungssystem geschaffen werden. Um die-sen Zweck weitestgehend zu erreichen, hat der Gesetzgeber in §
6 [X.] nur die beiden vorgenannten Ausnahmen von dem Pauschalierungssystem ge-schaffen (vormals "§
1908
m [X.]", vgl. BT-Drucks. 15/2494 S.
34, 35). Eine allgemeine Ausnahme von der pauschalen Vergütung für alle Fälle, in denen der Betreuer nur für einen begrenzten Aufgabenbereich oder eine einzelne An-gelegenheit bestellt wird, war nicht gewollt. Bis auf die "zahlenmäßig geringen 13
14
15
16
-
7
-
Sonderfälle"
des §
6 [X.] sollte es von der Pauschalvergütung keine [X.] geben, weil jeder Ausnahmetatbestand "zu Streitigkeiten über seinen Anwendungsbereich und ggfs. eine analoge Anwendung führen"
würde (BT-Drucks. 15/2494 S.
33). Dieser gesetzgeberische Wille würde miss-achtet, wenn über die Sonderfälle des §
6 [X.] in Verbindung mit §
1899 Abs.
2 und 4 [X.] hinaus in den Fällen, in denen die Betreuung nur einen be-grenzten Aufgabenbereich oder nur eine Angelegenheit umfasst, abweichend vom System der Pauschalvergütung stets nach konkretem [X.]aufwand abge-rechnet werden könnte (Senatsbeschluss vom 20.
März 2013

XII
ZB
231/12

FamRZ 2013, 873 Rn.
20; siehe auch Senatsbeschluss vom 11.
April 2012

XII
ZB
459/10
-
FamRZ 2012, 1051 Rn.
14).
Entsprechendes muss auch in dem

hier vorliegenden

umgekehrten Fall
gelten, in dem
die Tätigkeit des [X.]s auf einen längeren [X.]raum angelegt, aber nach dem konkreten [X.]aufwand zu vergüten ist. Demgemäß lehnt auch die überwiegende Auffassung eine Pauschalvergütung des [X.]s nach §§
4, 5 [X.] ab ([X.], 1213, 1214; MünchKomm[X.]/[X.] 6.
Aufl. §
6 [X.] Rn.
5
a;
s. auch [X.] Beschluss vom 15.
September 2010

33
Wx
60/10

juris).
cc) Schließlich besteht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch kein Bedürfnis,
für Fälle der vorliegenden Art auf die Pauschalvergütung der
§§
4, 5 [X.] zurückzugreifen. Denn sofern sich die Ergänzungsbetreuung

wie hier

ausnahmsweise nicht nur auf konkrete bzw. punktuelle Handlungen erstreckt, sondern auf einen längeren [X.]raum angelegt ist, kann dem im Rah-men des §
3 [X.] durch Berücksichtigung des zeitlichen Aufwands hinrei-chend Rechnung getragen werden.
Sollte der [X.] bei der [X.] auf berufsspezifische Tätigkeiten zurückgreifen müssen, kann er zu-17
18
-
8
-
dem gemäß §
6 Satz
1 Halbsatz
2 [X.] i.V.m. §
1835 Abs.
3 [X.] seine ent-sprechenden Aufwendungen abrechnen.
b) Gemessen hieran ist die Entscheidung des [X.], dem [X.] eine pauschale Abrechnung nach §§
4, 5 [X.] zu versa-gen, nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bestehen keine Zweifel daran, dass der Rechtsbeschwerdeführer als [X.] im Sinne des §
1899 Abs.
4 [X.] wegen rechtlicher Verhinderung des Betreuers
gemäß §
1908
i Abs.
1 Satz
1 i.V.m. §§
1795, 1796 [X.]
und nicht als weiterer Betreu-er i.S.d. §
1899 Abs.
1 Satz
1 [X.] bestellt worden ist.
Aus Rechtsgründen verhindert ist eine Person,
die die Voraussetzungen der §§
1908
i Abs.
1, 1795 [X.] oder des §
181 [X.] erfüllt, die also bereits von Gesetzes wegen zur Vertretung der betroffenen Person nicht berechtigt ist oder der gemäß §§
1908
i Abs.
1, 1796 [X.] wegen Interessenkollision die [X.] entzogen worden ist oder nicht übertragen werden kann (Se-natsbeschluss vom 20.
März 2013

XII
ZB
231/12

FamRZ 2013, 873 Rn.
14).
So liegt der Fall auch hier. Der ursprüngliche Betreuer war im Rahmen seiner [X.] unter anderem für die Vermögenssorge der Betroffenen unbeschränkt bestellt. Die rechtliche Verhinderung hat sich erst im Nachhinein ergeben, nachdem ein Erbfall eingetreten war, aufgrund dessen die Betroffene Vorerbin und der Betreuer Nacherbe sowie Testamentsvollstrecker geworden ist. Insoweit ist das Beschwerdegericht
in von Rechts wegen nicht zu beanstan-dender Weise von einer konkludenten Entziehung der Vertretungsmacht des Betreuers durch die Bestellung des [X.]s infolge des im [X.] entstandenen [X.] ausgegangen.
An dem Abschluss des 19
20
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-
9
-
Dienstleistungsvertrags zwischen der
Betroffenen und der Ehefrau des Betreu-ers
war letzterer wegen §§
1908
i Abs.
1, 1795 Abs.
1 Nr.
1 [X.] gehindert.
Dose [X.] Klinkhammer

Schilling

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.06.2010 -
4 XVII 195/92 -

LG [X.], Entscheidung vom 04.10.2013 -
2 [X.]/13 -

Meta

XII ZB 625/13

04.06.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.06.2014, Az. XII ZB 625/13 (REWIS RS 2014, 5093)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5093

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