Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2006, Az. VII ZR 279/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 67

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[X.]BESCHLUSS [X.] vom 21. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 a) Wird ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weiteren Tatsachenvortrag, etwa unter Vorlage eines [X.], zusätzlich konkreti-siert, verdeutlicht oder erläutert, stellt dies kein neues Vorbringen im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO dar. b) Auch im Bauprozess ist eine [X.] nicht verpflichtet, bereits in erster Instanz Ein-wendungen gegen ein Gerichtsgutachten unter Beifügung eines [X.] oder gestützt auf sachverständigen Rat vorzubringen. [X.], Beschluss vom 21. Dezember 2006 - [X.] - O[X.]

[X.]

- 2 - Der VI[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 21. Dezember 2006 durch [X.], [X.], [X.] und Prof. Dr. [X.] beschlossen: Der Beschwerde des [X.]n wird stattgegeben. Das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 16. November 2005 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 100.000 • Gründe: [X.] Die Klägerinnen verlangen Schadensersatz wegen Mängeln einer vom [X.]n geplanten Dachsanierung. 1 Sie beauftragten den [X.] damit, einen Vorschlag für die Dachsanierung eines Industriegebäudes mit fünf sog. [X.] und einer weiteren geneigten Dachfläche zu erarbeiten. Auf der Grundlage des vom 2 - 3 - [X.]n erstellten Leistungsverzeichnisses wurde die Fa. M. mit der Sanie-rung beauftragt. Noch während der Ausführung der Arbeiten bildeten sich an den Dachbahnen Falten und Risse. Auf sämtlichen Dachflächen rutschten die Bitumenbahnen ab. Nachdem die Klägerinnen die Fa. M. erfolglos zur Beseiti-gung der Mängel aufgefordert hatten, beantragten sie gegen diese ein selb-ständiges Beweisverfahren. Der gerichtliche Sachverständige kam zu dem Er-gebnis, dass die vom [X.]n ausgeschriebenen Materialien angesichts der vorhandenen Dachneigung nicht geeignet seien. Nach Erstellung des Gutach-tens erweiterten die Klägerinnen das selbständige Beweisverfahren auf den [X.]n. Mit der Klage machen sie einen Teilbetrag der geschätzten [X.] in Höhe von 100.000 • geltend. Das [X.] hat den [X.]n nach mündlicher Anhörung des im selbständigen Beweisverfahren beauftragten Sachverständigen im beantragten Umfang zum Schadensersatz verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es liege ein vom [X.]n zu vertretender Planungsfehler in Form eines [X.] vor, weil die Dachsanierung mit den vom [X.]n ausge-schriebenen Materialien handwerklich nicht fachgerecht zu erbringen gewesen sei. 3 Mit der Berufung hat der [X.], gestützt auf ein nach Urteilserlass eingeholtes Privatgutachten, weitere Einwendungen gegen das Sachverständi-gengutachten erhoben. Das Berufungsgericht hat diese als verspätet angese-hen und die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der [X.] mit der Nichtzulassungsbeschwerde. 4 I[X.] Das Berufungsgericht führt aus, der [X.] sei gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO mit Einwendungen ausgeschlossen, die auf dem Ergebnis des 5 - 4 - [X.] beruhten. Der [X.] habe Einwendungen gegen das ge-richtliche Sachverständigengutachten bereits in erster Instanz vorbringen müs-sen. Er sei im selbständigen Beweisverfahren und im Rahmen der ergänzenden Anhörung des Sachverständigen vor dem [X.] zum Sachverständigen-gutachten gehört worden, ohne Einwendungen vorzubringen. Er habe keine Gründe vorgebracht, weshalb die Überprüfung des gerichtlichen Sachverstän-digengutachtens durch einen Privatgutachter während des Laufs des erstin-stanzlichen Verfahrens nicht möglich gewesen sei. II[X.] Das Berufungsgericht hat [X.] angenommen, der [X.] sei mit Einwendungen gegen das gerichtliche Sachverständigengutach-ten in der Berufungsinstanz gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO aus-geschlossen, die auf dem nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils eingeholten Privatgutachten beruhen. Damit hat es zugleich in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. 6 1. Die vom [X.]n in der Berufungsinstanz unter Hinweis auf das nachträglich eingeholte Privatgutachten erhobenen Einwendungen sind nicht als neues Angriffsmittel im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zu bewerten. Um neues Vorbringen handelt es sich, wenn dieses sehr allgemein gehaltenen Vortrag der ersten Instanz konkretisiert und erstmals substantiiert, nicht jedoch, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird ([X.], Urteile vom 18. Oktober 2005 - [X.], [X.] 164, 330, 333, vom 8. Juni 2004 - [X.], [X.] 159, 245, 251 und vom 7 - 5 - 26. Juni 2003 - [X.], [X.], 1559 = [X.] 2003, 686 = NZBau 2003, 560 m.w.N.). 8 Der [X.] hat in der Berufungsinstanz gegen das gerichtliche [X.] keine in diesem Sinne neuen Einwendungen erhoben, sondern sein erstinstanzliches Vorbringen lediglich ergänzt und erläutert. Er hat in erster Instanz beanstandet, dass die gelieferte [X.] nicht den [X.] der Ausschreibung entspreche und die aufgetretenen Mängel auf [X.] der mit der Ausführung der Arbeiten beauftragten Firma M. zurück-zuführen seien. In der Berufungsinstanz hat er unter Bezugnahme auf die [X.] des von ihm beauftragten [X.] die Art der Verarbeitungs-fehler im Einzelnen dargelegt sowie die Umstände bezeichnet, die die Annahme nahe legen, dass für die Sanierung fehlerhaftes und nicht dem [X.] entsprechendes Material verwendet worden ist. 2. Im Übrigen durfte das Berufungsgericht die vorgebrachten Einwen-dungen gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten schon deshalb nicht als verspätet zurückweisen, weil dem [X.]n keine Nachlässigkeit zur Last fällt (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). 9 Eine [X.] ist nicht verpflichtet, bereits in erster Instanz Einwendungen gegen ein Gerichtsgutachten unter Beifügung eines [X.] oder ge-stützt auf sachverständigen Rat vorzubringen (vgl. [X.], Urteile vom 18. Okto-ber 2005 - [X.], [X.] 164, 330, 335; vom 8. Juni 2004 - [X.], [X.] 159, 245, 253 und vom 19. Februar 2003 - [X.], NJW 2003, 1400). Dieser Grundsatz findet außer bei medizinischen Fachfragen auch bei Fallgestaltungen Anwendung, in denen ein Erfolg versprechender [X.]vor-trag fachspezifische Fragen betrifft und besondere Sachkunde erfordert ([X.], Urteil vom 18. Oktober 2005 aaO.). Der [X.] war danach nicht gehalten, 10 - 6 - gehalten, zur Erhebung fachlich fundierter Einwendungen bereits in erster In-stanz einen privaten Sachverständigen zu beauftragen. Die Ermittlung der Um-stände, die für den Mangel ursächlich gewesen sind, erfordert besonderes Fachwissen, das sich eine [X.] in der Regel nur durch Hinzuziehung eines Sachverständigen verschaffen kann. Eine [X.] ist auch dann nicht gehindert, sich zur Ergänzung ihres Sachvortrags eines anerkannten Sachverständigen zu bedienen, wenn sie selbst über Fachkenntnisse verfügt. 3. Der in der unzulässigen Zurückweisung des Vorbringens liegende Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist entscheidungser-heblich. Das Berufungsgericht hat sich mit den auf das Privatgutachten gestütz-ten Einwendungen des [X.]n nicht auseinandergesetzt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass es anders entschieden hätte, wenn es die vom [X.]n in der Berufungsinstanz erhobenen Einwendungen berücksich-tigt hätte. 11 Dressler Haß [X.] Wiebel [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 27.04.2005 - 9 O 457/04 - O[X.], Entscheidung vom 16.11.2005 - 3 [X.] -

Meta

VII ZR 279/05

21.12.2006

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2006, Az. VII ZR 279/05 (REWIS RS 2006, 67)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 67

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